Kapitel aus Silvio Gesell: Die Natürliche Wirtschaftsordnung
Rudolf Zitzmann Verlag; Lauf bei Nürnberg; 9. Auflage August 1949;
Herausgeber: Karl Walker
Inhaltsübersicht
4.8. Weltwährungsverein
International valuta association (Iva). - Union universal de
cambio.
- 1. In den Staaten, die sich dem Weltwährungsverein (der
Internationalen Valuta-
Association ;,Iva") anschließen wollen, wird als Währungseinheit
die "Iva" eingeführt.
- 2. Diese neue Währungseinheit (Iva) ist nicht statisch als
Erzeugnis einer Eigenschaft
irgendeines Stoffes (Gold) zu verstehen, sondern vielmehr dynamisch
(als Tat), als
Ergebnis einer fortlaufenden Handlung, der Währungspolitik,
und sie kann demnach
nur so lange eine genau bestimmte Größe bleiben, wie
sie durch die Währungspolitik
in dieser erhalten wird.
- 3. Die Währungspolitik in den Iva-Staaten ist auf die absolute
Währung der Iva
eingestellt. (1)
- 4. Die zur absoluten Währung gehörigen statistischen
Arbeiten werden nach ein-
heitlichen Richtlinien geführt.
- 5. Die auf die absolute Währung gerichtete aktive Währungspolitik
beruht auf der
Quantitätstheorie, d. h. auf der Erkenntnis, daß durch
Mehrung oder Minderung des
Geldangebots der allgemeine Preisstand immer wieder auf den Ausgangspunkt
zurück-
geführt werden kann, so oft er sich auch davon zu entfernen
strebt, und zwar unter
allen Umständen, auch im Krieg.
- 6. In den Iva-Staaten wird somit das Geldwesen national bleiben,
jedoch nach ein-
heitlichen, an sich gesunden, für alle Verhältnisse,
alle Entwicklungsstufen gültigen
Grundsätzen verwaltet werden.
- 7. Mit der oben gekennzeichneten einheitlichen nationalen Währungspolitik
wird
schon die Hauptursache der Handelsbilanzstörungen und der
aus ihnen hervorgehenden
Valutaschwankungen beseitigt.
- 8. Doch sind Störungen des Gleichgewichts in der Handelsbilanz
in kleinerem Um-
fange aus mancherlei Ursachen (z. B. schwankende Ernteausfälle)
nicht ausgeschlossen.
- 9. Um auch die Wirkung dieser Einflüsse auf die Valuta gänzlich
aufzuheben, wird
eine besondere internationale Valutanote geschaffen, für
die alle Iva-Staaten solidarisch
haften, die unbehindert ein- und ausgeführt werden kann und
gesetzliche Zahlkraft pari
mit dem nationalen Geld haben soll.
- 10. Diese Iva-Valuta-Note wird in eine Zentralstelle - der Iva-Verwaltung
Bern -
unter Aufsicht aller beteiligten Staaten hergestellt und diesen
gegen Erstattung der
Herstellungs- und Verwaltungskosten, sonst aber kostenlos ausgeliefert.
- 11. Die Menge dieser Valutanote wird ausschließlich durch
ihren regulatorischen
Zweck bemessen werden; etwa 20% des nationalen Notenumlaufes dürfte
das Richtige
sein.
- 12. Die Iva-Verwaltung Bern erhält für die gelieferten
Valutanoten Wechsel ausge-
stellt, die an dem Tage fällig werden, wo durch fehlerhafte
nationale Währungspolitik
die Handelsbilanz andauernd passiv geworden ist, wodurch die Valutanoten
gänzlich
über die Grenze getrieben und nur noch gegen Agio gehandelt
werden. Von diesem
Tage an wird auch für die fälligen Wechsel ein Zins
berechnet.
- 13. Die Valutanote wird zweckmäßig in der Stückelung
hergestellt, die besonders für
den Kleinverkauf in Frage kommt, so daß jeder Mangel oder
Überfluß sich sofort fühl-
bar macht. Hierdurch wird die nationale Währungspolitik der
öffentlichen Kontrolle
unterstellt.
- 14. Die Iva-Staaten betrachten es als in ihrem Interesse liegend,
alles Nötige zu tun,
damit die Valutanote stets pari mit dem nationalen Geld umläuft.
- 15. Das erreichen sie dadurch, daß sie bei andauerndem
Einströmen von Valutanoten
den Umlauf des eigenen nationalen Geldes vermehren - und umgekehrt
bei Abströmen
der Valutanoten nationales Geld einziehen.
