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Entwicklungsprojekt Ökonomie - Marktwirtschaft jenseits des Kapitalismus


Kapitel XII - Freigeld als komplementäres Tauschmittel

buchcover
Entwicklungsprojekt Ökonomie

Kapitelübersicht

  1. Was ist Freigeld und was macht es zu einem komplementären Tauschmittel?
  2. Wie schlägt man eine Zentralbank in Sachen Kaufkraftstabilität?
  3. Die Quantitätsgleichung des Geldes und die Steuerung des Preisniveaus
  4. Wie kann die Kaufkraft einer Sekundärwährung gesteuert werden?
  5. Warum braucht eine Sekundärwährung einen garantierten Wechselkurs?
  6. Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsgebühr bei Bargeld
  7. Die Tauschmittelausgabe
  8. Die "Supermarktproblematik" - Was für eine Rolle spielen große Geldquellen und Senken?
  9. Was ist die optimale Größe eines Währungsgebietes?
  10. Die rechtliche Konstruktion des Freigeldes
  11. Darf der Euro mit einer Nachhaltigkeitsgebühr ausgestattet werden?
  12. Muss bei einer Steuererhöhung die Geldmenge zurückgefahren werden, um eine Inflation zu verhindern?
  13. Das Buchgeld-Szenario
  14. Ein alternativer Mechanismus für die Steuerung des Preisniveaus bei Primärwährungen
  15. Konkurrierende Freigelder im Vergleich zu einer Zentralbankwährung mit planwirtschaftlicher Inflationspolitik im Sinne J. M. Keynes
  16. Gibt es neben Freigeld noch andere interessante Arten alternativer Währungen?
  17. Zusammenfassung: Tauschmittelausgabe und Preisniveausteuerung

"Trotz der heiligen Versprechen der Völker, den Krieg für alle Zeiten zu ächten, trotz der Rufe der Millionen: "Nie wieder Krieg", entgegen allen Hoffnungen auf eine schönere Zukunft muss ich sagen: "Wenn das heutige Geldsystem, die Zinswirtschaft, beibehalten wird, so wage ich es, heute schon zu behaupten, dass es keine 25 Jahre dauern wird, bis wir vor einem neuen, noch furchtbareren Krieg stehen. Ich sehe die kommende Entwicklung klar vor mir. Der heutige Stand der Technik lässt die Wirtschaft rasch zu einer Höchstleistung steigern. Die Kapitalbildung wird trotz der großen Kriegsverluste rasch erfolgen und durch Überangebot den Zins drücken. Das Geld wird dann gehamstert werden. Der Wirtschaftsraum wird einschrumpfen, und große Heere von Arbeitslosen werden auf der Straße stehen. An vielen Grenzpfählen wird man dann eine Tafel mit der Aufschrift finden können: 'Arbeitssuchende haben keinen Zutritt ins Land, nur die Faulenzer mit vollgestopftem Geldbeutel sind willkommen.'
Wie zu alten Zeiten wird man dann nach dem Länderraub trachten und wird dazu wieder Kanonen fabrizieren müssen, man hat dann wenigstens für die Arbeitslosen wieder Arbeit. In den unzufriedenen Massen werden wilde, revolutionäre Strömungen wach werden, und auch die Giftpflanze des Übernationalismus wird wieder wuchern. Kein Land wird das andere mehr verstehen, und das Ende kann nur wieder Krieg sein."
Silvio Gesell im Jahre 1918


Leider musste Gesell recht behalten und bis zum heutigen Tage wurde diese Bedrohung nicht abgewendet. Zwar hat die Abkehr vom Goldstandard uns eine längere Galgenfrist gewährt, aber in 10 bis 20 Jahren wird auch diese abgelaufen sein. Schon heute wird es auf der Welt zunehmend ungemütlich und die Großen (USA, Europa) fangen an die Schwachen (Jugoslawien, Afghanistan, Irak) mit Hilfe gefälschter Kriegsgründe zu überfallen. Blitzkriege kommen wieder in Mode. Selbst in die neue EU-Verfassung wurde ein Artikel eingearbeitet, der die Mitgliedsstaaten faktisch zum Aufrüsten zwingt. Der 'Zinskrebs' wütet in der Welt und eines der wenigen erfolgsversprechenden Gegenmittel ist eine 'Gentherapie' mit Hilfe des 'Freigeldvirus'. In Schwanenkirchen und Wörgl wurde seine Fähigkeit und Virulenz eindrucksvoll unter Beweis gestellt. In einem Land jedoch, das weder Arbeitslosigkeit noch Armut kennt, wird keine herrschende Macht seine Kriegspläne dem Volk schmackhaft machen können. Wie dieser 'Freigeldvirus' am besten konstruiert wird und was bei der Durchführung der 'Gentherapie' zu beachten ist, davon handeln die kommenden Seiten.

Was ist Freigeld und was macht es zu einem komplementären Tauschmittel?

Als Freigeld wird jedes kaufkraftstabile, umlaufgesicherte Tauschmittel bezeichnet. Die Kaufkraftstabilität ist wichtig, damit die Prosumenten ihre Kosten richtig kalkulieren und Preise richtig bewerten können. Darüber hinaus werden langfristige Verträge durch ein schwankendes Preisniveau unnötig mit Preisrisiken belastet. Umlaufgesichert bedeutet, dass das Tauschmittel weder dynamisch noch physisch gehortet werden kann. Als komplementäres Tauschmittel wird jedes Tauschmittel bezeichnet, das parallel zur offiziellen Zentralbankwährung umläuft und diese ergänzt. Während für die offizielle Währung ein Annahmezwang existiert, zieht eine komplementäre Währung seine Akzeptanz allein aus den Vorteilen, die den Prosumenten durch die Annahme der Währung entstehen. Daher stehen komplementäre Währungen im Wettbewerb zueinander, während die offizielle Zentralbankwährung sich nicht dem Wettbewerb und damit dem Markt stellen muss. Während eine Zentralbankwährung dem Gedanken der Planwirtschaft nahe steht, unterwerfen sich komplementäre Tauschmittel dem marktwirtschaftlichen Optimierungsprozess. Wer in diesem Optimierungsprozess bestehen will, der muss die Interaktion von Markt und Tauschmittel besser verstehen als die Funktionäre der Zentralbank. Dieses Kapitel wird zeigen, dass es für einen Komplementärwährungsverein kein Problem darstellt, bessere Ergebnisse als diese planwirtschaftliche 'Behörde' zu erzielen.

Wie schlägt man eine Zentralbank in Sachen Kaufkraftstabilität?

Der große Vorteil des Freigeldes gegenüber dem Zentralbankgeld ist seine Nachhaltigkeitsgebühr. Neben der Berücksichtigung des Wertverlustes der Güter und der Verhinderung der Liquiditätsfalle führt die Nachhaltigkeitsgebühr dazu, dass jeder Prosument seine Kassenhaltung auf das Notwendigste beschränkt und sein Tauschmittel möglichst schnell wieder auf den Markt trägt. Dadurch unterliegt der Umsatz pro Tauschmitteleinheit und Zeit, die Umlaufgeschwindigkeit46, nicht mehr größeren konjunkturabhängigen Schwankungen, sondern wird gleichmäßiger. Folglich ist der Anteil des Tauschmittels, welches am Markt nachfragewirksam unterwegs ist, immer in etwa gleich groß. Dadurch ist die Steuerung des Preisniveaus mit Hilfe der im Folgenden beschriebenen Quantitätsgleichung des Geldes in einer Marktwirtschaft leicht realisierbar. Es sollte betont werden, dass der Sinn der Nachhaltigkeitsgebühr nicht darin liegt, die Umlaufgeschwindigkeit zu erhöhen (bzw. die Kassenhaltung zu schmälern) - dies ist nur ein Randeffekt - sondern im gleichmäßigen Umlauf des Tauschmittels. Erst der gleichmäßige Umlauf erlaubt eine gleichmäßige Versorgung der Volkswirtschaft mit dem nötigen Tauschmittel.

Die Quantitätsgleichung des Geldes und die Steuerung des Preisniveaus

Der Preis der Güter wird über Angebot und Nachfrage bestimmt, womit der Wert des Geldes bzw. das Preisniveau ebenfalls durch Angebot und Nachfrage gegeben ist. Gehen wir davon aus, dass alle Nachfrage mit Hilfe eines einzigen Tauschmittels realisiert wird, so gilt:

[Güterumsatz] = [Nachfrage gemessen in Preisen] = [Nachfragewirksame Tauschmittelmenge]

Die nachfragewirksame Tauschmittelmenge hängt wiederum davon ab, wie oft das Tauschmittel seinen Besitzer wechselt, also von der Umlaufgeschwindigkeit des Tauschmittels. Jeder Tauschvorgang addiert das verwendete Tauschmittel auf die nachfragewirksame Tauschmittelmenge. Für einen beliebigen Zeitraum bedeutet dies:

[Nachfragewirksame Tauschmittelmenge] = [absolute Tauschmittelmenge] x [Umlaufgeschwindigkeit] x [Zeit]

Auf der anderen Seite ergibt sich im Falle der Markträumung der Güterumsatz aus dem Güterangebot und dessen Preis:

[Güterumsatz] = [Angebot gemessen in Preisen] = [Allgemeines Preisniveau] x [Güterangebot]

Betrachten wir nun ein konstantes Zeitintervall T (z.B. ein Jahr) und setzen U = [Umschlagshäufigkeit] = [Umlaufgeschwindigkeit] x T, M = [absolute Tauschmittelmenge], P = [Allgemeines Preisniveau] und G = [Güterangebot], so erhalten wir die Quantitätsgleichung des Geldes:

P x G = M x U (zur Veranschaulichung siehe Abb. 12.1)


abb.12.1

Abb. 12.1 qualitative Veranschaulichung der Quantitätsgleichung


Mit G = [Güterangebot] = [Effizienz] x [Arbeitszeit] = E x A können wird die Quantitätsgleichung umformen zu: P = M x U/ (E x A)


Das allgemeine Preisniveau ist also gegeben durch die Tauschmittelmenge mal Umschlagshäufigkeit pro eingesetzte Arbeitszeit und der Effizienz/Produktivität dieser Arbeitszeit. Bei Freigeld ist die Umschlagshäufigkeit recht konstant und auch die Effizienz E sowie die Gesamtarbeitszeit A einer Volkswirtschaft ändert sich nur langsam. Die Geldmenge M ist die einzige Größe, auf die direkt Einfluss ausgeübt werden kann. Dies reicht aus, um - falls nötig - Einfluss auf das Preisniveau zu nehmen.

Dies gilt wohlgemerkt für eine funktionierende Marktwirtschaft. Falls die Marktzugangskosten zu hoch sind und insbesondere Monopole und Kartelle Teilmärkte beherrschen, wird in der Regel ein Rückgang der nachfragewirksamen Tauschmittelmenge nicht mit einem Preisrückgang, sondern mit einer Drosselung der Produktion, beantwortet. Somit wird über eine Verkleinerung der nachfragewirksamen Tauschmittelmenge in solch einem Fall meist die Arbeitslosigkeit erhöht. Es muss daher davor gewarnt werden, diese Gleichung anzuwenden, bevor nicht Marktzutrittsschranken, wie das Patentwesen abgeschafft und eine große Gruppe von Prosumenten, zum Beispiel durch eine bessere wirtschaftliche Ausbildung und eine übersichtlichere Gesetzeslage, in die Lage versetzt wird, Unternehmen erfolgreich auf dem Markt zu etablieren.

Gibt es in der Volkswirtschaft funktionierende Teilmärkte, so ist es möglich, die richtige Menge an Tauschmittel in Näherung zu bestimmen, indem das richtige' Preisniveau betrachtet wird. Preise von Gütern, bei denen die Markteintrittskosten unverhältnismäßig hoch sind oder die Monopolgarantien (wie dem Patentrecht oder Flächentarifverträgen) unterliegen, richten sich wie oben angedeutet nur sehr langsam nach der verfügbaren Tauschmittelmenge aus, während bei Preisen, die dem Markt unterliegen, dies wesentlich schneller vonstatten geht. Funktionierende Teilmärkte spiegeln die Versorgung mit Tauschmittel wesentlich besser wider, selbst wenn sie in ihrer Preisbildung durch Wechselwirkung mit monopolisierten Märkten gestört werden. Güterpreise, die stark vom Wechselkurs abhängig sind (z.B. Ex- und Importgüter), verfälschen ebenfalls das Bild, da diese Preise nicht primär vom Tauschmittelangebot auf dem Markt abhängig sind, sondern von den Knappheiten innerhalb anderer Volkswirtschaften. Wird dies bei der Geldmengensteuerung nicht beachtet, kann ein Zuwenig an in Zirkulation befindlichen Tauschmitteln die Markträumung auch auf den funktionierenden Teilmärkten unterbinden. Um die Versorgung der Volkswirtschaft mit genau der richtigen Menge an Tauschmitteln zu gewährleisten und so Markträumung ohne Inflation zu ermöglichen, dürfen nur solche Güter im Warenkorb Berücksichtigung finden, welche in vollem Maße dem marktwirtschaftlichen Optimierungsprozess unterliegen und deren Herstellungskosten zu einem hohen Prozentsatz im Inland anfallen. Güter, die je nach Saison Preisschwankungen unterliegen, sollten ebenfalls aus dem Warenkorb ferngehalten werden.


Für die Europäische Zentralbank und den Euro gilt die Quantitätsgleichung nicht, weil bei fehlender Markträumung, wie sie bei herkömmlichem Tauschmittel früher oder später notwendigerweise auftritt, der Güterumsatz kleiner als das Güterangebot zum momentanen Preisniveau gewichtet ist und somit lediglich gilt:

P x G > U x M

bzw.

P > U x M/ (E x A)

Gleichzeitig ist Umlaufgeschwindigkeit bzw. Umschlagshäufigkeit ohne Nachhaltigkeitsgebühr extrem von der Höhe des Zinsniveaus, der erwarteten Inflation, der Konjunktur und der Entwicklung spekulativer Märkte abhängig. So ist es nicht verwunderlich, dass die heutigen Zentralbanken das Preisniveau nicht stabil halten können - die Anzahl der zu beachtenden Einflussfaktoren ist einfach zu groß und macht dadurch Vorhersagen schwierig und eine präzise Steuerung unmöglich. Außerdem zwingt das heutige Tauschmittel die EZB dazu, eine ständige leichte Inflation zu verursachen, da eine kleine Deflation ausreicht, um in der Liquiditätsfalle zu landen. Eine bewusste Redeflationierung, falls die Geldmenge zu stark ausgeweitet wurde, ist somit im Gegensatz zu Freigeld unmöglich.47


Bis jetzt sind wir davon ausgegangen, dass die Währung nicht mit anderen Währungen im Wettbewerb steht und ihr Gebiet nicht veränderlich ist. Steht die Währung mit anderen Währungen im Wettbewerb, muss noch der Marktanteil einberechnet werden, während bei einer Veränderung des Akzeptanzgebietes sich die Anzahl der Prosumenten und damit die Arbeitszeit verändert:

P = M x U x / ([Marktanteil] x E x A x [Akzeptanzfaktor])

Da sowohl der Marktanteil als auch der Akzeptanzfaktor, sowie Umschlagshäufigkeit, Effizienz und Arbeitszeit nur langsamen Veränderungen unterworfen sein werden, wird sich das Preisniveau nur langsam ändern, solange nicht an der Tauschmittelmenge gedreht wird. So ist es nicht weiter schlimm, dass bis auf die Tauschmittelmenge die Variablen der rechten Seite wohl nie explizit bekannt sein werden. Es wird damit auch im Wettbewerbsfall ausreichen, das Preisniveau zu beobachten und danach die Tauschmittelmenge zu steuern. Steigt das Preisniveau des Warenkorbes, wird die Tauschmittelmenge verringert, fällt es, wird die Tauschmittelmenge ausgeweitet.


Dies gilt jedoch alles nur, wenn es sich bei der Währung um eine Primärwährung handelt, also eine Währung, in der die Prosumenten denken. Handelt es sich lediglich um eine Sekundärwährung, bei der die Prosumenten die Preise einer Primärwährung über einen Wechselkurs umrechnen, um sich ein Bild zu machen, fließt die Knappheit des Tauschmittels nicht in die lokale Optimierung der Prosumenten mit ein. Die Preise bilden sich somit über den Wechselkurs zur Primärwährung, statt über die Knappheit der Sekundärwährung. Ein sekundäres Tauschmittel - alle Freigelder, die nicht im Auftrag eines Staates emittiert werden, werden zu Anfang solche sein - muss daher mit Hilfe eines offiziellen Wechselkurses kaufkraftstabil gehalten werden.

