Eigentlich hätte man diese Entwicklung auch vorhersehen
können. Die Bankhäuser
waren aber so sehr von ihrer Unentbehrlichkeit überzeugt!
Das Wechselgeschäft und
der Scheck, diese Brotherren der Kassenbeamten, sind so gut wie
verschwunden. Nach
Ausweis des Reichswährungsamtes beträgt die gesamte
im Umlauf befindliche Geld-
masse noch nicht 1/3 unseres früheren Geldbestandes. Und
zwar, weil das jetzige Geld
3 mal schneller umläuft. Kaum 1 % der früheren Beträge
geht jetzt noch durch die Hände
der Banken. Das Geld bleibt eben im Verkehr, auf dem Markte, in
den Händen der
Käufer, der Kaufleute, des Unternehmers. Es geht von Hand
zu Hand, ununterbrochen,
es hat gar keine Zeit, sich in den Banken anzusammeln. Das Geld
ist keine Ruhebank
mehr, wo der Erzeuger von der Mühsal des Verkaufes seiner
Waren aufatmen und in
Gemütsruhe abwarten kann, bis seine persönlichen Bedürfnisse
ihn an den Umsatz des
Geldes erinnern. Der Ruhepunkt im Warenaustausch ist jetzt die
Ware selbst, allerdings
nicht die eigene Ware, das eigene Arbeitserzeugnis sondern das
der anderen. Das Geld hetzt
und jagt den Inhaber, genau wie früher der Erzeuger von seinen
Waren gehetzt und
gejagt wurde, bis er sie glücklich an den Mann gebracht hatte.
Woher der Name Bank,
Bankmann? Von den Bänken, auf denen die Inhaber des Geldes
sichs bequem machten,
während die Inhaber der Waren umherstanden oder unmutig hin
und her liefen. Jetzt,
mit dem Freigeld, sind es die Inhaber des Geldes, welche laufen,
und die Warenver-
käufer sitzen auf Bänken.
Und weil das Geld so beweglich geworden ist, weil jeder sich zu
bezahlen beeilt,
braucht niemand sich noch mit Wechseln zu behelfen. Das bare Geld
hat die Wechsel
ersetzt. Auch Vorräte an Geld braucht niemand mehr, die Regelmäßigkeit
des Geld-
umlaufes ersetzt diese Rücklagen. Die Quelle ist an die Stelle
des starren Behälters, der
Zisterne, getreten.
Diese Geldvorräte aber führten wieder zur größten
Torheit des Jahrhunderts, zum
Scheck. Ja, wirklich, ich sag's als Kassenbeamter, der Scheck
war höherer Unsinn! Das
Geld ist doch zum Bezahlen da; das Gold sollte ja das denkbar
bequemste Zahlmittel
sein; warum benutzte man es nicht dazu? Warum den Scheck an die
Stelle des baren
Geldes treten lassen, wenn das bare Geld so allen Anforderungen
genügt, wie man das
dem Golde nachrühmte? Verglichen mit dem baren Gelde ist
der Scheck doch ein
außerordentlich plumpes Zahlmittel. Er ist an die Innehaltung
verschiedener Förmlich-
keiten gebunden, die Einlösung erfolgt an einem bestimmten
Ort und die Sicherheit
der Einlösung hängt von der Sicherheit des Ausstellers
und der Bank ab. Und das nannte
man Fortschritt! Man hoffte sogar, es bald den Engländern
nachmachen zu können, die
die Droschke mit einem Scheck bezahlen! Als ob das eine Ehre oder
ein Vorteil für
den Droschkenkutscher wäre! Der Musterscheck ist doch, für
den Empfänger wenigstens,
das bare Geld, denn dieser Scheck kann in jedem Laden, in jedem
Wirtshaus eingelöst
werden, er ist an keine Förmlichkeiten, an keinen Ort gebunden,
und seine Sicherheit
steht außer Zweifel. Wir waren so stolz auf unser schönes,
goldenes Geld, wir dachten
damit die Vollkommenheit erreicht zu haben; wir waren so verblendet,
daß wir über-
haupt den Widerspruch nicht bemerkten, der in dem Gebrauch des
Schecks liegt. Das
Gold war für den gewöhnlichen Gebrauch zu gut, darum
suchten wir ein Ersatzmittel,
den Scheck. Das ist wie bei dem Mann, der mit einem alten Rock
und einem neuen
Regenschirm spazieren geht und dem es leid tut, den Schirm aufzuspannen;
er ver- ,
steckt ihn darum unterm Rock.
Man scheute sich nicht, uns Kassenbeamten ganze Bündel
von Schecks aufzuhalsen,
deren Gesamtbetrag für den Kassenbeamten nur dadurch zu ermitteln
ist, daß er sie
in langen Reihen einzeln aufzeichnet und zusammenzählt. Eine
schauerliche Arbeit
fürwahr. Dagegen ist das Aufzählen des Geldes die reine
Spielerei. Die Stücke braucht
man nur zu zählen, da sie alle von gleichem Betrage sind.
Dabei mußten die Schecks wieder mit den verschiedenen Banken
verrechnet, jeder
einzelne dem betreffenden Aussteller belastet werden. Und dazu
die Zinsrechnung! Am
Ende des Vierteljahres mußte ein Rechnungsauszug eingesandt
werden, worin jeder
einzelne Scheck aufgeführt wurde. So wurde jeder Scheck zehnmal
gebucht. Und das
nannte man Fortschritt! Welche Verblendung! Die Schwerfälligkeit
der Goldwährung
und die Unregelmäßigkeit des Geldumlaufs machten diese
Bankguthaben nötig und
diese den Gebrauch des Schecks; aber statt diesen Umstand als
schweren Übelstand
der Goldwährung zu bezeichnen, bildete man sich noch etwas
darauf ein!
Und neben den Schecks diese schweren Säcke mit Gold, Silber,
Kupfer, Nickel, und
obendrein das Papiergeld! Elf verschiedene Münzsorten: 1,
2, 5, 10, 20 Mark, 1, 2, 5,
l0, 20, 50 Pf.! Allein für das Kleingeld unter 1 Mark sechs
verschiedene Münzen von
3 verschiedenen Metallen! Also Schecks zu Hunderten, 11 Münzsorten
und 10 ver-
schiedene Banknoten!
Jetzt mit dem Freigeld habe ich 4 Sorten und keine Schecks. Und
alles federleicht,
sauber, immer neu. Früher brauchte ich für meine Kasse
eine Stunde, jetzt nur wenige
Minuten.
Man fragt mich, wie ich den Umlaufsverlust an meinem Kassenbestand
verrechne.
Nun, die Sache ist ja höchst einfach. Am Wochenschluß
Sonnabends 4 Uhr rechne
ich meine Kasse zusammen, berechne den Kursunterschied nach dem,
was das Geld
die nächste Woche gilt, und verrechne diesen Unterschied
unter Ausgaben. Bei den
Privatbanken geht diese Ausgabe auf Rechnung der Geschäftsunkosten,
für die eine
entsprechend niedrigere Verzinsung des Bankguthabens Deckung schafft.
Bei den Staatskassen besteht der Verlust nur dem Namen nach,
da der Kursverlust
am gesamten Geldumlauf ja dem Staate unmittelbar zugute kommt.
Offen gestanden, vom Standpunkt der Kassentechnik betrachtet,
finde ich im Frei-
geld nichts Nachteiliges, und den besten Beweis haben wir ja darin,
daß neun Zehntel
aller Kassenbeamten überflüssig wurden. Eine Maschine,
die die Arbeiter überflüssig
macht, muß doch gut arbeiten?