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Kritik der Zinskritik

 


 

 

Ernst Dorfner

Marktwirtschaft oder Geldwirtschaft? - Geld und Zins:

Mehr Rätsel als Antworten

Eine Auseinandersetzung mit Silvio Gesell und Helmut Creutz

 

 

Fortsetzung von Teil 1

 

Helmut Creutz[8]


Vorbemerkung

 

Die Überlegungen, die Helmut Creutz in seinen Publikationen seit etwa zehn Jahren äußert, sind aus zwei Diskussionssträngen entstanden. Der erste davon beschäftigte sich mit der Frage der Schöpfung von Buchgeld durch die Geschäftsbanken und wieweit auch dieses einer Umlaufsicherung unterworfen werden müßte, bzw. wieweit dieses zusätzliche ‘Geld’ inflationär wirken könnte[9]. Der zweite Strang leitet sich aus ersterem ab, wobei dabei vertreten wird, daß eben dieses Buchgeld deshalb nicht inflationär wirken könne, weil es aus einem Kredit- und Verschuldungsprozeß entsteht, wodurch auch Vorgänge in der realen Sphäre bewirkt und für das Wachstum der Wirtschaft nicht nur die monetären Voraussetzungen geschaffen werden. Denn im Zusammenhang mit diesem realen Wachstum entsteht jenes zusätzliche Geld, das für die Bezahlung von Zinsen (und Gewinnen) notwendig ist. Und da dieses zusätzliche Geld nur aus diesem Wachstum heraus entstehen kann, ohne eine Inflation loszutreten, ist damit ein Zwang zum realen Wirtschaftswachstum begründet. 

Gegen diese Thesen, die die Dichotomie von realer und monetärer Sphäre überwinden, macht sich nun Helmut Creutz recht stark.

 

Bekannt geworden ist Helmut Creutz vor allem durch sein Buch ‘Das Geldsyndrom’ und die darin sehr breit dargestellte Problematik des Zinseszinses mit seinem exponentiellen Wachstum, wie sie so bei Gesell nirgends zu finden ist, aber auch die Frage der Verteilung des Vermögens in der Deutschland, der Verschuldung der 3. Welt und anderes mehr. Große Teile sind aber auch der oben angedeuteten theoretischen Auseinandersetzung gewidmet; dies allerdings in einer eher sehr verstreuten Form, so daß die Linie von Creutz  hier nicht zu finden ist. Stärker zusammengefaßt findet sich das in einem Beitrag in ‘Zeitschrift für Sozialökonomie’.


Das Geld für die Zinsen - oder:
Wo werkt das ‘Geldsyndrom’?

 

Silvio Gesell erkennt, wie bereits dargestellt, daß der Kaufmann seine Waren zu einem höheren Preis verkaufen muß, als er dafür beim Einkauf bezahlt hat, um aus dem Überschuß die Zinsen und einen Gewinn zahlen zu können.

Dies gilt nun nicht nur mikroökonomisch, sondern auch makroökonomisch, also nicht nur für den einzelnen Kaufmann bzw. Unternehmer, sondern für alle Unternehmer zusammen. Denn alle Unternehmer müssen sich vor Beginn ihrer Produktion[10] verschulden bzw. einen Kredit aufnehmen, um ihre Zukäufe an Waren, Arbeitskraft, öffentlichen Abgaben u.ä.m. leisten zu können. Für diese Kredite ist Zins zu bezahlen, ebenso wie sich diejenigen, die Eigenkapital einbringen, eine entsprechende Rendite erwarten.[11]

Wenn aber die Einnahmen aller Unternehmer zusammen größer sein müssen als deren Ausgaben, um einen Überschuß bilden zu können, dann  kann die Wirtschaft kein Nullsummenspiel sein

Nun beschäftigt sich Creutz gar nicht mit dieser Frage, weil er sie von vornherein  nicht gelten läßt. In einem Kreislaufdiagramm (C1, S. 58) fließen aus den Unternehmen 100 als Einkommen der Arbeiter und Zulieferanten heraus und fließen auch wieder 100 als Einkommen in die Unternehmungen zurück. Wenn nun aber 100 ausgegeben und 100 wieder eingenommen werden, dann ist der Überschuß gleich Null. Zinsen können also nicht bezahlt werden.  Wobei Creutz selbst nachweist, daß sämtliches Geld aus zinsbelasteten Krediten kommt - und nicht nur das, welches von den Sparern nicht ausgegeben und deshalb verliehen wird. [12]

Das Argument von Creutz für das Nicht-Geltenlassen dieser Frage, wo das zusätzliche  Geld für die Zinsen der Kredite herkommt, ist mehr als kraus. Er schreibt:

„Dieser verblüffende Denkansatz verliert schnell an Gewicht, wenn man für Zinsen einmal Steuern, Versicherungsbeiträge, Löhne oder andere Größen einsetzt, die ebenfalls laufend - wie die Zinsen - von den Unternehmen gezahlt werden müssen. Man stellt dann fest, daß die für diese Zahlungen jeweils notwendigen Geldbeträge (also auch die für Löhne, Steuern,..!! E.D.) tatsächlich irgendwo fehlen, nämlich in den Taschen der Zahler, dafür aber in andere Taschen gelangt sind. Das heißt, auch für Zins-zahlungen benötigt man kein zusätzliches Geld, sondern das Geld  wandert nur von einer Tasche in die andere. Das gilt nicht nur für die Kreditgewährungen oder Tilgungen, sondern auch für die damit verbundenen Zinsen. Gerade weil die Kreditzinsen nicht aus zusätzlich geschöpftem Geld stammen, sondern überwiegend über die Preise an die Endverbraucher weitergegeben werden und damit einen Geldfluß von der Arbeit zum Besitz darstellen, sind sie so ein ernsthaftes Problem.“ (C2, S. 40)  