Wie kann die Kaufkraft einer Sekundärwährung gesteuert werden?

Da zu Anfang eines Freigeldprojektes keine ausreichende Datenbasis zur Messung der Kaufkraftveränderung zur Verfügung stehen wird, ist man gezwungen, auf offizielle Warenkörbe zurückzugreifen - beispielsweise die Teuerungsrate der Konsumentenpreise der Primärwährung, die von den statistischen Ämtern herausgegeben wird. Zuerst werden Bezugsjahr und anfänglicher Wechselkurs zur Primärwährung festgelegt. Bei einem kanadischen Freigeld-Projekt, dessen Währung auf den Namen Gogo hört, wurde das Bezugsjahr 1980 und der Wechselkurs 1:1 gewählt. Das bedeutet, die angestrebte Kaufkraft des Gogos beläuft sich auf die Kaufkraft des kanadischen Dollars im Jahr 1980. Um nun den Wechselkurs im Jahre 2003 zu bestimmen, wird der Kaufkraftverlust des kanadischen Dollars seit 1980 darauf angerechnet. Der Wechselkurs betrug daher im Jahre 2003 1 Gogo: 2,30 kanadischen Dollars, weil der kanadische Dollar 2003 nur noch 43,5 Prozent seiner Kaufkraft von 1980 besaß. Dies ist der offizielle Wechselkurs, zu welchem Gogos 2003 bei der "Gogo-Zentralbank" gegen kanadische Dollar erworben werden konnten: Für 100 Gogos mussten also 230 kanadische Dollar bezahlt werden.


Kein Konsument wird für eine bestimmte Auswahl an Gütern mehr kanadische Dollar auf den Tisch legen als er für dieselbe Auswahl an Gütern für Gogos hinlegen müsste, die er zum aktuellen Wechselkurs erwerben kann. Möchten Sie sich beispielsweise eine Gitarre zulegen und der Händler bietet Ihr Wunschobjekt sowohl für 115 kanadische Dollar als auch für 40 Gogos an, wären Sie nicht gerade geschäftstüchtig, wenn Sie die 115 Dollar berappen würden. Wahrscheinlich würden Sie zu einer Gogo-Wechselstelle oder der 'Gogo-Zentralbank' gehen und für 92 kanadische Dollar 40 Gogos erwerben, um mit diesen Ihre Gitarre bezahlen. Die Nachhaltigkeitsgebühr wäre Ihnen egal - schließlich haben Sie nach dem Kauf die Gogos nicht mehr, sondern der Händler (Produzent) besitzt sie. Mit den restlichen 23 kanadischen Dollars können Sie dann am Wochenende Ihren Freunden und Freundinnen eine Runde spendieren.

Der Produzent, der seine Güter in Gogos billiger verkauft als es der offizielle Wechselkurs vorschreibt, betreibt also effektiv eine Preissenkung, denn jeder, dem es nicht zuviel Umstand bedeutet, wird in der billigeren Sekundärwährung (den Gogos) einkaufen.


Um das Umgehen der Nachhaltigkeitsgebühr zu unterbinden, muss der Rückwechselkurs, also der Wechselkurs von Sekundär- in Primärwährung - von Gogos in Dollar, mindestens mit der in der nächsten Periode fälligen Nachhaltigkeitsgebühr belastet sein. Es empfiehlt sich jedoch, die Gebühr noch höher anzusetzen, denn der kanadische Dollar besitzt eine höhere Liquiditätsprämie, da er überall angenommen werden muss und der Gogo, zumindest zu Anfang, nicht überall als Zahlungsmittel akzeptiert werden wird. Der Gogo wird somit anfänglich vielen Menschen als 'weniger nützlich' erscheinen, weshalb sie sich lieber von ihm trennen als vom kanadischen Dollar. Diese Trennung geschieht über den Rücktausch in Dollar. Jeder Rücktausch untergräbt aber das Komplementärwährungssystem, da möglichst viel Tauschmittel im Umlauf gehalten werden sollte, um lokale Tauschmittel-Güter-Kreisläufe zu stimulieren. Wenn jeder anstatt mit Gogos mit Dollar arbeitet, wird das System nicht ins Laufen kommen. Der Rückwechselkurs muss daher zusätzlich mit einem Ausgleich für die unterschiedlichen Liquiditätsprämien belastet werden. Wir haben am Anfang des Buches die Liquiditätsprämie für eine Primärwährung auf 3-4 Prozent geschätzt. Der Unterschied zwischen Gogos und kanadischem Dollar kann also nur zwischen 0 Prozent und 4 Prozent liegen. Liegt die Liquiditätsprämie der Gogos für die meisten Nutzer bei 2 Prozent, reicht eine zusätzliche Belastung des Rückwechselkurses mit 2 Prozent aus, um das Wechseln unattraktiv erscheinen zu lassen. Wer will, kann also seine Gogos zwar zum Kurs 1 Gogo : 2,3 kanadische Dollar in kanadische Dollar wechseln, muss jedoch auf das ganze Transaktionsvolumen (beispielsweise 100 getauschte Gogos) 7 Prozent Gebühr bezahlen (bei 100 Gogos sind dies 7 Gogos), was einem effektiven Wechselkurs von 1 Gogo: 2,139 kanadische Dollar entspricht.

Dies berechnet sich wie folgt: 100 Gogos minus 5 Gogos Nachhaltigkeitsgebühr (5 Prozent von 100) minus 2 Gogos Liquiditätsprämiendifferenz (2 Prozent von 100) ergeben 93 Gogos. Diese 93 Gogos ergeben bei unserem obigen Wechselkurs 213,9 kanadische Dollar (=93 Gogos x 2,3 Dollar/Gogo). Falls die auf dem Markt angebotenen Güter das Wertverhältnis 1 Gogo : 2,3 kanadischen Dollar besitzen, kommt es im schlechtesten Fall dazu, dass der Gogo wegen der drohenden Nachhaltigkeitsgebühr und der Liquiditätsprämiendifferenz im Wertverhältnis 100 Gogos : 213,9 kanadischen Dollar wahrgenommen wird. Wenn also die Gebühren derart festgelegt werden, dass der effektive Rücktauschkurs auf 1 Gogo : 2,139 Dollar lautet, wird fast nur derjenige zurücktauschen, der tauschen muss.


Analog zu oben wird kein Konsument für Güter mehr Gogos auf den Tisch legen als er Güter für kanadische Dollar zu diesem Wechselkurs erwerben kann. Bietet ein Produzent seine Güter in kanadischen Dollars billiger an als es dieser Wechselkurs vorschreibt, so handelt es sich effektiv auch für den Gogohalter um eine Preissenkung, da jeder seine Gogos in Dollar umwechseln würde, bevor er bei diesem Produzenten einkauft.


Die Preise haben darum lediglich den Spielraum zwischen offiziellem Wechselkurs und effektiven Rückwechselkurs. Je näher die Preisverhältnisse an den effektiven Rückwechselkurs kommen, desto eher wird zurückgetauscht werden. Es muss daher den an der Sekundärwährung teilnehmenden Produzenten nahegelegt werden, den offiziellen Wechselkurs und nicht den effektiven Rückwechselkurs für ihre Preisauszeichnung zu verwenden. Aufgrund der europäischen Gesetzgebung ist es sowieso anzuraten, die Verwendung des Tauschmittels an die Mitgliedschaft in einem Tauschmittelverein zu binden. Die Mitgliedschaft könnte dann von solchen Verhaltensregeln abhängig gemacht werden.


Um nun die richtige Menge Tauschmittel zu bestimmen, müssen wir in engem Kontakt zu den Prosumenten stehen, welche die Sekundärwährung benutzen. Erzählt uns die Mehrheit, dass sie gerne mehr Umsatz in Sekundärwährung hätte, dann ist zu wenig Tauschmittel in Umlauf. Ohne genügend Tauschmittel kann es zu keiner Konjunkturbelebung kommen. Ist allerdings zuviel Tauschmittel in Umlauf, so bekommen die Prosumenten Probleme, weil ihnen beispielsweise nicht genügend Primärwährungsanteil bleibt, um ihre Steuern zu zahlen. Dies äußert sich in einer erhöhten Rücktauschrate und im Extremfall in Akzeptanzproblemen. Einige Produzenten werden in solch einem Fall dazu übergehen, nur anteiliges Zahlen in der Sekundärwährung zu akzeptieren. Da jeder Umtausch im Ertrag des Sekundärwährungsvereins auftaucht, könnte ein zu häufiger Rücktausch wegen einer übermäßigen Tauschmittelausgabe als Bereicherung ausgelegt werden. Dies kann im ungünstigsten Fall die Akzeptanz der Sekundärwährung schädigen. Es empfiehlt sich daher, in ständiger Rücksprache mit den beteiligten Produzenten zu stehen. Klagen einige darüber, dass sie zuviel Umsatz in der Sekundärwährung haben und mehr Primärwährung brauchen, um Steuern oder Zulieferer außerhalb des Währungsgebietes des Tauschmittels bezahlen zu können, sollte ihnen vorgeschlagen werden, nur ein anteiliges Zahlen in Sekundärwährung zu akzeptieren. Wächst allerdings die Zahl derjenigen, die Bedenken äußern, ist es höchste Zeit die Tauschmittelmenge zurückzufahren bzw. die Ausdehnung zu stoppen.

Bei diesem Verfahren gibt es die Kaufkraftstabilität praktisch gratis im Huckepackverfahren von der Primärwährung (-> Abb.12.2). Wird der Umtauschkurs einmal wöchentlich festgelegt, können sogar Inflationsraten der Primärwährung von 100 Prozent pro Jahr ohne Probleme abgefangen werden.


abb.12.2

Abb. 12.2 Entwicklung des Wechselkurses nach Kaufkraftparität (V50 vs. DM)


Warum braucht eine Sekundärwährung einen garantierten Wechselkurs?

Solange die Produzenten die Möglichkeit haben ihre Einnahmen in Sekundärwährung gegen eine geringe Gebühr in Primärwährung umzutauschen, gibt es für sie keinen Grund, den offiziellen Wechselkurs in Frage zu stellen und möglicherweise ihre Kunden zu verärgern oder zumindest stutzig zu machen. Man bedenke, wie selten sich jemand weigert, für ein Glas Wein im Gasthaus zu bezahlen, obwohl er beim Erzeuger die zehnfache Menge für dasselbe Geld kaufen kann. Da geht es um einen Faktor 10, während es bei der Sekundärwährung im schlechtesten Fall um den Faktor 1,07 geht (vorausgesetzt die Gebühr beinhaltet zu diesem Zeitpunkt 5 Prozent Nachhaltigkeitsgebühr pro Periode und 2 Prozent Liquiditätsprämiendifferenz).

Fällt die Absicherung eines, durch den Sekundärwährungsverein garantierten, Wechselkurses hingegen weg, muss sich der Produzent auf dem freien Markt nach jemandem umschauen, der ihm seine Sekundärwährung abnehmen will. Bekommt der Prosument dort weniger als er für den Wechselkurs bisher angenommen hat, wird er seine Preise in Sekundärwährung erhöhen und somit die Sekundärwährung in seinem privat verwendeten Wechselkurs abwerten. Solange die Währung nur Huckepack von einer anderen mitgenommen wird und nicht selber an der Preisbildung beteiligt ist, gibt es jedoch nichts, was diesem Wechselkurs entgegensteuern könnte! Die Nachfrage nach Freigeld auf dem Devisenmarkt richtet sich nach dem Wechselkurs der Produzenten. Warum sollte jemand eine Nachfrage nach Freigeld stellen, der nicht vor hat, etwas damit zu kaufen?48 Da aber niemand in Not ist, Freigeld zu erwerben, wird die Nachfrage nur auftauchen, wenn es sich lohnt bzw. wenn das Freigeld billiger ist als die Güter, welche damit erworben werden können. Die Produzenten richten jedoch ihre Preisauszeichnung nach dem Wechselkurs auf dem Devisenmarkt. Das bedeutet, die Produzenten werden ihren Wechselkurs immer weiter nach unten korrigieren bis die Sekundärwährung völlig entwertet ist. Ohne garantierten Wechselkurs lässt sich daher keine Sekundärwährung dauerhaft einführen, geschweige denn kaufkraftstabil halten, denn es dauert einige Zeit und erfordert ein einigermaßen ausgedehntes Verbreitungsgebiet, bis eine Sekundärwährung preisbildend tätig sein wird und damit in den Rang einer Primärwährung aufsteigen kann.

Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsgebühr bei Bargeld

Die Nachhaltigkeitsgebühr kann auf verschiedene Weise implementiert werden. Dabei müssen Münzen nicht mit der Nachhaltigkeitsgebühr belegt werden, solange sie hauptsächlich als Wechselgeld dienen. Sind die Beträge der Münzen ausreichend klein, sind sie zur Zahlung größerer Beträge und damit auch zur Hortung völlig ungeeignet. Dies hat sogar der Gesetzgeber bemerkt und schreibt einen unbegrenzten Annahmezwang nur für Euroscheine, nicht jedoch für Münzen vor.

Für Scheine gibt es mehrere Möglichkeiten. Silvio Gesell, der Erfinder des Freigeldes, schlug vor, dass Tauschmittelscheine wöchentlich mit einer briefmarkenähnlichen Marke in Höhe eines Tausendstel (0,1 Prozent) des Nennwertes beklebt werden müssen, um ihre Gültigkeit zu bewahren. Spätestens, wenn alle Felder voll sind, müssen sie bei einer örtlichen 'Wechselstube' umgetauscht werden. Diese Methode käme einer jährlichen Nachhaltigkeitsgebühr von 5,2 Prozent (=0,1 Prozent x 52 Wochen) gleich. Weniger aufwändig wäre das monatliche Kleben von Marken in Höhe von 0,5 Prozent des Nennwertes, was sich über das Jahr zu einer Nachhaltigkeitsgebühr von 6 Prozent summieren würde. Auch wird des öfteren vorgeschlagen, die Nachhaltigkeitsgebühr nur einmal pro Quartal oder gar nur einmal im Jahr zu erheben. Jedoch sinkt mit steigender Intervalllänge die verstetigende Wirkung auf den Tauschmittelfluss. Damit wird die Steuerung des Preisniveaus, sobald es sich um eine Primärwährung handelt, schwieriger und es besteht die Gefahr, dass die Konjunkturzyklen nicht völlig verschwinden.

Bei längeren Gültigkeitsintervallen ist es zudem möglich, das Markenkleben durch den völligen Umtausch des Tauschmittelscheins zu ersetzen. Statt Marken zu kaufen und diese auf den abgelaufenen Schein zu kleben, muss der Prosument dann seine Scheine zu einer 'Wechselstube' bringen, bei der er gegen Einbehalt der Nachhaltigkeitsgebühr seine abgelaufenen Scheine in gültige umgetauscht bekommt. Um eine schnellere Prüfung der Gültigkeit eines Scheines zu ermöglichen, kann der Verfallsmonat zusätzlich mit einer Farbcodierung kenntlich gemacht werden und das Verfallsjahr mit dem Scheindesign. So könnten Scheine, die 2005 ablaufen, in offensichtlichen Details anders gestaltet sein als Scheine, die 2006 ablaufen. Durch die Unterlegung der Klebeflächen beispielsweise in weiß, rosa, grün, silbern, gelb, blau, lila, braun, türkis, golden, grau und rot kann eine schnelle Prüfung erleichtert werden. Es reicht, wenn Kassierer nur noch darauf achten, ob die Farbe des Monats nicht sichtbar ist (-> Abb. 12.3), falls ein monatliches Entwertungsintervall gewählt wurde. Um die gewissenhafte Prüfung der Gültigkeit der Scheine im täglichen Güterverkehr muss sich derjenige, der das Tauschmittel herausgibt, keine Sorgen machen. Er akzeptiert im Umtausch und zur Zahlung seiner Wechsel nur korrekt beklebte Scheine. Um nicht auf ihren Scheinen sitzen zu bleiben oder selbst die Nachhaltigkeitsgebühr zahlen zu müssen, werden die Prosumenten automatisch auf die korrekte Beklebung achten. Eine umständliche Handhabung kann jedoch die Akzeptanz des Tauschmittels verringern.

