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Gaestebuch


 

Aus: Zeitschrift für Sozialökonomie, 113. Folge, Juli 1997

 

Prof. Dr. D. Löhr

Urmonopole, intertemporale soziale Kosten und nachhaltiges Wirtschaften

Die Wörter „Ökonomie“ und „Ökologie“ haben denselben Ursprung: Sie stammen vom griechischen „Oikos“, was soviel wie „Haus“ bedeutet. In beiden Bedeutungen geht es um „Haushalten“, d.h. um einen wirtschaftlichen und verantwortungsvollen Umgang mit knappen Ressourcen. Dennoch ist schwerlich zu übersehen, daß mit den Vorräten im „Raumschiff Erde“ unvernünftig umgegangen wird. Eine kaputte Ozonschicht, ein zunehmender Individualverkehr, steigende Umweltkrankheiten etc. sind Indizien dafür. Die Aufzählung könnte beliebig fortgesetzt werden. Die irreversiblen Schäden, die wir der Umwelt zufügen, gehen auf Kosten zukünftiger Generationen. Um die exemplarisch aufgezeigten Probleme zu systematisieren, kann man folgende Bereiche unterscheiden:

1.      Externe Effekte und die Möglichkeiten ihrer Internalisierung (Marktversagenstheorie).

2.      Die Wachstumsproblematik.

3.      Intertemporale soziale Kosten, besonders im Hinblick auf die Ressourcenökonomie und die Erhöhung der Ressourcenproduktivität.

4.      Ein eng mit den Punkten 1. und 3. zusammenhängendes Problem sind die ökologischen Folgen der heutigen Bodenordnung.

 

1. Externe Effekte und die Möglichkeiten ihrer Internalisierung

Externe Effekte (externe Kosten, soziale Kosten) entstehen dann, wenn die Preise für die betreffenden Güter falsch gesetzt sind. Weil eben die Kosten auf die Allgemeinheit abgewälzt werden, sind die Preise zu tief. Somit wird eine größere Menge umweltschädlicher Güter produziert, als dies bei einer verursachungsgerechten Belastung der Fall wäre. Beispielsweise ist der Straßengüterverkehr gegenüber dem Schienengüterverkehr „zu billig“. Er verursacht Schäden, welche nicht der Verursacher zu tragen hat, sondern auf die Allgemeinheit abgewälzt werden1.

Es wird eine Vielzahl von Instrumenten vorgeschlagen, um über die Einführung des Verursacherprinzips eine bessere Internalisierung der externen Kosten zu erreichen2, so z.B.

·         zivilrechtliche Haftungsregeln (z.B. verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung3),

·         Verhandlungslösungen („Coase-Theorem“): Je nach dem, wo die Nutzungsrechte liegen, zahlt entweder der Geschädigte den Schädiger dafür, daß er die Schädigung mildert oder unterläßt; alternativ zahlt der Schädiger den Geschädigten einen Ausgleich für die Schädigung,

·         Kooperationslösungen,

·         die direkte Regulierung durch Auflagen (Ge- und Verbote). Gebote knüpfen idR. an Vermeidungs- und Beseitigungstechnologien an, Verbote betreffen die Qualität bzw. Quantität bestimmter Emissionen,

·         die Flexibilisierung von Auflagenstrategien durch Kompensationsregelungen (z.B. Emissionsguthabenpolitik, „Bubbles“),

·         die Zertifikatslösung. Dabei handelt es sich um eine Vermarktung von Belastungsrechten. Durch Auflagen werden die maximalen Grenzen der Umweltbelastung fixiert, die Verteilung der restlichen Umweltnutzungsmöglichkeiten erfolgt durch Versteigerung oder Handel,

·         die Erhebung von Umweltabgaben (Steuern und Gebühren)4. Die Höhe der Abgaben ist nach dem angestrebten Umweltqualitätsziel zu bestimmen. Es wird unterschieden zwischen Lenkungsabgaben i.e.S., Restverschmutzungsabgaben und Öko-Steuern5.

Bei den genannten Instrumenten kann es nicht um ein „entweder - oder“ gehen. Spezifische Situationen erfordern bestimmte Instrumentarien. Unter den Umweltpolitikern wächst immer mehr die Einsicht, daß nicht das ideologische Beharren auf bestimmten Instrumenten, sondern der möglichst flexible und zielführende Einsatz eines adäquaten Instrumentenmixes am erfolgversprechendsten ist.

Bei der Wahl von „Mengenlösungen“ (die zu nutzende Menge einer Ressource - also die Höhe der „Verschmutzungsrechte“ - ist vorgegeben, der Preis bildet sich)6 ist die Ausgestaltung der Nutzungsrechte von großer Bedeutung (egal, ob es sich um Emissionsguthaben, Emissionszertifikate etc. handelt). Durch derartige Nutzungsrechte werden Verfügungsrechte an der Umwelt geschaffen, das bislang freie Gut Umwelt nimmt damit den Charakter eines knappen Gutes an. Es besteht hinsichtlich des nunmehr knappen Gutes Umwelt Rivalität; andere Wirtschaftsteilnehmer sind von der Nutzung des Gutes Umwelt ausschließbar. Hierbei können ökologische und wettbewerbspolitische Bedenken aufkommen: Möglicherweise werden potentielle Mitkonkurrenten durch ein Monopolisieren nicht genutzter Rechte ausgeschaltet. Durch solche Monopolisierungsvorgänge könnte ein politischer Druck auf eine Ausweitung der Nutzungsmöglichkeiten entstehen, da das Verhältnis von Umweltnutzung zu Produktionsmenge suboptimal ist (damit die Produktivität der Umweltnutzung). Speziell bei Umweltzertifikaten würde nur ein geringer Teil der emittierten Papiere als Angebot preisbildend wirken. Der enge Markt führt eventuell zu erratischen Preisausschlägen und fördert eine sachfremde, spekulative Verwendung. Solchen wettbewerbs- und umweltpolitischen Gefahren könnte durch eine laufende Nutzungsgebühr entgegengetreten werden, die verhindert, daß die betreffenden Nutzungsrechte gehortet werden. Legt man die Keynes´sche Formel zugrunde, wonach der Eigenzins eines Vermögensgegenstandes gleich seinem Erträgnis plus seiner Liquiditätsprämie abzüglich seiner Durchhaltekosten ist7, so müßte die Abschöpfung (= Durchhaltekosten) etwaige Differentialrenten8 sowie die Wertsteigerung der Rechte (= Erträgnis) zuzüglich der Liquiditätsprämie (= Monopolvorteil) erfassen9. Das Nutzungsrecht hätte damit einen Eigenzinssatz von Null und wäre vermögensmäßig neutral - nur eine solche Ausgestaltung würde mit den unten in Abschnitt 2.4. propagierten Reformvorschlägen korrespondieren. Nutzungsrechte würden dann nur bei dringendem Bedarf gehalten, ansonsten würde man sich schnell um ein Abstoßen bzw. um billigere Substitute bemühen10. Ungeachtet der Tatsache, daß das Werk S. Gesells zweifellos nicht ökologisch orientiert war, ist dieser Vorschlag jedoch eine logische Fortsetzung der Bestrebungen Gesells, Monopole11 konsequent zu brechen12. Wir werden in Abschnitt 4. diese Lösung auch auf die Bodenordnung übertragen, die eine ähnliche Konstellation wie die hier diskutierte Vergabe knapper Umweltnutzungsrechte aufweist.

Das Thema der Internalisierung externer Effekte ist von der Wissenschaft erkannt; auch die Politik unternimmt erste (wenngleich noch sehr zaghafte) Ansätze zur Realisierung. Hingegen werden die anderen bezeichneten Problematiken sowohl von der Wissenschaft als auch von der Politik eher stiefmütterlich behandelt.

 

2. Zur Wachstumsproblematik

Die Vorstellungen eines nachhaltigen Wirtschaftens orientieren sich hingegen an logistischen Funktionen, wie sie für natürliche Systeme kennzeichnend sind. Dem stehen Systeme mit exponentiellem Wachstum gegenüber, wie dies auch für die kapitalistische Wirtschafts“ordnung“ zutrifft:

Wirtschaftswachstum als exponentielle Funktion / Körperwachstum
als logistische Funktion

Offensichtlich existiert in der kapitalistischen Marktwirtschaft ein Zielkonflikt zwischen dem konjunktur- und beschäftigungspolitisch wünschenswerten Wirtschaftswachstum einerseits und dem ökologisch erstrebenswerten nachhaltigen Wirtschaften auf der anderen Seite. Angesichts dieses Zielkonflikts gibt es in der Umweltökonomie ein breites Spektrum von Ansichten und Meinungen, die von einem „Weiter so!“ bis zu einem radikalen Wachstumsstop reichen.

