Das waren unsere Wünsche, als von der Einführung des
Freigeldes die Rede war. Und
diese Wünsche sind erfüllt worden.
Was ist Absatz? Verkauf. Was ist Verkauf? Tausch der Waren gegen
Geld. Woher
das Geld? Vom Verkauf der Waren. Also ein Kreislauf!
Wenn nun, wie das mit dem Freigeld der Fall ist, das Geld den
Inhaber sozusagen
zum Kaufe zwingt und ihn durch den Verlust, den er durch jede
Verzögerung des Kaufes
erleidet, unausgesetzt an seine Pflichten als Käafer erinnert
- so folgt der Kauf dem Ver-
kauf auf dem Fuße und zwar zu allen Zeiten, unter allen
denkbaren Verhältnissen.
Wenn jeder so viel kaufen muß, wie er selbst verkauft hat
- wie könnte da der Absatz
noch stocken? Das Freigeld schließt also den Kreislauf des
Geldes.
Wie die Ware das Angebot darstellt, so stellt jetzt das Geld
die Nachfrage dar. Die
Nachfrage schwebt nicht mehr in der Luft, sie wird nicht mehr
wie ein Rohr im Winde
von jedem politischen Lufthauch hin und her bewegt. Die Nachfrage
ist keine Willens-
äußerung der Käufer, der Bankhäuser, der
Wucherspieler, sondern das Geld ist jetzt die
stoff- und fleischgewordene Nachfrage. Jetzt laufen die Geldbesitzer
neben der Nach-
frage einher; das Geld führt den Geldbesitzer wie einen Hund
an der Leine.
Und es ist nur gerecht und billig, daß es so ist. Denn geht
es uns Warenerzeugern
oder Warenbesitzern etwa besser? Beherrschen wir das Angebot unserer
Erzeugnisse
oder werden wir umgekehrt durch deren Natur zum Angebot gezwungen?
Befiehlt uns
nicht die Natur unserer Waren, der Gestank, der ihnen entströmt,
der Raum, den sie
beanspruchen, die Feuersgefahr, die Fäulnis, der sie unterworfen
sind, der Wechsel des
Geschmacks, die Zerbrechlichkeit und tausend andere Umstände,
daß wir sie verkaufen,
und zwar immer sofort nach ihrem Entstehen? Wenn also das Angebot
von Waren so
unter einem natürlichen stofflichen Zwang steht, fordert
es da nicht die Billigkeit, daß auch
die Nachfrage nach Waren, das Angebot von Geld unter Zwang gestellt
werde?
Eine mannhafte Tat war es, als man mit dem Freigeld diese Frage
bejahte. Bis dahin
hatte man immer nur an die Käufer gedacht, jetzt hat man
sich darauf besonnen, daß
auch die Verkäufer Wünsche haben, und daß alle
Wünsche des Käufers nur auf Kosten
der Verkäufer erfüllt werden können. Lange genug
hat es gedauert, bis man zu dieser so
einfachen Erkenntnis gelangte!
Fehlt es jetzt an Absatz, und neigen die Preise nach unten, so
sagt man nicht mehr,
es sei zu viel gearbeitet worden, wir hätten Überproduktion.
Es fehlt an Geld, an Nach-
frage, sagt man jetzt. Dann setzt das Reichsgeldamt mehr Geld
in Umlauf, und da das
Geld jetzt die verkörperte Nachfrage ist, so steigen die
Preise auf ihren richtigen Stand.
Wir arbeiten und werfen unsere Waren auf den Markt - das Angebot;
das Reichs-
währungsamt prüft das Angebot und wirft eine entsprechende
Geldmenge auf den
Markt - die Nachfrage. Nachfrage und Angebot sind jetzt Arbeitserzeugnisse.
Von
willkürlicher Handlung, von Wünschen, Hoffnungen, wechselnden
Aussichten, von
Wucherspiel ist bei der Nachfrage keine Spur mehr. So groß
wir die Nachfrage haben
wollen, genau so groß wird sie bestellt und gemacht. Unser
Erzeugnis, das Warenangebot,
ist die Bestellung für die Nachfrage, und das Reichswährungsamt
führt die Bestellung aus.