Neben der Markenklebemethode besteht die Möglichkeit, Scheine zu bestimmten Zeitpunkten als ungültig zu erklären und zum Umtausch gegen Gebühr aufzurufen. Hierzu werden Scheine ausgegeben, welche sich in ihrem Design unterscheiden bzw. irgend ein gut erkennbares Unterscheidungsmerkmal besitzen. Jeden Monat (oder in einer anderen Intervalllänge) wird nun nach dem Zufallsverfahren eine Variante zum Umtausch ausgerufen. Hier ist allerdings die ganze Nachhaltigkeitsgebühr auf einmal zu entrichten und unterscheidet sich je nach Anzahl der Varianten und Häufigkeit der Ausrufung. Beträgt die jährliche Nachhaltigkeitsgebühr 6 Prozent und sind 10 Varianten in Umlauf, während 6 mal im Jahr ein Design für ungültig erklärt und zum Umtausch aufgerufen wird, so sind beim Umtausch 10 Prozent (6 Prozent x 10 / 6 = 10 Prozent) zu zahlen, da in jedem Intervall 1 Prozent gezahlt werden muss, aber nur für ein Zehntel der Scheine die Gebühr anfällt.

Sind 4 Varianten in Umlauf und wird 12 mal im Jahr eine Variante zum Umtausch aufgerufen, so sind pro Umtausch 2 Prozent (6 Prozent x 4 / 12 = 2 Prozent) zu zahlen. Der Vorteil: Aufwand des Umtausches und Höhe der Gebühr kann unabhängig voneinander optimiert werden. Der Nachteil: Kein Prosument weiß im vornherein, wie groß die Belastung durch die Nachhaltigkeitsgebühr für ihn ist. Die verschiedenen Designs könnten einzelne Prosumenten verwirren. Es entsteht zusätzlicher Aufwand, um nach jeder Verrufung den neu ausgegebenen Scheinen ein neues Design zu verpassen. Zwar erspart dies den Leuten das Markenkleben, jedoch könnte das Marktenkleben eine fassbarere Beziehung zum Tauschmittel schaffen. Gerade kleine Kinder könnten durch das Markenkleben schon früh auf spielerische Weise zu einer Auseinandersetzung mit den Funktionen eines Tauschmittels ermutigt werden.


abb.12.3

Abb. 12.3 Scheinrückseite für Klebemarken - monatliches Beispiel


Nur wenn die Hintergründe eines funktionierenden Tauschmittels in das Allgemeinwissen eingehen, kann verhindert werden, dass künftigen Generationen die Unannehmlichkeiten, die ein fehlerhaftes Geldsystem mit sich bringt (Massenarbeitslosigkeit, Wirtschaftskrisen usw.), erneut durchleiden müssen, so wie es nach den Brakteaten der Fall war.

Auf elektronische Methoden, beispielsweise mittels in das Papiergeld eingebautem Chip, sollte wegen mangelnder Transparenz für den Benutzer verzichtet werden. Es wäre für die Menschen nicht gerade angenehm, wenn sie ihre Scheine erst mit einem Lesegerät begutachten müssten, um den momentanen Wert herauszufinden. Scheine, die sich elektronisch für ungültig erklären und erst mittels Überweisung des fälligen Betrags wieder 'entriegelt' werden können, erzeugen zudem Informationsflüsse (die Bank verarbeitet die Überweisung) die genutzt werden könnten, die exakte individuelle Bargeldvermögensverteilung zu ermitteln. Hier gibt es also nicht nur Bedenken bzgl. der Handhabung, sondern auch wegen des Datenschutzes. Mangelnde Transparenz führt in der Regel zu einer schlechteren Optimierung durch die Prosumenten. Sollten sie sich nicht der gezahlten Gebühr bewusst sein, werden sie auch ihr Verhalten nicht entsprechend ändern. Das psychologische Prinzip kann nur bei einer transparenten Erhebung der Nachhaltigkeitsgebühr seine Wirkung entfalten und so sollte es auch klar sein, dass jede der hier aufgeführten Methoden durch die subjektive Wahrnehmung der Prosumenten zu leicht unterschiedlichen Verhaltensweisen führt und über die Auswirkungen auf die Liquiditätspräferenz auch die optimale Höhe der Nachhaltigkeitsgebühr beeinflusst.

Um den Kunden den Umtausch und das Klebemarkenkaufen zu erleichtern, sollten einige Geschäfte dazu überredet werden, als kleine 'Wechselstuben' zu fungieren. Dies wird nicht sonderlich schwer sein, schließlich locken sie damit zusätzliche Kunden in ihr Geschäft. Ob ein Geschäft als 'Wechselstube' fungiert, sollte von außen ersichtlich sein, ebenso ob ein Geschäft die Sekundärwährung akzeptiert. In den entsprechenden Schaufenstern könnten beispielsweise Schilder stehen: "Lilus werden hier akzeptiert." (Falls das Freigeld Lilu heißt.) Oder für Geschäfte, die auch alte in neue Noten wechseln: "Lilus werden hier gewechselt." Im Laden kann nun der Wechselkurs angeschrieben sein oder direkt auf den Schildern. Der offizielle Wechselkurs zwischen Sekundär und Primärwährung wird dabei über lokale Zeitungen und im Internet veröffentlicht. Zur Aufklärung sollten Informationsbroschüren in diesen Läden bereit liegen. Auch die Scheine selbst können zur Aufklärung dienen. So könnte auf einem 100 FDM Freigeldschein stehen: "Für dieses Tauschmittel garantiert die Ausgabestelle die Kaufkraft der DM des Jahres 1980. Dieser Schein ist gültig bis zum Ablaufdatum und kann danach gegen eine Gebühr von 5 FDM gegen einen neuen Schein getauscht werden. Die Ausgabestelle nimmt jederzeit Scheine, die mindestens noch einen Monat Gültigkeit besitzen im Austausch gegen Euro zum offiziellen Wechselkurs abzüglich einer Gebühr von 7 Prozent entgegen." Wird die Klebemarkenvariante mit einer monatlich erhobenen 0,5 Prozentigen Nachhaltigkeitsgebühr genutzt, könnte es heißen: "Für dieses Tauschmittel garantiert die Ausgabestelle die Kaufkraft der DM des Jahres 1980. Dieser Schein ist gültig, sofern alle Monate bis zum heutigen Datum mit 0,50 FDM-Marken beklebt sind. Diese Marken erhalten Sie bei den zugelassenen Wechselstuben. Dort können ebenfalls abgelaufene Scheine gegen neue getauscht werden. Die Wechselstuben nehmen gültige FDM-Scheine gegen Euro zum offiziellen Wechselkurs abzüglich einer Gebühr von 2,5 Prozent entgegen."

Die Tauschmittelausgabe

Zuerst sollten mehrere Produzenten (Unternehmen, Geschäfte, Selbstständige) gefunden werden, die bereit sind, das Tauschmittel zu akzeptieren. Es muss die Grundlage für lokale Tauschmittelkreisläufe geschaffen werden. Man erinnere sich: Erst als die Wära in Schwankirchen eingeführt wurde und die Geschäfte des Ortes mitmachten, entfaltete die Wära ihre Wirkung. Solange die Unternehmen über die ganze Weimarer Republik verteilt waren, ergaben sich keine messbaren wirtschaftlichen Effekte. Je diversifizierter das Güterangebot und je breiter die Branchendeckung, desto größer ist die Auswahl für das Tauschmittelangebot und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Prosument für seine Einnahmen in Komplementärwährung Verwendungsmöglichkeiten findet und desto größer wird auch die Akzeptanz sein. Ab etwa 200 Geschäften werden elementare Tauschmittelkreisläufe möglich. Die Unternehmen vor Ort profitieren jedoch schon, bevor sich elementare Tauschmittelkreisläufe bilden, indem die Komplementärwährung als Werbungsträger zur Kundenbindung fungiert. Sobald eine ausreichend große Anzahl von Prosumenten zugesagt haben, eine lokale Komplementärwährung zu akzeptieren, kann mit der Ausgabe des Tauschmittels begonnen werden.

Wer neue Prosumenten für sein Tauschmittel begeistern will, der sollte sich über deren Ziele und Wünsche Gedanken machen. So wird sich kaum ein Unternehmer mit der Aussicht auf den Wegfall des Urzinses hinterm Ofen hervorlocken lassen. Wird ihm aber erzählt, dass wegen des kleinen Verbreitungsgebietes das Tauschmittel, das er ausgibt, mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder zu ihm zurückfließt und für höheren Umsatz sorgt, so wird er aufhorchen. Wer daran denkt, Freigeld als ein komplementäres Tauschmittel auszugeben, sollte sich also einen Schlachtplan machen. Sprechen Sie immer das Eigeninteresse der Geschäftsleute an. Erkennen diese erst einmal, dass das Freigeld ihnen zusätzliches Geschäft bringen wird, ist der Bann gebrochen und der Prosument wird beginnen, selber Fragen zu stellen, wie die Sache funktionieren soll. Sehen Sie das Tauschmittel als Ihr Produkt an, welches Sie vertreiben und überlegen Sie sich, was es alles für Vorteile bringt. Lernen Sie aus den Fragen, die man Ihnen stellt. Lernen Sie, in welchen Kategorien Ihr Gegenüber denkt. Den Teilnehmern muss klargemacht werden, welchen Vorteil sie davon haben, wenn das Freigeld im Umlauf bleibt. Dies ist einer der wesentlichsten Punkte, der schon in den ersten Gesprächen betont werden sollte. Dies dient dazu, schon am Anfang genügend Umlauf und damit Umsatz zu generieren, um die Geschäftsleute bei der Stange zu halten. Später wird der steigende Güterumsatz dies von alleine bewerkstelligen. Leute, die jetzt nur Umsatzrückgänge erleben, werden das kleine Wunder einer Umsatzsteigerung durch Freigeld zu schätzen wissen. Es ist nicht nötig, dass alle Teilnehmer die dahinter stehende Theorie kennen oder verstehen. Sie brauchen nichts anderes tun, als das Tauschmittel zu akzeptieren und zu verwenden. Je schneller sie das eingenommene Freigeld wieder ausgeben, desto schneller wird es zu ihnen zurückkehren. Von alleine kann selbst Freigeld nicht umlaufen. Läuft es jedoch um, so entstehen neue Tauschmittelkreisläufe, die vor allem die Region stärken, weil Freigeld als regionale Komplementärwährung nur in einer begrenzten Region akzeptiert wird.


Natürlich wäre es schön, einen Bürgermeister von Format, wie Unterguggenberger es war, überreden zu können, Gewerbesteuer und Gemeindegebühren in der Komplementärwährung zu akzeptieren. Solange Steuern nur in Primärwährung bezahlbar sind, wird die Obergrenze für den Marktanteil aller Komplementärwährungen immer durch die prozentuale Steuerbelastung der Produzenten festgelegt. Allerdings sollte eine Gemeinde nie führungstechnisch in einen Tauschmittelverein involviert sein. Staatliche Institutionen müssen generell Weisungen von oben befolgen. In Wörgl wurden die Mittel dagegen schon aufs Äußerste ausgereizt - letztendlich ohne Erfolg. Wird die Tauschmittelausgabe privat organisiert, so ist es hingegen oft leichter, ungerechtfertigten Restriktionen auszuweichen. Dies nur als Hinweis darauf, dass es zum Zwecke der Selbstorganisation, des Überlebens und vor allem des effizienten und glücklichen Zusammenlebens sinnvoll sein kann, über fantasievolle Formen zivilen Ungehorsams nachzudenken! Erinnern wir uns nur daran, dass es zum Beispiel den Regierungen der ehemaligen Ostblockstaaten vollkommen unmöglich war, den Umlauf der DM als harte Zweitwährung zu unterbinden, dann erkennen wir: Ist eine Zweitwährung der offiziellen Währung überlegen, so lassen es sich die Prosumenten nicht nehmen, ihre Güter in der Zweitwährung zu tauschen. Auch in Wörgl gab es bekanntlich viele Stimmen, die trotz Verbot weitermachen wollten. Auch deshalb ist es notwendig die Direkte Demokratie schnell voranzutreiben, um einen erneuten Schlag gegen das Volk zu unterbinden und eine Kriminalisierung des marktwirtschaftlichen Denkens und Handelns zu verhindern.


Glücklicherweise zeigt die Erfahrung, dass sich die Menschen ihr Recht auf Arbeit, was den Tausch ihrer Güter mit einschließt, nicht so einfach wegnehmen lassen. So unbefriedigend die Existenz der Schwarzmärkte für Staat und Gemeinschaft auch sein mag, so zeigen sie doch, wie weit der Wille verbreitet ist, für das eigene Auskommen zu sorgen, selbst wenn der Staat die Hürden so hoch setzt, dass sich gesetzeskonforme Leistung nicht mehr lohnt.


Doch zurück zur Ausgabe. Zwar könnten Sie mit den neu gedruckten Scheinen einfach bei Ihren angeworbenen Unternehmen einkaufen gehen. Allerdings würde höchstwahrscheinlich der Eindruck entstehen, zumindest wenn Sie dies zu exzessiv betreiben, Sie würden sich mit Ihrer Geschäftsidee ungerechtfertigt bereichern - schließlich sieht es für Außenstehende so aus, als würden Sie mit 'wertlosem Papier' wertvolle Güter ergattern. Außerdem brauchen Sie Rücklagen in Euro, um den Rücktausch gewährleisten zu können. Nur im Notfall kann darauf verzichtet werden, was allerdings dem Image ihres Tauschmittels schaden könnte und ein höheres Vertrauen der teilnehmenden Prosumenten in Sie von Nöten macht. Auch das Erreichen der Kaufkraftstabilität könnte dadurch unnötig verkompliziert werden. Zu befürworten sind daher Arten der Ausgabe, welche die Rücklagen in Euro mehren.

Um dies zu erreichen kann teilnehmenden Prosumenten beispielsweise angeboten werden, Tauschmittel 5 Prozent unter dem offiziellen Wechselkurs zu erwerben. Für den Käufer ist dies natürlich ein Schnäppchen, denn er kann diese Differenz als Kaufkraftgewinn verbuchen, praktisch ohne einen Finger gerührt zu haben. Sie machen damit zwar keinen Gewinn, aber auch keinen Verlust, falls der Rückwechsel in Euro mit einer entsprechenden Gebühr belegt ist, und Sie haben sofort Rücklagen in Primärwährung, mit denen Sie den Rücktausch sichern können. Besonders intelligent wird dieser Anreiz beim Chiemgauer, einer Komplementärwährung aus dem Chiemgau, eingesetzt. Ein Chiemgauer hat den Wert von einem Euro. Wer bei der zentralen Ausgabestelle Chiemgauer gegen Euro erwirbt, der darf einen örtlichen Verein (z.B. einen Förderverein für Kindergarten oder Schule) nennen, dem daraufhin 3 Prozent der getauschten Euros zukommen. Finanziert wird dies über eine Rücktauschgebühr in Höhe von 5 Prozent. Mit den restlichen 2 Prozent wird der Aufwand finanziert.

Ein alternatives Ausgabeverfahren besteht darin, das Tauschmittel über Kredite zu emittieren, am besten unter der Verwendung von Wechseln. Die Verwendung eines Wechsels hat den Vorteil, dass der Aussteller mit der Unterschrift des Schuldners praktisch aus der Beweispflicht für das tatsächliche Existieren eines Schuldverhältnisses entlassen ist. Selbst wenn der Schuldner nicht vereinbarungsgemäß zahlt, hat der Wechselinhaber eine gute Chance, seinen rechtmäßigen Anspruch durchsetzen zu können. Die Laufzeit sollte zirka sechs Monate betragen. Dies ist kurz genug, um eine anständige Geldmengenpolitik für eine Sekundärwährung zu gewährleisten und lange genug, um die Schuldner nicht mit unnötigem Aufwand zu belasten. Um sich zusätzlich gegen die Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners abzusichern, sollten die Wechsel nur auf kleinere Summen lauten, dies streut das Risiko. Wird das Komplementärwährungsprojekt im Rahmen eines Tauschmittelvereins begonnen, so ist es schon aus rechtlichen Gründen zu empfehlen, die direkte Tauschmittelausgabe auf Mitglieder zu beschränken. Dies sind jedoch nur zusätzliche Sicherheiten; im Grunde braucht es nicht mal einen rechtlichen Schutz. Sollte ein Wechselnehmer seinen Wechsel platzen lassen, genügt es, den geplatzten Wechsel zu veröffentlichen bzw. Sie vereinbarem beim Abschluss, dass sie beim Platzen des Wechsels der SCHUFA Bericht erstatten dürfen. Das braucht nur angedroht werden, denn man hat schließlich demjenigen das Tauschmittel nur gegeben, weil er kreditwürdig war. Durch solch eine Veröffentlichung, verliert er aber seine Kreditwürdigkeit und jeder Geschäftsmann wird sich davor hüten, das zu riskieren. Da die Wechsel erst nach einem halben Jahr fällig werden, haben Sie zwar zuerst einmal nur Ausgaben, aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Ihr Schuldner zur Fälligkeit nicht genügend Tauschmittel in Komplementärwährung besitzt und einen Teil in Euro begleichen muss. Daher lassen sich auch mit Wechseln Rücklagen in Euro bilden.