 

2.1. Fortsetzung des Status quo

Eine - v.a. unter Wirtschaftspolitikern - verbreitete Auffassung ist, , daß es sich bei der Wachstumsproblematik um überhaupt keine Problematik handelt. Vielmehr schaffe Wachstum die Voraussetzungen zur Lösung von Umweltproblemen bei gleichzeitiger Versöhnung mit anderen wirtschaftspolitischen Zielen (v.a. Beschäftigung). Die Erfahrung zeige, daß nur nach Lösung der drängensten wirtschaftlichen Probleme (Arbeitslosigkeit!) die Umweltproblematik überhaupt erst politisch erfolgreich in Angriff zu nehmen ist. Hierfür werde aber ein entsprechend hohes Wachstum benötigt13. Auch im freiwirtschaftlichen Spektrum werden derartige Auffassungen teilweise noch vertreten. So virulent dieser Zielkonflikt in der kapitalistischen Zinswirtschaft auch sein mag: In Abschnitt 2.4. wird dargestellt, daß diese Sicht der Dinge unter freiwirtschaftlichen Prämissen lediglich eine relative Berechtigung hat.

 

2.2. Substitution von quantitativem durch qualitatives Wachstum

Eine breite Strömung unter den Umweltökonomen favorisiert zur Lösung der mit dem Wirtschaftswachstum verbundenen Umweltproblematik die Substitution von quantitativem durch qualitatives Wachstum. Sofort stellt sich die Frage, wie eine solche Verlagerung erreicht werden soll, will man nicht zu Mitteln der Zentralverwaltungswirtschaft greifen. Ein wesentliches Element einer derartig orientierten Politik müßte ein entsprechendes Preis- bzw. Anreizsystem sein, in dem sich der Dienstleistungssektor entfalten kann. Bei diesen Vorstellungen steht offensichtlich die Dreisektorenhypothese von Fourastié Pate. Hiernach sollte sukzessive der primäre (Landwirtschaft) und später der sekundäre (Industrie) zugunsten des tertiären Sektors (Dienstleistungen, Handel) an Bedeutung verlieren. Gegen diese Vorstellungen lassen sich v.a. zweierlei Einwände bringen, die beide das Verhältnis zwischen sekundärem und tertiärem Sektor thematisieren:

·         Der tertiäre Sektor weist (v.a. wegen des uno-actu-Prinzips) vergleichsweise geringere Produktivitätsfortschritte als der sekundäre Sektor auf, weswegen sich eine laufende relative Verteuerung des tertiären Sektors ergibt (Kostenkrankheitsphänomen)14. Unter Marktbedingungen ist somit eine Substitution des sekundären durch den tertiären Sektor kaum möglich.

·         Vor allem stellt der tertiäre Sektor aber ein Anhängsel des sekundären Sektors dar, weswegen er mit dem sekundären Sektor steht und fällt. Diejenigen Bereiche, auf denen die Befürworter der genannten Lösung ihre Hoffnungen setzen, werden erfahrungsgemäß in Wirtschaftskrisen nicht ausgeweitet, sondern zu allererst gekappt (so v.a. Bildung und Kultur).

 

2.3. Radikaler Wachstumsstopp

Unter Radikalökologen wird verschiedentlich die Forderung nach einem radikalen Wachstumsstop laut. Wie dieser erreicht werden soll, bleibt jedoch offen. Letztlich könnte dies nur erreicht werden, wenn über administrative Maßnahmen (!) eine Konsumquote von 100% erreicht wird (vgl. Abschn. 2.4.). Man sollte sich jedoch die Konsequenzen eines solchen Vorschlages vergegenwärtigen (wobei die Erfahrungen, die mit Administrativ-Ökonomien gemacht worden sind, hier nicht diskutiert werden sollen), wenn der zinsinduzierte Umverteilungsmechanismus weiter wirksam bleibt: Im kapitalistischen Wirtschaftssystem15 muß die Wirtschaft in Höhe des Stückes wachsen, das die (aufgrund des Zinseszinseffektes16) exponentiell wachsenden Kapitaleinkommen vom Sozialprodukt einfordern. Andernfalls verlieren die Arbeitenden, weil die Kapitaleinkommen die Zuwachsrate des Sozialproduktes übersteigen. Dies kann dann passieren, wenn

Das Nullwachstum würde im untenstehenden Beispiel bei Wirksamkeit eines Zinseszinseffektes von 3% in einem Zeitraum von wenig mehr als 20 Jahren zu einer Umkehrung der Verteilungsverhältnisse führen. Die folgenden Graphiken17 illustrieren, daß man heute vor die Wahl des sozialen oder ökologischen Kollaps gestellt ist:

Wachstum des BSP in Höhe der steigenden Zinsansprüche

Die zunehmenden Zinsansprüche übersteigen das Wachstum des BSP

2.4. Der monetäre Ansatz: Wachstumsfreiheit nach Bedarfssättigung

Verschiedentlich wird das Geldvermögenswachstum dem Wirtschaftswachstum gegenübergestellt und dabei gleichlaufende Bewegungen registriert. Man zieht daraus den Schluß, das Geldvermögenswachstum ziehe ein Wachstum der Realwirtschaft nach sich. Der Gedankenfehler liegt in der Annahme, daß solche Korrelationen etwas über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aussagen könnten. Nicht zufällig kommt Binswanger genau zum umgekehrten Schluß: „Geld- und Kreditschöpfung setzen Wachstum, d.h. Netto-Investitionen, voraus“18. Will man entscheiden, wer Recht hat, so bedarf es hierzu eines Griffes in die Kiste der Theorie (wie ihn Binswanger auch vornimmt). Ohne die freiwirtschaftliche Theorie zu verlassen, können wir Binswanger folgen, wenn er die Rolle der Nettoinvestitionen in den Vordergrund stellt19. Unter Nettoinvestitionen versteht man die Erhöhungen des Sachkapitalstocks in einer Periode. Nettoinvestitionen sind die eigentlichen Träger des Wirtschaftswachstums und zu unterscheiden von den Ersatzinvestitionen, die den vorhandenen Kapitalstock lediglich refinanzieren20. Der vorhandene Kapitalstock wird während der Nutzungsdauer abgeschrieben. Über die Abschreibungen fließen den Unternehmen (sofern sie keine Verluste machen) Mittel zu, die nicht ausgeschüttet werden und damit für Reinvestitionen21 verwendet werden können. Reinvestitionen sind somit zwar Bestandteil des Bruttosozialprodukts, aber gehören nicht zum Volkseinkommen. Wenn also vom Volkseinkommen gesprochen wird, so sind die Abschreibungen, welche die Erhaltung des vorhandenen Kapitalstocks und damit die augenblickliche volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit sichern sollen, schon abgezogen. Das Volkseinkommen (oder Nettosozialprodukt, NSP) kann somit aus Sicht der Einkommensentstehungsseite aufgeteilt werden in einen Teil, der verbraucht wird (Konsum, C) und einen Teil, der netto investiert wird und den volkswirtschaftlichen Kapitalstock erhöht. Nettoinvestitionen sind in einer geschlossenen Wirtschaft aus Sicht der Einkommensentstehungsseite daher als das Volkseinkommen abzüglich Konsum definiert. Aus der Perspektive der Einkommensverwendungsseite setzt sich das Volkseinkommen aus dem Konsum und dem Einkommensteil zusammen, der zur Erhöhung der volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gespart wird (Ersparnis, S)22. Die Einkommensverwendungsseite sieht also die Ersparnis als Volkseinkommen minus Konsum. Werden sämtliche Ersparnisse den Nettoinvestitionen zugeführt (ex ante-Übereinstimmung), so ist der Wirtschaftskreislauf geschlossen. Hierzu müssen die Unternehmer aber entsprechend hohe Renditeerwartungen bezüglich der vorzunehmenden Investitionen hegen. Diese muß deutlich über derjenigen von risikolosen Finanzaktiva („landesüblicher Zinsfuß“!) und dem Fremdkapitalzins liegen, soll die Investition sich rechnen. Ansonsten unterläßt der Unternehmer die Investition. Anders als der (relativ stabile23) Konsumgüterkreislauf unterliegt der Ersparnis-Investitionskreislauf somit Unstetigkeiten, die vom jeweiligen Verhältnis zwischen (erwarteter) Sachkapitalrendite und dem Geld(-kapital)zinssatz abhängig sind. Die Zunahme der Liquiditätspräferenz („Hortung“) bedeutet, daß die volkswirtschaftliche Ersparnis die Investition übersteigt. In diesem Fall ist der Wirtschaftskreislauf eben nicht geschlossen; die Folge sind Nachfrageausfälle und Arbeitslosigkeit. Binswanger betont auf der anderen Seite, daß - je mehr der ökonomische Kapitalstock durch Nettoinvestitionen wächst - umso stärker der ökologische Kapitalstock in Mitleidenschaft gezogen wird24. Die Zusammenhänge und Abhängigkeiten in einer geschlossenen Wirtschaft sind noch einmal in der folgenden Abbildung illustriert:

Darstellung Konsum, Ersparnis, Investitionen und Wachstum

Die Ausführungen machen deutlich, daß keinesfalls von einem Wachstumszwang der kapitalistischen Wirtschaft gesprochen werden kann, wenn man unter „Zwang“ eine mechanistische Kausalitätsbeziehung versteht. Allerdings handelt es sich beim Wirtschaftswachstum aus verteilungs-, beschäftigungs- und sozialpolitischen Gründen um eine systemimmanente Funktionsnotwendigkeit: Ohne Wachstum würde die kapitalistische Marktwirtschaft nach kurzer Zeit in ein Desaster münden.

