Was ist geschehen? Nichts, a1s was mit den Waren geschieht. Ähnlich
wie ein be-
stimmtes Ei sich von dem wirtschaftlichen Begriff "Ei"
ständig und schnell entfernt,
und nach dem Faulwerden überhaupt nicht mehr damit verglichen
werden kann, so
entfernt sich das einzelne Markstück ständig von dem,
was die Mark in der Währung be-
deutet. Die Mark als Währung ist das Unveränderliche,
das Währende, die Grundlage aller
Berechnungen; die Mark als Geld hat nur den Ausgangspunkt mit
jener gemein. Es ist also
weiter nichts geschehen, als was mit allen Dingen rings um uns
her geschieht. Die
Gattung, der Begriff ist unveränderlich; das Einzelwesen,
der Vertreter ist sterblich
und treibt ständig seinem Ende entgegen. Es ist also weiter
nichts geschehen, als daß wir
den Tauschgegenstand von der Währung, das Einzelstück
von der Gattung getrennt und
das Geld dem allgemeinen Gesetz des Werdens und Vergehens unterworfen
haben.
Der Inhaber dieses vergänglichen Geldes wird sich also ebenso
hüten, das Geld zu
behalten, wie der Eierhändler sich hütet, die Eier länger
als durchaus nötig zu behalten.
Der Inhaber des neuen Geldes wird gesetzmäfßig danach
trachten, das Geld und den von
seinem Besitz untrennbaren Verlust - auf andere abzuwälzen.
Aber wie kann er das? Durch den Verkauf seiner Erzeugnisse ist
er in den Besitz
dieses Geldes gekommen. Er mußte das Geld annehmen, obschon
er den Schaden kannte,
den der Besitz des Geldes ihm verursachen würde. Er wußte,
daß der Besitz des Geldes
mit Verlusten verknüpft ist. Trotzdem verkaufte er seine
Erzeugnisse gegen dieses wirk-
lich "schnöde" Geld. Seine Erzeugnisse waren von
vornherein für den Markt bestimmt.
Er mußte sie tauschen, und den Tausch konnte nach der ganzen
Lage der Dinge nur
das Geld vermitteln; anderes Geld aber als dieses verfertigt nun
einmal der Staat nicht
mehr. Also mußte er das gehaßte Freigeld in Tausch
für seine Waren annehmen, falls er
diese absetzen, den Zweck seiner Arbeit erreichen wollte. Er hätte
vielleicht mit dem Ver-
kauf warten können, etwa bis zum unmittelbaren Bedarf an
anderen Waren, aber dann
wären ja seine eigenen Erzeugnisse in der Zwischenzeit schlechter,
billiger geworden;
er hätte daran durch Abgänge an Menge und Güte,
durch Wartung und Lagerung so
viel und vielleicht mehr verloren, als er jetzt am Besitz des
Geldes verliert. Er war also
in einer Zwangslage, als er das neue Geld in Empfang nahm, und
dieser Zwang rührte
von der Beschaffenheit seiner eigenen Erzeugnisse her. Jetzt ist
er im Besitz des Geldes,
das dauernd an Umlaufswert verliert. Wird er nun einen Käufer
dafür finden, wird er
jemand finden, der es duldet, daß der Verlust, der aus dem
Besitze des Geldes entspringt,
auf ihn abgewälzt wird? Nur jemand, der, wie er selbst, in
einer Zwangslage ist, wird
ihm dieses wirklich "schlechte" Geld abnehmen; nur jemand,
der, wie er selbst, Ware
erzeugt hat und diese nun aus Rücksicht auf die täglichen
Verluste an Menge und Güte
möglichst schnell absetzen möchte, wird bereit sein,
das "schlechte" neue Geld in
Empfang zu nehmen.
So haben wir also hier gleich zu Anfang eine sehr bemerkenswerte
Tatsache zu ver-
zeichnen: Der Käufer hat ein ebenso starkes, unmittelbar
mit dem Besitze des Geldes
verknüpftes Bestreben, das Geld auf den Warenbesitzer abzuwälzen,
wie der Verkäufer
einen unmittelbaren Drang hat, die Waren auf den Käufer abzuwälzen.