Um die Sicherheiten in Euro weiter ausbauen zu können, empfiehlt es sich, die anfallenden Kosten in Euro zu drücken und zusätzliche Geldquellen anzuzapfen. So können Sie beispielsweise in das Design Ihrer Tauschmittelscheine ein Feld für Werbung von teilnehmenden Unternehmen integrieren. Das müssten Sie sich gut vergüten lassen können, schließlich bekommen die Unternehmen damit eine Werbung, die von Hand zu Hand geht und nicht - einem mittlerweile wahrscheinlich angeborenen Reflex gehorchend - in den nächsten Papierkorb wandert! Damit lassen sich zumindest die Druckkosten für das Tauschmittel amortisieren. Oder Sie holen das mit dem Druck beauftragte Unternehmen am besten gleich mit ins Boot und bezahlen den Druck des komplementären Freigeldes mit dem Freigeld selbst. Das macht es nicht billiger, aber bis das Freigeld zurückkommt, haben Sie sich praktisch einen zinsfreien Kredit gegeben. (Dies muss auch so bilanziert werden!)

Nur wenn ein Kaufmann oder Gewerbetreibender einen derart hohen Anteil an Freigeldeinnahmen hat, dass er diese auch an Stellen verwenden müsste, an denen das Freigeld nicht akzeptiert wird, muss er sie zurücktauschen. Das wird umso weniger nötig sein, desto mehr sich die Verwendung des Freigeldes etabliert. Erfahrungen aus Australien lehren, dass insbesondere zu Anfang die Rücktauschquote von Komplementärwährungen sehr hoch ist, jedoch im Verlauf von drei Jahren deutlich sinken kann, falls ständig neue Prosumenten hinzukommen.[1]

Das Freigeld kommt durch seine wirtschaftsbelebende Wirkung allen, die daran teilhaben, zugute. Selbst Leute, die sich Anfangs der Sache verschließen, haben keine nachteiligen Effekte zu befürchten, da der Euro weiterhin zirkuliert - so gut er dies eben kann. Nur jene, die von Spekulation, Krieg und der Ausbeutung anderer profitieren, werden nicht für Freigeld zu begeistern sein. Alles was für die Einführung von Freigeld als Komplementärwährung benötigt wird, ist eine halbwegs stabile Referenzwährung, ein Markt von ausreichender Größe und eine Ausgabestelle mit motivierten Leuten, die auch bei politischem Gegenwind nicht aufgeben.

Die "Supermarktproblematik" - Was für eine Rolle spielen große Geldquellen und Senken?

Die Bewohner von dünn besiedelten Landschaften werden dies kennen. Sobald ein großer Supermarkt auf der grünen Wiese aufmacht, geraten die Löhne unter Druck und Arbeitslosigkeit macht sich breit. Dies ist nicht verwunderlich, ohne Großindustrie hat dieser Bereich meist kaum 'Exporte', aber der Supermarkt erhält seine Waren hauptsächlich von außerhalb, wodurch ein stetiger Strom an 'Importen' aufrecht gehalten wird. Dies bedeutet, dass mehr Euro aus dem Gebiet herausströmen als hinein. Der Euro wird knapp und Arbeitslosigkeit macht sich breit, weil das Tauschmittel fehlt. Der Supermarkt wirkt praktisch wie ein großer Staubsauger, der den Euro aus der Region abzieht und dadurch Arbeitslosigkeit produziert.

Das Problem ist nun, dass eine Komplementärwährung wie ein wirtschaftliches Gleitmittel funktioniert. Freigeld verhält sich durch seine Umlaufsicherung hierbei noch extremer als andere Komplementärwährungen. Mit der Komplementärwährung erhöhen sich die Umsätze, und mit den erhöhten Umsätzen erhöht sich der Umsatz an Vorleistungen von Außerhalb, welche mit Euro bezahlt werden müssen, sowie die Bundes- und Landessteuern, welche ebenfalls mit dem Euro beglichen werden müssen, aber nicht notwendigerweise in das Gebiet zurückfließen. Die Menge der abfließenden Euro erhöht sich daher mit der Einführung einer Komplementärwährung.

Dies wäre kein Problem, wenn jeder mit der Komplementärwährung seine Steuern zahlen könnte. Spätestens sobald der Euro ganz aus der Region abgeflossen wäre, müsste der Supermarkt auf das Freigeld umstellen oder schließen, da mit dem Euro keine Umsätze mehr erzielbar sind. Bei einem reinen Komplementärwährungsgebiet verschwindet jedoch der komplementäre Charakter und das regionale Tauschmittel wird für die Preisbildung zuständig, womit das Preisniveau über die Geldmenge gesteuert werden muss und der Wechselkurs frei laufen kann. Der Wechselkurs, der sich so auf dem Markt bildet, muss vom Supermarkt, der für seine 'Importe' den Euro benötigt, akzeptiert werden. Aus dem dritten Kapitel wissen wir jedoch, dass hierdurch Ex- und Import sich ausgleichen würden. Die Region könnte zu Wohlstand zurückfinden.

Ist die Komplementärwährung jedoch noch nicht zum Begleichen von Steuern verwendbar, so führt das Verschwinden des Euro aus der Region zu starken Rückläufen der Komplementärwährung. Die Unternehmer müssen ihre eingenommene Komplementärwährung in Euro zurücktauschen, um ihre Steuern zu bezahlen. Dadurch schmelzen die Eurorücklagen des Komplementärwährungsvereins, während durch den Rücktausch auch die komplementäre Währung vom Markt verschwindet. Eine Freigeldeinführung wäre damit gescheitert. Um dies zu verhindern gibt es vier Auswege:

  1. Möglichst viele staatliche Stellen davon überzeugen auch komplementäre Währungen zu akzeptieren und zu nutzen.
  2. Sobald die Problematik sichtbar wird, das Währungsgebiet expandieren, damit neue 'Euroquellen' erschlossen werden.
  3. 1. Früh genug auf den festen Wechselkurs verzichten und zur Geldmengensteuerung übergehen. Jedoch ist hier höchste Vorsicht angebracht: Um die Komplementärwährung von einer Sekundärwährung in eine Primärwährung zu transformieren, ist es notwendig, dass zumindest ein Großteil der Bevölkerung in der Komplementärwährung denkt und das Währungsgebiet nicht zu klein ist.
  4. 1. Mit der Einführung der Komplementärwährung in Gebieten beginnen, die größere 'Exporte' haben, ähnlich wie in Schwanenkirchen, wo das Braunkohlebergwerk für einen ständigen Zufluss an Reichsmark gesorgt hat. Durch diesen Zufluss wird sichergestellt, dass die Primärwährung bzw. der Euro auch durch die gesteigerte Wirtschaftstätigkeit im Zuge der Freigeldeinführung im ausreichenden Maße umläuft, um Steuern und 'Importe' zu zahlen. Man sollte sich allerdings darüber im Klaren sein, dass auf diese Gebiete die Krise der Volkswirtschaft durch das fehlerhafte Geldsystem später durchschlägt, die Bereitschaft für Experimente daher geringer ausfallen wird und man so gezwungen sein wird mehr Zeit zu investieren.

Was ist die optimale Größe eines Währungsgebietes?

Dies ist schwer abzuschätzen, doch Wörgl war mit seinen gut 5.000 Einwohnern, durch die Einbindung aller Bewohner, schon sehr erfolgreich. Um von allen möglichen positiven Effekten zu profitieren und eine eigene Preisfindung zu ermöglichen, sind voraussichtlich Währungsgebiete mit mindestens 200.000 Einwohner nötig. Dass das Währungsgebiet des Euros zu groß ist und sich dies negativ auf die Wirtschaft auswirkt, steht außer Frage. Will man die optimale Förderung aller Gebiete erreichen, so dürfte eine Fläche von der Größe Bayerns das absolute Maximum darstellen. Als Faustregel kann gelten: Zwischen zwei benachbarten Regionen mit unterschiedlicher Wirtschaftskraft bzw. Pro-Kopf-Einkommen sollte eine Grenze zwischen zwei Währungen verlaufen.49 Außerdem sollte sich ein Währungsgebiet nicht über die politischen Entscheidungsgrenzen erstrecken, weil dadurch die staatlich-gemeinschaftliche Souveränität in wirtschaftlichen Fragen untergraben wird, indem Kapitalflucht vor unliebsamen gesellschaftlichen Entscheidungen im großen Stil erst ermöglicht wird.

Die rechtliche Konstruktion des Freigeldes

In Deutschland gibt es einen Paragraphen, der das unbedachte Emittieren von komplementärem Freigeld etwas heikel macht. Im achten Abschnitt des deutschen Bundesbankgesetzes heißt es in § 35 "Strafbestimmungen und Vorschriften über das Anhalten von Falschgeld":

(1)Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft,
1. wer unbefugt Geldzeichen (Marken, Münzen, Scheine oder andere Urkunden, die geeignet sind, im Zahlungsverkehr an Stelle der gesetzlich zugelassenen Münzen oder Banknoten verwendet zu werden) oder unverzinsliche Inhaberschuldverschreibungen ausgibt, auch wenn ihre Wertbezeichnung nicht auf Euro lautet;50
2. wer unbefugt ausgegebene Gegenstände der in Nummer 1 genannten Art zu Zahlungen verwendet.
(2)Der Versuch ist strafbar.
(3)Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen.[2]

Wäre es nicht so traurig, könnte man es fast drollig finden, wie der Besitzstand sein Macht- und Zwingmittel, das dysfunktionale Geld, zu verteidigen sucht. Und wie sich dies mit der Gewerbefreiheit und der Vertragsfreiheit vertragen soll, scheint den Gesetzgeber auch nicht zu interessieren. Wenn man dazu noch bedenkt, dass die Zentralbank nicht einmal dem im Artikel 88 GG festgelegten, vorrangigen Auftrag der Sicherung der Preisstabilität in optimaler Weise nachkommt - sonst hätte sie schon längst das besser steuerbare Freigeld eingeführt - ist dieser Paragraph schon ein starkes Stück Ignoranz gegenüber den Bedürfnissen der Menschen und der Marktwirtschaft. Allerdings ist dieses Gesetz nicht so hieb und stichfest, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag und lässt mehrere juristische Schlupflöcher offen:

Freigeld trägt zwar den Terminus 'Geld' in seinem Namen ist jedoch volkswirtschaftlich gesehen kein Geld. Da die Sparmitteleigenschaft durch die Nachhaltigkeitsgebühr bis zur Unkenntlichkeit verwässert wurde, ist Freigeld ein reines Tauschmittel und kann daher auch kein Geld-'Zeichen' sein. Wer glaubt, diese Argumentation wäre zweifelhaft, der schlage ein beliebiges Buch der Volkswirtschaftslehre auf und schaue unter den Eigenschaften des Geldes nach - er wird dort immer die Sparmitteleigenschaft verzeichnet finden. Um zusätzliche Rechtssicherheit zu erhalten, werden die meisten Komplementärwährungen in Deutschland als Gutscheine deklariert. Damit stehen sie fast auf einer Stufe mit Gutscheinsystemen wie Flugmeilen, Webmiles oder Karstadt-Punkten, die mancherorts zwischen einzelnen Prosumenten ebenfalls als Tauschmittel genutzt werden.

Bleibt die genauere Formulierung: "...die geeignet sind, im Zahlungsverkehr an Stelle der gesetzlich zugelassenen Münzen oder Banknoten verwendet zu werden", die es noch zu entkräften gilt.

Aber auch an Stelle der gesetzlich zugelassenen Münzen und Banknoten kann Freigeld weder im Zahlungsverkehr noch in sonst einer Weise verwendet werden. Nicht nur, dass zu Anfang die Zahlung von Steuergeldern unmöglich sein wird, auch ist aus dem herkömmlichen Bargeldumlauf der Zwischenvermittler Bank nicht mehr wegzudenken. Der Konsument hebt Bargeld ab, bezahlt damit und diese Einnahmen werden vom betroffenen Unternehmen meist sofort wieder zur Bank gebracht und gutgeschrieben. Der heutige Bargeldumlauf hat damit die Gestalt 'Bank -> Konsument -> Produzent -> Bank'. Ständig fällige Guthaben (auch Giroguthaben oder Sichtguthaben genannt) in Freigeld werden zu Anfang gewiss noch nicht die Bedeutung haben, wie es beim heutigen Geld üblich ist, selbst wenn die Mitarbeit einer lokale Bank von Anfang an wünschenswert wäre. Es müssen sich also für Freigeld ganz neue lokale Kreisläufe herausbilden, die es vorher in dieser Form noch nicht oder nicht mehr gab. Diese Kreisläufe werden zumindest zu Anfang nicht auf das 'Zwischenlager' Bank zurückgreifen und daher eher von der Form 'Tauschmittelverein -> Prosument -> Prosument -> ... -> Prosument -> Prosument -> Tauschmittelverein' sein. Hier müsste die Wahrheit schon sehr verbogen werden, damit jemand, ohne rot zu werden, behaupten könnte, Freigeld würde an Stelle von (dysfunktionalem) Geld im Zahlungsverkehr verwendet. Es mag das alte Geld teilweise verdrängen, aber nicht, indem es seine Position einnimmt, sondern indem es sich seine eigene Position bzw. Kreisläufe schafft. Falls der zuständige Richter argentinische Verwandtschaft hat, wird er wissen, wie schmerzhaft die Einsicht sein kann, dass ständig fällige Guthaben nur einen Anspruch auf bares Tauschmittel darstellen, aber kein bares Tauschmittel an sich sind. Ein Kreislauf, der nicht auf ständig fällige Guthaben angewiesen ist, kann in bestimmten politisch-volkswirtschaftlichen Situationen den Unterschied zwischen Hunger und einem anständigen Abendessen bedeuten. Wenn Banken nicht mehr öffnen oder der Zugriff der Bevölkerung auf ihre Konten von den politischen Entscheidungsträgern beschränkt oder gar gesperrt werden, wird der alte Spruch "nur Bares ist Wahres" zur bitteren Realität.


Trotzdem sei es empfohlen, sich zusätzlich abzusichern. Denn Politik und 'Kapital' werden sehr erbost sein, wenn man ihnen ihr Zwingmittel untergräbt und Rechtsprechung ist selten gänzlich unabhängig von Macht, Einfluss und Vermögen. Auch dürfte es für einen 'Big Player', wie die EZB, kein Problem darstellen, ein gegenteilig lautendes Gutachten aus dem Hut zu zaubern.

Eine Möglichkeit dieses Problem zu umgehen ist, die Tauschmittelbenutzung von der Mitgliedschaft in einem Verein - einer Tauschmittelallianz - abhängig zu machen. Dies schafft nicht nur zusätzliches Vertrauen und rechtliche Kontrolle unter den Tauschmittelbenutzern, es führt auch die Behauptung ad absurdum, das Tauschmittel könne anstelle des gesetzlich verordneten dysfunktionalen Geldes verwendet werden. Bei Etablierung eines Vereins müssen alle, die mit dem Tauschmittel arbeiten wollen, Vereinsmitglied werden. Dies kann einfach durch eine Unterschrift auf einem vorgegebenen Formular passieren, auf dem die grundsätzlichen Regeln (zum Beispiel die Verwendung des offiziellen Wechselkurses bei der Auszeichnung der Güter) verzeichnet sind. Mitgliedbeiträge müssen dabei keine erhoben werden, der Vereinsbeitritt wäre reine Formsache.

Eine weitere Möglichkeit wäre ein Freigeld-Projekt im Ausland zu kontaktieren und das Tauschmittel quasi als Devisen (in Fachchinesisch 'Sorten' - Devisen sind für Ökonomen lediglich Buchungsbeträge in Fremdwährung) zu importieren. Denn Wirtschaften mit Sorten ist 100-prozentig gesetzlich legitimiert.

