Der Vorschlag gründet sich auf die Erkenntnis, daß
die Steuerkraft des Volkes als
Ganzes zusammen mit den Warenpreisen wächst und schwindet,
daß somit eine zehn-
fache Preisinflation auch ohne weiteres die zehnfachen Steuererträgnisse
liefern muß,
ohne daß dadurch die Last der Steuern eine Änderung
erfährt. Aus dem gleichen Grunde
ist auch nicht einzusehen, warum die Inflation nicht auch voll
und ganz auf sämtliche
Tarife der Reichspost, der Eisenbahnen usw. übertragen werden
könnte, warum man den
Hauswirten, den Grundbesitzern das Recht nimmt, die Mieten und
Pachtzinsen den
Marktverhältnissen anzupassen. Ich verlange darum auch die
vollkommene und aus-
gesprochene Preisgabe des Gedankens eines Abbaues der Preise,
weil der Preisabbau
gleichbedeutend sein würde mit einem Abbau der Steuererträgnisse,
der wieder die Noten-
presse zu Hilfe rufen würde. Ich verlange die dauernde Aufrechterhaltung
der Preise auf
der zur Zeit erreichten Höhe, damit den Kaufleuten und Unternehmern
endlich eine
sichere Grundlage für ihre Berechnungen geschaffen wird.
Die absolute Währung, die einen integrierenden Bestandteil
dieses Programmes bildet,
bedeutet, daß der allgemeine Preisstand der Waren durch
aktive Währungspolitik dauernd
auf gleicher Höhe erhalten werden soll, so daß man
von da ab mit der gleichen Geld-
summe stets die gleiche Lebenshaltung wird bestreiten können.
Die Warenpreise sollen
nicht im Sinne von einzelnen Höchst- und Mindestpreisen festgestellt
werden. Die Preise
sollen freihändig durch Angebot und Nachfrage gebildet werden
wie vor dem Kriege.
Jedem steht es völlig frei, zu fordern, soviel er glaubt
nach Lage des Marktes fordern
zu können. Jedoch wird das Währungsamt die umlaufende
Geldmasse stets so genau
bemessen, daß Preisstürze und Preistreibereien nicht
mehr vorkommen können. Die
Grundlage zur Führung solcher "aktiven Währungspolitik"
bildet die Preisstatistik, mittels
der die Bewegungen im allgemeinen Preisstand der Waren ermittelt
werden sollen.
Die oft genannten Indexzahlen des Economist gehen aus den Preisen
von 22 Stapel-
artikeln hervor. Man kann diese Zahl natürlich beliebig mehren,
doch wird das Ergebnis
dadurch nicht nennenswert verbessert, da ja die Preise der Waren
in einer natürlichen,
durch die Produktionskosten beherrschten Rangordnung stehen. Darum
ist anzunehmen,
daß, wenn der Index der Stapelartikel unverändert geblieben
ist, auch der Preis der
übrigen Waren sich nicht geändert hat. So will es das
Gesetz des Wettbewerbs.
Wichtiger als die Anzahl der Preise ist die richtige Erfassung
der Bedeutung der ein-
zelnen Waren in ihrem Verhältnis zu den anderen Waren. Die
gleiche Rolle, die etwa das
Brot und der Pfeffer im Familienhaushalt spielen, sollen Brot
und Pfeffer auch in der
Währungs-Statistik spielen. Geschieht das mit der gebotenen
Gründlichkeit, so wird
das Ergebnis für die Bedürfnisse der Volkswirtschaft
vollauf genügen. Der Einwand,
der hier erhoben werden könnte, daß solche Statistik
keine "mathematisch" genauen
Zahlen liefert, kann unbeachtet bleiben. Solchen Kritikern sagen
wir: Wir hindern
niemand daran, das Indexermittelungsverfahren zu vervollkommnen.