Der Nutzen an
dem unmittelbaren Zustandekommen des Tausches ist beiderseits
gleich groß, was natürfich
bewirkt, daß bei den Preisverhandlungen der Käufer
nicht mehr auf seine Unverletzlichkeit
(Gold) hinweisen und damit drohen kann, daß er die Verhandlungen
abbrechen wird, falls
sich der Verkäufer nicht seinen Bedingungen unterwerfen will.
Käufer und Verkäufer sind
nun gleich schlecht gerüstet; beide sind gleichmäßig,
unmittelbar, dringend am Zu-
standekommen des Handels beteiligt. Brauchen wir da noch zu erwähnen,
daß darum
auch die Tauschbedingungen gerecht sein werden, daß der
Handel schneller vonstatten
gehen wird?
Aber nehmen wir nun an, der Geldzettel, den wir eben betrachteten,
wäre in die
Hände eines Sparers, Kaufmannes oder Geldmannes geraten.
Was werden diese damit
anfangen? Auch in ihren Händen schrumpft das Geld ständig
zusammen. Sie sind in
den Besitz des Freigeldes durch Tausch gegen die früheren
Goldmünzen gelangt. Sie
waren durch kein Gesetz zu dem Tausch gezwungen worden; sie hätten
das Gold be-
halten können. Aber der Staat hat bekanntgemacht, daß
er den Umtausch nach einer
bestimmten Frist verweigern würde, und was hätten sie
dann noch mit dem Gold an-
fangen können? Sie hätten wohl goldene Ketten daraus
machen lassen können, aber
wer würde ihnen diese in solchen Mengen abgekauft haben,
und zu welchem Preis,
und womit hätte man diese goldenen Ketten bezahlt? Mit Freigeld!
Also fanden sie es ratsam, die Umtauschfrist nicht verstreichen
zu lassen, und jetzt
betrachten sie das neue Geld, ihr Eigentum. Die Nutzlosigkeit
des entmünzten Goldes
zwang sie, in den Tausch gegen Freigeld einzuwilligen, und der
Verlust, der mit dem
Besitze des neuen Geldes verknüpft ist, zwingt sie, sich
dieses Geldes zu entledigen
um den Verlust so schnell wie möglich auf andere abzuwälzen.
Und da sie nun in ihrer Eigenschaft als Sparer und Kapitalisten
keinen eigenen Bedarf
an Waren haben, so suchen sie Abnehmer für das Geld bei Leuten,
die Ware kaufen
möchten, aber das Geld dazu erst in einer späteren Zeit
liefern können. Sie bieten also
das Geld als Darlehen an, - wie sie das früher übrigens
auch mit dem Golde taten.
Aber es ist doch ein Unterschied gegen früher. Früher
konnten sie das Geld ausleihen,
und sie taten es, solange ihnen die Bedingungen gefielen; jetzt
müssen sie es tun, ob ihnen
die Bedingungen der Verleihung zusagen oder nicht. Sie stehen
jetzt unter Zwang. Wie sie
durch die Natur ihres Eigentums (Waren) gezwungen waren, Freigeld
anzunehmen, so
sind sie jetzt durch die Natur des Geldes wieder gezwungen, das
Geld abzugeben. Wenn
der Zins, den man bietet, ihnen nicht gefällt, so mögen
sie das Gold zurückkaufen, sie
mögen Waren kaufen, sie mögen Wein kaufen, von dem es
heißt, daß er mit der Zeit
immer besser und teurer wird, sie mögen Aktien, Staatspapiere
kaufen, sie mögen selbst
als Unternehmer Häuser bauen, Handel treiben, sie können
alles machen, was man mit
Geld machen kann, nur eins können sie nicht mehr, sie können
das Weitergeben des Geldes
von keiner Bedingung mehr abhängig machen.