Der größte juristische Stolperstein könnte jedoch das Gesetz über das Kreditwesen (KredWG) sein. Sollte gerichtlich festgestellt werden, dass ein Tauschmittelverein unter den Überbegriff Finanz- oder Kreditinstitut im Sinne des KredWG fällt, so wird die Genehmigung des Bundes und die ausreichende Eigenkapitalversorgung erforderlich. Sollte ein Tauschmittelverein unter den Begriff Finanz- oder Kreditinstitut fallen, empfiehlt es sich, eine Bank mit ins Boot zu holen und die fraglichen Aufgaben unter ihrem Dach zu organisieren.

Bis Januar 2005 könnte ein zusätzliches rechtliches Instrument zur Verfügung stehen. Die neuen GATS-Verträge sollen bis dahin ausgehandelt sein. Wenn, wie beabsichtigt, alle Dienstleistungsmärkte einem Öffnungszwang unterworfen werden, so kann auch das Geld/Tauschmittel, welches als Dienstleistung zwischen den Güter vermittelt, nicht mehr legal monopolisiert werden. Zwar ist das GATS-Abkommen aus volkswirtschaftlicher Sicht generell negativ zu beurteilen, da es sowohl einen empfindlichen Einschnitt in die staatliche Souveränität bedeutet als auch die Zwangsöffnung von Märkten mit hohen Marktzugangskosten vorsieht, der Fall des Zentralbankmonopols würde allerdings einige sehr positive Auswirkungen haben, da in diesem Fall zusätzlich der Staat verpflichtet wäre, komplementäre Währungen bei der Steuerzahlung zu akzeptieren.

Darf der Euro mit einer Nachhaltigkeitsgebühr ausgestattet werden?

Dies ist nur zu empfehlen, wenn der Übergang langsam vonstatten geht. Würde man den Euro von jetzt auf nachher mit einer Nachhaltigkeitsgebühr ausstatten, so käme es zu einer starken Inflation. Die Kassenhaltung wird wegen des lokalen Optimierungsprinzips bei einem umlaufgesicherten Tauschmittel auf das Minimum reduziert, wodurch sich die Umlaufgeschwindigkeit des Tauschmittels erhöht. In Wörgl wurden mit einer Freigeldmenge von etwa 5.000 Schilling innerhalb eines Jahres Güter im Wert von 240.000 bis 2,5 Mio. Schilling umgesetzt. Die Schätzungen liegen hier je nach Quellenlage leider weit auseinander. Daher ergibt sich bei der Umlaufgeschwindigkeit eine Spannweite von 48 bis 500 pro Jahr. Da sich schon alleine die im Rahmen der Notstandsarbeiten geschaffenen Werte auf ca. 100.000 Schilling summieren und es eher unwahrscheinlich ist, dass jeder Zweite oder Dritte nichts besseres mit den Arbeitsbestätigungsscheinen anzufangen wusste, als seine Steuern zu bezahlen, ist 48 mit Sicherheit zu niedrig gegriffen, zumal die Notstandsarbeiten beileibe nicht die einzigen Gemeindeausgaben waren. 500 dagegen - das sind ca. 2 Besitzwechsel pro Arbeitstag - sind dagegen mit Sicherheit zu hoch gegriffen. Zwar muss bedacht werden, dass die Not damals groß war und die Menschen 'von der Hand in den Mund' getauscht haben, jedoch würde selbst einer Umlaufgeschwindigkeit von 48 pro Jahr die heutige Umlaufgeschwindigkeit des Bargeldes von etwa 16 pro Jahr immer noch um das dreifache übertreffen. (Zur Zeit des Experiments lag die Umlaufgeschwindigkeit des Schillings in Österreich wegen der Deflation sogar nur bei etwa 8,6.) Da die Zentralbank wohl kaum fähig ist, in kürzester Zeit ihre Tauschmittelmenge um 66,7 Prozent zu reduzieren, um die gestiegene Umlaufgeschwindigkeit durch eine geringere Geldmenge auszugleichen, droht eine Inflation von bis zu 300 Prozent (!) oder sogar darüber, falls der Zeitrahmen für die Einführung eines umlaufgesicherten Euros zu eng gewählt wird. Dies wäre der sichere Untergang des Euros und würde Europa durch die wirtschaftliche Zerrüttung in ein dunkles Zeitalter katapultieren, falls keine stabilen Zweitwährungen einspringen können.

Der Euro müsste daher nach und nach mit einer Nachhaltigkeitsgebühr ausgestattet werden. Es würden dabei Euros mit und Euros ohne Nachhaltigkeitsgebühr nebeneinander existieren. Ständig fällige Guthaben würden erst ganz zum Schluss mit der Nachhaltigkeitsgebühr belastet.


Die Umsatzerhöhung durch die Einführung einer Nachhaltigkeitsgebühr lässt sich anhand des besonders heißen und trockenen Sommers 2003 anschaulich darstellen. Der Getränkeverbrauch war damals so enorm, dass der deutsche Getränkegroßhandel für 2003 mit zweistelligen Umsatzzuwächsen rechnete. Durch die Einführung des Dosenpfandes war noch ein zusätzlicher Bedarf an Leergut vorhanden, schließlich wurden statt Dosen nun Flaschen gekauft. So konnten die Leerguthersteller den Bedarf nicht mehr decken und verhinderten damit ein noch größeres Umsatzplus des Getränkehandels.[3]

Ähnlich der Notwendigkeit eines Tauschmittels für den Gütertausch, ist das Leergut notwendig für den Transport der Getränke. Anlog zur Tauschmittelknappheit hätte sich auch die Leergutknappheit mit einer 'Umlaufsicherung' zumindest mindern lassen. So hätten die Großhändler und Abfüllbetriebe den Gewinn, den sie durch eine erhöhte Rücklaufquote des Leergutes gemacht hätten, teilweise als Anreiz verwenden können. Falls jemand innerhalb einer bestimmten Frist das Leergut zurückbringt, hätte man ihm einen Bonus auf sein Pfand zahlen können. Dieser Anreiz hätte viele dazu verleitet, in kürzeren Intervallen Getränke zu kaufen. Dadurch wären die Lager der Konsumenten kleiner ausgefallen und mehr Leergut hätte sich in der Zirkulation befunden.

Von der Konstruktion her ähnelt diese 'Umlaufsicherung', wegen der Belohnung bei schneller Rückführung, statt einer Strafe bei einem zu langen Halten des Leerguts, zwar mehr dem Zins, der bei einem hohen Niveau auch den Umlauf sichert (wenn auch nicht verstetigt), lässt aber trotzdem einige Analogien erkennen:

So werden durch die Leergutumlaufsicherung die Lager der Konsumenten klein gehalten, ebenso wie bei der Tauschmittelumlaufsicherung die Kassenhaltung zurückgeht. Die Umlaufgeschwindigkeit nimmt zu, weil sich zu jedem Zeitpunkt mehr Leergut in Zirkulation befindet, genau wie sich zu jedem Zeitpunkt mehr Tauschmittel auf dem Markt befindet. Damit kann die gleiche Menge Leergut mehr Getränke zum Endverbraucher befördern und aus dem gleichen Grund kann die gleiche Menge Tauschmittel mehr Güter umsetzen. Auch ist an diesem Beispiel ersichtlich, dass eine zeitunabhängige Gebühr - beispielsweise eine Erhöhung des Pfandpreises - keine Änderung bringt, da der zeitliche Anreiz fehlt. Das Pfand bekäme der Konsument sowieso irgendwann zurück und wer nicht gerade in akuter Geldnot steckt oder eine hochverzinste Anlage in Aussicht hat, für den lohnt sich der Mehraufwand der sofortigen Leergutrückgabe nicht. Im Gegensatz zu den ganzen anderen, von der Zeit unabhängigen, Steuern und Gebühren bewirkt nur die von der Haltezeit abhängige Nachhaltigkeitsgebühr eine messbare Veränderung beim Umgang des Individuums mit dem Tauschmittel.

Muss bei einer Steuererhöhung die Geldmenge zurückgefahren werden, um eine Inflation zu verhindern?

Dies ist keine triviale Frage. Wenn die Steuern steigen, wird dann der Warenkorb teuerer? Im ersten Moment ist man geneigt, die Frage mit ja zu beantworten und für eine einzelne besteuerte Ware ist dies sicherlich richtig; aber im volkswirtschaftlichen Kontext könnten die Steuern ebenso die Löhne drücken. Können also Steuern den Preisstand bestimmen, wenn Angebot und Nachfrage dies schon tun?


Dazu ein hypothetisches Beispiel: In einer autarken Volkswirtschaft werden nur zwei Güter (Weizen und Handtücher) hergestellt. Die Geldmenge beträgt 20$ und die Umlaufgeschwindigkeit 50 pro Jahr. Die nachfragewirksame Geldmenge beläuft sich somit auf 50 x 20$ = 1.000$ pro Jahr. Die Produktionsmenge liegt bei 1t Weizen pro Jahr und 50 Handtüchern. Der Preis liegt bei Handtüchern bei 10$ das Stück und 0,50$ pro kg Weizen (50 x 10$ + 1000 x 0,50$ = 1.000$). Nun werden auf die Herstellung von beiden Artikeln 50 Prozent Steuern geschlagen, die wiederum allen Prosumenten als Kopfrente ausgezahlt werden. Falls Umlaufgeschwindigkeit, Geldmenge, Produktionsmenge und Nachfrage gleich bleiben, können nicht beide Produktpreise gleichzeitig steigen, denn die nachfragewirksame Geldmenge verändert sich nicht und einige Stücke würden unverkauft bleiben. Wird ein Produkt teuerer und die nachfragewirksame Geldmenge bleibt gleich, muss das andere billiger werden. Solange die Steuer weder eines der Produkte (Weizen bzw. Weizenanbau, Handtücher bzw. Handtuchweberei) noch eine Gruppe von Konsumenten (beispielsweise die Handtuchliebhaber) bevorzugt, findet keine Veränderung von Angebot und Nachfrage statt. Die Steuer bleibt daher ohne Wirkung auf die Preise.

Werden nur auf Handtücher 30 Prozent Mehrwertsteuer erhoben, so würde ein gleichbleibender Preis die Arbeit der Handtuchweberei dem Weizenanbau gegenüber benachteiligen. Einige würden auf den Weizenanbau umsatteln. Die Produktionsmenge an Handtüchern würde fallen und die Produktionsmenge an Weizen steigen. Falls sich die Bedarfsprioritäten der Prosumenten nicht ändern, wird Weizen aufgrund der höheren Menge im Preis fallen und Handtuch aufgrund der niedrigeren Menge im Preis steigen. Allerdings werden sich nicht die vollen 30 Prozent der Steuer im Handtuchpreis wiederfinden, da sich schon vorher ein neues Gleichgewicht bildet. Den gleichen Effekt hätte die Besteuerung der Handtuchweberei. Je nach Warenkorb wird es zu unterschiedlich starken Veränderungen des Preisniveaus kommen.

Noch ein interessantes Szenario ist die Besteuerung beider Waren, welche aber einer dritten Personengruppe zugute kommt, die somit auf ihre tägliche Arbeit verzichten kann. In diesem Fall bleibt die Nachfrage zunächst gleich, aber durch den Rückgang der arbeitenden Bevölkerung verschmälert sich das Angebot. Dadurch steigen diesmal beide Waren im Preis, die Menge geht zurück, nur der Geldumsatz bleibt gleich. Eine Geldmengenverknappung würde die Preise wieder nach unten regulieren. Die Steuer hat in diesem Fall zu einem Absinken der Leistung der Volkswirtschaft geführt.

Zusammenfassend stellen wir fest: Ein Steigen der leistungslosen Einkommen (in unserem Fall durch eine Steuer) kann zu einem Sinken der volkswirtschaftlichen Leistung führen, die Geldmenge muss in solch einem Fall zurückgefahren werden, um das Preisniveau konstant zu halten. Umgekehrt kann aber auch ein Sinken der leistungslosen Einkommen beispielsweise durch eine Kapitalertragssteuer die volkswirtschaftliche Leistung erhöhen, falls mehr Leute dadurch gezwungen sind zu arbeiten. Die Geldmenge muss dann für ein konstantes Preisniveau ausgeweitet werden. Verhält sich die Steuer zu der Menge der leistungslosen Einkommen neutral, so hängt es vom Warenkorb und der Änderung der Warenströme ab, welche die Steuer induziert, wie reagiert werden muss, um das Preisniveau stabil zu halten. Im Falle einer Effizienzsteigerung muss die Geldmenge nur erhöht werden, falls dies nicht mit einem Mehr an Freizeit, sondern mit einem Mehr an Konsum ausgeglichen wird. Eine Feinsteuerung über die Beobachtung des Preisniveaus wird somit immer notwendig sein.


Aus diesen Überlegungen folgt auch, dass es für die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft relativ egal ist, ob die Steuern über Lohnsteuer, Körperschaftssteuernsteuer, Mehrwertsteuer oder Mineralölsteuer eingenommen werden. Lediglich die Umverteilungs- bzw. Subventionierungseffekte verändern sich. Daher würde eine generelle Streichung aller Abschreibungsmöglichkeiten bei entsprechender Senkung einer beliebigen Steuer lediglich das Güterportfolio Deutschlands verschieben und die Volkswirtschaft um einen erheblichen Zeitaufwand entlasten. Der Papierkrieg mit dem Finanzamt kostete laut einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) die deutsche Volkswirtschaft im Jahre 1995 immerhin 15,5 Mrd. Euro. Besonders die Einkommenssteuer fällt dabei ins Gewicht. Die durchschnittliche Einkommensteuererklärung kostete den Steuerzahler im Schnitt 1.036 Euro (Zeitaufwand mit eingerechnet). Ein Wert, der sich mit weniger Steuerausnahmen und Vergünstigungen mit Sicherheit halbieren lassen würde.

Das Buchgeld-Szenario

Bisher wissen wir, wie Bargeld zu handhaben ist. Doch wie verhält es sich mit den Bargeldderivaten, wie Überweisungen, Schecks, Wechseln und anderen Schuldverschreibungen, mit Kreditkarten, EC-Karten und Bankguthaben, die im Gütertausch ebenfalls eine ganz erhebliche Rolle spielen? Müssen auch diese umlaufgesichert werden? Finanzwerkzeuge, die als Tauschmittel benutzt werden, können im Falle einer abnehmenden Nutzung ebenfalls zu einer fehlenden Markträumung führen, sofern sie wirtschaftliches Gewicht haben. Dies trifft nicht auf Finanzwerkzeuge zu, die lediglich eine feste Beziehung zwischen Wirtschaftsteilnehmern beschreiben, insbesondere reine Sparmittel. So werden langfristig angelegte Guthaben bzw. Guthaben/Schulden-Paare in der Regel nicht zum Tauschen verwendet und müssen folglich nicht umlaufgesichert bzw. mit einer Nachhaltigkeitsgebühr belastet werden. Schecks-, Überweisungen, Kredit und EC-Karten greifen alle auf ständig fällige Guthaben der Prosumenten bei einem Kreditinstitut zurück. Da sie wirtschaftliches Gewicht haben und als Tauschmittel dienen, müssen sie mit einer Nachhaltigkeitsgebühr belastet werden.

Bei ständig fälligen Guthaben hat der Gläubiger jederzeit das Recht, sich sein Guthaben bar auszahlen zu lassen, infolgedessen müssen die Kreditinstitute Bargeldreserven halten. Diese Bargeldreserven verursachen, durch die Nachhaltigkeitsgebühr auf Tauschmittelscheine, Kosten. Jedoch liegt die gesetzliche Unterschranke der Bargeldreserven bei wenigen Prozent der Sparsumme. Effektiv werden ständig fällige Guthaben daher nur mit wenigen Promille belastet werden. Um die Kreditinstitute dennoch dazu zu bewegen, ihre ständig fälligen Guthaben mit der Nachhaltigkeitsgebühr zu belasten, empfiehlt es sich, wieder auf die Tauschmittelvereinsidee zurückzugreifen. Jeder, der das Tauschmittel verwenden will, muss dann dem Tauschmittelverein beitreten. Wer beitritt, erklärt sich bereit, beim Verleih des Tauschmittels auf Guthaben mit Tauschmittelfunktion eine Gebühr in Höhe der Nachhaltigkeitsgebühr zu erheben und diese an den Tauschmittelverein abzuführen. Es empfiehlt sich ebenfalls festzulegen, dass die Eigentumsrechte am Bargeld auch während der Verwendung beim Tauschmittelverein verbleiben. Sollten später unvorhergesehene Änderungen notwendig werden, hat der Tauschmittelverein so das rechtliche Werkzeug diese durchzusetzen, ähnlich einem Wohnungseigentümer, der an seiner Wohnung weiter gewisse Rechte behält, während sie vermietet ist. Damit kann im Notfall auch die spekulative Verwendung unterbunden werden, sollte der Gesetzgeber in dieser Frage versagen.