Selbstverständlich fehlt das Geld, das jemand an einen anderen zahlt, nachher in seiner Tasche. Das zu sagen ist wohl überflüssig. Und selbstverständlich müssen die Unternehmer Löhne, Steuern, Versicherungsbeiträge über Kredite vorfinanzieren,  um diese  vor oder während der Produktion zahlen zu können. Sie bilden die Summe aller Kosten und das Volkseinkommen, das als Nachfrage auftreten kann und dann in Summe als Einkommen der Unternehmer wieder dorthin zurückkommt. Bei der Rückzahlung dieser Kredite ist am Ende aber noch die Summe der Zinsen zuzurechnen. Eine Vorfinanzierung auch der Zinsen ist deshalb logischer Nonsens. Denn die Vorfinanzierung würde höhere Kredite und eine dementsprechende Rückzahlung notwendig machen und zusätzlich dazu auch noch höhere dafür zu zahlende Zinsen bewirken[13].

Sind somit Zinsen zu zahlen, muß makroökonomisch die Summe der  Preise höher sein als die vorfinanzierten Kosten und damit höher als das so entstandene Volkseinkommen. Wenn nun aber die Konsumenten alles zu Preisen kaufen müssen, die in Summe höher sind als die Summe der Kosten, können sie den Markt mit ihrem Geld nicht räumen, solange nicht jemand kommt und zusätzlich Geld ausgibt für den Konsum der am Markt bislang liegen geblieben Waren. Und an anderer Stelle bestätigt dies Creutz auch in etwas anderer Diktion: „Die damit steigenden Zinslasten verschieben die Einkommen von der Arbeit zum Besitz. Die Folge ist, daß die Arbeitsleistenden immer weniger in der Lage sind, ihre eigenen Produkte selbst nachzufragen“ (C1, S.361)

 Ein Hin und Her bei Creutz, dessen schlüssige Aufarbeitung fehlt. Zum Ergebnis, daß die inländischen Zinsströme zwischen Unternehmen, Haushalten und Staat zu Null saldieren, stellt er etwa fest: „Diese im ersten Augenblick überraschende Neutralisierung der Zinsströme ist letztlich logisch. Das Bruttosozialprodukt ist die Summe aller Wertschöpfungen. Zinsen aber stellen keine Wertschöpfung dar, sondern nur einen Transfer innerhalb derselben.“ (C1, S. 115)
Also keine Erhöhung des BSP durch die Zinsen - ‘nur ‘ein Transfer.  Wovon? Von Geld oder von Wertschöpfung? Weiter unten schreibt Creutz dann mit Bezug auf die Zinszahlungen der Werteschaffenden: „Das heißt, die Werteschaffenden verlieren von Jahr zu Jahr mehr von ihrem Einkommen. Ausgleichen läßt sich dieser Verlust nur durch Leistungssteigerung, also eine Ausweitung des BSP. [...] Solange wir einen positiven Zinssatz haben, sind wir zum Wachstum verdammt, wenn wir den sozialen Kollaps vermeiden wollen.“ (C1, S. 320)
Also als Folge der Zinszahlungen doch eine Erhöhung des realen BSP, der Warenmenge?  Wer aber kauft die erhöhte Warenmenge bei durch die Zins-zahlungen kleiner gewordenen Einkommen der Werteschaffenden?  Durch Mehrarbeit können ja nur Waren, aber kann kein Geld produziert werden. Woher kommt also das Geld, um die zusätzlichen Produkte zu kaufen? Und zwar zusätzlich zu denen, die wegen der Zinszahlungen am Markt liegen geblieben sind?

Creutz stellt ja in Übereinstimmung mit Gesell, der vom „Stopfen der  Löcher“ spricht, „die vorher gegraben wurden“,  auch fest: „Durch Verleihvorgänge verändert sich also weder etwas an der Geldmenge noch an den Nachfragemöglichkeiten.“ (C1, S. 40)   Und an anderer Stelle: „Da aber auch in der besten Wirtschaft nichts vom Himmel fällt und alle zur Verteilung kommenden Einkünfte nur aus Arbeit entstehen, müssen die Arbeitsleistenden im gleichen Umfang ärmer werden wie die bereits Reichen reicher.“ (C1, S. 217)

Trotz aller Umverteilung von Arm zu Reich über die Zinsen und einem notwendigen Rücktransfer wird  also  die Geldmenge nicht mehr. Es werden immer nur die Löcher gestopft, die vorher gegraben wurden.[14] Daß von Creutz beschworene und titelprägende  ‘Geld(vermehrungs)syndrom’ gibt es also gar nicht!

Wenn aber lediglich das Geld wieder zurück in die Nachfrage kommt, das vorher schon da war; und damit gerade das vorhandene Angebot gekauft werden kann,  dann ist  schon zu fragen, wie es da zu einem Zwang zum Wirtschaftswachstum kommt.