Ob ihnen der Zins; den der Schuldner bietet, gefällt, ob
der Zins, den das zu bauende
Haus abzuwerfen verspricht, ihnen genügt, ob der Kurs der
Aktien günstig ist, ob der
Preis des Weines und der Edelsteine, die sie auf Lager nehmen
wollen, durch die große
Zahl der Käufer, die auf denselben geistreichen Gedanken
verfielen, nicht zu hoch
getrieben wurde, ob der Verkaufspreis des auf Lager immer besser
gewordenen Weines
die Auslagen für Wartung, Lagerung usw. decken wird - einerlei,
das Geld muß weiter-
gegeben werden. Und zwar gleich, sofort; heute, nicht morgen.
Je mehr sie überlegen,
um so größer wird der Verlust. Angenommen aber, sie
finden jemand, dem sie das Geld
leihen können, so kann dieser nur eine Absicht haben: er
will seinerseits das Geld sofort
anlegen, in Waren, in Unternehmungen oder sonstwie. Um das Geld
in den Kasten zu
legen, wo sein Wert stetig abnimmt, wird doch niemand Geld borgen.
Durch Weiter-
geben wird er den Verlust, der mit dem Besitze des Geldes verknüpft
ist, auf andere
"abzuwälzen" suchen.
Wie also auch das Geld "angelegt ` werden mag, es wird immer
sofort Nachfrage
erzeugen. Unmittelbar als Käufer oder mittelbar als Verleiher
wird der Geldbesitzer
immer sofort Nachfrage nach Waren halten müssen, und zwar
im genauen Verhältnis
zur Menge seines Geldbesitzes.
Daraus ergibt sich, daß die Nachfrage überhaupt keine
Willenssache der Geldinhaber
mehr sein wird, daß bei der Preisbestimmung durch Nachfrage
und Angebot der Wunsch.
Gewinn zu erzielen, ohne Einfluß bleiben muß, daß
die Nachfrage unabhängig von
Geschäftsaussichten, vom Glauben an das Steigen oder Fallen
der Preise sein wird,
unabhängig auch von Vorgängen im Staatsleben, von Ernteaussichten,
von der Tüchtig-
keit der Staatsoberhäupter, von der Furcht vor wirtschaftlichen
Erschütterungen.
Die Nachfroge wird genau wie das Angebot von Kartoffeln, Heu,
Kalk, Kohle usw. zu
einer wäg- und meßbaren, leb- und willenlosen Sache.
Das Geld wird durch eine ihm an-
haftende Naturgewalt immer nach den Grenzen der zurzeit möglichen
Umlaufsge-
schwindigkeit streben und diese unter allen denkbaren Verhältnissen
stets zu durch-
brechen suchen. Wie der Mond still und unberührt durch das,
was hier auf Erden vor-
geht, seine Bahn beschreibt, genau so wird das Freigeld, losgelöst
vom Willen seiner
Inhaber, seine Bahnen durch die Märkte vollziehen.
Die Nachfrage wird dann unter allen denkbaren Verhältnissen,
in hellen, wie in trüben
Tagen immer haarscharf gleich sein:
1. der vom Staate in Umlauf gesetzten und beherrschten Geldmenge;
2. der von den gegebenen Handelseinrichtungen gestatteten Höchstumlaufsgeschwin-
digkeit dieser Geldmenge.
Was bedeutet das für die Volkswirtschaft? Es bedeutet, daß
wir nun die Schwankungen
in der Marktlage beherrschen, daß das Währungsamt durch
Ausgeben und Einziehen
von Geld die Nachfrage ganz nach den Bedürfnissen des Marktes
abstimmen kann, daß
nicht mehr die Geldinhaber, die ängstlichen Spießbürger,
die Wucherspieler, oder auch
die Börsenstimmung, die Laune usw. die Nachfrage hervorbringen,
sondern daß das
Währungsamt unbedingt darüber zu bestimmen hat, wie
groß die Nachfrage sein soll.
Das Währungsamt verfertigt jetzt die Nachfrage, genau wie
der Staat Briefmarken her-
stellt genau auch, wie die Arbeiter das Angebot machen.