Die Prosumenten werden durch die Belastung der ständig fälligen Guthaben angeregt, alle ständig fälligen Guthaben, die sie nicht in naher Zukunft brauchen, in längerfristige Geldanlagen umzuschichten (was es nötig macht, Kreditnehmer zu finden). Das Volumen an ständig fälligen Guthaben wird sich also verkleinern und die verfügbaren ständig fälligen Guthaben werden öfter gebraucht. Der eine oder andere mag sich nun fragen, ob nicht die Nachhaltigkeitsgebühr ihren Zweck verfehlt, wenn damit die Tauschmittelmenge zurückgeht. Wie kann die Nachhaltigkeitsgebühr für einen gleichmäßigen Güterumsatz sorgen, wenn sie das Tauschmittel zum Verschwinden bringt?


Um diese Frage zu beantworten, stellen wir uns eine Volkswirtschaft vor, in der es nur eine Sorte Tauschmittel gibt, nämlich Guthaben bei einer Zentralbank (ZB). Eine Transaktion wird nun bezahlt, indem das Guthaben des Konsumenten bei der ZB verkleinert wird und das Guthaben des Produzenten bei der ZB um den gleichen Betrag steigt. Es gibt also nur die Zahlungsmöglichkeit der Überweisung und nur eine Bank. Da ein Tauschmittel, welches nur in Form von Buchungen existent ist, auch Buchgeld genannt wird, wollen wir dieses Gedankenexperiment Buchgeld-Szenario nennen. Der Einfachheit halber nehmen wir an, es gäbe keine Überziehungskredite, aber es sei erlaubt, von anderen Prosumenten ZB-Guthaben zu leihen, sofern das entstehende Guthaben/Schulden-Paar keine ständige Fälligkeit besitzt.

Um Tauschmittel zu erzeugen, muss sich daher ein Prosument von der ZB einen Kreditrahmen einräumen lassen. Innerhalb dieses Kreditrahmens kann er dann einkaufen gehen, was seinen Kontostand ins Minus (Soll) und andererseits Guthaben ins System bringt, welche weitergegeben werden können. Da niemand für einen Kreditrahmen Zinsen zahlt, den er nicht nutzt, können wir die Tauschmittelmenge in guter Näherung mit der Summe der vergebenen Kreditrahmen gleich setzen.

Obwohl alles nur Zahlen im Buchungssystem der ZB sind, ist Hortung möglich, falls keine Nachhaltigkeitsgebühr erhoben wird. Diejenigen, die mehr Guthaben besitzen als sie brauchen, werden sie verleihen, solange es Schuldner gibt, die bereit sind ausreichend Zinsen dafür zu zahlen. Doch dadurch nimmt der Guthabenstrom auf die schon vorher gut gefüllten Konten zu. Solange sie verliehen werden, sind immer genügend Guthaben in Zirkulation, gegen welche die ZB-Schuldner ihre Produkte verkaufen können, um ihre Schuld bei der ZB zu begleichen. Setzt jedoch Hortung ein, verschlechtert sich die Relation von Schulden und nachfrageerzeugenden Guthaben. Überschuldung ist daher auch ein Phänomen, das auf Tauschmittelhortung hinweist.

Immer mehr Altschulden müssen in diesem Fall mit neuen Schulden beglichen werden. Das ist nicht weiter schlimm, solange die Zinsen fallen und die zusätzliche Zinslast durch die neuen Schulden nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Allerdings kann die ZB sich nie sicher sein, was mit den gehorteten Guthaben passiert. Bei einer wirtschaftlichen Erholung könnten diese investiert werden und damit die auf dem Markt aktive Tauschmittelmenge blitzartig erhöhen.

Wird eine Nachhaltigkeitsgebühr auf die ständig fälligen Guthaben erhoben, kann dies dagegen nicht passieren. Statt zu horten, schichten die Prosumenten ihre ständig fälligen Guthaben in längerfristige um, das heißt, sie suchen sich Schuldner, die ihre ständig fälligen Guthaben bei der ZB übernehmen und dafür ein längerfristiges Schuldverhältnis zu ihnen eingehen. Wollen die Gläubiger konsumieren, müssen sie entweder warten, bis ihre Guthaben zurückgezahlt werden oder sich selbst ZB-Guthaben leihen. Es besteht nicht mehr die Gefahr einer plötzlichen Inflation.

Es werden im Fall der Nachhaltigkeitsgebühr auch weniger Kredite bei der ZB nachgefragt, da ein Teil der Kreditnachfrage über die nun wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführten ZB-Guthaben gedeckt wird. Alle ZB-Guthaben sind nun nachfragewirksam unterwegs und es ist für die ZB ein Leichtes, die Wirtschaft mit genau der richtigen Menge Tauschmittel auszustatten, indem sie die Summe der Kreditrahmen so wählt, dass ein dem Markt unterworfener Warenkorb ohne Wechselkurseinflüsse stets gleich teuer bleibt. Damit wäre die Eingangsfrage: "Wie kann die Nachhaltigkeitsgebühr für einen gleichmäßigen Güterumsatz sorgen, wenn sie das Tauschmittel zum Verschwinden bringt?" geklärt. Die Nachhaltigkeitsgebühr bringt das Tauschmittel nicht generell zum Verschwinden, sondern nur jenes, welches nicht genutzt wird. Die ZB kann jederzeit über neue Kredite das verschwindende Tauschmittel ersetzen, sollte dies notwendig sein.

Ohne Nachhaltigkeitsgebühr kann selbst in diesem System die ZB die nachfragewirksame Tauschmittelmenge nicht mehr ansatzweise steuern, sobald der Hauptrefinanzierungssatz bei Null angekommen ist, womit die Deflation unausweichlich wird. Eine Vergabe von Kreditrahmen mit Negativzins würde zwar die absolute Tauschmittelmenge weiter aufblähen, jedoch nicht zu einer zusätzlichen Nachfrage führen. Jeder wollte einen Kredit, wenn er dafür durch negative Zinsen noch mehr Tauschmittel bekommt, selbst wenn er mit dem Tauschmittel nichts anfangen kann. Mit Nachhaltigkeitsgebühr würden jedoch selbst bei einem Negativzins weiterhin nur diejenigen ihren Kreditrahmen vergrößern lassen, die das Tauschmittel auch verwenden. Voraussetzung ist: Der Kreditrahmen wird als Nullpunkt für die Nachhaltigkeitsgebühr verwendet. Das bedeutet, falls jemand einen Kreditrahmen bei der ZB von 40.000 Euro hat und sein Konto bei der ZB mit 30.000 Euro im Soll steht, so muss er auf die 10.000 Euro Differenz Nachhaltigkeitsgebühr bezahlen. Stände sein Konto mit 20.000 Euro im Haben müsste er auf die vollen 60.000 Euro Nachhaltigkeitsgebühr zahlen.


Führen wir nun die ständig fälligen Guthaben wieder ein, so können Geschäftsbanken als zweite Partei ebenfalls die Tauschmittelmenge verändern, indem ständig fällige Guthaben vergeben werden. Dies funktioniert wie folgt: Die ständig fälligen Guthaben sind ein Anspruch auf Zentralbankguthaben - das eigentliche Tauschmittel. Da jedoch auch ständig fällige Guthaben zum Gütertausch genutzt werden, kann folgendes passieren: Kunde A von Geschäftsbank Alphabank schließt mit Kunde B von Geschäftsbank Betabank einen Tausch über 500 Euro ab. Gleichzeitig schließt Kunde C der Betabank mit Kunde D der Alphabank einen Tausch über 600 Euro ab. Die Alphabank muss nun der Betabank 500 Euro überweisen, während die Betabank der Alphabank 600 Euro überweisen muss. Diese Zahlungsaufträge werden auf einem Verrechnungskonto zwischen der Alphabank und der Betabank gebucht. Nach der Buchung schuldet die Betabank der Alphabank 100 Euro (600 Euro - 500 Euro) Zentralbankguthaben. Um also Transaktionen im Güterwert von 1100 Euro zu ermöglichen, sind in diesem Beispiel nur 100 Euro Zentralbankguthaben notwendig, jedoch 1100 Euro ständig fällige Guthaben bei den Geschäftsbanken. Das so geschöpfte Tauschmittel wird genauso generiert wie die Zentralbankguthaben: Nämlich durch die Gewährung eines Kreditrahmens.

Aus Sicht der Zentralbank ist diese Geldschöpfung ein Unsicherheitsfaktor, da die Menge, die geschöpft wird, sich ihres Einflusses entzieht. Um einer unkontrollierten Geldschöpfung entgegenzuwirken, müssen beispielsweise alle Geschäftsbanken im Euroland einen bestimmten Teil der Einlagen als verzinste Zwangsguthaben bei der EZB halten. Diese sogenannte Mindestreserve beträgt zur Zeit 2 Prozent. Diese 2 Prozent beziehen sich auf Einlagen bzw. Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren und auf Geldmarktpapiere. Diese Zwangseinlagen werden zum sogenannten Hauptrefinanzierungssatz verzinst.

Die Mindestreserveguthaben wirken dabei am Geldmarkt als Liquiditätspuffer, weil die Kreditinstitute diese Guthaben auch für ihren laufenden Zahlungsverkehr nutzen können und die Mindestreserve nur im Durchschnitt der Reserveerfüllungsperiode (24. eines jeden Monats bis 23. des Folgemonats), nicht aber täglich erfüllen müssen. Dies hat sowohl den Zweck, die Geschäftsbanken stärker an die Zins- und Geldmengensteuerung der EZB zu koppeln als auch für eine Verstetigung der Zinsentwicklung auf dem Geldmarkt zu sorgen. Darüber hinaus dienen die Mindestreserveguthaben zum Saldenabgleich des Überweisungsverkehrs zwischen den Geschäftsbanken.

Sinnvoller ist es, die Mindestreserve lediglich auf die geschöpften Girogelder bzw. ständig fällige Guthaben zu beziehen, welche auch tatsächlich als Tauschmittel in großem Stil benutzt werden. Rein theoretisch ist es egal, ob die Geschäftsbank für 100 Euro geschöpftes Geld 2 Euro Bargeld, 2 Euro Zentralbankguthaben oder 2 Euro ungenutzter Zentralbankkreditrahmen besitzt. In der Praxis werden jedoch nur die Zentralbankguthaben genutzt, um den Kontrollaufwand gering zu halten. Denn wer könnte kontrollieren, dass die Geschäftsbank zuwenig Bargeld hält? Falls sich eine Geschäftsbank ihren Kreditrahmen bei der Zentralbank erhöhen lässt, kann sie das Tauschmittel einfach von der Zentralbank auf ihr Mindestreservekonto buchen lassen.

Die Geldmengensteuerung funktioniert nun wie folgt: Je restriktiver die Zentralbank ihre Kreditrahmenvergabe gestaltet, umso schwieriger wird es für die Geschäftsbanken, die Mindestreserve einzuhalten und umso beschränkter können sie Geld schöpfen. Weil sich keine Geschäftsbank bei der Zentralbank mehr verschulden wird als unbedingt notwendig, wird die Reservehaltung auch nie signifikant über 2 Prozent liegen, zumal die 2 Prozent auch nur im Durchschnitt der Reserveerfüllungsperiode erfüllt werden müssen. Damit ist die Geldschöpfung der Geschäftsbanken an die Kreditvergabe der Zentralbank gekoppelt.

Nun gibt es jedoch ein Problem mit der Nachhaltigkeitsgebühr: Die Nachhaltigkeitsgebühr ist ein Mittel zu mehr Kostentransparenz und sorgt für korrektes Bilanzieren im volkswirtschaftlichen Rahmen. Das geschöpfte Tauschmittel der Geschäftsbanken muss daher genauso wie das Tauschmittel der Zentralbank mit der vollen Nachhaltigkeitsgebühr belastet werden. Werden die Reserveguthaben bei der Komplementärwährungszentralbank jedoch verzinst, sinkt die Nachhaltigkeitsgebühr um diesen Zinssatz. Diese abgemilderte Nachhaltigkeitsgebühr werden die Geschäftsbanken zwar auf ihre Tauschmittelkonten umlegen, jedoch sind beispielsweise 2 Prozent von 8 Prozent nur noch 0,16 Prozent. 16 Cent Gebühr pro Jahr für 100 Euro können weder als Umlaufsicherung gewertet werden, noch ermöglichen sie ein negatives Zinsniveau. Das geschöpfte Tauschmittel muss daher auf direkterem Wege mit der Nachhaltigkeitsgebühr belastet werden, beispielsweise indem die Geschäftsbanken mit ihrem Beitritt in den Tauschmittelverein automatisch dazu verpflichtet werden.

Es sei noch angemerkt, dass die Mehrheit der Volkswirte die Mindestreserve für ein Plazebo halten und vermuten, dass die Begrenzung der Geldschöpfung durch die Notwendigkeit, ständig fällige Guthaben bei Bedarf des Kunden in Bargeld auszuzahlen, sich wesentlich restriktiver verhält. Eine Mindestreserve bei Komplementärwährungen einzuführen kann jedoch nicht schaden, da eine Überprüfung dieses Umstandes für den Tauschmittelverein nicht möglich sein wird, es sei denn, er findet eine Bank, die ihre Bücher für eine Überprüfung offen legt oder sich bereit erklärt, die entsprechenden Zahlen zu veröffentlichen. Solange Giroguthaben kaum eine Rolle spielen, muss sich jedoch niemand, der eine Komplementärwährung herausbringt, darüber den Kopf zerbrechen.

Ein alternativer Mechanismus für die Steuerung des Preisniveaus bei Primärwährungen

Stehen mehrere Währungen im Wettbewerb um das gleiche Angebot, kann die Inflationierung einer Währung theoretisch die anderen ebenfalls zur Inflationierung bringen, indem durch die inflationierende Währung Angebot wegkauft wird. Um auch unter extremen Bedingungen Kaufkraftstabilität zu gewährleisten, selbst wenn die Währung nicht über eine Primärwährung huckepack zur Stabilität geführt werden kann oder soll, empfiehlt sich folgende Methode:

Die Geldausgabe wird durch das Diskontieren von Wechseln51 getätigt. Der Tauschmittelverein diskontiert die Wechsel zu seinem aktuellen Diskontsatz52, jedoch unter Berücksichtigung von Indexstandsabweichungen des Warenkorbes auf dem seine Freigeldwährung aufgebaut ist. Durch die Verrechnung mit dem Warenkorbindex ist die Diskontierung während einer Deflation attraktiv, während sie in einer Inflation für den Wechselgläubiger einen Verlust bedeutet. Da durch das Diskontieren der Wechsel Tauschmittel ins System gelangen, ist genau dies der beabsichtigte Effekt.53 Bei einer Inflation werden weniger Wechsel beim Tauschmittelverein diskontiert, wodurch weniger Tauschmittel ins System gelangen und der Inflation entgegenwirkt wird, während bei einer Deflation mehr Wechsel beim Tauschmittelverein diskontiert werden, wodurch mehr Tauschmittel ins System gelangt und der Deflation entgegengewirkt wird.


Machen wir uns dies an einem Beispiel klar: Ein Landwirt, dem momentan das nötige Kleingeld fehlt, bezahlt am 1. März einen Anteil seiner Rechnung bei einem Traktorenfabrikant, indem er dem Traktorenfabrikanten einen Wechsel ausstellt, welcher auf die Zahlung von 10.000 Chiemgauer spätestens drei Tage nach Vorlage des Wechsels lautet und ab dem 1. September fällig ist. Der Traktorenfabrikant nimmt diesen Wechsel an, da er ihn seinerseits einem Gläubiger überschreiben und damit als Zahlungsmittel verwenden oder ihn bei einer Bank oder eventuell beim Tauschmittelverein diskontieren lassen kann. Der Wechsel wird in der Folge mehrmals als Zahlungsmittel verwendet, indem der jeweils alte Gläubiger ihn einem neuen Gläubiger überschreibt, was im sogenannten Indossament auf der Rückseite des Wechsels vermerkt wird. Am 1. Juni kommt der aktuelle Wechselgläubiger beim Tauschmittelverein vorbei und lässt ihn diskontieren. Daraufhin wird zuerst der aktuelle Diskontsatz auf die Summe von 10.000 Chiemgauern angerechnet. Gibt es laut Warenkorbsindex weder eine Inflation noch eine Deflation, so bekommt er genau die Summe ausgezahlt, welche bei einer dreimonatigen Verzinsung in Höhe des Diskontsatzes den Anspruch von 10.000 Chiemgauern ergeben würde. Bei einem positiven Diskontsatz könnten dies beispielsweise 9.900 Chiemgauer sein. Stünde der Index 10 Prozent über dem Zielwert, so würden davon nur 9.000 Chiemgauer (=9.900 Chiemgauer x 100/110) ausgezahlt werden. Stünde der Index dagegen 10 Prozent unter seinem Zielwert, so würde sich die ausgezahlte Summe auf 11.000 Chiemgauer (=9.900 Chiemgauer x 100/90) belaufen. Bei einer Deflation ist es daher attraktiver Wechsel diskontieren zu lassen als bei einer Inflation.