Und der Teufel holt den Leiter des Reichswährungsamtes, wenn
er schläft, wenn er
seine Pflichten versäumt! Er kann sich nicht mehr, wie unsere
Reichsbankverwaltung,
hinter der, eine unbeschränkte Vollmacht darstellenden, hohlen
Phrase der "Verkehrs-
bedürfnisse" verbergen. Haarscharf sind dem Reichswährungsamt
die Pflichten vorge-·
schrieben worden, haarscharf sind auch die Waffen, womit wir das
Amt ausgerüstet
haben. Die Mark deutscher Reichswährung war bisher ein unbestimmbares,
breiartiges
Ding. Jetzt ist die Mark deutscher Reichswährung ein fester
Begriff geworden,und für
diesen Begriff sind die Reichsbeamten verantwortlich.
Wir sind nicht mehr ein Spielball in den Händen der Geldmänner,
der Bankleute, der
Glücksritter; wir brauchen nicht mehr in untätiger Gottergebenheit
zu warten, bis, wie
man zu sagen pflegte, die "Konjunktur" sich besserte.
Wir beherrschen jetzt die Nach-
frage, denn das Geld, dessen Herstellung und Angebot wir in unserer
Macht haben, ist
an sich die Nachfrage. Das kann nicht oft genug wiederholt, nicht
nachdrücklich genug
betont werden. Wir sehen jetzt die Nachfrage, wir können
sie greifen und messen, -
wie wir auch das Angebot sehen, greifen und messen können.
Viel Ware - viel Geld,
wenig Ware - wenig Geld. Das ist die Richtlinie des Reichswährungsamtes.
Eine ganz erstaunlich einfache Sache.
Woher es kommt, daß mit Einführung des Freigeldes
auch die festen Bestellungen so
reichlich einlaufen, daß der Betrieb auf Monate im voraus
gesichert ist? Der Kaufmann
sagt, der Käufer ziehe jetzt den Besitz von Waren dem des
Geldes vor; man warte jetzt
mit dem Kauf nicht mehr bis zum unmittelbaren Bedarf, sondern
schaffe sich jetzt die
Sachen an, wenn gerade das Geld dazu da sei. In jedem Hause befindet
sich eine be-
sondere Vorratskammer, und wer zu Weihnachten z. B. Geschenke
zu machen hat, der
wartet nicht mehr mit dem Kauf bis zum Weihnachtsabend, sondern
er kauft dann,
wenn er gerade die Gelegenheit hat. Darum werden die Weihnachtssachen
jetzt während
des ganzen Jahres gekauft, und für meine Puppenfabrik treffen
Bestellungen jetzt während
des ganzen Jahres ein. Das frühere Hasten und Jagen während
der Weihnachtszeit
verteilt sich jetzt auf das ganze Jahr. Und so geht es in allen
Gewerben. Wer einen Winter-
rock braucht, wartet nicht bis zum ersten Schneefall; er bestellt
ihn, wenn er gerade
das Geld dazu liegen hat, auch wenn das Quecksilber an dem Tage
30 Grad im Schatten
zeigt. Denn das Geld brennt dem Käufer in der Tasche, wie
dem Schneider das Tuch
auf Lager brennt. Das Geld läßt dem Inhaber keine Ruhe,
es schmerzt und juckt und
erinnert ihn unausgesetzt daran, daß der Schneider nichts
zu tun hat, daß er froh wäre,
wenn man ihm jetzt schon für den kommenden Winter einen Anzug
bestellte, - selbst
wenn man diesen Anzug mit noch schlechterem Gelde, als das Freigeld
ist, zahlte. Denn
kein Geld ist so schlecht, daß es nicht noch besser wäre
als unverkauftes Tuch.