Nachdem wir die Nettoinvestitionen als die maßgeblichen „Träger“ des Wirtschaftswachstums identifizieren konnten, stellt sich die Frage, wie hoch ihr Wachstumseffekt ausfällt. Hierbei ist die entscheidende Größe der sog. „marginale Kapitalkoeffizient“. Dieser setzt die Nettoinvestitionen zur Änderung der möglichen Produktion in Beziehung und mißt somit „... den Kapazitätseffekt der Investitionen, und zwar wird der Kapazitätseffekt um so kleiner, je größer der Kapitalkoeffizient ist. Ein großer Kapitalkoeffizient bedeutet, daß eine gegebene Nettoinvestition nur einen kleinen Zuwachs zur potentiellen Produktion bewirkt.“25 Wird z.B. eine Sparquote von 12% wieder netto investiert, so erhöht sich bei einem marginalen Kapitalkoeffizienten von 4 die Produktion potentiell um 3%. In der Vergangenheit besaß der marginale Kapitalkoeffizient als Folge der steigenden Kapitalintensität einen Trend nach oben, was sich auf die Verteilungssituation tendenziell ungünstig auswirkte26.

An dieser Stelle möchten wir die Behauptung aufstellen, daß die Nettoinvestitionstätigkeit im kapitalistischen System - so notwendig sie auch sein mag - den Charakter einer Sysiphusarbeit hat, weil nämlich eine Beseitigung der Knappheit systemimmanent unmöglich ist. Diese Behauptung wirft zwei Fragen auf:

a) Was verstehen wir unter „Kapitalismus“? und
b) Warum ist eine Beseitigung der Knappheit im Kapitalismus unmöglich?

Ad a) Anders als bei Marx wollen wir unter Kapitalismus ein Marktverhältnis verstehen, in dem das Angebot im Verhältnis zur Nachfrage (nach Leihgeld und Sachgut/Realkapital) institutionell knapp gehalten wird und dadurch den Zins (Geld- und Sachkapitalzins) erzwingt27. „Nicht die Existenz eines Gutes oder die an ihm klebenden Besitztitel werfen das Plus ab, sondern die Seltenheit in Verbindung mit der Nachfrage - Knappheit genannt.“28

Ad b) Institutionalisiert ist die Knappheit deswegen, weil der Zins (Sach- und Geldkapitalzins) einen bestimmten Mindestsatz, den Keynes als die „Liquiditätsprämie des Geldes“29 bezeichnet hat, in der heutigen Geldverfassung nicht unterschreiten kann. Das Geld stellt sich nur für (Netto-) Investitionen zur Verfügung, wenn damit eine Rendite erwirtschaftet werden kann, die deutlich (je nach Risiko) über dem landesüblichen Zinsfuß liegt - der landesübliche Zinsfuß wiederum findet durch die Liquiditätsprämie des Geldes eine Untergrenze. Können aufgrund der durch die Investitionstätigkeit zunehmende Konkurrenz der Kapitalien die Forderungen des Geldkapitals nicht mehr erfüllt werden, so verweigert es sich der Investition. Die Folge: Eine Stagnation der Wirtschaft oder gar eine „Reinigungskrise“, die eine entsprechende Vernichtung von Sachkapital bewirkt (man bedenke die ökonomischen, sozialen und ökologischen Folgen!) und mit der daraus hervorgehenden Verknappung die Voraussetzung für eine spätere rentable Kapitalverwertung wieder herstellt. Keynes: „Daß die Welt nach verschiedenen Jahrtausenden beständigen Sparens der Einzelnen so arm an angehäuften Kapitalwerten ist, ist nach meiner Ansicht weder durch die unvorsorglichen Neigungen der Menschheit, sogar nicht einmal durch die Zerstörungen von Kriegen, sondern durch die hohen Liquiditätsprämien zu erklären, die (...) an dem Besitz von Geld hängen.“30 Die Liquditätsprämie des Geldes setzt somit den Standard, über den sich das Sachkapital hinaus nicht vermehren kann. Diese Knappheit geht in der Zinswirtschaft von den Geld- und Kapitalmärkten aus und pflanzt sich auf alle übrigen Märkte fort. Der Zins muß für jedes Gut, auf jeder Verarbeitungsstufe für das jeweils benötigte Kapital bezahlt werden; auch wird keine Produktionsanlage im Kapitalismus betrieben, ohne daß sie Zins abwirft, ihre Erzeugnisse also knapp im Verhältnis zur Nachfrage sind.

Nach der Analyse des unbefriedigenden Status quo stellt sich die Frage nach einem Ausweg. Das freiwirtschaftliche Rezept ist bekannt: Die Liquiditätsprämie wird konsequent durch „künstliche Durchhaltekosten“ neutralisiert31. Das Geld wird dadurch unter einen Angebotszwang gesetzt und seine Übermacht (gegenüber Ware und Arbeit) genommen. Um die Durchhaltekosten zu vermeiden, stellt es sich jetzt selbst dann noch zur Verfügung, wenn die zu finanzierenden Investitionen eine Verzinsung in Höhe der Liquiditätsprämie (zuzüglich eines Risikoaufschlages) nicht mehr erzielen können. Nach der Neutralisierung der Liquiditätsprämie findet somit eine Dauerkonjunktur statt, in der das Kapital eine permanente Vermehrung erfährt. Der Zins wird im Kapital „ersäuft“; es existiert kein „Keil“ mehr, der das „Zuklappen der Zinstür“ (also das Absinken des Zinses gegen Null) verhindert32. Anders als bei unvermehrbaren Kapitalien (z.B. Umweltnutzungsrechte, Grund und Boden) braucht das Erträgnis somit nicht über steuerliche Maßnahmen abgeschöpft werden. Die Aufgabe der Beseitigung des Kapitalertrages übernimmt der marktwirtschaftliche Wettbewerb, wenn er denn zur Geltung kommen darf. Das Absinken „des“ landesüblichen Zinssatzes beinhaltet das gleichzeitige Absinken von Geld- und Realkapitalzins, weil Finanz- und Realaktiva über Substitutions- und Komplementaritätsbeziehungen33 miteinander verbunden sind. Die Risikoprämie bei Investments bliebe zwar erhalten. Sie wäre jedoch (was die einschlägigen Kapitalmarkttheorien nahelegen34) weit geringer als heute, da sowohl die Volatilität der Verzinsung des einzelnen Unternehmens wie auch des Marktportefeuilles abnehmen werden. Dennoch: Kapitalmarkt und Zins behalten ihre Allokationsfunktion bei. Wo neue Knappheit auftaucht, gibt der Zins das Signal zu ihrer Beseitigung. Keynes schätzte, „... daß ein richtig geleitetes, mit modernen technischen Hilfsmitteln ausgerüstetes Gemeinwesen, dessen Bevölkerung nicht sehr rasch zunimmt, in der Lage sein sollte, innerhalb einer einzigen Generation die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals (entspricht hier der Verzinsung, der Verf.) auf ungefähr Null herunter zu bringen; so daß wir die Zustände eines quasi-statischen Gemeinwesens erreicht haben würden, in dem Änderungen und Fortschritt sich nur aus Änderungen in der Technik, im Geschmack, in der Bevölkerung und in den Institutionen ergeben würden ...“35 Vor der Einmündung in diesen Zustand der Nachhaltigkeit ist jedoch ein Wachstumsschub nötig, um den vorhandenen Mangel (1997: mehr als 4 Mio. Arbeitslose!) zu beseitigen. Dieser Wachstumsschub wird allerdings durch die Umverteilungseffekte vom Kapital- zum Arbeitseinkommen, die mit dem Sinken des Zinsfußes einhergehen, gemildert.