Um nicht nur passiv über eine geringere Tauschmittelausgabe, sondern aktiv über ein Einziehen des überschüssigen Tauschmittels einer Inflation entgegenwirken zu können, empfiehlt sich zusätzlich das Ausstellen von Güterwechseln. Diese dürfen keine herkömmlichen Wechsel, lautend auf ein Zahlungsversprechen, sein, sondern müssen auf eine Leistung - stabil nach dem Warenindex des verwendeten Warenkorbes - lauten. Diese Wechsel sind damit kein Zahlungsversprechen, sondern ein Lieferversprechen.


So könnte es sein, dass der Traktorenfabrikant aus unserem obigen Beispiel keine Wechsel akzeptiert und der Landwirt gezwungen ist die Zeit bis zur Ernte anders zu überbrücken. Er geht zum Tauschmittelverein, zeichnet dort einen Wechsel und bekommt die 10.000 Chiemgauer ausgezahlt, mit denen er den Traktorenfabrikant bezahlt. (Um die Sache nicht unnötig kompliziert zu machen, nehmen wir bei unseren Betrachtungen einen Diskontsatz von 0 Prozent an, wodurch das Diskontieren unter den Tisch fällt.) Der Wechsel lautet in diesem Fall jedoch nicht auf 10.000 Chiemgauer, sondern beispielsweise auf ein Äquivalent von 20t Weizen bezogen auf die Preisdifferenz zwischen 1. März und 1. August und den Indexstand des Warenkorbes des Tauschmittelvereins zum 1.August. Wie wollen wir das "Äquivalent" verstehen? Und wieviel Tonnen muss der Landwirt dem Wechselgläubiger danach liefern?

Das Äquivalent gibt an, wieviel Weizen jemand kaufen könnte, wenn er die 10.000 Chiemgauer zum 1. März auf ein Konto legt auf dem sie kaufkraftstabil gehalten werden und damit am 1. August einkauft. Es berechnet sich durch die Menge der Ausgangsgüter multipliziert mit dem prozentualen Indexstand des Warenkorbes (bezogen auf das Kaufkraftstabilitätsziel), dividiert durch den prozentualen Preisstand des Ausgangsgutes (bezogen auf den Preis zum Ausstellungsdatum des Wechsels). Es können neun Fälle unterschieden werden:

  1. Bleiben Index und Weizenpreis stabil, so muss der Landwirt 20t (=20t x 100/100) liefern. (Der Tauschmittelverein kann irgendwann zwischen 1.März und 1. August diese Forderung verkaufen. Der Landwirt genießt bis zum 1. August im Endeffekt einen zinslosen Kredit.)
  2. Bleibt der Index stabil, aber der Weizenpreis steigt um 10 Prozent, so muss der Landwirt 18,18t (=20t x 100/110) als Äquivalent zur Forderung liefern. (Der Tauschmittelverein kann irgendwann zwischen 1.März und 1. August diese Forderung verkaufen. Die Wechselforderung ist konstant 10.000 Chiemgauer wert. Der Gewinn durch den steigenden Weizenpreis kommt dem Landwirt in vollem Maße zugute.)
  3. Bleibt der Index stabil, aber der Weizenpreis fällt um 10 Prozent, so muss der Landwirt 22,22t (=20t x 100/90) liefern. (Der Tauschmittelverein kann irgendwann zwischen 1.März und 1. August diese Forderung verkaufen. Die Wechselforderung ist konstant 10.000 Chiemgauer wert. Der Landwirt trägt den Verlust durch den fallenden Weizenpreis selbst.)
  4. Steigt der Index um 10 Prozent und der Weizenpreis bleibt stabil, so muss der Landwirt 22t (=20t x 110/100) liefern. (Der Wert der Wechselforderung steigt auf 11.000 Chiemgauer. Der Tauschmittelverein sollte die Forderung so schnell wie möglich verkaufen, um Tauschmittel aus dem System zu ziehen. Der Landwirt muss durch die Inflation einen Verlust verkraften.)
  5. Steigt der Index um 10 Prozent und der Weizenpreis steigt um 10 Prozent, so muss der Landwirt 20t (=20t x 110/110) liefern. (Der Wert der Wechselforderung steigt auf 11.000 Chiemgauer. Der Tauschmittelverein sollte die Forderung so schnell wie möglich verkaufen, um Tauschmittel aus dem System zu ziehen. Der Inflationsverlust des Landwirts wird durch die Preissteigerung des Weizens ausgeglichen.)
  6. Steigt der Index um 10 Prozent und der Weizenpreis fällt 10 Prozent, so muss der Landwirt 24,44t (=20t x 110/90) liefern. (Der Wert der Wechselforderung steigt auf 11.000 Chiemgauer. Der Tauschmittelverein sollte die Forderung so schnell wie möglich verkaufen, um Tauschmittel aus dem System zu ziehen. Der Landwirt muss sowohl den Verlust durch die Inflation als auch den Verlust durch den Preisverfall des Weizens verkraften.)
  7. Fällt der Index um 10 Prozent und der Weizenpreis bleibt stabil, so muss der Landwirt 18t (=20t x 90/100) liefern. (Der Wert der Wechselforderung fällt auf 9.000 Chiemgauer. Der Tauschmittelverein sollte die Forderung erst verkaufen, wenn durch andere Maßnahmen das Preisniveau wieder nach oben gedrückt wurde. Der Landwirt profitiert vom fallenden Preisniveau.)
  8. Fällt der Index um 10 Prozent und der Weizenpreis steigt um 10 Prozent, so muss der Landwirt 16,36t (=20t x 90/110) liefern. (Der Wert der Wechselforderung fällt auf 9.000 Chiemgauer. Der Tauschmittelverein sollte die Forderung erst verkaufen, wenn durch andere Maßnahmen das Preisniveau wieder nach oben gedrückt wurde. Der Landwirt profitiert vom fallenden Preisniveau und von dem steigenden Weizenpreis.)
  9. Fällt der Index um 10 Prozent und der Weizenpreis fällt um 10 Prozent, so muss der Landwirt 24,44t (=20t x 90/90) liefern. (Der Wert der Wechselforderung fällt auf 9.000 Chiemgauer. Der Tauschmittelverein sollte die Forderung erst verkaufen, wenn durch andere Maßnahmen das Preisniveau wieder nach oben gedrückt wurde. Der Verlust des Landwirtes durch den fallenden Weizenpreis, wird durch das fallende Preisniveau ausgeglichen.)

Der Landwirt wird keine Probleme haben, einen solchen Wechsel zu zeichnen, da er auch bei einem herkömmlichen Kredit den Gewinn aus einem steigenden Weizenpreis, sowie den Verlust aus seinem Fallen tragen würde. Die Gefahren der Inflation sind für den Landwirt im Grunde nicht vorhanden, da der Tauschmittelverein seine Wechselforderungen nur zum Einkaufspreis anbieten muss, damit im Falle einer Inflation die in Kürze fälligen Wechsel weggehen wie heiße Semmeln. Dadurch wird jedoch Tauschmittel aus dem System gezogen und der Inflation entgegengewirkt, so dass sich in einer funktionierenden Marktwirtschaft die Abweichung vom angestrebten Preisniveau nach oben im Promillebereich bewegen wird. Droht Deflation, werden keine Wechselforderungen mehr gekauft bzw. können nur noch billiger verkauft werden, wodurch der Rückfluss von Tauschmitteln aus dem System gedrosselt wird. Zusammen mit dem oben beschriebenen Diskontieren von Wechseln, das in einer kleinen Deflation vermehrt unternommen wird und in einer kleinen Inflation vermehrt unterbleibt, sorgt in diesem System das Arbitrage Prinzip automatisch für die Kaufkraftstabilität! Tauschmittelwert und Tauschmittelindex können somit ohne Probleme stets im dynamischen Gleichgewicht stabil gehalten werden.

Konkurrierende Freigelder im Vergleich zu einer Zentralbankwährung mit planwirtschaftlicher Inflationspolitik im Sinne J. M. Keynes

John M. Keynes wollte die Hortung mittels Inflation verhindern. Er kannte zwar die Nachhaltigkeitsgebühr aus den Schriften Gesells, hielt diese jedoch nicht für umsetzbar, weil er eine Flucht in Sachwerte befürchtete. Er erkannte offenbar nicht, dass, falls jemand in Sachwerte flüchten möchte, dieser zuerst einen anderen finden muss, der bereit ist sich von seinem Sachwert zu trennen. Daher ist dies völlig vernachlässigbar, zumal es keine Gefahr für eine Volkswirtschaft darstellt, weil der Anbieter des Sachwertes danach die Liquidität hält. Zwar erhöht auch die Inflation die Kosten der Tauschmittelhaltung, es gibt jedoch schwerwiegende Unterschiede zwischen beiden Umlaufsicherungen, sowohl in ihrer Wirkung, wie vor allem in ihren Folgen. Einige unmittelbar einsichtige sind:

  1. Die Nachhaltigkeitsgebühr bezieht sich nur auf das Tauschmittel. Eine Inflation wirkt sich als Substanzverlust auch auf die vielmals größeren Geldvermögen aus.
  2. Die Nachhaltigkeitsgebühr treibt überschüssige Tauschmittel in die Banken und vergrößert das Kreditangebot. Inflation treibt überschüssige Tauschmittel in den Konsum oder zu Fehlinvestitionen und heizt das Wirtschaftswachstum unnötig und unter Umständen an den falschen Stellen an.
  3. Die Nachhaltigkeitsgebühr ermöglicht eine Stabilisierung des Preisniveaus. Inflation bewirkt ständige Preisveränderungen und Irritationen im Gefüge aller Preisbeziehungen und -verrechnungen.
  4. Die Nachhaltigkeitsgebühr ermöglicht nicht nur Kaufkraftstabilität, sondern drückt nach und nach die Zinsen gegen Null. Inflation treibt die Zinsen hoch und verstärkt damit deren negative Folgen. Auch Betrachtungen der Wirtschaftlichkeit über die Zeit mittels des "discounted Cashflow" werden durch die zu hohen Zinsen im volkswirtschaftlichen Kontext falsch wiedergegeben. Zuwenig nachhaltige Investitionen sind die Folge.
  5. Selbst bei einer angenommenen geringen Umlaufgeschwindigkeit von 20 mal pro Jahr und einer Nachhaltigkeitsgebühr von 5 Prozent pro Jahr werden die mit Freigeld umgesetzten Produkte gerade mal mit 0,2 Prozent des Preises belastet. Dies ist nur 1 Cent pro 5 Euro Umsatz. Geht man von einer Wertschöpfung von 2.000 Mrd. Euro pro Jahr in Deutschland aus und multipliziert dies mit einem Faktor 5, um auch den Handel, der zwischen den Unternehmen vor dem Endverkauf stattfindet, zu berücksichtigen, würden 500 Mrd. Euro an Bargeld umlaufen, falls es keine vom Bargeld abgeleiteten Tauschmittel wie Giralgeld gäbe. Bei einer Nachhaltigkeitsgebühr von 5 Prozent sind 25 Mrd. Euro daher eine Obergrenze für die Kosten der Umlaufgebühr, 10 Mrd. Euro oder weniger sind jedoch wesentlich wahrscheinlicher, da die angenommene Umlaufgeschwindigkeit von 20 sehr konservativ angesetzt ist. Das sind volkswirtschaftlich gesehen Peanuts - gerade mal 125 Euro pro Kopf und Jahr. Zum Vergleich: Die Belastung durch Zins und andere leistungslose Einkommen betrug im Jahre 2002 ca. 5.500 Euro pro Bundesbürger.54 Eine Inflation von 5 Prozent hingegen würde zu einer Preisverzerrung von 1.250 Euro pro Kopf und Jahr allein im Endkonsum führen.
  6. Die Nachhaltigkeitsgebühr tragen vor allem die großen Geldbenutzer und haben positive Effekte, die der Allgemeinheit zukommen. Die vielmals höheren Inflations- und Zinskosten müssen von der Allgemeinheit getragen werden und kommen privaten Minderheiten zugute.
  7. Die Nachhaltigkeitsgebühr kann mit einer festen Größe eingeplant und erhoben werden. Inflation lässt sich, wie die Erfahrung lehrt, nicht in einer festen Größe erreichen, es sei denn durch die Implementierung einer Umlaufsicherung. Dann aber braucht es die Inflation nicht mehr.

Sicher können die negativen Folgen der Inflation durch eine ständige indexierte Anhebung aller Preise, Löhne, Steuern, Geldguthaben und Verbindlichkeiten abgemildert werden. Das alles erfordert aber nicht nur einen ungeheuren Arbeitsaufwand, sondern diese Maßnahmen sind in der Praxis kaum zu koordinieren und kontrollieren und darüber hinaus sittenwidrig. Der Preisfindungsprozess wird auf alle Fälle empfindlich gestört und damit das Funktionieren der Marktwirtschaft beeinträchtigt. Die Erhebung einer Nachhaltigkeitsgebühr auf das Tauschmittel betrifft dagegen nur eine relativ geringe Bestandsgröße. Diese Größe ist leicht zu kontrollieren, und die praktische Handhabung des Einzugs ist wesentlich einfacher als beispielsweise die der Zinsabschlagssteuer.

Die gleichmäßige Umsetzung von mindestens 5 Prozent ständiger Inflation pro Jahr ist ebenfalls kein Kinderspiel. Es reicht keinesfalls aus, die Tauschmittelmenge auszudehnen, sondern sie muss auch auf den Realgütermärkten tätig werden. Gibt es an den spekulativen Märkten keine Umsatzsteuer, so fließen die Gelder automatisch an die spekulativen Märkte, statt an die Realgütermärkte, da die Ausweitung der Tauschmittelmenge zur Inflation der Spekulationsgüterpreise (z.B. Aktienpreise) führt und durch die generierte Scheinverzinsung weiteres Tauschmittel anlockt. Diese ungewollte Bereicherung des Besitzstandes verwässert die inflationäre Wirkung auf den Realgütermärkten, wodurch die Zentralbank die Tauschmittelmenge noch stärker ausdehnen muss und damit quasi dem Besitzstand auf Kosten der Arbeiterschaft noch mehr Leistungsansprüche schenkt.

Selbst wenn wider Erwarten Spekulationsgeschäfte und damit die dynamische Hortung ausgeschaltet werden, muss garantiert werden, dass die ausgedehnte Tauschmittelmenge auf den Realgütermärkten tätig wird und eine Inflation generiert. Hierzu müsste die Zentralbank eng mit der Regierung zusammenarbeiten. Immer wenn die Zentralbank das Gefühl hat, dass das Tauschmittel nicht in vollem Maße auf dem Realgütermarkt ankommt, muss die Regierung dem hortungsverdächtigen Klientel, insbesondere dem Besitzstand, in die Taschen greifen und damit zusätzliche Ausgaben finanzieren, um auf dem Realgütermarkt für zusätzliche Nachfrage zu sorgen.

Da Keynes der Einfluss des Besitzstandes auf die Politik bewusst war, schlug er dies gar nicht erst vor, sondern meinte, die Regierung sollte in Zeiten der Inflation sparen, um in Zeiten einer rückgängigen Inflationsrate den Konsum und damit die Inflation wieder anheizen zu können. Dass selbst hierzu die Politik auf Grund von 'Sachzwängen' nicht in der Lage ist, hat die Vergangenheit mehr als gezeigt. Um diese 'Sachzwänge' zu umgehen, müsste die parlamentarische Demokratie, die aufgrund der exponentiell wachsenden Geldvermögen und ihrer inneren Struktur längst mehr eine Plutokratie denn eine Demokratie darstellt, wieder in eine 'richtige' Demokratie transformiert werden. Dies ist wesentlich aufwändiger als ein Tauschmittel auszugeben, das mit einer Nachhaltigkeitsgebühr ausgestattet ist!