Die Kritik darf uns
aber nicht hindern, das Gute zu tun, bloß weil mit der Zeit
das Verfahren verbessert
werden kann. Wir backen doch schon immer Brot, obschon man seit
10 000 Jahren
unausgesetzt den Backofen verbessert. Namentlich vom Standpunkt
der herkömmlichen
Währungsverhältnisse wirkt solche Kritik direkt lächerlich.
Um den Index zu gewinnen, können wir die Zahlen benutzen,
die das Statistische
Jahrbuch d. D. R. liefert. Wir multiplizieren die Preise mit den
Produktionszahlen (bei
eingeführten Waren den Verbrauch) und haben dann unmittelbar
vergleichbare Größen.
Um ein Bild dieser Verhältnisse zu geben, lasse ich hier
einige Zahlen folgen (auf
Zuverlässigkeit erheben sie keinen Anspruch).
Produktion bzw. Einfuhr | 1910 | Betrag | 1911 | Betrag |
Preise | B | Preise | C | |
Roggen. . . . . . . . 8 552 000 t | 152,30 | 1302 | 168,30 | 1439 |
Weizen. . . . . . . . 5 240 000 t | 211,- | 1108 | 204,- | 1068 |
Baumwolle . . . . . 4 360 000 dz | 151,- | 650 | 134,- | 584 |
Roheisen . . . . . . 14 793 000 t | 66,- | 976 | 64,80 | 957 |
Steinkohlen . . . 152 827 000 t | 10,46 | 1598 | 10,16 | 1552 |
5634 | 5600 | |||
Erweitert man diese Liste auf alle Hauptwaren und findet sich,
daß die Summen B
und C nicht oder nur unerheblich - wie oben - voneinander abweichen,
so wird man
daraus schließen, daß die Kosten der Lebenshaltung
sich nicht geändert haben, und
man wird dem Reichswährungsamt das Zeugnis geben, daß
es seine Sache gut gemacht
hat. Es ist nämlich unausbleiblich, daß, wenn der Preis
der Rohstoffe unverändert bleibt,
auch die Preise der Fertigwaren sich nicht ändern. Lohnveränderungen
gehen dann auf
Rechnung des Kapitalzinses oder der Grundrente.
Da die Warenproduktion, von Witterungseinflüssen abgesehen,
wenn sie nicht durch
Krisen und Streik gestört wird, ebenso beständig sein
muß wie die Zahl der Menschen,
so können die Beiwerte oder Produktionszahlen für lange
Zeit, mindestens fürs ganze
Jahr ohne Bedenken verwendet werden, so daß man dann nur
die Preisveränderungen
zu ermitteln braucht, um dann nach Wunsch den Index alle Monate,
Wochen oder Tage
ausrechnen zu können. Wenn also der Direktor des Währungsamtes
Wert darauf legt,
daß ihm täglich nach Schluß der Börse der
Index auf den Tisch gelegt werde, so wird
man solchen Wunsch leicht erfüllen können.
In bezug auf die Beiwerte ist noch folgendes zu sagen: Die Erzeugungsziffern
ändern
sich nicht nur relativ, sondern auch absolut. Dies macht es nötig,
den Betrag der Spalte B
auf den Ausgangspunkt oder Vergleichsindex, hier also 5634 zurückzuführen,
indem man
alle Einzelposten einem gleichmäßigen Zu- und Abschlag
unterwirft.
Hat man z. B.
statt | 8 552 000 t Roggen | 8 000 000, |
statt | 5 240 000 t Weizen | 6 000 000, |
statt | 4 360 000 t Baumwolle | 5 000 000 usw., |
Handelt es sich nun darum, den Index einer zehnfachen Inflation
zu gewinnen, wie
sie für die Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs wohl nötig
sein wird, so beginnt man
damit, eine Liste der hauptsächlichsten Waren mit den Preisen
der Vorkriegszeit, nur
zehnfach aufgebläht, zu veröffentlichen. Dann heißt
es: Die hier aufgeführten Preise
stehen in der natürlichen, durch die Produktionsbedingungen
der einzelnen Waren ge-
schaffenen Rangordnung. Diese Rangordnung ist durch die Zwangswirtschaft
zerstört
worden. Die Preise werden in diese Rangordnung zurückfallen,
wenn die gesetzlichen
Hemmungen beseitigt werden. Wir warnen daher jedermann, von den
Waren, deren
Preise heute über den in der Liste veröffentlichten
Preisen stehen, mehr als den un-
mittelbaren Bedarf einzukaufen, weil sie voraussichtlich bald
im Preise fallen werden.