Infolge dieses eigentümlichen Verhaltens der Käufer
ist der größere Teil der kauf-
männischen Niederlagen überflüssig geworden; denn
wenn die Käufer lange Zeit im
voraus sich mit allem versehen und nicht mehr auf unmittelbarer,
sofortiger Lieferung
bestehen, so hat der Kaufmann nicht mehr nötig, die Waren
auf Lager zu nehmen. Er
hält ein Musterlager, und jeder bestellt ihm das Gewünschte.
Der Kaufmann sammelt
so die Bestellungen, und treffen dann die Waren ein, so liefert
er sie gleich von der Bahn
aus ab. Natürlich verkauft er sie um so billiger.
Dieser Wegfall der Läden, wo man bisher immer alles vor
dem unmittelbaren Bedarf
kaufen konnte, bewirkt, daß auch die saumseligsten Käufer
gezwungen werden, recht-
zeitig zu überlegen, was sie an Waren wohl brauchen werden,
um sich diese Waren
durch Vorausbestellung rechtzeitig zu sichern. Und so haben wir
nun durch das Frei-
geld es endlich erreicht, daß die Abschätzung des Warenbedarfs
nicht mehr von den Kauf-
leuten, sondern von den Käufem selbst vorgenommen wird. Ein
ganz gewaltiger Vorteil für
alle Beteiligten! Der Kaufmann mußte bisher merkwürdigerweise
im voraus den Bedarf
der Käufer abschätzen, um seine Bestellungen zu machen.
Daß er sich dabei irren konnte,
ist klar. Jetzt schätzt der Käufer selbst seinen Bedarf
ab, und da jeder schließlich den
eigenen Bedarf, sowie die Mittel dazu besser kennt als der Kaufmann,
so kommen Irr-
tümer sicherlich seltener vor.
So ist nun der Kaufmann ein bloßer Musterreiter geworden,
und der Fabrikant ist
sicher, daß die Aufträge, die ihm vom Kaufmann zugehen,
nicht dessen persönliche
Ansicht über den Warenbedarf widerspiegeln, sondern den unmittelbaren
Bedarf der
Verbraucher, den wirklichen Warenbedarf. Er hat jetzt in den Bestellungen
ein untrüg-
liches Bild der Wandlungen, die im Geschmack, in den Bedürfnissen
des Volkes vor-
gehen, und er kann sich immer rechtzeitig diesen Wandlungen anpassen.
Früher, als die
Bestellangen immer nur die persönliche Ansicht der Kaufleute
wiedergaben, waren plötzliche
Umschläge, war der sogenannte Modenwechsel an der Tagesordnung.
Auch dadurch hilft mir das Freigeld über manche Schwierigkeiten hinweg.
Aber schließlich, wenn die Arbeit des Unternehmers so sehr
erleichtert wird, wenn
der Unternehmer nur mehr Techniker, nicht mehr Kaufmann zu sein
braucht, so wird
doch der Unternehmergewinn darunter leiden müssen. An tüchtigen
Technikern fehlt
es ja nicht, und wenn die kaufmännische Leitung eines gewerblichen
Unternehmens
so wenig Schwierigkeiten mehr bietet, so wird jeder brauchbare
Techniker auch ein
brauchbarer Unternehmer. Nach den Gesetzen des Wettbewerbs muß
dann aber auch
wieder der Unternehmergewinn auf den gleichen Stand des Technikerlohnes
herab-
gehen. Eine unangenehme Nebenerscheinung für so viele Untemehmer,
deren Erfolge
von ihrer kaufmännischen Begabung herrühren! Mit dem
Freigeld ist die schöpferische
Kraft auf kaufmännischem Gebiet überflüssig geworden,
denn die Schwierigkeiten sind
verschwunden, für deren Überwindung die vergleichsweise
seltene, aber gerade darum
so schwer bezahlte kaufmännische Begabung nötig war.
Wem wird nun der Wegfall des hohen Unternehmergewinnes zugute
kommen? Irgend-
wo muß er zum Vorschein kommen. Entweder in herabgesetzten
Warenpreisen oder,
was schließlich auf eins hinausläuft, in heraufgesetzten
Löhnen. Ein anderes gibt es nicht.