Neben der einfachen Kaufkraftsteuerung bei Freigeld haben konkurrierende Freigelder vor allem den Vorteil, dass sie im Gegensatz zum Zentralbankgeld gut gemanagt werden müssen, um auf dem Markt zu bestehen. Gibt es nur eine Währung, so gibt es keine Wahlmöglichkeiten für den Prosumenten. Er ist auf ein Tauschmittel angewiesen. Daher kann das Tauschmittel als Macht und Zwingmittel missbraucht werden. Gegen Missbrauch ist der Prosument machtlos, besonders wenn ein staatlich geschütztes Monopol existiert. Herrscht Wettbewerb, kann sich kein Tauschmittelverein erlauben sein Tauschmittel nicht kaufkraftstabil zu halten. Nur unter dem Einfluss einer Vielzahl von Währungen kann das beste Verfahren und die optimale Nachhaltigkeitsgebühr gefunden werden. Außerdem werden unter Wettbewerbsbedingungen Entwicklungspotentiale schneller entdeckt und umgesetzt. Wird die Währung falsch konstruiert oder gesteuert, lahmt nicht gleich die ganze Wirtschaft, sondern nur die betroffene Währung verliert an Akzeptanz und Ausdehnung und verschwindet schließlich ganz.


Es wird hin und wieder behauptet, mehrere Währungen auf dem gleichen Gebiet würden nicht funktionieren, da es für Geschäfte wie Verbraucher viel zu viel Aufwand wäre. Dies ist nicht wahr. Denn erstens ist es weder ein Problem, mehrere verschiedene Scheine in einer Kasse unterzubringen, noch gibt es Probleme mit dem Wechselgeld, das nach einer geeigneten Umrechnung unkompliziert in Euro und Cent ausgezahlt werden kann. Zweitens ist die Bargeldzahlung gut drei bis viermal schneller als beispielsweise die Prüfung einer EC-Karte. Die Umrechnung und die Prüfung des Bargeldes auf Gültigkeit stellen somit im Vergleich zur EC-Karte keinen zusätzlichen Zeitaufwand dar. Menschen, welche die Handhabung mehrerer Währungen nicht gewöhnt sind, werden es 'vom Hinsehen' lernen können. Schließlich wurden bei der Euroumstellung in so manchem Länderdreieck Europas vier Währungen gleichzeitig akzeptiert. Auch gab es in Deutschland schon einmal mehrere Währungen parallel, nämlich Gold- und Silberwährung. Was damals vom Aufwand her vertretbar war, wird heute ebenso funktionieren. Noch extremer war es zu Zeiten des Ruhrkampfes. Damals konnte die Reichsmark aufgrund der Hyperinflation, welche durch die auf Hochtouren laufenden Druckmaschinen verursacht wurde, immer weniger ihrer Funktion als Tauschmittel gerecht werden. Darauf hin wurden von mehr als 5.800 Städten, Gemeinden und Firmen eigene Notgeldscheine herausgegeben. Die Bevölkerung nahm alles als Zahlungsmittel an, was wie Geld aussah oder irgendwie 'wertbeständig' wirkte. Immer mehr Verwaltungs- und Wirtschaftsbereiche gaben wertbeständiges Notgeld als Waren- und Sachwertgutscheine aus. Diese Scheine lauteten auf Roggen, Weizen, Holz, Teer, Kohlen, Zucker, Speck, Strom und Gas. Es folgten Goldwertemissionen auf Mark-, Dollar- und Franc-Basis. Schließlich kursierten mehr als 2.800 verschiedene wertbeständige Geldscheinsorten in Deutschland.[7]

In großer Not, oder wenn er eine ausreichende Verbesserung seiner Lage darin sieht, hat der Prosument also keine Probleme mehrere Geldsorten gleichzeitig zu handhaben. Man wäre ein Narr, würde man aus Bequemlichkeit auf die Vorteile multipler Währungen verzichten.

Gibt es neben Freigeld noch andere interessante Arten alternativer Währungen?

Es gibt mindestens noch drei in Konstruktion und Funktion andersartige Währungen:

  1. Das Valuta Konzept von Gesell, welches eine Währung beschreibt, die mehrere andere Währungen miteinander koppelt.[8]
  2. Das Terra Konzept von Bernard Lietaer: Eine kaufkraftstabile Währung für den Welthandel, die ihre Stabilität aus einer Warendeckung erhält. Tauschmittel wird dabei nur ausgegeben, wenn es (entsprechend des verwendeten Terra-Warenkorbes) durch Lagenware - also Angebot - gedeckt ist.[9] So ist Tauschmittelangebot und Güterangebot aneinander gekoppelt und die Währung bleibt automatisch kaufkraftstabil. Dies ist ein Beispiel wie das destruktive Prinzip der Golddeckung konstruktiv eingesetzt werden kann, indem nicht der Goldpreis die Währungsentwicklung steuert, sondern auf einen Warenkorb aus Konsum- und Investitionsgüter gesetzt wird.
  3. Zeitgeld (engl. time-money): Hier wird Zeitaufwand gegen Güter getauscht. Dies kann auf verschiedene Arten geschehen. Ein primitives Konzept davon ist beispielsweise die Verpflichtung von Kindern ihren Eltern gegenüber, als Austausch für die Annehmlichkeiten des 'Hotels Mama', im Haushalt zu helfen. Weiter ausdifferenziert sind die 'Wattos', eine lokale Währung in Japan. Sie besteht aus Zeitwechseln, das heißt jemand leistet für einen anderen Arbeit und bekommt die Zeit dafür beglaubigt. Mit diesem Zeitguthaben kann er nun andere bezahlen. Sobald der Wechsel zum Erstaussteller zurückkehrt ist er getilgt. Jeder in der Kette hat für die anderen die gleiche Zeit aufgebracht. Das wahrscheinlich am weitesten entwickelte Konzept in dieser Richtung sind die 'Nayahan Banjar' auf Bali. Es wird bereits im Jahr 914 in schriftlichen Dokumenten erwähnt. Über diese Währung wird nur in Streitfällen Buch geführt, ansonsten existiert sie nur in der sozialen Übereinkunft. Dabei gilt ein 'Nayahan Banjar' etwa soviel wie drei Zeitstunden gemeinnütziger Arbeit. Gegen den exzessiven Tourismus hat sie sich als starker soziokultureller Kitt erwiesen.[10] Zeitgeld rückt eher den sozialen Kontext und das demokratisch gesellschaftliche Leben in den Vordergrund, da vor ihm jedes Individuum der Gemeinschaft gleich wertvoll ist, während im Gegensatz dazu das Gütergeld eher Effizienz, Leistung und Knappheit statt sozialer Bindungen betont.

Zusammenfassung: Tauschmittelausgabe und Preisniveausteuerung

Freigeld eignet sich durch seine Umlaufsicherung besonders als komplementäres Tauschmittel und erleichtert die Preisniveausteuerung, falls es als Primärwährung dient. Bei der Verwendung als Sekundärwährung ist ein offizieller Wechselkurs eine unumgängliche Notwendigkeit zur Sicherung der Kaufkraftstabilität. Die Tauschmittelausgabe für ein komplementäres Tauschmittel erfolgt von privater Seite. Komplementäre Tauschmittel unterstehen daher dem Wettbewerb und dem marktwirtschaftlichen Optimierungsprozess. Zur rechtlichen Absicherung sollte die Tauschmittelverwendung an die Mitgliedschaft in einem Tauschmittelverein gebunden sein und das Tauschmittel bei der Zirkulation im Eigentum des Tauschmittelsvereins verbleiben - im Besitz des Tauschmittelvereins verbleibt es natürlich nicht, die Besitzrechte liegen beim augenblicklichen Tauschmittelhalter, der auch für die Nachhaltigkeitsgebühr aufzukommen hat. Sowohl Bargeldscheine, wie auch Guthaben mit Tauschmittelfunktion (insbesondere ständig fällige Guthaben) müssen von der Nachhaltigkeitsgebühr erfasst werden. Fest angelegte Guthaben unterliegen dieser Gebühr nicht. Als am besten geeignete Methode für die Tauschmittelausgabe empfiehlt sich im großen Maßstab das Emittieren über Kredite und Wechsel, während im Kleinen der durch Anreizsysteme versüßte Tausch gegen Euro sicher einen Königsweg darstellt.


46 In der herkömmlichen Volkswirtschaftslehre wird die Umlaufgeschwindigkeit als Umsatz abzüglich Vorleistungen pro Geldmengenvolumen und Zeit definiert. Da dies kontraintuitiv ist, habe ich mich entschlossen diesen Begriff für dieses Buch umzudefinieren, in dem Bewusstsein, dass dies unter Umständen bei VWL-Kennern zu Verwirrung führen kann.

47 Eine Wirtschaft, die lediglich mit herkömmlichem Tauschmittel betrieben wird, kann mit einem antriebslosen Schiff vergleichen werden, welches im Meer herumdümpelt und nur als Spielball von Strömungen und Wind in irgendeiner Bewegung gehalten wird. Das Steuer (in Richtung wirtschaftliche Entwicklung und stabile Preise) funktioniert wie bei einem Schiff ohne Eigenantrieb nur dann einigermaßen, wenn die Strömung es bewegt oder durch andere Kräfte, wie dem Wind, eine Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Ruder und dem umgebenen Wasser erzeugt wird. Lässt die Strömung nach (sinkt das Zinsniveau), versagt das Ruder (die Geldmengensteuerung). Da liegt dann das Schiff in einer Flaute, bis außerhalb des Geldwesen gelegene Kräfte, wie ein Sturm (Krieg), es wieder in Bewegung setzen. Die Astrologen (Ökonomen) und der Kapitän (Zentralbank) auf dem Schiff studieren bis ins letzte Detail alle Kräfte, welche wirksam sein könnten, wie die Anziehungskraft des Mondes auf die Meeresströmungen (in der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Aktienanalyse vergleichbar) und was Wind und Sturm hervorbringt. Vielleicht auch noch, wie man die Leute auf dem Schiff die langen Flauten mit Geduld ertragen lehrt und verhütet, dass sie bei Sturm in Panik geraten. Jedoch kommt niemand von ihnen auf die Idee, dem Schiff selbst einen Antrieb (Umlaufsicherung) zu geben, mit dem das Steuer funktioniert und ein genauer Kurs zum gewünschten Ziel gesteuert werden kann.

48 Wird die Sekundärwährung über Kredite herausgegeben, die ausschließlich in der Sekundärwährung zurückgezahlt werden können, so gibt es zwar eine Nachfrage auch von Prosumenten, die nichts kaufen wol-len, jedoch müssten zur Stabilisierung des Wechselkurses ständig solche Kredi-te fällig werden, was in den ersten Jahren nicht in ausreichender Menge der Fall sein wird. Eine solche Beschränkung des Tilgungsmittels ist zudem rechtlich nicht möglich, da dem Euro als gesetzliches Zahlungsmittel garantiert ist, dass mit ihm jede monetäre Schuld getilgt werden darf.

49 Statt das Pro-Kopf-Einkommen zu verwenden, ist es noch geschickter den wikilink Median des Einkommens zu verwenden. Der Median ist das Einkommen, welches genau in der Mitte liegt. Bei dem also genauso viele niedrigere wie höhere Einkommen existieren. Dadurch fallen extreme Einkommen, die meist nicht durch eigene Arbeit, sondern durch Geldanlagen und Besitz im weitesten Sinne zustande kommen, weniger ins Gewicht. Dies ist wichtig, da Geldanlagen viel häufiger als Arbeit außerhalb der untersuchten Region getätigt werden.

50 Interessant ist, dass sich dieser Satz auch über das Zentralbankmonopol hinaus eindeutig gegen eine Marktwirtschaft ausspricht und eine Umverteilung von Arm nach Reich fordert, selbst wenn dies den Autoren des Gesetzes vielleicht nicht bewusst war. Gegen die Marktwirtschaft spricht er, da in einer Marktwirtschaft auch ein Zinsniveau von Null möglich sein muss, sofern Marktversagen verhindert werden soll. Unverzinsliche Inhaberschuldverschreibungen, also gerade diese Nullmarke, werden jedoch verboten. Wird zusätzlich beachtet, dass exponentielles Wirtschaftswachstum langfristig unmöglich ist und ein Negativzins mit unserem dysfunktionalen Geld ebenfalls unmöglich ist, so folgt hieraus langfristig ein Zinsniveau über dem prozentualen Wirtschaftswachstum, welches ja gegen null streben muss. Dies bedeutet aber einen steigenden Anspruch der Gläubiger am BSP. Hat jemand immer mehr Anspruch auf einen Teil eines Kuchens, so muss ein anderer immer weniger haben. Da nur Gläubiger sein kann der etwas besitzt, ist dies praktisch eine Umverteilung von den Nichtgläubigern zum Besitzstand oder griffiger formuliert, eine Umverteilung von Arm nach Reich.

51 Ein Wechsel ist ein Stück Papier auf dem laut Wechselgesetz folgendes vermerkt sein muss: Die Bezeichnung 'Wechsel' im Text der Urkunde, die unbedingte Zahlungsanweisung, der Name des Bezogenen (bzw. des Wechselschuldners), die Verfallzeit, die Angabe des Zahlungsortes, der Name des Wechselnehmers, Ort und Tag der Ausstellung und die Unterschrift des Ausstellers.
Diskontiert wird dieses beurkundete Zahlungsversprechen, indem es vor seiner Fälligkeit einer Bank übergeben wird, die es gegen einen Zinsabschlag (den Diskont) entgegennimmt und die im Wechsel vermerkte Summe auszahlt, die sie sich bei Fälligkeit vom Wechselschuldner zurückholt. In unserem Fall würde nicht die Bank, sondern der Tauschmittelverein die nötige Tauschmittelmenge zur Verfügung stellen.

52 Für den Euro heißt der Diskontsatz mittlerweile Basiszinssatz. Es empfiehlt sich für einen Tauschmittelverein jedoch, die alte Sprachvariante zu verwenden, weil diese durch den Gleichklang der verwandten Begriffe intuitiver und damit leichter verständlich ist.

53 Ein Wechsel ist auch ein Tauschmittel, da er vom Wechselgläubiger auf einen neuen Gläubiger überschrieben werden kann. Wechsel laufen jedoch langsamer um als Bargeld, da sie einen höheren Aufwand bedeuten und damit die Transaktionskosten höher sind. Durch das Diskontieren von Wechseln wird also die nachfragewirksame Tauschmittelmenge erhöht, jedoch nicht unbedingt die absolute Tauschmittelmenge.

54 Laut dem Statistischen Bundesamt betrug 2002 das Volkseinkommen 1.572 Mrd. Euro und die Unternehmens- und Vermögenseinkommen 441 Mrd. Euro.[4] Damit lässt sich der Anteil der leistungslosen Einkommen am Volkseinkommen auf 28,1 Prozent (2001: 27,3 Prozent; 2000: 27,1 Prozent) oder pro Kopf auf 5.500 Euro schätzen. Allerdings sind nicht alle Unternehmenseinkommen leistungslos und nicht alle leistungslosen Einkommen tauchen notwendigerweise in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung auf oder sind in irgendeiner Bilanz verbucht. So werden die überhöhten Managergehälter, die aufgrund des Marktversagens leistungslose Einkommen enthalten, gänzlich dem Arbeitnehmerentgelt zugeschlagen. Einen anderen Weg zur Berechnung des Anteils der leistungslosen Einkommen nutzt die Kapitalintensität der Produktion. Im Jahre 2001 lag diese pro Erwerbstätiger bei 266.000 Euro.[5] Das bedeutet, jeder Arbeitsplatz in der BRD war im Jahr 2001 an über eine viertel Mio. Euro an Produktionskapital gebunden. Wird eine durchschnittliche Verzinsung dieses Kapitals von 5 Prozent zugrundegelegt ergibt sich eine Zinsbelastung von 13.300 Euro pro Jahr und Arbeitsplatz. Der durchschnittliche Arbeitnehmerbruttolohn betrug im gleichen Jahr 26.040 Euro.[6] Geht man davon aus, dass der durchschnittliche Unternehmerlohn nicht wesentlich darüber liegt, resultiert daraus ein Anteil der Kapitalkosten an den Gesamtkosten pro Arbeitsplatz von etwa 34 Prozent. Damit wäre der durchschnittliche Preis mit 34 Prozent Zinsen belastet. (Umverteilungseffekte durch private Kredite sind hier nicht berücksichtigt. Die gesamtwirtschaftliche Umverteilung der monetären Ansprüche durch den Zins, die von der arbeitenden Bevölkerung in Richtung Besitzstand erfolgt, liegt daher noch darüber.)


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