Geld und Geldschöpfung

 

Während Creutz meist nur mikroökonomisch denkt, tut dies Gesell makroökonomisch und im Sinne  der Markträumung. Gesell ist deshalb schon auf der richtigen Spur, wenn er meint „hiernach müßte der Konsument regelmäßig mehr Geld ausgeben als er als Produzent einnimmt.“

Und er ist auch auf der fast  richtigen Spur, wenn er weiter sagt, “das Mehr, das so die Produzenten erzeugen, wird von den Geldbesitzern für persönlichen Bedarf gekauft.“  Richtig zu stellen ist nur, daß das nicht ihr persönlicher Bedarf ist, sondern der persönliche Bedarf jener Arbeiter, die sie zusätzlich beschäftigen. Notwendigerweise müssen diese Arbeiter aber in der Investitionsgüterindustrie tätig sein und dort ihre Einkommen beziehen, damit dem monetären Wachstum auch immer wieder periodenverschoben das reale Wachstum folgt und das Ganze nicht in eine Inflationsspirale ausartet. Das Einkommen dieser Arbeiter in der Investgüterindustrie zusammen mit dem in der Konsumgüterindustrie bildet dann die effektive Nachfrage (Keynes).[15]

Auf diese Weise zahlt der Konsument und zahlen die Konsumenten als Kollektiv über die Preise der Einkäufe auch die Zinsen und wird auch der Markt geräumt. Nur so kann das gesamte Volkseinkommen, wie immer es auch verteilt wird, von den ursprünglich von der Konsumgüterindustrie ausgegebenen 100 auf die Summe aller Preise  von 110 steigen.

Es ist dies die alles entscheidende Frage, an der im Anschluß an Gesell weiter zu arbeiten wäre.

Wenn nun aber von irgend jemand zusätzliches Geld ausgegeben wird, um die Beschäftigten in der Investitionsgüterindustrie zu bezahlen, dann stellt sich die Frage, woher dieses Geld kommt. Und wohlgemerkt, es muß zusätzliches Geld[16] und nicht nur erspartes Geld sein, das schon irgendwie und irgendwo weiterverliehen ist.

So stellt sich die Frage, woher dieses Geld kommt und was Geld überhaupt ist.

 

Natürlich ist nur Notenbankgeld rechtlich gesehen Geld, wie auch Creutz festhält.(C1, S. 28). Dieses Geld kommt über Kredite an die Geschäftsbanken in den Umlauf. Creutz schreibt dazu: „Das Gros des neu herausgegebenen Geldes läuft jedoch über Bankkredite.“ (C1, S.38)

Dieses Gros macht entsprechend den Angaben von Creutz mehr als 95% der Geldmenge aus: 1948 wurden bei der Währungsreform pro Kopf 60 neue DM als ‘Pro-Kopfgeld’ ausgegeben bzw. Alt auf Neu umgetauscht. Jedenfalls betrug 1950 der ‘Bargeld-umlauf ohne Kassenbestände der Kreditinstitute’ rd. 8 Milliarden DM. Dieser lag 1990 bei 159 Mrd. (alles C1, S. 34) und Ende 1993 bei rd. 197 Mrd. DM. (C1, S. 68)  Praktisch stammt damit alles Notenbankgeld aus Krediten oder sonstigen Schuldpapieren.

 Creutz dann weiter:
„Außer über die Annahme von Wechseln kann die Bundesbank die Banken auch über Lombardkredite mit neuem Geld versorgen, gegen Hinterlegung bestimmter Wertpapiere. Heute läuft das Gros der Geldversorgung über sogenannte ‘Wertpapier-Pensionsgeschäfte’, [...]. Mit diesen Pensionsgeschäften kauft die Bundesbank  [...] Wertpapiere  [...] von den Banken an, mit unterschiedlichen Größenordnungen, Laufzeiten und Zinshöhen.“ (C1, S. 36) 

Die Notenbank kauft also verzinsliche Schuldtitel, d.h. Forderungen gegen den Staat oder Private, mittels Geld. Da nun aber die Notenbank keine Ersparnisse hereinnimmt, kann dieses Geld nur neugeschöpft sein, aus einem Schöpfungsprozeß ‘aus dem Nichts’ kommen. Dabei ist ‘aus dem Nichts’ eine Metapher, die meint, ‘nicht aus einem Topf von Ersparnissen’. Denn „daß Notenbanken Geld schöpfen können“, ist auch für Creutz „selbstverständlich“ (C2, S. 25).  Und die Notenbank kauft solange solche Schuldtitel, wie ihre Zinsforderungen erfüllt werden.

Mit diesen Einsichten widerspricht aber Creutz seiner eigenen Feststellung, daß einem Kredit eine Ersparnis zu Grunde liegen muß: „Verleihen kann man immer nur etwas, was bereits da ist. Das gilt für das Verleihen eines Fahrrades wie für das Verleihen von Geld.“ (C1, S. 47) Und weiter:  „Sparen ist vielmehr immer nur die Voraussetzung dafür, daß man Geld der Bank bzw. einem anderen leihweise überlassen kann.“ (C1, S. 48)

Noch einmal aber versucht er seine Meinung zu retten: „Doch diese Notenbankkredite dienen nur der Geldversorgung (!!! E.D.). Die Kredite dagegen, die die Bank ihren Kunden gewähren, stammen nicht von den Notenbanken, sondern von den Ersparnissen[17] ihrer Kunden.“ (C1, S. 47)

Creutz jedoch dann andernorts über die Versorgung der Banken mit zusätzlichem Geld: „Die häufigste Methode ist, den Banken ‘frisches Geld’ zur Verfügung zustellen. [...] Allerdings können sie über diesen Weg nur dann Geld loswerden, wenn die Bankkunden mehr Geld haben wollen. Um diesen die Geldnachfrage schmackhaft zu machen, müssen sie es ggf. ‘verbilligen’, d.h. die Zinsen senken.“ (C1, S. 69)  