Manch kritischer Leser wird (angesichts des obigen Keynes-Zitates) Schwierigkeiten haben nachzuvollziehen, wie denn mittels eines solchen „Konjunktur- und Wachstumsprogrammes“ ein nachhaltiges, ökologisches Wirtschaften ermöglicht werden soll. Die Erklärung ist einfach, ihr Verständnis setzt jedoch einige soziale Phantasie voraus: Nettoinvestitionen werden vorgenommen, wenn ein positiver Kapitalwert zu erwarten ist, d.h. eine entsprechende Verzinsung über dem Marktzinsniveau erreicht werden kann. Bei einem Zinssatz von Null (Geldkapital- und Realkapitalzinssatz) hat ein Unternehmer idR. kein Interesse mehr, weitere Nettoinvestitionen durchzuführen36. Würde der Unternehmer nämlich mit seiner Nettoinvestition (die zugleich die Grenzinvestition ist) das Kapital über das Nullzins-Gleichgewicht hinaus vermehren, hätte er alle Chancen, negative Verzinsungsraten (also Verluste) einzufahren. Aus diesem Grunde würden bei einem „landesüblichen Zinssatz“ von Null die Netto-Sachkapitalinvestitionen zum Stillstand kommen. Die Folgen für die Zusammensetzung des Volkseinkommens sind radikal: Das gesamte Volkseinkommen würde dem Konsum zugeführt werden; die Konsumquote betrüge 100%. Hingegen wäre der Anteil der Ersparnis und der Nettoinvestitionen am Volkseinkommen gleich Null37. Um einem naheliegenden Mißverständnis vorzubeugen: Eine Sparquote von Null besagt nicht, daß nichts mehr gespart wird - sie bedeutet nur, daß 100% des Gesparten dem Konsum zugeführt wird. „Spart“ beispielsweise Robinson bis Juni 1.000 DM, hebt im August 500 DM zu Konsumzwecken ab und gibt Freitag die restlichen 500 DM als Konsumentenkredit, so ist in der betreffenden 2-Personen-Volkswirtschaft die gesamtwirtschaftliche Ersparnis der betreffenden Periode gleich Null (das gesamte Volkseinkommen wird verkonsumiert)38. Mit anderen Worten: Bei einer Ersparnis von Null halten sich Bildung und Auflösung von Geldvermögen bzw. Kreditvergabe (an den Staat und Private zu Konsumzwecken) genau die Waage. Ist dies längerfristig der Fall, befindet sich das System im Gleichgewicht39. Der Umstand, daß mit der Sparquote auch der Anteil der Nettoinvestitionen gegen Null geht, bedeutet jedoch nicht, daß bei einem Nullzins-Niveau der Investitionsgütersektor aufhört zu existieren. Er beschränkt sich allerdings nun im wesentlichen auf die Produktion von Ersatzinvestitionen und ist keinen konjunkturellen Verwerfungen mehr ausgesetzt40. Dieser quasi-stationäre Zustand bedeutete keinesfalls das Ende des technischen Fortschritts. Nach wie vor hätte der „Schumpeter-Unternehmer“ Entfaltungsmöglichkeiten. Vor allem bei Änderungen der Bedürfnisstruktur hätte er die Möglichkeit, Pioniergewinne zu erzielen. Andere Unternehmer, die einen solchen Wandel „verschlafen“, würden demgegenüber Verluste einfahren. M.a.W.: Die Rendite der Unternehmen würde um einen Wert, der sich um den landesüblichen Zinssatz (von Null) plus einer Risikoprämie bewegt, streuen. Die Unternehmer würden nach wie vor danach trachten, über die Reinvestitionen Produktivitätsfortschritte zu realisieren, und zwar im Hinblick auf den Faktor Arbeit und den Faktor Umwelt. Bei einem Zustand gesättigter Bedürfnisse könnten Steigerungen der Arbeitsproduktivität in Senkungen der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich weitergegeben werden: Die Marx´sche Utopie würde also mit marktwirtschaftlichen Mitteln erreicht. Trotz seiner „Stationarität“ ist das System elastisch: Ungleichgewichte würden flexibel durch Zinsänderungen und Schwankungen des Volkseinkommens ausgeglichen. Überschreitet die Geldvermögensbildung aus irgendwelchen Gründen (z.B. Altersaufbau) zeitweise die Konsumnotwendigkeiten, so reagiert der Markt temporär mit negativen Zinsen und einer Senkung des Volkseinkommens (negatives Wachstum), und zwar ohne eine Wirtschaftskrise. In dieser Situation ist das auch sinnvoll, weil die gesamtwirtschaftlichen Konsumbedürfnisse offensichtlich kleiner als das Volkseinkommen (vor Anpassung) sind. Eine Keynes´sche Konsumfunktion vorausgesetzt, steigt die Konsumquote aufgrund der Absenkung des Volkseinkommens schließlich wieder auf 100%. Aber auch eine Steigerung des Volkseinkommens ist dann möglich, wenn zusätzlicher Bedarf auftaucht. Die entstehenden Gewinnmöglichkeiten rufen den Unternehmer hervor, der diesen Bedarf über zusätzliche Investitionen deckt. Die Wirtschaft wächst vorübergehend. Die flexible Anpassung des Volkseinkommens an den Bedarf stellt einen wesentlichen Sinn einer ökologischen Wirtschaftsordnung dar.

Die „technischen Voraussetzungen“ für ein nachhaltiges Wirtschaften können von der Freiwirtschaftslehre somit geliefert werden. Die Schwachstelle ist der Mensch selbst. So setzt die Vorstellung von einem nachhaltigen Wirtschaften voraus, daß auch die materiellen Bedürfnisse des Menschen logistischen Funktionen folgen und daß - entsprechend der Maslow-Pyramide - mit steigendem Wohlstand eine allmähliche Substitution von geringerwertigen, materiellen zu höherwertigen, immateriellen Bedürfnissen stattfindet.

Bedürfnishierarchie nach Maslow

Sicherlich kann auch Bildung und Erziehung ihren Teil dazu beitragen, daß eine solche Entwicklung beschleunigt wird. Indessen macht ein derartiges Menschenbild unserer Phantasie angesichts des real existierenden Materialismus und Pauperismus41 große Schwierigkeiten.

Die zweite Unbekannte ist das Bevölkerungswachstum. Pessimisten befürchten angesichts der schon vorhandenen 6 Millarden Menschen, daß sich ohne eine rigorose Bevölkerungspolitik auch die Ökologieproblematik nicht in den Griff bekommen läßt. Die Bevölkerungsentwicklung würde so als eine unabhängige Variable gesehen. Die Optimisten betrachten die Bevölkerungsentwicklung hingegen als von Wohlstand und sozialem Fortschritt abhängig. Sie verweisen dabei auf die stagnierende Entwicklung in den westlichen Industrieländern. Mit steigendem Wohlstand würde auch die Bevölkerungsentwicklung einen nachhaltigen Pfad einschlagen.

In diesem Zusammenhang muß der Entwicklungsweg problematisiert werden, den die Entwicklungs- und Schwellenländer einzuschlagen gedenken. Schon heute würde der westliche Entwicklungsweg für alle 6 Milliarden Menschen zu einer ökologischen Katastrophe führen. Andererseits mutet es unglaubwürdig und moralisch fragwürdig an, wenn die westlichen Industriestaaten den Entwicklungs- und Schwellenländern die Empfehlung geben, sich zu bescheiden.

Die aufgeworfenen Fragen können wissenschaftlich wohl nur sehr schwer entschieden werden; letztlich ist die Antwort von der Werthaltung abhängig. Hier liegen die Grenzen des vorgestellten Ansatzes; abgesehen davon löst der in Abschnitt 2.4. gemachte Vorschlag weder das Problem der Internalisierung externer Effekte (Abschnitt 1.) noch dasjenige der Neutralisierung bestimmter (Ur-)Monopole (Abschnitt 1. und 4.).

 

3. Zur Problematik der Ressourcenökonomie

Ein positiver Zinssatz bedeutet ein Knappheitssignal. Es fordert die Entscheider auf, bestimmten Verwendungen knapper Mittel den Vorzug vor anderen Verwendungen zu geben (investiere in Verwendung A, weil hier der Zins höher ist als in Verwendung B). Dies gilt aber nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern auch intertemporär. Eine Mark heute ist mehr wert als eine Mark morgen, weil das Geld zwischenzeitlich verzinslich angelegt werden kann. Nach der finanzmathematischen Formel 1/(1+i)t ist bei einem Zinssatz von i = 10% eine Mark, die in einem Jahr (t = 1) eingenommen wird, nur 91 Pfennige wert. Eine Mark, die in zwei Jahren eingenommen wird, ist heute mit 82 Pfennigen zu bewerten. Findet die Einnahme erst in drei Jahren statt, sind es nur 75 Pfennige. Durch einen positiven Zinssatz werden also a) die Nutzen zukünftiger Generationen abdiskontiert, d.h. geringer bewertet als unser Nutzen. Zudem ergibt sich b) ein Anreiz, Aufwendungen (zur „Instandhaltung“ des Faktors Umwelt) in die Zukunft zu verlegen, weil sie dann entsprechend weniger schwer wiegen als heute.

