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Folgender Artikel erschien im September 1995 in der Zeitschrift:
DER DRITTE WEG
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Bei der Vermittlung freiwirtschaftlicher Ideen und dem Bemühen, unsere Reformvorschläge an den Mann und an die Frau zu bringen, treffen wir in den letzten Jahren immer mehr auf Verständnis und Zustimmung. Zustimmung erfahren wir vor allem in der Analyse der schwerwiegenden Auswirkungen unseres kapitalistischen Geldsystems. Verständnis und Übereinstimmungen mit vielen Gesprächspartnern ergeben sich, wenn die Vorteile fallender und niedriger Zinssätze erörtert werden.

Auffallend ist aber, daß nur die wenigsten Menschen bereit sind, sich folgerichtig mit den Chancen und Möglichkeiten einer Geldreform zu befassen.

Die freiwirtschaftliche Geldreform ist so einfach umzusetzen, daß es schon beinahe unglaublich ist

Eine Erläuterung von Klaus Popp

Daß es vielen Menschen so schwerfällt, sich auf das Gedankengebäude der "Natürlichen Wirtschaftsordnung" einzulassen, hat unter anderem viel damit zu tun, daß man eine Umsetzung der Ideen für vollkommen unrealistisch hält. Insbesondere dann, wenn man ausgiebig die vielfältigen Vorteile eines neutralen Geldes geschildert bekommen hat, macht sich leicht das Gefühl breit, daß eine Vielzahl gewaltiger Veränderungen vonnöten sein müssen, um all die positiven Effekte erreichen zu können.

Das "planwirtschaftliche Empfinden", wonach nur durch unzählige administrative Regelungen so viele positive Effekte erzielt werden könnten, steckt tief in vielen Köpfen. Hand in Hand mit diesem Empfinden geht die Einschätzung, daß sich vor allem die Menschen ändern müßten, um all die von den Freiwirten geschilderten Chancen tatsächlich durchsetzen zu können. Wir brauchten unzählige Menschen - so eine verbreitete Fehleinschätzung -, die bereit seien, Verzicht zu üben und ihr Verhalten unseren Vorstellungen entsprechend anzupassen. Letztlich finden die meisten Menschen, die uns bei unserer Analyse durchaus zustimmen, eine Begründung, warum ihrer Meinung nach eine freiwirtschaftliche Reform nicht umsetzbar, oder zumindest nicht durchsetzbar sei.

Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um ein freiwirtschaftliches Geld einführen zu können?

Eine Revolution im klassischem Sinne, womöglich mit Bürgerkrieg und Blutvergießen braucht es nicht, um das Geld den Menschen dienlich zu machen. Auch brauchen wir niemanden davon zu überzeugen, daß er sich enteignen lassen solle. Es braucht keinen neuen Menschen, um die Vorteile einer funktionierenden Geldordnung nutzen zu können.

Genau genommen braucht es nur zweierlei, um das Geld den Menschen untertan zu machen:

Zum einen ist ein ausreichender öffentlicher Druck nötig, um die Notwendigkeit für und den Willen zur Durchsetzung eines neutralen Geldes zu dokumentieren.

Zum anderen ist ein wenig guter Wille und flexibles Denken bei den maßgeblichen Herren im Zentralbankrat der Bundesbank vonnöten. Sie müssen sich darauf einlassen, gegebenenfalls die umlaufende Geldmenge gegen Gebühr zum Umtausch aufzurufen. Dies kann die Bundesbank schon heute und ohne Gesetzesänderung tun, da es ihrem Auftrag der Geldmengensteuerung dient.

Kosten in relevanter Höhe entstehen dadurch nicht, sieht man vom Aufwand der Umtauschaktion ab. Diese können allerdings von den eingenommenen Gebühren beglichen werden.

Bei den Geldbenutzern fallen nur dann nennenswerte Gebühren an, wenn sie in erheblichem Umfang liquide bleiben wollen. Wer beispielsweise 100 Mio.DM aus spekulativen Gründen cash hält, wird sich bei einer anstehenden Umtauschaktion überlegen müssen, ob der zu erwartende Spekulationsgewinn die anfallenden Kosten erbringen wird. Gegebenenfalls wird er seinen Bargeldbestand beizeiten reduzieren. Genau dies ist die Absicht und der Vorteil für die Allgemeinheit. Durch die Umtauschgebühr - eventuell schon durch die bloße Androhung einer solchen Aktion durch die Bundesbank - verringert sich die Nachfrage nach Bargeld, und so wird die umlaufende Geldmenge begrenzt.

Welche Kosten hat das Freigeld für den Verbraucher?

Für den durchschnittlichen Verbraucher sind die Gebühren für den Bargeldumtausch verschwindend gering. Geht man davon aus, daß sich die Banknoten bis zu einem Wert von 100 DM kaum zur spekulativen Hortung eignen, wird ein Umtausch dieser Noten nur sehr selten notwendig sein. Doch selbst wenn der Geldmarkt einen Umtausch aller Banknoten innerhalb eines Jahres ratsam erscheinen ließe, bleibt die Belastung gering.

Bei einer durchschnittlichen Bargeldhaltung von 1000 DM und einer Umtauschgebühr von 6% p. a. würde ein Haushalt hierfür gerade mal mit 60 DM im Jahr zur Kasse gebeten. Die Belastung auf den Girokonten (wenn sie denn überhaupt notwendig werden sollte, die Red.) würde bei einem durchschnittlichem Guthaben von 2000 DM und einer angenommenen Gebühr von 5% p. a. nochmals 100 DM ausmachen.

