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Es handelt sich darum, zu zeigen, daß das Papiergeld nicht
allein möglich, sondern
daß es auch sicher und gedeckt ist. Ich will nachweisen,
daß, während das Metallgeld
vom Staate, der es prägte, ohne Gesetzesverletzung vernichtet
werden kann, das Papier-
geld nur zusammen mit dem Staate, mit dem Volke, zugrunde geht.
Es ist Tatsache, daß man der Behauptung Otto Arendts :
"Unsere Reichsmark ist nichts
als die Bezeichnung für 1/1392 Pfund Gold" - mit den
Währungsgesetzen nicht entgegen-
treten kann. Kein Gesetz schützt den Besitzer gemünzten
und ungemünzten Goldes vor
einer solchen gesetzlichen Auslegung des Begriffes Geld, ja, die
frühere Inschrift der
Münzen, "XXX ein Pfund fein", sowie die jetzige
Inschrift der Banknoten und Kassen-
scheine "Die Bank (bzw. das Reich) zahlt dem Inhaber usw."
läßt vermuten, daß die
Verfasser dieser Inschriften die Ansicht Arendts über das
Wesen der Münzen teilten.
Wir können also ohne große Mühe uns folgenden
Fall als möglich denken: der Staat
entzieht aus irgendeinem Grunde dem Gold das Geldmonopol, wie
er seinerzeit dem
Silber dieses Alleinrecht entzog. Statt aber die Münzen gegen
neues Geld umzutauschen,
läßt er alle Goldmünzen mit einem Hammer breitschlagen
und das Blech den Eigen-
tümern mit den Worten zurückgeben: Hier habt ihr das,
worauf ihr, nach eurer eigenen
Aussage, rechtlichen Anspruch erhebt - einen Metallbarren mit
einem bestimmten
Goldgehalt. Geld ist aber dieses Gold von nun an nicht mehr. Wir
machen jetzt anderes
Geld und nehmen kein Gold mehr an, lehnen auch den Umtausch gegen
das neue Geld
ab. Die Goldmünze war nach euren eigenen Worten, nach eurer
eigenen Erklärung vom
Wesen des Geldes, durch ihren Metallgehalt gesichert. Ihr habt
diesen Metallgehalt
jetzt unversehrt in der Hand. Seht nun zu, was ihr mit dem Metallbarren
anfangen könnt.
Es ist eure Sache. Ihr hattet dem Staate Goldbarren geliefert,
er hatte sie kostenlos für
euch, aber mit erheblichen Kosten für sich, prägen lassen.
Jetzt gibt der Staat jedem
zurück, was jeder geliefert hat - einen Goldbarren. Zu fordern
habt ihr weiter nichts -
denn ihr habt ja auch weiter nichts geleistet.
Kein Gesetz schützt heute den Bürger vor solcher Politik.
Im Gegenteil, sie steht mit
der Theorie, der öffentlichen Meinung und mit der Inschrift
der Münzen in vollem
Einklang.
Und doch wäre eine solche Politik eine Pfuscherei schlimmster
Art, ein Raubzug gegen
alle Besitzer von Bargeld, Pfandbriefen, Wechseln, Anleihen, Schuldscheinen,
Pensionen,
Obligationen usw., die dadurch einen bedeutenden Teil ihrer Habe
einfach verlieren
würden. Denn Pfandbriefe, Staats- und Gemeindeanleihen, Schuldscheine,
Pensionen,
Wechsel usw. sind einfach Lieferungsverpflichtungen von so und
so viel Gramm Gold (1),
und wenn dem Gold seine Hauptverwendung plötzlich genommen
wird - seine Ver-
wendung als Geldstoff -, so ist es klar, daß das Gold billig
werden würde. Die mit dem
Hammer breitgeschlagenen Münzen, jetzt einfache Metallbarren,
würden, Verwendung
suchend, den Goldschmieden zuströmen, und ein solch starkes
Angebot würde natur-
gemäß den Preis des Goldes drücken.