 

Das aber heißt, daß soviel Geld entsteht und in den Umlauf kommt, wie letztlich die Geschäftsbanken und davor wieder deren Kreditnehmer bereit sind, zu einem bestimmten Zinssatz Kredite der Notenbank aufzunehmen und sich zu verschulden. Gerade dazu dient ja die Geldversorgung. Denn was machen die Geschäftsbanken mit dem Notenbankgeld, das sie gerade über verzinsliche  Kredite aufgenommen haben sonst, wenn damit nicht Kredite vergeben?[18]

Nirgends wird dies deutlicher als über einen Wechsel, den der Wechselgläubiger bei seiner Hausbank einreicht und den diese durch die Notenbank refinanzieren läßt. Die Österreichische Nationalbank spricht in dem Zusammenhang von ‘Geldschöpfung’ und dann von ‘Geldvernichtung’, wenn von ihr der Wechsel bei Fälligkeit dem Wechselschuldner präsentiert wird und im Wege über dessen Hausbank Bargeld an die Notenbank zurückfließt. (OeNB, Notenbank und Währung, S. 42)

 Damit hängt es nur von der Verschuldungsbereitschaft der Nichtbanken, insbesondere der Unternehmer, ab, wieviel Geld bei einem bestimmten Notenbankzinssatz in Umlauf kommt.

 Und es geht bei einem Kredit gar nicht um das Verleihen von Ersparnissen, sondern um das Vermitteln von ‘Vertrauen auf Erfüllung in Zukunft’. Genau das heißt ‘Kredit’. Dieses Vertrauensverhältnis vermitteln heute die Notenbanken, so wie es früher durch Gold vermittelt wurde. Es ist nicht mehr als dieses Spannungsverhältnis. Denn auch Gold ist nur solange etwas wert, als alle Vertrauen in seinen Wert haben.



 

Die Geldschöpfung der Geschäftsbanken

 

Damit nun stellt sich die Frage, ob nicht auch die Geschäftsbanken dieses Vertrauen vermitteln, ‘Kredit schöpfen’ können? Und tatsächlich tun sie es. So wie auch ich es tun kann. Wenn ich 10.000 DM in Bar auf mein Sparbuch einzahle, so gebe ich meiner Bank ‘Kredit’: Es besteht Vertrauen zwischen mir und der Bank auf Erfüllung meiner Forderungen, die in einem Konto (und einem Kontoauszug) festgehalten sind. In diesem Sinn ist die Geschäftsbank ‘kreditfähig’ und kann jede Geschäftsbank Kredit schöpfen. Denn aus diesem Konto heraus bezahlen heißt nichts anderes, als daß dieses Vertrauen in die Bank auch von anderen geteilt wird, wenn die Forderung gegen die Bank weitergereicht wird. Bargeldloser Zahlungsverkehr wäre sonst gar nicht möglich.

Diese ‘Buchgeldschöpfung’ setzt also so wie die ‘Notenbankgeldschöpfung’ keine Ersparnisse voraus. Und sie kann solange erfolgen, wie die Geschäftsbank einen kreditwürdigen Kreditnehmer findet.

Da nun aber Geld bzw. ‘Anweisungen auf Kaufkraft’ nur solange ihren Wert behalten, wie sie knapp sind, muß die Notenbank als oberste Währungshüterin darauf Bedacht nehmen, die Kreditausdehnung im Griff zu behalten. Dazu verfügt sie über zwei Instrumente: Den Notenbankzinssatz und die Mindestreservevorschriften.

 

Damit sind wir beim Thema ‘Multiple Geldschöpfung’, die Creutz so heftig bestreitet. Ausgehend von den Modellen der Schulwissenschaft, stellt er in einem Diagramm (C1, S.161, C2, S. 29) seine Interpretation vor. Dabei ergibt sich bei einer Reservehaltung von 10 Prozent, daß bereits nach dem ersten ‘Bankdurchlauf der Ersparnisse‘ in Höhe von 20 die umlaufende Geld- oder Kaufkraftmenge von 100 auf 98 zurückgegangen ist. Als Reserve werden nämlich 2 zurückgehalten, um einen Kredit von 20 schöpfen zu können. Da aber fragt nun Creutz nicht, warum denn jemand einen zinsbelasteten Kredit aufnehmen wird? Doch nicht, nur um Zinsen zahlen zu dürfen, sondern vielmehr um damit zu kaufen! Also ist die Kaufkraftmenge nun nicht 98 -wie er darstellt -, sondern (98+20) = 118. Und ganz am Ende ist sie nicht 80, sondern (80+200).[19]

Wobei die Theorie der ‘Multiplen Geldschöpfung’ und die  ‘Überschußreserventheorie’  (C2, S. 30) letztlich eins und das selbe sind. Diese Geldschöpfung kann ja auch bankenübergreifend erfolgen [20].

Dabei ist ja zu bedenken, daß dieses Schöpfungspotential, wie es sich theoretisch darstellt, nie ausgenützt wird. Wie auch von Creutz erwähnt, können ja die Banken diese zinsbelasteten Kredite nur dann loswerden, „wenn die Bankkunden mehr Geld haben wollen.“   Zwischen theoretischer Möglichkeit und praktischer Ausnützung klafft eine große Reserve-Lücke, die die Banken auch brauchen, um bargeldlose Überweisungen überhaupt machen zu können, ohne  Bargeld immer hinterhertragen zu müssen. 