- 16. Sollte diese im Interesse der Valutanote betriebene internationale
Währungspolitik
in erheblichem Umfang und anhaltend zu einer Diskrepanz, einem
Zwiespalt mit den
Forderungen der absoluten Währung führen (s. §
3), so wird in einer internationalen,
von der Zentralstelle Bern geleiteten Untersuchung die Ursache
der Erscheinung er-
forscht und die nötige Anweisung an alle Iva-Staaten zur
Beseitigung des Übelstandes
gegeben werden.
- 17. Damit die Kosten der Ein- und Ausfuhr von Valutanoten deren
Parikurs nicht
beeinflussen, werden diese Kosten von der Zentralstelle getragen
werden.
- 18. Die Verwaltungskosten werden auf die Iva-Staaten im Verhältnis
der empfangenen
Valutanoten verteilt.
- 19. Der Iva können sich alle Staaten, auch außereuropäische,
ohne weiteres an-
schließen. Es genügt dazu die Erfüllung der Bedingungen
1 und 9 und die Führung
der nationalen Währungspolitik nach den Grundsätzen
der absoluten Währung (s. § 3).
Dann wird dem beitretenden Staate die Summe von Valutanoten (die
20% seines eigenen
nationalen Geldumlaufs ausmacht) von der Zentralstelle Bern kostenlos
ausgeliefert.
- 20. Der Austritt aus der Iva kann ebenfalls jederzeit durch Einlösung
der unter § 12
erwähnten Wechsel erfolgen.
- 21. Die Auflösung der Iva erfolgt durch Inkasso der der
Ivaverwaltung gezeichneten
Wechsel und Vernichtung der auf diese Weise eingegangenen Noten.
Ähnlich wie in einem System kommunizierender Röhren
der Stand des Wassers nach
jeder Störung von selbst auf die gleiche Höhe zurückfällt,
so wird in den Staaten, die
ihr nationales Geldwesen der Iva-Valutanote angeschlossen haben,
der allgemeine Preis-
stand der Waren überall auf gleicher Höhe bleiben, bzw.
selbsttätig nach jeder Störung
dahin zurückstreben, sofern nur in jedem dieser Staaten die
nationale Währungspolitik
auf die absolute Währung eingestellt wird.
Verstößt ein Land gegen die Grundsätze der absoluten
Währung und achtet nicht
genügend auf die Warnungszeichen - Aus- und Einfuhr von Valutanoten
- so kann
es vorkommen, daß das Land mit Valutanoten überschwemmt
wird (Vereinigte Staaten)
oder, daß die Valutanoten völlig aus dem Lande verdrängt
werden (England). An der
Überschwemmung durch Valutanoten hat aber kein Land Interesse,
des Zinses wegen,
den das Land an den Valutanoten verliert; die völlige Verdrängung
der Valutanoten
kann einem Land aber noch weniger gleichgültig sein, des
Agios wegen, das dann auf-
tritt und sich sehr unliebsam im Handel bemerkbar macht. Das mit
"Deutschland" be-
zeichnete Gefäß zeigt den normalen Zustand. Die untere
Ausbuchtung, die die ein-
strömenden Valutanoten aufnimmt - der Kleinverkehr - ist
zur Hälfte gefüllt. Sie
kann noch mehr Noten aufnehmen, aber auch welche abgeben. In dem
mit "Frankreich"
bezeichneten Gefäß dagegen ist der Behälter für
die Valutanoten überfüllt. Durch eine
kräftige Dosis nationalen Geldes wird dieser Überschuß
bald abgestoßen sein, wie auch
umgekehrt - Fig. "England" - das Agio durch Rückfluß
von Valutanoten schnell
beseitigt sein wird, wenn - wie es geschieht - der Überschuß
an nationalem Geld-
s. den Ablaßhahn - zurückgezogen wird.
Zum besseren Verständnis dieser Vorgänge verweise ich
auf den vorangehenden
Abschnitt - Der Bankmann - und auf die figürliche Darstellung
der Handelsbilanz
daselbst.
(1) Als "Absolute Währung" bezeichnet Dr. Th. Christen
in seinen Schriften den Zustand
des Gleichgewichts zwischen Angebot von Geld und Angebot von Waren,
der sich als
Folge einer dahin zielenden aktiven Währungepolitik einstellt.
Dieser Text wurde im Juli 1997 ins Netz gebracht von:
W. Roehrig.
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