Als man das Silber entmünzte, fiel sein Tauschverhältnis
zum Gold von 16 auf 30
und 35, d. h., für eine Tonne Gold lieferte man jahrhundertelang,
bis zur Entmünzung
des Silbers, 16 Tonnen Silber, nach der Entmünzung des Silbers
aber 30 und mehr
Tonnen. Der Preissturz würde noch viel größer
gewesen sein, wenn man in allen Staaten
gleichzeitig zurEntmünzung desSilbers geschritten wäre.
(2) Entsprechend, nur umgekehrt,
erging es dem Nickel: vor seiner Verwendung als Münzmetall
war der Preis dieses Metalls
ganz gering, nachher stieg er um viele hundert Prozent.
Übrigens das, was wir hier als Unterstellung geben, die
Aufhebung des freien Präge-
rechtes für das Gold, wäre um das Jahr 1856 fast zur
Tatsache geworden. Die Gläubiger
fanden damals, daß die allgemeine Preissteigerung der Waren,
eine Folge der kalifor-
nischen Goldfunde, sie zugunsten ihrer Schuldner schädigte,
und sie drängten auf Auf-
hebung des freien Prägerechtes. Und tatsächlich schritt
auch Holland zu dieser Maß-
regel. Hätten die kalifornischen Goldfunde nicht ebenso schnell
nachgelassen, wie sie
sich zeigten, so wäre ganz zweifellos das Schicksal des Goldes
damals besiegelt worden. (3)
Was wäre aber das Gold heute ohne die Vorrechte des Geldes,
was wäre das Gold,
wenn nicht jeder Bürger, jeder, der ein Gewerbe betreibt,
jeder, der die Arbeitsteilung
aufgenommen und die Urwirtschaft aufgegeben hat, kurz jeder, der
Ware besitzt oder
verfertigt - mit diesen Waren eine Nachfrage nach Geld, d. h.
heute nach Gold, er-
zeugte? Was wäre das Gold, wenn es nicht mehr Geld wäre?
Es hätte wirtschaftlich die
Bedeutung, die das Silber hat, seitdem es nicht mehr Geld ist.
Es wäre ein Rohstoff für
den bedeutungslosesten Zweig des 1000-ästigen Industriebaumes.
Wer spricht heute noch
vom Silber? Wem würde es in den Sinn kommen, Silberbarren
zu kaufen und diese als
Sparmittel zu verscharren? Wen berührt es noch, ob der Silberpreis
auf 200 steigt oder
auf 50 fällt? Wer gewinnt, wer verliert, wer stellt noch
seine Zahlungen ein, weil der
Silberpreis, das Tauschverhältnis des Silbers zu den übrigen
Waren, sich verändert hat?
Höchstens einige Metallhändler würden dadurch betroffen,
sonst aber ist allen der Silber-
preis so gleichgültig, wie einer Marmorfigur der Zahnschmerz.
Früher, ja, da genügte es,
wenn das Tauschverhältnis zwischen Silber (4) und Waren sich
um ein Weniges zugunsten
des Silbers hob, um alle Räder stillstehen zu lassen (Krise),
um Tod und Verderben zu
verbreiten, um Verluste, Zahlungseinstellungen, Arbeitslosigkeit,
Hunger und Unruhen
zu erzeugen.
Vom Silberpreis, d. h. vom Tauschverhältnis zwischen Silber
und Waren, hing es ja
ab, wieviel Geld man für seine Erzeugnisse erhielt, und ob
man sie überhaupt an den
Mann bringen konnte: Früher enthielt die Frage nach dem Preis
einer Ware immer auch
die Frage nach dem Preise des Silbers. Wer die Frage stellte:
wieviel kostet dies und
das?, der erkundigte sich damit nur nach dem Preis des Silbers.
Jetzt ist das anders, weil der Staat durch Federstrich das Silber
vom Geld trennte.