Ad a) Bei nicht erneuerbaren Rohstoffen bedeutet dies das Marktsignal, keinen gleichmäßigen Ressourcenabbau vorzunehmen. Vielmehr ist es nach dem Kriterium der Maximierung der abdiskontierten Nutzen rational, die Ausbeute heute zu Lasten künftiger Generationen vorzunehmen. Die näher an der Gegenwart liegenden Nutzen werden nämlich höher bewertet werden als die weiter in der Zukunft liegenden. Umgekehrt wird der Nutzenentgang der künftigen Generationen geringer bewertet ist als der Verzicht auf die Ausbeute heute. Dementsprechend geht die sog. „Hotelling-Regel“42 von einer Substitution der Ressource Umwelt43 durch Kapital aus. Die Ausbeute von Ressourcen verursacht eine zunehmende Knappheit, die ihren Preis steigen läßt. Der Eigentümer der Ressource fährt so lange mit der Ausbeutung fort, wie der Zins, zu dem er sein Geld aus dem Verkaufserlös anlegen kann, mindestens genauso groß wie die Preissteigerung der Ressource ist. Bewegt sich der Zinssatz aber unter der Rate der erwartete Preissteigerung, so verlangsamt sich die Ressourcenausbeute44. Unabhängig davon, ob der Ressourcenabbau durch das Kriterium der Maximierung der abdiskontierten Nutzen oder durch die Hotelling-Regel begründet wird: Er geschieht in der Hoffnung und mit der Rechtfertigung, daß die Chancen künftiger Generationen durch eine fortgeschrittene technische Entwicklung und die fortgeschrittene Kapitalakkumulation wieder egalisiert werden. In diesem Zusammenhang muß das Entropiegesetz Erwähnung finden (und der Name Georgescu-Roegen45). In einer allgemeinen Formulierung lautet das Entropiegesetz: In geschlossenen Systemen nimmt die nicht mehr verfügbare (wertlose) Energie (= hohe Entropie) zu, während die verfügbare (wertvolle) Energie (= niedrige Entropie) abnimmt und unter Umständen gegen Null tendiert46. Man kann das Entropiegesetz im ökonomischen Bereich als die irreversible Entwertung der Natur (speziell hier: von nicht erneuerbaren Ressourcen47) durch ökonomische Prozesse interpretieren. Optimisten meinen, die Knappheiten, die sich aus der Erschöpfung endlicher Ressourcen ergeben, durch sog. „Backstop-Technologien“48 mildern oder gar aufhalten zu können. Diskutiert werden dreierlei Backstoptechnologien: Plutoniumenergie (1), Fusionsenergie (2) und „Hard-Solar“, die großtechnologische Nutzung von Sonnenenergie (3). Allgemein akzeptiert ist, daß die Technologien (1) und (2) zusätzliche Wärme auslösen und die Entropieproblematik für die Erde als geschlossenes System nicht bewältigen49 Bleibt nur noch „Hard Solar“ als Hoffnungsträger. Diese funktioniert nur durch dezentrale Nutzung. Hierzu wird aber Grund und Boden benötigt. Grund und Boden ist jedoch relativ knapper als viele Rohstoffe wie z.B. Erdöl. Es ist jedoch ökonomisch wie ökologisch unsinnig, einen relativ reichhaltigen Faktor durch einen relativ knappen Faktor zu ersetzen. Binswanger kommt daher zu dem Schluß, daß es Backstoptechnologien nicht gibt50.

So bleibt also nur ein Ausweg: Wenn der Nutzen zukünftiger Generationen nicht geringer bewertet werden soll als der unsrige heute, ist eine soziale Diskontrate von Null zwingend. Nun werden in einem marktwirtschaftlichen System die Investitionsentscheidungen dezentral, anhand von Marktsignalen gefällt. Will sagen: Die von der Wissenschaft bemühte „soziale Diskontrate“ ist ein theoretisches Konstrukt. Die marktwirtschaftliche Praxis hört nur auf Renditen bzw. Zinsen. Daraus kann nur das Bemühen erfolgen, zu einem Zinsniveau von Null zu gelangen.

b) Ausgaben, die heute zu tragen sind, werden bei einem Zinssatz größer Null schwerer gewichtet als solche, die in der Zukunft anfallen. Dies ist v.a. dann bedeutsam, wenn ökologische Produktionsverfahren im Zuge von Faktorsubstitutionsprozessen (Faktor Umwelt durch den Faktor Kapital) mit herkömmlichen Produktionsverfahren konkurrieren: Ökologische Produktionsverfahren (erhöhte Ressourcenproduktivität) sind häufig kapitalintensiver, d.h. sie weisen verglichen mit herkömmlichen Investitionen normalerweise höhere Anfangsauszahlungen auf. Dafür lassen sich mit ihnen Ersparnisse bezogen auf die Folgeauszahlungen erzielen (z.B. Sonnenenergie vs. Ölfeueranlagen). Je höher der Zinssatz, um so vorteilhafter gestaltet sich jedoch die für die herkömmliche Investition typische Zahlungsreihe (vergleichsweise niedrigere Investitionssumme, dafür höhere Folgeauszahlungen)51 gegenüber der „Öko-Investition“. Je niedriger umgekehrt der Zinssatz, umso eher erzielen ökologische Investitionen (vergleichsweise hohe Anfangsauszahlung, dafür relativ geringe Folgeauszahlungen) einen Kapitalwert von größer oder gleich Null.

Beispiel:

 

Herkömmliche Investition

"Öko-Investition"

Zinssatz: 10%

Zahlungsreihe

Kapitalfaktoren

Barwerte

Zahlungsreihe

Kapitalfaktoren

Barwerte

Anfangsauszahlung

-60.000

1,00

-60.000,00

-100.000

1,00

-100.000,00

Einnahmenüberschüsse

 

 

t = 1

10.000

0,91

9.090,91

15.000

0,91

13.636,38

t = 2

10.000

0,83

8.264,46

15.000

0,83

12.396,69

t = 3

10.000

0,75

7.513,15

15.000

0,75

11.269,72

t = 4

10.000

0,68

6.830,13

15.000

0,68

10.245,20

t = 5

10.000

0,62

6.209,21

15.000

0,62

9.313,82

t = 6

10.000

0,56

5.644,74

15.000

0,56

8.467,11

t = 7

10.000

0,51

5.131,58

15.000

0,51

7.697,37

t = 8

10.000

0,47

4.665,07

15.000

0,47

6.997,61

t = 9

10.000

0,42

4.240,98

15.000

0,42

6.361,46

t = 10

10.000

0,39

3.855,43

15.000

0,39

5.783,15

 

Kapitalwert:

1.445,67

Kapitalwert:

-7.831,49

Zinssatz: 1%

Zahlungsreihe

Kapitalfaktoren

Barwerte

Zahlungsreihe

Kapitalfaktoren

Barwerte

Anfangsauszahlung

-60.000

1,00

-60.000,00

-100.000

1,00

-100.000,00

Einnahmenüberschüsse

 

 

t = 1

10.000

0,99

9.000,99

15.000

0,99

14.851,49

t = 2

10.000

0,98

9.802,96

15.000

0,98

14.704,44

t = 3

10.000

0,97

9.705,90

15.000

0,97

14.558,85

t = 4

10.000

0,96

9.609,80

15.000

0,96

14.414,71

t = 5

10.000

0,95

9.514,66

15.000

0,95

14.271,99

t = 6

10.000

0,94

9.420,45

15.000

0,94

14.130,68

t = 7

10.000

0,93

9.327,18

15.000

0,93

13.990,77

t = 8

10.000

0,92

9.234,83

15.000

0,92

13.852,25

t = 9

10.000

0,91

9.143,40

15.000

0,91

13.715,10

t = 10

10.000

0,91

9.052,87

15.000

0,91

13.579,30

 

Kapitalwert:

34.713,05

Kapitalwert:

42.069,57

 

Im Beispiel beträgt die Investitionssumme der herkömmlichen Investition DM 60.000,--, die der Öko-Investition DM 100.000,--. Aufgrund der Einsparungen bei den Folgeauszahlungen sind bei der Öko-Investition jedoch höhere Einnahmenüberschüsse zu erwarten (DM 15.000,-- statt DM 10.000,-- bei der herkömmlichen Investition). Angesichts der Zahlungsreihen ist bei einem Vergleichszinssatz von 10% die herkömmliche Investition der „Öko-Investition“ nach dem Kapitalwertkriterium klar vorzuziehen. Die Öko-Investition rechnet sich bei diesem Referenzzinssatz absolut nicht (negativer Kapitalwert). Ihre Vorteilhaftigkeit ändert sich aber bei einem Vergleichszinssatz von nur noch 1% radikal, und zwar absolut wie auch relativ zur herkömmlichen Investition: Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit der Substitution des Faktors Umwelt durch den Faktor Kapital.

Aus dem Gesagten läßt sich der Schluß ziehen, daß - bestimmte typische Zahlungsreihen vorausgesetzt - ein hoher Zinssatz die Substitution des Faktors Umwelt durch den Faktor Kapital verhindern kann.