Obwohl nun aber Creutz diese Möglichkeit der Geldschöpfung durch Geschäftsbanken einerseits heftig bestreitet, liefert er gleichzeitig Unterlagen, die diese Möglichkeit beweisen. So spricht er von einem gesamten Sichtguthabenbestand in Höhe von 510 Mrd. DM, dem eine Reserve von 35,7 plus 0,32 Mrd. DM gegenübersteht, die gerade um diese 0,32 Mrd. über dem Soll ist (C2, S. 31). Und die Darstellungen 2a bis 2c (C2, S. 32/33) lassen sehr wohl Rückschlüsse auf „irgendwelche Schöpfungsprozesse“ zu[21], da die Sichtguthaben stets mindestens doppelt hoch sind wie die gesamte Bargeldmenge, von der ja nur ein Teil als Reserve dienen kann. Es gibt also gar nicht soviel Bargeld plus Notenbankguthaben, daß hinter jedem Buchgeldbetrag Bargeld stehen könnte.

Überschüssiges Bargeld aber zahlen die Banken an die Notenbank zurück, denn es kostet sie ja Zinsen.

 

Darüber hinaus aber verlangt Creutz dann noch,
„womit sich die Theorie der Geldbasis noch intensiver befassen müßte, ist die Doppelfunktion der Sichtguthaben, die heute sowohl als Zahlungsmittel wie als Kreditmittel verwendet werden.“ (C2, S. 41)
obgleich er weiter oben dagegen feststellt, „Geschäftsbanken können nur in Höhe ihrer Überschußreserven Geld bzw. Kredite schöpfen, also in Höhe jener überschüssigen Zentralbankgeldguthaben, die jederzeit gegen Bargeld umtauschbar sind.“ (C2, S. 24ff)

Es ist dies durchaus nicht der einzige Widerspruch in der Argumentation von Creutz.


Stabiles Geld  und Indexwährung


Weiter oben wurde bereits auf den Paradigmenwechsel von  Gesell von einer Tauschwirtschaft zur Investitionswirtschaft hingewiesen. Diesen aber haben die Mehrzahl der Interpreten und  Schüler Gesell nicht mitvollzogen. Sie sind bei dem plausiblen und leicht vermittelbaren Muster  W-G-W und der hier angesiedelten Hortbarkeit des Geldes hängen geblieben: ‘Freigeld’ und ‘Festwährung’ oder auch ‘Indexwährung’. So lauten ihre Vorschläge. Damit setzen sie die Arbeit nicht dort fort, wo Gesell wissenschaftlich aufgehört hat, sondern fallen zurück auf die auch von Gesell propagierten Vorschläge aus der großen Deflationskrise der Dreißiger-Jahre, die sich dann auch mit Namen wie ‘Wörgl’ oder ‘Schwanenkirchen’, einem ‘WIR-Wirtschaftsring verbinden’.

So kommt auch Creutz zu einer „Eingrenzung der Symptome“ und zu folgender „Aufgaben-stellung“ :
„1. Die Kaufkraft unseres Geldes muß stabil gehalten werden. Das heißt, die nachfragende Geldmenge muß der herausgegebenen und diese dem Angebot entsprechen.“
„2. Der Zins muß genau so den Marktkräften unterstellt werden wie alle anderen Knappheitsgewinne. Das heißt, er muß mit der Sättigung der Märkte gegen Null gehen.“
(C1, S. 409)

  

Das Angebot, makroökonomisch gesehen, ist die Summe aus der  angebotenen Waren- und Leistungs-menge, multipliziert mit den Verkaufspreisen, die sich aus den jeweiligen Kosten plus den kalkulierten Zinskosten plus einem angenommenen Aufschlag für Gewinn und Risiko zusammensetzen. Wird nun tatsächlich die dazu notwendige Geldmenge zur Verfügung gestellt, so können damit,  makroökonomisch gesehen, eben auch die Zuschläge für die Zinsen und den Gewinn abgedeckt werden, wie hoch sie auch immer sind. Jedenfalls ist dann der Saldo der Gewinne und Zinsen gesamtvolkswirtschaftlich  ein stets positiver, wiewohl der Gewinn mikroökonomisch von Betrieb zu Betrieb durchaus unterschiedlich ausfallen wird.[22]

Wird dann das Geld, das die Notenbank zu Verfügung stellt, auch noch - wie Creutz befürwortet - verschenkt oder verteilt (C1, S. 37), wäre eigentlich alles eitel Wonne.

Natürlich kann noch eingewendet werden, daß ja Wettbewerb herrscht und die einzelnen Unternehmen nicht beliebig hoch mit ihren Löhnen und Gewinnaufschlägen in die Kalkulation gehen können. Es werden sich vielmehr hier bestimmte Grenzen informell herausbilden und anerkannt werden. Für all das aber ist das Geld da. Auch für die Zinsen. Und auch dann, wenn das Geld von der Notenbank nicht verschenkt wird, sondern über zinsbelastete Kredite in den Umlauf kommt.  Womit sich das von Creutz so vehement herausgestellte Verteilungsproblem zwischen  Löhnen und Zinsen zumindest in dieser herausragenden Weise gar nicht stellen würde.

 

Das neoklassisch-monetaristische Paradigma mit seiner Dichotomie zwischen realer und monetären Sphäre wird hier ganz deutlich erkennbar: Die gesamte Produktionsfülle entsteht ohne Zutun des Geldes, sie ist einfach da und muß nur mehr getauscht werden. Dieser Tausch und die Preisbildung in Form der ‘relativen Preise’ geht aber noch vor dem wirkungsmäßigen Erscheinen des Geldes vor sich. Die Neoklassik tut sich deshalb auch schwer, dieses in die Theorie einzufügen[23].  