Dabei braucht man aber nicht zu glauben, daß eine große
Volksbewegung nötig gewesen
wäre, um dem Silber die Jahrtausende alten Geldvorrechte
zu entziehen. "Die große
Münzreform" wurde von einigen Schwätzern eingeleitet,
begründet und gegen ein
anderes Dutzend Maulhelden ohne Schweiß und Blut verteidigt.
Man lese jene Rede-
kämpfe durch. Vom Hunnenstandpunkte aus wurde die ganze Münzreform
behandelt.
Leere Redensarten, unverdaute Theorien, billige Beteuerungen,
Behauptungen, Ansich-
ten. Das war damals der ganze Währungskampf, und jeder nachfolgende,
bis auf den
heutigen Tag, zeigte denselben Tiefstand. Vom Tauschmittel, von
den Bedürfnissen der
Waren, von der Arbeitsteilung ist niemals gesprochen worden. Wirklich,
als ob die "Mark
d. R.-W." nur der 1392. Teil von einem Pfund Gold wäre.
Alles, was man der Goldwährung nachsagte, wurde einfach
als richtig hingenommen.
Nichts wurde nachgeprüft. Von wissenschaftlicher Bearbeitung
des Gegenstandes nirgend-
wo eine Spur. Tatsache ist, daß es noch heute, nach so vielen
schmerzlichen Erfahrungen,
an einer gesetzlichen Auslegung des Begriffes "Geld"
fehlt, an die man sich in Zweifels-
fällen bei der Auslegung der Währungsgesetze halten
könnte.
Tatsache ist auch, daß heute noch, nicht nur der Bauer,
sondern auch die gebildeten
Bürger, die kindlichsten Vorstellungen über das Geldwesen
hegen, ja, daß "viele, selbst
der hervorragendsten Nationalökonomen, ohne eine wirklich
logisch durchdachte Theorie
des Geldes dastehen". (Knut Wicksell: Geldzins und Güterpreis.)
Unter solchen Verhältnissen fragt man sich: wo ist die Sicherheit
und Deckung des
deutschen Geldes, der "Mark d. R.-W."? In dem Metall
des Geldes liegt diese Sicher-
heit und Deckung nicht. Das zeigt die Tatsache, daß das
Silber, das doch mit dem
deutschen Geld enger verwachsen war als das Gold, von einem Tag
zum anderen, ohne
Sang und Klang, gesetzlich vom Geld getrennt wurde.
In den Gesetzen liegt dieser Schutz auch nicht, denn eine gesetzliche
Auslegung des
Begriffes "Mark d. R.-W." fehlt, und zwar fehlt sie
so gänzlich, daß man auf die Frage
"was ist nach dem Gesetz eine Mark d. R.-W.", immer
die gleiche geistreiche Antwort
erhält: "Eine Mark sind 100 Pfennige" - einerlei,
an wen man sich wenden mag.
Die währungs-theoretische Schulung einer genügenden
Anzahl Männer, die der "Mark
d. R.-W." sozusagen bei der Gesetzgebung als Leibgarde dienen
könnte, um sie vor
den Angriffen von Pfuschern und Schwindlern zu schützen,
wäre an sich geeignet, diese
Sicherheit zu bieten, - aber die Gleichgültigkeit des Volkes,
der Wissenschaft, der
Presse, des Handelsstandes, gegenüber der Lehre vom Wesen
des Geldes war bisher so
groß, daß man schon Mühe hatte, im Millionenreich
der Deutschen nur ein Dutzend
Männer zusammenzubringen, mit denen sich überhaupt die
Theorie des Geldes ernst-
haft besprechen ließ. (5)
Also wo liegt die Sicherheit der "Mark d. R.-W:"? Wer
oder was schützt die "Mark
d. R.-W." vor Pfuschern und Schwindlern? Sind es die Flugschriften
des Vereins zum
Schutze der deutschen Goldwährung? Gehören die Verteidiger
der deutschen Gold-
währung nicht ebenso zu den Pfuschern wie die Angreifer?
