Kapitel aus Silvio Gesell: Die Natürliche Wirtschaftsordnung
Rudolf Zitzmann Verlag; Lauf bei Nürnberg; 9. Auflage August 1949;
Herausgeber: Karl Walker

Inhaltsübersicht


4.3. Wie das Freigeld verwaltet wird

Nachdem das Freigeld in Umlauf gesetzt und das Metallgeld außer Gebrauch erklärt
worden ist, wird es sich für das Reichswährungsamt nur mehr darum handeln, das
Tauschverhältnis des Geldes zu den Waren (allgemeiner Preisstand der Waren) zu
beobachten und durch Vermehrung und Verminderung des Geldumlaufs den Kurs des
Geldes fest auf ein genau bestimmtes Ziel, die Festigkeit des allgemeinen Preisstandes
der Waren, zu lenken. Als Richtschnur dient dem Reichsgeldamt die im 3. Teil d. B.
besprochene Statistik für die Ermittelung des Durchschnittspreises aller Waren. Je nach
den Ergebnissen dieser Ermittelung, je nachdem der Durchschnittspreis Neigung nach
oben oder nach unten zeigt, wird der Geldumlauf eingeschränkt oder erweitert (2).

Um die Geldausgabe zu vergrößern, übergibt das Reichswährungsamt dem Finanz-
minister neues Geld, der es durch einen entsprechenden Abschlag von allen Steuern
verausgabt. Betragen die einzuziehenden Steuern 1000 Millionen, und sind 100 Millionen
neues Geld in Umlauf zu setzen, so wird von allen Steuerzetteln ein Abzug von 10 %
gemacht.

Das ist eine einfache Sache, aber noch einfacher wird die Verminderung des Geld-
umlaufes sein. Denn da die Gesamtmenge des Geldes durch den Umlaufsverlust um 5%
jährlich abnimmt, so braucht man, um den Geldbestand zu vermindern, überhaupt
nichts zu tun. Der etwaige Überschuß verbraucht sich selbsttätig. Genügt das aber nicht,
so kann durch Steuerzuschlag nachgeholfen werden. - Der Zweck läßt sich auch er-
reichen, indem das Währungsamt Staatsschuldscheine kauft und verkauft.

Das Reichswährungsamt beherrscht also mit dem Freigeld das Angebot von Tauschmitteln
in unbeschränkter Weise. Es ist Alleinherrscher, sowohl über die Geldherstellung, wie über
das Geldangebot.

Unter dem Reichswährungsamt brauchen wir uns nicht ein großartiges Gebäude mit
Hunderten von Beamten vorzustellen, wie etwa die Reichsbank. Das Reichswährungs-
amt betreibt keinerlei Bankgeschäfte. Es hat keine Schalter, nicht einmal einen Geld-
schrank. Das Geld wird in der Reichsdruckerei gedruckt; Ausgabe und Umtausch ge-
schehen durch die Staatskassen; die Preisermittelung findet im Statistischen Amt statt.
Es ist also nur ein Mann nötig, der das Geld von der Reichsdruckerei aus an die Staats-
kassen abführt, und der das für währungstechnische Zwecke von den Steuerämtern ein-
gezogene Geld verbrennt. Das ist die ganze Einrichtung. Eine Presse und ein Ofen.
Einfach, billig, wirksam. (6)

Und mit dieser einfachen Einrichtung wollen wir die schwere Arbeit der Goldgräber,
die kunstvollen Maschinen der Münzstätten, die Betriebsmittel der Banken, die auf-
geregte Tätigkeit der Reichsbank ersetzen, und zwar so ersetzen, daß niemals ein Pfennig
zuviel, niemals zu wenig umlaufen wird. Und das heute, morgen, ewig, in guten wie in
bösen Tagen. Und mehr als ersetzen. Wir wollen mustergültige, bedächtige, für alle
Welt vorbildliche Arbeit liefern.


(2) Statt die Geldmenge zu ändern, kann man auch die Umlaufsgeschwindigkei t ändern,
indem man den Verlustsatz von 5 % herauf- oder heruntersetzt. Der Erfolg ist derselbe.
Besser ist aber das vorgeschlagene Verfahren.

Dieser Text wurde im Juli 1997 ins Netz gebracht von: W. Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.
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