Daß in dieser Argumentation von Creutz ein ähnlicher Mangel liegen muß, ist ohne weiteres erkennbar. Und er liegt vor allem darin, daß sich Creutz selbst nicht einig ist, wie denn Geld in den Umlauf kommt und was sich real damit verbindet. So zu tun, als ob Geld über Verschenken oder über zinsbelastete Kredite in den  Umlauf zu bringen[24], nahezu ein und das selbe wäre, versäumt, über die Unterschiede nachzudenken. 

Der Unterschied liegt darin, daß Gewinne  und Zinsen nur aus einem Mehrertrag bezahlt werden können, der aber idealtypisch davon abhängig ist, wie hoch sich die Unternehmer für die laufende Produktion heute verschulden. Damit entstehen jene Einkommen, mit denen heute die fertigen Waren am Markt gekauft werden. Und je nachdem, wie hoch diese Einkommen sind, kann der Markt zu Marktpreisen geräumt werden oder auch nicht, können die angenommen Gewinne auch realisiert und können die vertraglich fixierten Zinsen auch gezahlt werden.

Es nützt also gar nichts, wenn die Notenbank die notwendige Geldmenge auch zur Verfügung stellt, wenn die Unternehmer nicht danach greifen.  Gesell war hierfür einsichtig genug , wie aus dem bereits angeführten und hier wiederholten Zitat erkennbar ist:  „Welcher Kaufmann, Wucherspieler, Unternehmer wird sich zum Bankhaus begeben, dort einen Wechsel verkaufen, sich zur Zahlung von Zins verpflichten, wenn er befürchten muß, daß das, was er mit dem geborgten Geld zu kaufen gedenkt, im Preis sinkt, so daß er nicht einmal die Auslagen wiederzuerhalten hoffen kann.“ 

Im Gegensatz zu Creutz vermittelt Gesell damit aber auch, daß Gewinn kein Knappheitsgewinn, oder genauer, nicht nur ein Knappheitsgewinn sein kann. Daß sich Knappheitsgewinne je nachdem von einem gesamtvolkswirtschaftlichen Gewinnsaldo nach oben oder unten auftragen.  Wenn nicht,  müßte unsere Wirtschaft, monetär gesehen, auf ein Nullsummenspiel hinauslaufen. Läuft sie jedoch auf ein Nullsummenspiel hinaus, dann ist bereits Großfeuer am Dach: Denn allzuviele Unternehmen werden zahlungsunfähig, wenn die Knappheitsgewinne der einen auf ‘Nicht-Knappheit-Verluste’ der anderen hinauslaufen.  Das Thema ‘Knappheitsgewinn’ ist deshalb von vornherein mit Vorsicht zu behandeln

‘Das Meer von Ersparnissen’

 

„Durch Verleihvorgänge verändert sich weder etwas an der Geldmenge noch an den Nachfragemöglichkeiten.“ (C1, S. 40)

So die Erkenntnis von Creutz,  der damit auch deutlich zwischen ‘Geld’ und ‘Guthaben’ unterschieden haben will. Er sieht ‘Geld’ zudem als etwas körperliches, das mit dem Leihvorgang immer und nur weitergegeben wird, während  allein die ‘Guthaben’ (und ‘Schulden’) akkumulieren[25]. Er verlangt aber auch eine deutliche Trennung zwischen Nachfrage- und Kreditpotential (C1, S. 417ff).

 Bargeld und Buchgeld sind für ihn das ‘Nach-fragepotential’.  Das Kreditpotential wiederum  „ [...] entspricht [...] den Einkommensüberschüssen[26] der Wirtschaftsteilnehmer, die sie anderen zur Verfügung stellen, [...]. „

Das könnte nun soweit akzeptiert werden. Weiter heißt es aber dann :  „Das Kreditpotential ist also identisch mit den gebildeten Guthaben der Wirtschaftsteilnehmer, [...].  (C1, S. 418)

Ist es nun aber richtig, wie Creutz meint, daß es bei einem Kredit um die Überlassung von ‘körper-licher’ Kaufkraft geht, so kann das Kreditpotential  nur mit Kaufkraft gefüllt sein. Das Kreditpotential ist demnach nicht identisch mit „den gebildeten Guthaben der Wirtschaftsteilnehmer“, denn „(wachsende) Geldguthaben und Schulden haben in einer Volkswirtschaft keinerlei Einfluß auf die Geldmenge und die Kaufkraft“ (C1, S. 41)

Es kann also nur aus dem vorhandenen Nachfragepotential heraus verliehen werden.  

Was Creutz hier als ‘Kreditpotential’ bezeichnet, sind die offenen Schulden und Schuldforderungen bzw. Guthaben als bereits erfolgte Überlassung von Kaufkraft an andere. (C1, S. 418). Diese können nach Creutz nicht mehr verliehen werden, weil das Geld dahinter schon verliehen ist.  Neu verliehen kann  nur das Geld werden, das bereits wieder im Umlauf ist und wieder einen Teil des Nachfragepotentials darstellt.

 Während diese Guthaben mit jedem weiteren Verschuldungsvorgang  immer weiter akkumulieren, tut das das Nachfragepotential nicht, wenn nur vorhandenes Geld immer wieder verliehen werden kann[27]. So kann es damit auch nicht zur Überwindung der Knappheit von Geld am Kreditmarkt kommen, weil sich durch Verleihvorgänge weder an der Geldmenge noch an den Nachfragemöglichkeiten etwas ändert[28]. Wenn Geld  von der Notenbank knapp gehalten werden muß, um seine Rolle als Geld nicht zu verlieren, dann bleibt es eben knapp.  Die Hoffnung auf das Verschwinden des Zinses als Knappheitsgewinn ist dann hinfällig. Wobei dies auch dann gilt, wenn eine konstruktive Umlaufsicherung, wie sie Creutz vorschlägt,  eingeführt wird.