 

4. Sonderproblem: Grund und Boden

Ein Sonderproblem stellt Grund und Boden dar. Hierbei handelt es sich um ein knappes Gut, das zugleich ein Nutzungsrecht und einen Vermögenswert verkörpert52. Die Frage nach dem Eigentum an Grund und Boden hat eine starke moralische Dimension: Für jeden Menschen ist der unmittelbare und mittelbare (Nahrung, Kleider etc.) Zugang zum Boden von existientieller Bedeutung, andererseits ist es potentiell aber den Bodeneigentümern grundsätzlich möglich, die Nicht-Eigentümer von der Nutzung auszuschließen53. Besonders brennend ist dieses Problem in vielen Ländern der sog. Dritten Welt54, aber auch hiesige „Strukturkrisen“ sind nicht zuletzt durch die Eigentümlichkeiten unserer Bodenordnung mit verursacht55.

Die heutige Bodenordnung bietet zudem wenig Anreiz, sparsam und effizient mit der knappen Ressource umzugehen. Sofern das entsprechende Kapital für den Grundstückserwerb vorhanden ist56, haben die Erwerber wenig Anlaß, sich auf die tatsächlich benötigte Fläche zu beschränken. Grundstückseigentümer sind nicht oder zu wenig genötigt, die Fläche auch ausreichend zu nutzen oder - wenn sie dies nicht wollen oder können - sich von der Fläche zu trennen und anderen Nutzungswilligen zur Verfügung zu stellen. Die ökologischen Konsequenzen sind weitreichend: Von der heutigen Bodenordnung „geht in der Regel ein beständiger Druck aus auf Ausweitung insbesondere der zur baulichen Nutzung zugelassenen Flächen sowie z.T. auch auf Ausweitung der zulässigen Nutzung schon ausgewiesener Flächen. Wie in einem System kommunizierender Röhren führt die Unternutzung der Flächen im Bestand zu einer Übernachfrage dort, wo Grundstücke angeboten werden, und zugleich zu einem Druck auf die Planungsinstanzen zur Vergrößerung dieses Angebots durch Ausweisung und Erschließung neuen Baulands. Die Bodenpreise im Bestand bewirken nicht, daß die Nachfrage von selbst auf das zur Nutzung ausgewiesene Gesamtareal zurückgedrängt wird: ökonomische und planerisch-ökologische Grenze kommen nicht zur Deckung. Verstärkt wird dies dadurch, daß planungsbedingte Bodenrentensteigerungen dem Eigentümer verbleiben, so daß er ein elementares Interesse daran hat, die Planungen im Sinne einer solchen Steigerung zu beeinflussen.“57 Das Problem der geringen Effektivität der Bodennutzung wird noch durch das Spekulationsphänomen verschärft. Preisbildend wirkt in unserer heutigen Bodenordnung nur der kleine Teil der Grundstücke, der gerade im Angebot ist und auf den die Nachfrage sich richtet. Der Markt ist also notorisch eng, die Preisausschläge entsprechend hoch. „Löst eine aus aus irgendwelchen Gründen vergrößerte Nachfrage dann die Erwartungen von Preissteigerungen aus und kommt es als Reaktion darauf zur Zurückhaltung der Angebotsseite, so steigen die Preise auch effektiv in unverhältnismäßiger Weise, obwohl sich an der Relation des Gesamtbestands zum Gesamtbedarf nichts geändert zu haben braucht.“58 Neben der geringen Produktivität der Bodennutzung in der heutigen Bodenordnung besteht speziell im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen monetären Reform das Problem, daß mit sinkendem Zinssatz der Bodenpreis gegen Unendlich steigen würde (der Bodenpreis ergibt sich aus der kapitalisierten Bodenrente)59. Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen wären unabsehbar. Gesell schlug darum die Sozialisierung des Grund und Bodens und die anschließende Versteigerung nach dem Meistbietungsverfahren vor60. Theoretisch wäre zur Erzielung des gewünschten Effektes auch eine entsprechende steuerliche Regelung ohne eine Umverteilung der Verfügungsrechte denkbar. Hierbei muß allerdings folgendes beachtet werden: Geht man von der Keynes´schen Formel aus, nach der der Eigenzins eines Vermögensgegenstandes gleich seinem Erträgnis plus seiner Liquiditätsprämie abzüglich seiner Durchhaltekosten ist61, so würde bei einer vollständigen Abschöpfung (= Durchhaltekosten) der Bodenrente und des Bodenwertzuwachses (= Erträgnis) noch der Liquiditätsvorteil (ein Monopolvorteil!) verbleiben62. Eine Steuerlösung dürfte sich daher nicht auf die Abschöpfung der Bodenrente und des Bodenwertzuwachses beschränken, sondern müßte darüber hinaus den Liquiditätsvorteil des Bodens (als Monopolgut!) erfassen63. Die Belastung müßte genauestens ausgesteuert werden, da ansonsten Überwälzungseffekte drohen, die ja bekanntlich auch der Baulandsteuer64 mit den Garaus gemacht haben65. Hier ist aber große Skepsis hinsichtlich der technischen Durchführbarkeit geboten (man denke an die nicht vorgenommenen Anpassungen der Einheitswerte und an den umstrittenen § 121 a BewG!). Solange diese Bedenken nicht ausgeräumt sind, bleibt die Sozialisierungslösung Gesells zwar die radikalste, gleichzeitig aber effektivste Lösung: Bei der Sozialisierungslösung liegen die Eigentumsrechte beim Staat, die Nutzungsrechte werden meistbietend an die Privaten versteigert. Das Problem des Liquiditätsvorteils kann bei einer entsprechenden Ausgestaltung der Pachtverträge angesichts der Verteilung der Verfügungsrechte ausgeschaltet werden. Sollten bei der „Steuer-Lösung“ jedoch praktikable Wege gefunden werden, welche die geäußerten Bedenken entkräften, ist auch ein flexibler kombinierter Einsatz beider Instrumentarien denkbar. Für welche Lösung (Steuer oder Sozialisierung) man sich auch entscheidet: Deutlich wird hier wiederum, daß eine ökologische Wirtschaftsordnung sich nicht mit einer Privilegien- und Monopolwirtschaft vereinbaren läßt, wie sie sich durch das Vorhandensein einer hohen Differenz zwischen Liquiditätsprämie und Durchhaltekosten bei zentralen Vermögensgegenständen ergibt66. Die erkennbaren Parallelen zur Ausgestaltung der Nutzungsrechte an anderen Ressourcen, wie sie in Abschnitt 1. diskutiert wurden, sind daher nicht zufällig67.

 

5. Resümee

Marktwirtschaft und Kapitalismus sind zwar historisch zusammengewachsen, als Idealtypen aber scharf zu trennen. Besonders deutlich macht dies eine kybernetische Betrachtungsweise: Tritt in einer Marktwirtschaft eine Ungleichgewichtssituation ein, so werden systemimmanente Informations- und Regelungsprozesse wirksam, welche die Störung selbsttätig beseitigen. Der Pionierunternehmer, der einen bislang unerkannten Bedarf entdeckt, kann mit einem Vorstoß in diese Lücke u.U. außerordentlich hohe Gewinne realisieren. Schnell werden sich jedoch Konkurrenten einstellen, und mit zunehmender Konkurrenz gehen die Gewinne auf das übliche Niveau zurück. Der neue Bedarf ist schließlich gedeckt.

Gänzlich anders verhält es sich mit dem Kapitalismus. Die kapitalistische Zinswirtschaft ist positiv rückgekoppelt. Jede Kapitalwertrechnung geht davon aus, daß die Zinserträge stehengelassen werden und sich (wiederangelegt) weiter vermehren. Der Umverteilungsprozeß, den der Zinseszinsmechanismus bewirkt, wird jedoch durch keine Größe begrenzt. Ganz im Gegenteil: Der Zinseszinsmechanismus bewirkt exponentielle Zuwachsraten. Während natürliche Wachstumsverläufe die Tendenz haben, sich irgendwann abzuschwächen und schließlich zu stagnieren, stehen die zinseszinsinduzierten exponentiellen Wachstumsraten einem solchen natürlichen Verlauf diametral entgegen.

Aufgrund dieser positiven Rückkopplung des Zinseszinsmechanismus und den empirisch feststellbaren Verläufen von Sozialprodukt- und Geldvermögenswachstum könnte man geneigt sein, einen „Wachstumszwang“ zu vermuten. Tatsächlich ist es aber korrekter davon zu sprechen, daß im kapitalistischen System aus verteilungs- und wirtschaftspolitischen Gründen (v.a. Beschäftigungspolitik) die funktionelle Notwendigkeit besteht, zu wachsen. Es gibt jedoch weder einzel- noch gesamtwirtschaftlich einen „Zwang“ (i.S. einer mechanistischen Kausalität), den vorhandenen Kapitalstock zu vermehren.