Langfristig angelegte Sparguthaben bleiben ohnehin unbelastet, behalten aber durch die Preisstabilität ihren realen Wert bei. Wer ohnehin nach Abzug von Miete und Fixkosten nur noch geringfügige Beträge auf dem Konto behält, braucht entsprechend weniger zu zahlen. Firmen, die üblicherweise mit größeren Geldmengen und Kontobeständen arbeiten, müßten ihre Zahlungsgewohnheiten den veränderten Gegebenheiten anpassen, um nicht übermäßig belastet zu werden. Bedenkt man, daß alleine die Zinszahlungen der öffentlichen Haushalte pro Erwerbstätigen fast 5000 DM ausmachen, wird deutlich, daß eine Entlastung durch sinkende Zinssätze die anfallende Umlaufgebühr um ein Vielfaches kompensiert.

Welche Vorteile ergeben sich aus der freiwirtschaftlichen Geldreform?

Die Ergänzung der Geldordnung im freiwirtschaftlichem Verständnis hat zwei wesentliche Effekte.

- Die Umlaufgebühr hilft die Bargeldmenge zu regulieren. Sie ist damit die Basis einer inflationsfreien Währung.

- Gleichzeitig setzt sie das Geldkapital unter Angebotsdruck, drückt damit die Zinssätze nach und nach nach unten und gewährleistet, daß der Markt auch bei niedrigsten Zinssätzen mit einer ausreichenden Menge langfristigen Finanzkapitals versorgt wird.

Niedrige bzw. fallende Zinssätze haben diverse positive Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft:

- sie führen zur Bildung neuer Arbeitsplätze;

- sie machen ökologisch sinnvolle Projekte rentabel;

- sie bremsen die Vermögenszunahme der Reichen;

- sie verringern die Schuldenlast der öffentlichen Etats;

- sie erhöhen die Kaufkraft der arbeitenden Menschen;

- sie senken die Bau-Finanzierungskosten und infolge die Wohnkosten.

Wie wirkt eine Umlaufgebühr und wie oft muß sie angewendet werden?

Eine konstruktive Umlaufsicherung in Form einer Geldgebühr ist dann notwendig und sinnvoll, wenn die beiden anderen umlaufsichernden Mechanismen (der Zins und die Inflation) ihren Dienst versagen. Dies geschieht immer dann, wenn die Inflation niedrig ist, wodurch der Wertverlust bei Bargeldhaltung bedeutungslos wird; und wenn die Zinssätze fallen. Bei niedrigen Zinssätzen hält der Anleger sein Finanzkapital liquide. Er verweilt in kurzfristigen Anlageformen und vermehrt seine Bargeldbestände, um bei günstigen Gelegenheiten rasch zugreifen zu können. Dieses Verhalten aber zwingt die Zentralbank, mehr Geld herauszugeben als es für den realen Zuwachs beim Bruttosozialprodukt notwendig und wünschenswert wäre. Steigen die Zinsen wieder an und wird infolge die Geldzurückhaltung wieder aufgegeben, kann dieses überschüssige Geld inflationsfördernd wirken.

Folgenschwerer ist, daß der Hang zur Liquidität ein Defizit an langfristigen Geldanlagen verursacht. Die für Wirtschaft und Verbraucher gleichermaßen segensreichen sinkenden Kapitalmarktzinsen bleiben spätestens bei 6% hängen, da dann die Bereitschaft der Anleger nachläßt, ihr Kapital langfristig zu verleihen. Bei zu geringen Sätzen verlieren Zins und Inflation ihre umlaufsichernde Wirkung. An diesem Punkt setzt die konstruktive Umlaufsicherung ein.

Registriert die Bundesbank eine überproportionale Zunahme der Bargeldmenge, ruft sie einzelne Serien oder Stückelungen zum Umtausch auf. Um die Geldhalter zur Freigabe der gehorteten Bestände zu motivieren, erhebt sie eine Umtauschgebühr. Die Höhe der Gebühr und die Häufigkeit der Aktion kann sie flexibel regeln. Wichtig ist, daß beide Faktoren mäßig eingesetzt werden müssen, um Vertrauen in und Akzeptanz für die Währung nicht zu gefährden. Der erwartete Effekt sollte aber groß genug sein, daß sich bei Null-Inflation und gesättigten Märkten die Kapitalmarktzinsen, also die Verzinsung langfristiger Geldausleihungen, auf Dauer gegen null Prozent einpendeln.

Um ihre Liquidität zu behalten, gleichzeitig aber der Umtauschgebühr zu entgehen, könnten die Geldhalter auf Girobestände ausweichen. Eine ergänzende Gebühr auf die Bestände der Girokonten würde auch hier für den notwendigen Anreiz sorgen, überschüssiges Guthaben längerfristig auszuleihen. Die sich anpassende Zinstreppe sorgt dann dafür, daß es sich für den Anleger rechnet, auch bei niedrigen Zinssätzen langfristige Anlageformen zu akzeptieren. Es wird also auch bei niedrigsten Zinssätzen ein ausreichendes Kreditangebot zur Verfügung stehen. Das Geld gerät unter Angebotsdruck.

Es ist leicht zu erkennen, daß ein solcher Mechanismus das überschüssige Spekulationskapital dazu zwingt, sich gegenseitig im Preis zu unterbieten.

Wann und in welcher Größenordnung dieser Hebel eingesetzt werden soll, kann die Zentralbank von Mal zu Mal entscheiden. Wenn die Möglichkeiten einer konstruktiven, gebührengestützten Geldmengensteuerung erst einmal erkannt und erprobt sind, werden die unabhängigen Bundesbanker das Richtige tun, um endlich ein stabiles und funktionierendes Geld zu gewährleisten. Die Gratwanderungen zwischen zu hohen Zinsen und zu hoher Inflation sind dann vorbei.


Dieser Text wurde ins Netz gebracht von: W. Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.
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