Zur Knapphaltung von Geld verwendet aber die Notenbank gerade den Zins: den Notenbankzins.  Und es  besteht heute weitgehend Übereinstimmung darin, daß die großen Notenbanken - also die Deutsche Bundesbank, die Federal Reserve, die Japanischen Notenbank-  in der Lage sind, über ihre Notenbankzinssätze die kurzfristigen Zinssätze festzulegen. Sie sind am Geldmarkt Preissetzer[29]. 

Vorstellbar aber sind auch andere Instrumente, wie etwa eine variable Kreditabgabe - die die Rolle des Notenbankzinssatzes übernimmt -  bei gleichzeitigem Notenbankzinssatz  von Null.


Zusammenfassung

 

Eine Beschäftigung mit dem wissenschaftlichen Werk von Silvio Gesell zeigt, daß dieser das Rätsel um Geld und Zins nicht gelöst hat. Allerdings war er auf der richtigen Spur, hat diese jedoch nicht oder nicht ausreichend zur Kenntnis genommen.

Helmut Creutz versucht nun seinerseits, dort wo es Kritiken an Gesell gab und gibt, einzugreifen und diese abzuwehren. Dabei aber geht er allzusehr von der populären und plausiblen  Version der Freiwirtschaft aus, die dem Modell einer Tauschwirtschaft und damit der Neoklassik verpflichtet bleibt, und beschäftigt sich offensichtlich zuwenig mit Gesell selbst.   Er reichert aber vieles mit eigenständigen und oft auch eigenartigen Überlegungen an, versucht vieles zu präzisieren und neu zu definieren -  und hinterläßt dennoch  ein Gefühl von Verwirrung durch den Mangel einer in sich geschlossenen Linie.  So verweigert er sich auch  neuen Überlegungen, wie sie insbesondere die ‘Binswanger-Schule’ einbringt[30], ohne eigene Vorstellungen zu präsentieren, die in sich konsistent sind. 

Creutz’ Verdienst aber ist es, bei vielen für das Thema Geld, Zins, Verschuldung Interesse geweckt zu haben. Die Plausibilität, die er vermittelt, ist aber im Sinne einer Aufarbeitung des Themas durchaus zweischneidig.




 

 

Literatur:

H. C. Binswanger/
P. Flotow,             Geld & Wachstum, Weitbrecht,                   

                     1994
Helmut Creutz,      Das Geldsyndrom, Ullstein, 1994
Helmut Creutz,      Geldschöpfung durch Geschäfts-

                     banken, Theorie oder Wirklich-

                     keit?,  Zeitschrift f. Sozial-

                     ökonomie, Folge 108, Fachverlag                  für Sozialökonomie
Silvio Gesell,         Gesammelte Werke, insbesondere                 Band 11, Fachverlag für Sozial-

                     ökonomie, 1991
John M. Keynes    Allgemeine Theorie der Beschäf-                  tigung, des Zinses und des

                     Geldes, Duncker &                                    

                     Humblot, 1935/Nachdruck 1955 
Karl Marx,            Das Kapital, Dietz, 1953
Österr.
Nationalbank        Notenbank und Währung,

                     Eigenverlag, 1985
Joan Robinson/
John Eatwell,        Einführung in die Volkswirt-

                     schaftslehre, Fischer, 1977
Joan Robinson      Über Keynes hinaus, Europa

                     Verlag, 1962

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



 

 

Anmerkungen

 

 



[8]  Die angeführten Zitate beziehen sich auf ‘Das Geldsyndrom’, Ullstein-TB, 1994, ( mit C1 ausgewiesen); ‘Geldschöpfung der Geschäftsbanken’, Zeitsch. f. Sozialökonomie, 108. Folge ( mit C2 ausgewiesen)

[9]   Vgl. dazu viele Beiträge in der Zeitschrift „Der dritte   Weg“.

[10] Für den Kaufmann ist das Auf Lager legen und Verkaufen von Waren gleichfalls als ein ‘Produktion’ zu sehen.

[11]  Der einfacheren Diktion zuliebe wird im Weiteren nur mehr von Krediten und Zinsen gesprochen. Darunter wird auch das Eigenkapital mit seinen Renditeerwartungen subsumiert. Denn auch dieses erwartet sich eine‘ Mindestverzinsung’ in Höhe des Marktzinssatzes.

[12] Siehe dazu weiter unten in diesem Beitrag.

[13] Die vorfinanzierten Kosten = Kredite betragen K, der Zinssatz i; die Rückzahlung  (nach einem Jahr) beträgt dann plus Zinsen K.(1+i); die Höhe der Zinsen ist  K.i. --  Werden die Zinsen auch vorfinanziert, betragen die Kredite K(1+i); rückzuzahlen sind dann [K.(1+i)].(1+i)= K.(1+i +i+i2); die zurückzuzahlende Tilgung beträgt aber nun auch K.(1+i); die Zinsen hierfür aber fehlen noch und betragen jetzt aber  (K.i + K.i2 ). 