Zusätzlich zu den funktionellen Wachstumsnotwendigkeiten induziert ein positiver Zinssatz auch intertemporale Allokationswirkungen: Es werden Kosten auf kommende Generationen abgewälzt (intertemporale soziale Kosten). Ein positiver Zinssatz bedeutet nämlich das Signal: „Es herrscht Knappheit, es geht euch schlecht. Schaut, daß ihr diese Knappheit in einer Kraftanstrengung beseitigt. Vorübergehend dürft ihr das sogar auf Kosten künftiger Generationen.“ Aber eben nur vorübergehend. So weise die allokative Wirkung dieses Marktsignals ist, so fatal wirkt es im Zusammenhang mit dem kapitalistischen Zinsmechanismus: Über die Liquiditätsprämie des Geldes wird der Zins perpetuiert - damit auch das Knappheitssignal und eine positive „soziale Diskontrate“. Daher wird nicht nur vorübergehend auf Kosten künftiger Generationen gelebt, sondern andauernd. Dieses Opfer künftiger Generationen macht noch nicht einmal Sinn, da die Knappheit im Kapitalismus nicht beseitigt werden kann.

Nachhaltiges, nicht auf Kosten künftiger Generationen gehendes Wirtschaften ist somit nur unter Beseitigung des Kapitalertrages möglich. Ein Kapitalertrag von Null nimmt den Anreiz für weitere Aufstockungen des volkswirtschaftlichen Kapitalbestandes. Eine wachstumsfreie Wirtschaft ist - anders als heute - sozialverträglich machbar, da kein Umverteilungsmechanismus wirksam ist. Die Beseitigung des Kapitalertrages ist nur möglich, wenn der Eigenzinssatz sämtlicher Vermögensgegenstände gegen Null tendiert. Hierzu muß nicht nur dem Geld, sondern auch anderen knappen (im Verhältnis zur Nachfrage) und unvermehrbaren und kaum substituierbaren Vermögensgegenständen der Liquiditätsvorteil genommen werden, wenn er die Durchhaltekosten stark übersteigt68. Hier haben wir insbesondere Grund und Boden sowie Nutzungsrechte an unvermehrbaren Ressourcen ausgemacht. Die Neutralisierung von Erträgnis und Liquiditätsprämie der betreffenden Vermögensgegenstände führt auch zu einer - ökologisch wünschenswerten - Erhöhung der Ressourcenproduktivität.

Die Beseitigung des Kapitalertrages ist jedoch nur eine notwendige, keinesfalls eine hinreichende Bedingung für ein nachhaltiges Wirtschaften. Von zentraler Bedeutung ist der Mensch mit seiner Bedürfnisstruktur und seinem Reproduktionsverhalten. Ein entsprechend optimistisches Menschenbild vorausgesetzt, könnte sich in einem Wirtschaftssystem, das Monopole rigoros zerschlägt69 und intra- wie intertemporale soziale Kosten konsequent internalisiert, der Widerspruch zwischen ökonomischen und ökologischen Notwendigkeiten als ein Mythos entpuppen.

 