Man lese doch diese Flug-
schriften mit Aufmerksamkeit, und man wird erkennen, daß
ihre Verfasser sich über-
haupt nicht klar waren, welchen Zweck das Geld zu erfüllen
hat. Daß das Geld Tausch-
mittel ist, daß das Geld den Tausch der Waren beschleunigen,
sichern und verbilligen
soll, daß der Markt der Prüfstein für die Güte
des Geldes ist, nicht aber der Metall-
gehalt, das Gewicht des Geldes, wird hier überhaupt nicht
erwähnt. Vom denkbar niedrig-
sten Standpunkt, vom Standpunkt des Goldschmiedes und des Bankmannes,
wird hier
das Geld betrachtet. Und dieser Verein zur Verteidigung der deutschen
Währung trägt
jetzt den Siegeskranz! Was für Helden müssen da die
Angreifer gewesen sein!
Daß der Metallgehalt der deutschen Reichsmark keinen Schutz,
keine Sicherheit, keine
Deckung gewährt, haben wir mit der Geschichte des Silbers
bewiesen. Man sollte glauben,
daß eine Tatsache, die eine so klare Sprache spricht wie
diese, genügen müßte, um die
Behauptung, die "Mark d. R.-W." sei der 1392. Teil von
einem Pfund Gold, und daß die
Mark durch den Metallgehalt allein genügend gesichert sei,
als Schwindel zu entlarven.
Dabei ist es allgemein bekannt, daß durch das Spiel der
Kräfte, "Gresham-Gesetz!" (6)
genannt, das Gold durch Ausgabe von Papier- und Silbergeld außer
Land getrieben
werden kann, so oft es die Machthaber wünschen. Es genügt,
daß der Staat mehr Silber
prägt, daß die Reichsbank mehr Banknoten druckt, und
es währt nicht lange, dann
wandern die Goldmünzen über die Grenze. Wo ist also
diese Sicherheit und Deckung,
wenn es von den Gesetzen abhängt, das Gold durch anderes
beliebiges Geld zu ver-
drängen? In Frankreich hatte man, als John Law mit dem Papiergeld
seine Versuche
anstellte, Silber und Gold im Verkehr. Diese Sicherheit des französischen
Geldes be-
währte sich so vorzüglich, daß nach kürzester
Zeit nur mehr Geldpapier vorhanden war.
Später wiederholte man mit Assignaten (Anweisungen) den Versuch
mit dem gleichen
Erfolg. Und als es hieß, den Deutschen den Hunnenschatz
als Kriegsbeute auszuliefern,
da wurde wiederum mit Papiergeld der Markt vollständig von
allem Gold leergefegt.
Dreimal hat man also in Frankreich die Probe gemacht, jedesmal
mit vollem Erfolg.
Dreimal versagte das Metall als Sicherheit. Und wie war es in
Schottland, England,
Österreich, Rußland, Spanien, Italien, in den Vereinigten
Staaten, in Südamerika, in
Indien? In all diesen Ländern ist das Metall (Gold und Silber)
unzähligemal, so oft es
die Machthaber (Selbstherrscher und Volksvertretungen) so haben
wollten, vom Papier-
geld verdrängt worden. Das Metall hat niemals dem Papier
widerstehen können. Vor
Pfuschern und Schwindlern hat das Geld in dem Goldgehalt nie mehr
Schutz gefunden,
als das deutsche Geld Schutz in dem Silbergehalt der Taler gefunden
hat.
Es gehört also zum Glauben, daß die d. R.-W. vor Schwindlern,
Pfuschern, Dieben
durch den Goldgehalt gesichert sei, eine vollständige Unkenntnis
der Geschichte des
Geldes überhaupt.