Fallen die Preise, so verfertigt das Währungsamt Geld und
bringt dieses Geld in den
Verkehr. Und dieses Geld ist Nachfrage, Nachfrage in Stofform.
Und wenn die Preise
anziehen, so verbrennt das Währungsamt Geld; und was es verbrennt,
ist Nachfrage.
So ist das Währungsamt Beherrscher der Marktlage, und das
bedeutet wieder nichts weni-
ger, als daß wir nun auch die Wirtschaftskrisen, die Arbeitslosigkeit
überwunden haben.
Ohne unseren Willen können die Preise weder steigen noch
fallen. Jede Auf- und Abbewe-
gung wird so zu einer Willensäußerung des Währungsamtes
für die es verantwortlich ist.
Die Nachfrage als Willkürhandlung der Geldinhaber mußte
gesetzmäßig Preisschwan-
kungen, Absatzstockungen, Arbeitslosigkeit und Schwindel zeugen.
Mit dem Freigeld
wird dieser Wille in die Hände des Währungsamtes gelegt,
das nun, dem Geldzweck
entsprechend, seine Macht dazu benutzt, um die Schwankungen zu
unterdrücken.
Wer das neue Geld betrachtet, wird sich sagen, daß er den
Brauch der verflossenen
Jahrtausende aufgeben muß und keine Geldvorräte mehr
halten kann da ihm ja das
Geld in der Kasse ständig Verlust bringt. Das neue Geld löst
also alle Geldansammlungen
selbsttätig auf, sowohl die des fürsorglichen Spießbürgers,
wie die des Kaufmanns und
des zum Sprung bereiten Wucherspielers.
Und was bedeutet dieser Wandel noch weiter für die Volkswirtschaft?
Es bedeutet,
daß jetzt immer nur genau so viel Tauschmittel im Besitze
der Bürger sein werden,
wie der Handel unmittelbar beansprucht, und zwar so bemessen,
daß die Preise keine
Schwankungen mehr wegen zu großer oder zu geringer Geldfülle
erleiden können. Es
bedeutet, daß niemand mehr dem Währungsamt bei der
Verwaltung des Geldes "ins
Handwerk pfuschen" kann. Es bedeutet, daß aus Privatvorräten
dem Markt kein Geld
mehr zufließen kann, wenn das Währungsamt eine Einschränkung
der umlaufenden
Geldmenge für nötig hält, und daß kein Geld
mehr in die Privatrücklagen abfließen kann, -
wenn das Währungsamt umgekehrt eine reichere Versorgung des
Geldmarktes vornehmen
will. Es bedeutet darum auch, daß das Währungsamt nur
ganz geringe Geldbeträge einzu-
ziehen oder auszugeben braucht, um das Ziel seiner Währungsmaßnahmen
zu erreichen.
Es bedeutet aber auch, daß niemand mehr Geldvorräte
anzulegen braucht, weil die
Regelmäßigkeit, mit der das Geld jetzt umläuft,
solche überflüssig macht. War die Rück-
lage eine Zisterne, d. h. ein bloßer Behälter, so wird
die Regelmäßigkeit des Geldumlaufes
zur ewig sprudelnden Geldquelle.
Mit dem Freigeld ist die Nachfrage nicht mehr vom Geld zu trennen,
sie ist nicht mehr
als eine Willensäufferung seiner Besitzer zu betrachten.
Das Freigeld ist kein Mittel zur
Nachfrage, sondern ist an sich diese Nachfrage, die fleischgewordene
Nachfrage, die als
Körper dem Angebot entgegentritt, das seinerseits auch nie
etwas anderes war und ist. Börsen-
stimmung, Wucherspiel, Krach, Schwarzer Freitag, das alles ist
fortan für die Nachfrage
ohne Einfluß. Die Masse des ausgegebenen Geldes, beschwert
durch die Höchstumlaufsge-
schwindigkeit, die die gegebenen Handelseinriclitungen gestatten,
das ist unter allen Umständen
die Grenze, ist das mit dem Mindestmaß sich deckende Höchstmaß
der Nachfrage.