Anmerkungen

1 Eine verursachungsgerechtere Belastung könnte u.a. durch eine entsprechende Erhöhung der Mineralölsteuer erreicht werden.
2 Vgl. zum folgenden H. Bartmann, Umweltökonomie - ökologische Ökonomie, Stuttgart u.a. 1996, S. 113 ff.
3 Hingegen wird ein Schädiger bei der Verschuldenshaftung durch ein nicht schuldhaftes, aber schadenerzeugendes Verhalten von der Haftung freigestellt.
4 Vgl. ausführlich zu diesem Thema aus freiwirtschaftlicher Sicht J. Jenetzky, Öko-Abgaben - erforderliche, aber nicht hinreichende Instrumente einer zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik, in: Zeitschrift für Sozialökonomie, 33. Jg., 109. Folge, Juni 1996, S. 15 ff.
5 Bei Öko-Steuern steht der fiskalische Aspekt steht im Vordergrund, Lenkungswirkungen ergeben sich allenfalls mittel- bis langfristig.
6 Bei der Abgabenlösung findet dagegen eine Steuerung über die Preise statt (Preislösung). Die ethischen Bedenken gegen diese marktorientierten Instrumente sind verständlich, gehen aber ins Leere - Nullemissionen gab es noch nicht einmal während der Steinzeit.
7 J.M. Keynes, Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes, 6. Aufl., Berlin 1983, unveränderter Nachdruck der ersten Auflage 1936, S. 190.
8 Differentialrenten können durch die Nutzung bestimmter knapper Ressourcen im Vergleich zu weniger effizienten Substituten entstehen.- Die Problematik entspricht derjenigen von Grund und Boden.
9 D. Löhr, J. Jenetzky, Neutrale Liquidität, Frankfurt a.M. u.a. 1996, S. 175.- Auf die Diskussion, mit welcher Technik dies geschehen kann, soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden.
10 Über ein adäquates technisches Vorgehen, das eine genaue Aussteuerung gewährleistet, wird sich die Wissenschaft noch den Kopf zerbrechen müssen. Theoretisch denkbar wäre die Einrichtung einer zentralbankähnlichen Institution.
11 Besonders Keynes arbeitet mit seiner produktionstechnischen Erklärung den monopoloiden Charakter von Vermögensgegenständen heraus, denen eine hohe Differenz zwischen Liquiditätsprämie und Durchhaltekosten anhaftet. Nach Keynes spielt die geringe Produktions- und Substitutionselastizität der betreffenden Vermögensgegenstände hierbei eine entscheidende Rolle.- Vgl. J.M. Keynes, Allgemeine Theorie ..., a.a.O., S. 192 ff.- Vgl. auch D. Löhr, J. Jenetzky, Neutrale Liquidität, a.a.O., S. 48 ff.
12 Würden die weiter unten diskutierten Reformvorschläge ohne diese Lösung durchgeführt, so setzte man sich der Gefahr aus, daß der Eigenzinssatz der betreffenden Nutzungsrechte bestimmend für die gesamte Wirtschaft wird.
13 Vgl. der Artikel von J. Gude im selben Heft.
14 W.J. Baumol, The Cost Disease in Personal Services, in: Skandinaviska Enskilda Banken Quarterly Review, No. 2, 1972.
15 Anders als bei Marx sei „Kapitalismus“ definiert als ein Zustand institutionalisierter Knappheit, welcher es dem (Sach- und Geld-) Kapital überhaupt erst ermöglicht, den Kapitalertrag zu erzwingen. Vgl. S. Gesell, Die Natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld, 9. Aufl., Lauf bei Nürnberg 1949, S. 201, Anm. 1.
16 Der Zinseszinseffekt schließt hier auch „stehengelassene“ Gewinne in Unternehmungen mit ein.
17 Entnommen aus: D. Löhr, Geld, Wachstumszwang und Umweltschutz, in: Internationale Vereinigung für Natürliche Wirtschaftsordnung (Hrsg.), Gerechtes Geld, Gerechte Welt, Lütjenburg 1992, S. 71.- Vgl. auch die Abbildung in: F.G. Binn, Arbeit, Geldordnung, Staatsfinanzen, Hann.-Münden 1983, S. 26-27.- Ursprünglich stammt diese Darstellung jedoch meines Wissens von H. Creutz.
18 H. Chr. Binswanger, Geld und Natur, Stuttgart, Wien 1991, S. 103.
19 Ebenda, S. 103.
20 Auch von Ersatzinvestitionen können gewisse Wachstumseffekte ausgehen, wenn mit ihnen ein Produktivitätssteigerungen verbunden sind.
21 Gleiche Wiederbeschaffungspreise vorausgesetzt.
22 Von Außenwirtschaftsbeziehungen sei hier der Einfachheit halber abstrahiert.
23 Instabilitäten können v.a. bei bestimmten hochwertigen Gütern oder Dienstleistungen sowie säkular infolge von Umverteilungsprozessen auftreten.
24 H. Chr. Binswanger, Geld und Natur, a.a.O., S. 59.
25 K. Rose, Grundlagen der Wachstumstheorie, 4. Aufl., Göttingen 1984, S. 22-25.
26 Vgl. A. Rams, N. Ehrentreich, Arbeitslosigkeit - wie kann sie überwunden werden?, Lütjenburg 1996, S. 92 ff.- Vgl. auch D. Löhr, Die Scherenentwicklung von realen und monetären Größen in der Wirtschaft, in: Zeitschrift für Sozialökonomie 10/ 1989 (26. Jg.), S. 18.
27 Vgl. Fußnote 15.
28 F.G. Binn, Die Rolle des Kapitals bei der Wachstums- und Umweltproblematik, in: W. Onken (Hrsg.), Perspektiven einer ökologischen Ökonomie, Hann. Münden 1983, S. 29.
29 J.M. Keynes, Allgemeine Theorie ..., a.a.O., S. 189.
30 Ebenda, S. 202.
31 Zur praktischen Durchführung vgl. D. Löhr, J. Jenetzky, Neutrale Liquidität, a.a.O.
32 Auch die Keynes´sche Liquiditätsfalle ist nicht mehr zu befürchten.
33 Hierbei betonen die Monetaristen insbesondere die Substitutionsbeziehungen, die Neokeynesianer im Gefolge von Tobin das Komplementaritätsverhältnis.
34 Für die Risikoprämie ist - anders als für die Liquiditätsprämie - der Grad der Reagibilität auf Schwankungen des Marktportefeuilles verantwortlich. Vgl. hierbei v.a. die Arbitrage Pricing Theory (APT) und das Capital Asset Princing Model (CAPM).- Vgl. zu einer kritischen Würdigung D. Schneider, Investition, Finanzierung und Besteuerung, 6. Aufl., Wiesbaden 1990, S. 422 ff.- Allerdings können Teile des Portefeuillerisikos unter bestimmten Voraussetzungen wegdiversifiziert werden.-
Vgl. H.M. Markowitz, Portfolio selection, in: Journal of Finance, Vo. 7/ 1952, S. 77-91.
35 J.M. Keynes, Allgemeine Theorie ..., a.a.O., S. 184-185.
36 Auch Harrod, der anders als der Verfasser von der Existenz eines „natürlichen Zinses“ ausgeht, stimmt formal mit der hier vorgestellten Analyse überein, indem er zugesteht, daß bei einem Einkommenswachstum von Null der Zinssatz ebenfalls auf Null sinken sollte.- R.F. Harrod, Zweiter Essay zur dynamischen Theorie, in: H. König (Hrsg.), Wachstum und Entwicklung der Wirtschaft, 2. Aufl., Köln 1970, S. 212-215.
37 Ex post müssen Ersparnis und Nettoinvestitionen ohnehin identisch sein.- Wenn Harrod davon spricht, daß dem Gleichgewicht der statischen Wirtschaftstheorie eine Ersparnis von Null entspricht, si ist hier ebenfalls eine formale Identität mit der Aussage des Verfassers festzustellen, daß eine wachstumsfreie Wirtschaft die vollständige Konsumption des Volkseinkommens bedingt (in einer geschlossenen Wirtschaft).- R.F. Harrod, Zweiter Essay zur dynamischen Theorie, ebenda, S. 208.
38 Allerdings kommt der zins- und zinseszinsinduzierte Teil des Sparens zum Stillstand, das Sparen der Wirtschaftssubjekte ist von deren Einkommen abhängig. Dabei spielt das Vorsorgemotiv eine wesentliche Rolle.
39 Hierbei kommt schon zum Vorschein, daß auch Faktoren wie der Bevölkerungsaufbau, das System der sozialen Sicherung etc. die Höhe der Sparquote mit beeinflussen können; Anspar- und Entsparvorgänge sowie private Kreditaufnahmen werden idR. Durch unterschiedliche Altersgruppen getragen.
40 In dem Maße, wie der Kapitalkoeffizient säkular steigt, wäre auch ein Minimum an Nettoinvestitionen weiter notwendig, die sich allerdings nicht mit dem heutigen Niveau vergleichen lassen.
41 Eine marxistische, aber dennoch sehr treffende Vokabel.
42 H. Hotelling, The Economics of Exhaustible Ressources, in: Journal of Political Economy, Vol. 39, 1931, S. 137-175.
43 Die Überlegung ist grundsätzlich auch auf den Faktor Arbeit anwendbar.
44 Binswanger kritisiert allerdings an der Hotelling-Regel, daß sie einen Spezialfall von freien Gütern im Auge hat, nämlich freie Güter, die (durch die Ausbeute) zu knappen Gütern werden. Daneben gibt es jedoch auch noch freie Güter, die im Zuge des Ressourcenabbaus ihren Charakter als freie Güter beibehalten und freie Güter, die zu geschützten öffentlichen Gütern werden.- H. Chr. Binswanger, Geld und Natur, a.a.O., S. 78-80.
45 Vgl. N. Georgescu-Roegen, the Entropy Law and the Economic Process, Cambridge Mass. 1971.- Vgl. ders., The Entropy Law and the Economic Process in Retrospect, Schriftenreihe des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung, Berlin 1987.
46 H. Bartmann, Umweltökonomie - ökologische Ökonomie, a.a.O., S. 233.
47 Daneben sind auch noch die Schadstoffemissionen, die Übernutzung erneuerbarer Ressourcen und die Störung ökologischer Kreisläufe zu erwähnen.- Vgl. H. Bartmann, ebenda, S. 234.
48 Hierbei handelt es sich um einen aus der Baseball-Sprache entlehnten Ausdruck.
49 H. Chr. Binswanger, Geld und Natur, a.a.O., S. 81.
50 Ebenda, S. 81-82.
51 Ausführlich zu diesen Überlegungen vgl. D. Löhr, Determinanten der Rationalisierung des Produktionsfaktors Umwelt, in: Zeitschrift für Sozialökonomie, 33. Jg., 109. Folge, Juni 1996, S. 25 ff.
52 F. Andres, Grundlagen und Auswirkungen einer Bodenwertsteuer - Ist der Bodenmarkt ein Markt?, in: Fragen der Freiheit, Folge 242, 1-3/ 1997, S. 13.
53 Darum sollt ihr das Land nicht verkaufen ewiglich; denn das Land ist mein, und ihr seid Fremdlinge und Gäste vor mir.“- Die Bibel (Übersetzung Luther), 3. Buch Moses, 25. Kapitel, Vers 20.- Dieser Satz kann auch wie erörtert in weltlicher Weise interpretiert werden.
54 Man denke an Brasilien, wo sich bekannterweise Landlose durch den Urwand roden, wobei die dünne Humusschicht des Regenwaldes eine permanente Fortsetzung des Raubbaus notwendig werden läßt.
55 Vgl. M.-L. Hauch-Fleck, Revier ohne Raum, in: Die Zeit, Nr. 11, 11.3.1988, S. 25-27.
56 Entscheidend für den Zugang zu Flächen ist somit das Einkommen aus der Vergangenheit und nicht die Potentiale, mit den betreffenden Flächen ein aktuell hohes Einkommen zu erzielen. Dies ist allokativ äußerst fragwürdig.
57 F. Andres, Grundlagen und Auswirkungen einer Bodenwertsteuer ..., a.a.O., S. 16.
58 Ebenda, S. 14-15.
59 Damit bliebe der „Zins“ - in anderer Form - bestehen.
60 S. Gesell, Die Natürliche Wirtschaftsordnung ..., a.a.O., S. 77 ff.
61 J.M. Keynes, Allgemeine Theorie ..., a.a.O., S. 190.
62 Keynes betont, daß die Liquiditätsprämie des Bodens v.a. in früheren Zeiten ein großes Problem war. J.M. Keynes, ebenda, S. 202.- Der Verfasser hingegen kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß den modernen Autoren dieses Problem lediglich aus dem Blickfeld geraten ist, ohne aber von geringerer Bedeutung als früher zu sein.
63 Nicht zufällig liegt in bestimmten Immobiliensegmenten die Mietverzinsung unterhalb des landesüblichen Zinssatzes.- Ohne steuerliche Fördermaßnahmen würde sich der Wohnungsbau aus Rentabilitätsgesichtspunkten kaum lohnen.
64 Diese wurde durch das Bundesbaugesetz vom 23.6.1960 mit Wirkung vom 1.1.1961 als eine besondere Grundsteuer C für unbebaute baureife Grundstücke, die bislang der Grundsteuer B unterlagen, eingeführt. Das Gesetz vom 10.6.1964 hob diese Steuer rückwirkend zum 1.1.1963 wieder auf.
65 Vgl. hierzu G. Wöhe, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Bd. 1, 1. Halbband, 6. Aufl., München 1988, S. 455 ff.
66 Vgl. J.M. Keynes, Allgemeine Theorie ..., a.a.O., S. 190.
67 Die Parallelen zwischen Grund und Boden und anderen Ressourcen betont v.a. E. Grimmel, Geowissenschaftliche Grundlagen eines umweltverträglichen Rohstoffrechts, in: Zeitschrift für Sozialökonomie, 33. Jg., 109. Folge, Juni 1996, S. 3 ff.
68 Vgl. die Kritik Keynes´ an Gesell in J.M. Keynes, Allgemeine Theorie ..., a.a.O., S. 302. - Glücklicherweise dürften nur wenige Vermögensgegenstände eine deutliche Differenz zwischen Liquiditätsprämie und Durchhaltekosten aufweisen, so daß das Problem technisch in den Griff zu bekommen sein dürfte.
69 Hierbei sind nicht nur monopoloide Eigenschaften von Vermögensgegenständen, sondern auch solche durch das positive Recht gesetzten Monoploe wie z.B. das Konzessions- und Demarkationssystem des Energiewirtschaftsgesetzes gemeint.

Aus: Zeitschrift für Sozialökonomie, 113. Folge, Juli 1997

Dank der INWO, der Sozialwissenschaftlichen Gesellschaft, der ZfS sowie dem Autor, letzterem insbesondere für die Bereitstellung des Artikels als Datei.