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Auszug aus:
Margrit Kennedy: Geld ohne Zinsen und Inflation
Ein Tauschmittel, das jedem dient
Wilhelm Goldmann Verlag, München 1994
ISBN 3-442-12341-0
DM 14,90

(Stand: 3.4.1996)


EINLEITUNG

Seit ich dieses Buch 1988 geschrieben und veröffentlicht habe, hat sich die Welt dramatisch verändert. Die sozialistischen Länder sind daran gescheitert, daß sich in ihren Preisen nicht die wirtschaftliche Wahrheit ausdrucken konnte. Sie wenden sich nun dem kapitalistischen System und dem Konzept der freien Marktwirtschaft zu. Was diesem wirtschaftlich effizienteren System bisher jedoch fehlte, ist, daß die Preise die ökologische und soziale Wahrheit ausdrücken. Dieser Mangel ist nicht durch das Auswechseln einiger fahrender Politiker zu beheben, sondern verlangt ein Bewußtwerden und Umkehren im Denken und Handeln von vielen.

Drei grundsätzliche Veränderungen, die dazu beitragen können, diesen Prozess zu beschleunigen, werden in diesem Buch behandelt: Veränderungen im Geldwesen, Boden- und Steuerrecht. Dabei nimmt das Geld eine zentrale Rolle ein, weil sich hier vielleicht am deutlichsten zeigen läßt, warum wir im jetzigen System wirtschaftlich wachsen müssen und dabei gleichzeitig ökologisch und sozial unterentwickelt bleiben.

Geld ist das Maß, in dem die meisten Konzepte der Wirtschaft formuliert werden. Wirtschaftswissenschaftler benutzen es so, wie Kaufleute das Kilogramm und Architekten das Meter. Doch selten stellen sie dessen Funktionsweise in Frage, oder untersuchen, warum es im Gegensatz zum Meter oder Kilogramm, nicht eine konstante Maßeinheit ist, sondern sich - mittlerweile fast täglich - im Wert ändert.

Dieses Buch handelt von der Funktionsweise des Geldes. Es legt die Gründe für die anhaltende Fluktuation eines unserer wichtigsten Maßstäbe dar und erklärt, warum das Geld die Welt nicht nur "in Schwung hält" (money makes the world go round) sondern dabei auch immer wieder zerstörerische Krisen verursacht. Es zeigt, wie die gewaltigen Schulden der dritten Welt, ebenso wie Arbeitslosigkeit und Umweltprobleme, Waffenproduktion und Bau von Atomkraftwerken, verbunden sind mit dem Mechanismus, der Geld in Umlauf hält: dem Zins und Zinseszins. Der Zins ist nach dem amerikanischen Wirtschaftshistoriker John L. King "die unsichtbare Zerstörungsmaschine" in den sogenannten freien Marktwirtschaften.

Die Ökonomen, wie die meisten Menschen, betrachten den Zins als den Preis für Geld. So wie für alle anderen Waren ein Preis bezahlt werden muß, so zahlt man eben auch für die begehrteste aller Waren - das Geld - einen Preis. Das macht zuerst einmal Sinn und scheint logisch.

Außerdem hat es 2000 Jahre lang so funktioniert. Also, warum sollte man es ändern? In diesem Buch wird versucht aufzuzeigen, erstens, welche Probleme durch den Warencharakter des Geldes im Laufe der Geschichte entstanden sind und heute immer noch entstehen und zweitens, wie man eine andere Umlaufsicherung schaffen kann, die dem Geld den Warencharakter nimmt und es zu einer öffentlich/rechtlichen Einrichtung und damit zum idealen Tauschmittel macht.

Ähnlich wie sich die Physiker jahrelang darum gestritten haben, ob das Licht aus Wellen oder aus Partikeln besteht, bis sie herausfanden, daß es beides ist und es darauf ankommt, wie man es betrachtet, könnte man auch vom Geld sagen, es kann sowohl primär als Ware wie auch primär als Tauschmittel betrachtet und benutzt werden. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft sind allerdings höchst unterschiedlich.

"Kapital muß bedient werden" hat einmal der später ermordete Päsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie Hans Martin Schleyer gesagt. Das stimmt genau für das heutige Geldwesen. Wenn wir das Geld auf seine Funktionen als Tauschmittel, Wertmaßstab und Wertspeicher beschränken und damit die Möglichkeit der Spekulation ausschalten, können wir allerdings ein Geld schaffen, was uns allen dient.

Es ist nicht so schwierig wie es scheinen mag, den Zinsmechanismus, der das Geld heute in Umlauf hält, durch einen angemesseneren zu ersetzen. Die in diesem Buch angebotene Lösung ist seit Beginn dieses Jahrhunderts bekannt und an mehreren Orten erfolgreich erprobt worden. Was ansteht, ist die Erprobung dieser Lösung auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene. Durch die Geschwindigkeit mit der die Probleme des Geldsystems in den letzten Jahren weltweit zugenommen haben wird dies dringlicher denn je. So weiß heute jeder, daß die Schulden der Länder der Dritten Welt nicht zurückbezahlt werden können, daß die Lage der Ärmsten in den hochindustrialisierten Ländern sich ständig verschlechtert und daß Symptombehandlungen die Lage nur verschlimmern. Führende Bankfachleute verlangen fundamentale Veränderungen, und davon handelt dieses Buch.

Es ist nicht das Anliegen dieses Buches, irgend jemandem Fehler nachzuweisen, sondern etwas richtig zu stellen und gleichzeitig eine Möglichkeit der Veränderung aufzuzeigen, die nur wenigen Experten bekannt ist, ganz zu schweigen von der breiten Öffentlichkeit. Dennoch ist das Thema zu wichtig, um es allein vermeintlichen Experten zu überlassen. Es sollte öffentlich diskutiert und von vielen verstanden werden. Das Besondere dieses Buches liegt deshalb in seiner Art, dieses komplexe Thema so einfach wie möglich darzustellen, so daß jeder, der Geld verwendet, verstehen kann, was auf dem Spiel steht. Zwei weitere Besonderheiten liegen darin, daß im Unterschied zu anderen Büchern, die sich in der Vergangenheit mit diesem Thema beschäftigt haben, herausgearbeitet wird, wie der vorgeschlagene Übergang zu einem neuen Geldsystem ausnahmslos für alle einen Gewinn bedeuten würde, und welche Maßnahmen jeder selbst ergreifen kann, um die notwendigen Veränderungen mit herbeizuführen.


Dieser Text wurde ins Netz gebracht von: W. Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.
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