Das Währungsamt wird dafür sorgen, daß der allgemeine
Preisstand sich nicht vom
zehnfachen Index entfernen wird. Ein jeder rechne hiermit und
richte sich danach!
Und im übrigen sehe jeder, wo er bleibe. Jeder verlange für
seinen Kram den Preis, den
er nach Lage des Marktes glaubt erzielen zu können. Macht
er dabei ein gutes Geschäft,
so gewinnt er dadurch die Mittel, um auch einmal ein schlechtes
Geschäft ertragen zu
können. Das Reichswährungsamt wird jedoch dafür
sorgen, daß mit der absoluten
Währung der Spielraum für Verluste und Gewinne immer
kleiner wird, so daß mit der
Zeit nicht nur der Index fest bleibt, sondern daß auch die
Rangordnung der Preise durch
Währungsereignisse nicht mehr gestört werden wird. Es
ist nämlich zu beachten, daß
jede allgemeine, auf Währungspfuschereien zurückzuführende
Veränderung des Preis-
standes auch die natürliche Rangordnung der Preise zerstört,
indem solche Währungs-
änderungen die Kaufkraft der einzelnen Volksklassen ungleich
berühren. Eine Preis-
steigerung z. B. begünstigt die werbenden Klassen (Schuldnerklasse).
Diese Klasse kauft
und verbraucht aber ganz andere Waren als die durch dieselbe Preissteigerung
benach-
teiligte Klasse der Gläubiger. Es werden mehr teuere Lebensmittel,
mehr volkstümliche
Luxuswaren gekauft, während die Nachfrage nach Waren, die
hauptsächlich von Rent-
nern gekauft werden, entsprechend nachläßt. Diese Störung
setzt sich dort in Preisauf-
schlägen, hier in Preisrückgängen um. Mit der absoluten
Währung fällt darum auch die
Hauptursache der Schwankungen in den Einzelpreisen fort.
In der Schweiz, wo die vom Schweizer Freiland-Freigeld-Bund
gemachten Vor-
schläge der absoluten Währung die Presse schon stärker
beschäftigte, ist von seiten der
Goldwährungsinteressenten der Einwand erhoben worden, daß
eine aktive Währungs-
politik, wie wir sie erstreben, nicht durchzuführen sei,
weil Ausgabe und Einzug von Geld
nicht unmittelbar auf die Preise wirken, sondern erst nach längerer
Zeit, nach Nikolson
sogar erst nach drei Monaten. Wir lassen diesen Verteidigungsversuch
der Hochfinanz mit
sattem Geschmunzel gelten - gibt es doch kein Beweismaterial,
das die heutigen Wäh-
rungsmittel gründlicher in den Boden verurteilt, als die
genannte Tatsache. Wenn die
Zügel eines Pferdes sich erst nach drei Monaten fühlbar
machen, so ist solches Pferd
unlenkbar - man ersetzt es durch ein anderes. So handele man auch
hier. Ist die Währung
unlenkbar, zügellahm, dann fort mit ihr. Mit dem Freigeldpferd
wird man nicht drei
Monate auf die Wirkung der Zügel zu warten brauchen. Das
Freigeld ist ein empfind-
licher Gaul. Noch am selben Tage, wo die Geldmenge vermehrt oder
vermindert wird,
nimmt man auch schon die Wirkung auf dem Markte wahr.
Jeder Versuch der Haute Finance, an der absoluten Währung
zu rütteln, wird immer
auf die Goldwährung abprallen.