[14] Was wächst, sind allerdings die Geldvermögen, d.h. die Guthaben, die aber nach Creutz nicht nachfragen können.  Denn nur  Bargeld und Sichtguthaben sind „Nachfragemittel“  (C1, 417) 

[15] Siehe dazu die Beiträge in Binswanger/Flotow, Geld & Wachstum

[16] Wenn mehr Arbeiter beschäftigt werden, so müssen die Unternehmer am Monatsletzten mehr Geld haben, mit dem sie die Arbeiter bezahlen. Es geht also um zusätzliches Geld und nicht um eine  höhere Umlaufgeschwindigkeit. 

[17]  Wiewohl sich Creutz vehement gegen „Begriffsschluderei“ ausspricht, verwendet er den Begriff ‘Ersparnis’ vollkommen undifferenziert sowohl für die nichtverbrauchten Teile des laufenden Einkommens als auch für die Akkumulation der damit möglichen Guthaben. Doch  nur erstere sind  in der Creutz’schen Diktion vorerst der Nachfrage solange entzogen, bis sich ein Schuldner findet und sie zu Guthaben werden.  S. auch weiter unten im Zusammenhang mit dem „Kreditpotential“. (C1, S. 418)

[18] Es gehört zur Eigenart der Creutz’schen Argumentation, viele offene Frage zu stellen, sie aber  nicht oder nicht hinreichend zu beantworten, sondern vielfach eher in meist nicht zutreffenden Vergleiche zu flüchten.

[19]  Creutz wirft anderen „Theorieschöpfung“  vor. (C2, S. 40) Genau die aber betreibt er hier.

[20] Siehe dazu etwa: Robert J. Gordon, Makroökonomik,  Oldenburg, 1989, S. 485ff

[21] Hier sucht Creutz in seiner Argumentation immer  nach etwas, was er bereits in der Hand hält.

[22]  Siehe weiter unten die Ausführungen zum ‘Knappheitsgewinn’

[23]  Hierzu wurde eigens die ‘Theorie der Realkassenhaltung’ entwickelt.

[24]  Vgl. dazu C1, S36ff.: „Natürlich könnte die Bundesbank das erforderliche Mehrgeld auch verschenken, [...]

[25] Mit einem Hunderter beispielsweise, der ‘körperlich’ bereits das zehnte Mal ‘gespart’ und verliehen wird, wird  die Kaufkraft eines Hunderters verliehen, obwohl das Guthaben des (immer gleichen) Verleihers bereits 1000 ausmacht.

[26] Die Diktion ist unpräzise: Wiewohl Creutz anderen vorwirft, ‘Äpfel und Birnen zusammenzuzählen’, argumentiert er selbst auch vollkommen unpräzise: Versteht er unter ‘Einkommensüberschüssen’  die aktuell aus den laufenden Einkommen abgezweigten, oder die im Laufe der Zeit akkumulierten? Der folgende Satze läßt eher auf letztere schließen.

[27] Das von Freiwirten immer wieder dargestellte Überangebot an Ersparnissen, das Meer von Ersparnissen, welches zur Überwindung der Knappheit von Geld führt, kann es folglich gar nicht geben.

[28] Silvio Gesell: „Bei sonst unveränderten Verhältnissen muß sich also immer eine Nachfrage nach Leihgeld einstellen, die dem Geld entspricht, das die Kapitalisten zu verleihen haben. Unter solchen Verhältnissen kann man aber nicht von einem Wettbewerb sprechen, der den Zins beeinflussen könnte.“ (S. 332) 

[29] Warum allerdings die langfristigen Zinssätze soweit von diesen Notenbankzinssätzen abweichen, ist ungeklärt.  Es mag aber durchaus sein, daß das allgemeine monetaristische-neoklassische Denken - die Gewährung von Krediten setzt zwingend das Vorhandensein von Ersparnissen voraus -,  mit dazu beiträgt. Dieses kommt ja auch bei Creutz deutlich zum Ausdruck.

     Ebenso kann aber auch das uneingestandene Bemühen dahinterstehen, den nun einmal aufgeblasenen ‘Vermögens-Luftballon’ unter entsprechenden Innendruck zu halten, der einen weiteren Kurswert-Auftrieb sicherstellt. Beginnt nämlich dieser Ballon einmal zu schrumpeln, ist der Absturz und einen Implosion nicht zu vermeiden. 

[30]  So wird Mathias Binswanger, der in einem Beitrag schreibt: „In einer Kreditgeld-Wirtschaft ist die Kreditschöpfung eine fundamentale Notwendigkeit, da das Wachstum andernfalls von früheren Ersparnissen abhängig und durch diese beschränkt ist“  (Binswanger / Flotow, Geld & Wachstum, S. 165) folgendermaßen kritisiert:
„Schon der Tatbestand,  daß die Sparquote wie die Zunahme der Geldvermögen über der Quote der Wirtschaftsentwicklung liegt, beweist, daß es diese angenommene Beschränkung durch unzureichende Ersparnisse nicht geben kann und damit auch nicht die „fundamentale Notwendigkeit“ irgendwelcher Kreditschöpfungen. Im Gegenteil wird die Rückführung dieser überproportional wachsenden  Ersparnisse zu einem immer größeren Problem“ (C2, S. 37ff)
Creutz stolpert hier über die von ihm selbst so vehememt vertretene  Einsicht, daß sich durch Verleihvorgänge nichts an der Kaufkraft ändert, sowie über seine eigene Unterscheidung zwischen ‘Geld’ (oder ‘Kaufkraft’) und ‘Guthaben’.  Je öfter ein Geldschein verliehen wird, umso rascher wächst das Geldvermögen, obwohl die Geldmenge sich nicht verändert.