Übrigens, wenn wir auch ganz von dem Gresham-Gesetz absehen,
- wer war denn
eigentlich durch den Metallgehalt der Münze gedeckt? Zweifellos
doch nur die zu-
fälligen Inhaber der Münzen, die Inhaber der 4 oder
5 Milliarden, die früher in Deutsch-
land an gemünztem Gold umliefen. Aber was sind diese "Miseräbelchen",
diese ver-
hältnismäßig ganz bedeutungslosen Mengen Goldes,
gegenüber den 1000 Milliarden
an Staatsschulden, Pfandbriefen, Wechseln, Pacht- und Mietsverträgen?
Waren diese
1000 Milliarden auch noch durch den Metallgehalt der 5 Milliarden
an Münzen ge-
deckt? Diese 1000 Milliarden sind nur durch das Gesetz gesichert,
und das Gesetz,
nicht der Metallgehalt der Münze, bestimmt, was eine "Mark
d. R.-W" in Pfandbriefen,
Staatsanleihen usw. bedeutet. Vor 40 Jahren lauteten alle deutschen
Pfandbriefe,
Staatsanleihen, Wechsel, auf Silber, und das Gesetz zwang dann
trotzdem den Schuldner,
mit Gold zu zahlen!
Auch so betrachtet, erweist sich die Sicherung der "Mark
d. R.-W." durch den Metall-
gehalt der Münze als Bier und Tabaksqualm.
Das gemünzte Geld ist nur ein Pfifferling (7) im Vergleich
mit dem ungemünzten Geld
(das sind also alle Geldlieferungsverträge), und darum kann
die metallene Sicherheit
des Geldes auch immer nur die Bedeutung eines Pfifferlings haben.
Ganz abgesehen
davon, daß selbst dieser Pfifferling durch das Spie1 der
Kräfte, das im Worte Gresham-
Gesetz zusammengefaßt wird, unter der Hand verschwindet.
Als in allen den vorhin genannten Ländern das Gold- und
Silbergeld durch Papiergeld
und Kupfermünzen verdrängt wurde und in vielen Fällen
auch das Papiergeld noch zu
Geldpapier (also wertlos) wurde, da fielen auch gleichzeitig alle
Schuldverschreibungen,
die Staatspapiere, Pfandbriefe, Wechsel auf den Stand des Geldpapieres.
Ich frage also nochmals, wo blieb die Sicherheit des Metallgeldes?
Das Geld braucht den Staat; ohne Staat läßt sich kein
Geld denken; ja, man kann
sagen, mit der Einführung des Geldes beginnt die Gründung
des Staates. Das Geld ist
das natürlichste und mächtigste Bindemittel der Völker.
Das Weltreich der Römer wurde
durch die römische Münze fester als durch seine Heerhaufen
zusammengehalten. Als
die Gold- und Silbergruben versiegten und keine Münzen mehr
geprägt wurden, da-
fiel das Weltreich auseinander.
Diese Unentbehrlichkeit des Geldes, bei gleichzeitiger Unentbehrlichkeit
der staatlichen
Oberaufsicht über das Geld, gibt dem Staate unbeschränkte
Macht über das Geld, und
dieser unbedingten Macht gegenüber erweist sich die metallene
Sicherheit der Münze
als Spreu im Winde.
Das Geld kann man darum ebensowenig durch den Geldstoff gegen
Machtmißbrauch
des Staates schützen, wie man die Verfassung des Staates
mit dem Pergament, worauf
sie geschrieben steht, vor Willkürherrschaft schützen
kann.
Nur der Staat selbst, der Wille der Machthaber (Selbstherrscher
oder Volksvertretung)
kann das Geld vor Pfuschern, Schwindlern, Dieben sichern und schützen
- voraus-
gesetzt, daß der Machthaber überhaupt seine Macht zielbewußt
zu gebrauchen weiß,
was leider bisher noch nie und nirgends der Fall gewesen ist.
Was hier vom Metall gesagt ist, gilt natürlich auch für
das Papiergeld. Irgendeine
Sicherheit bietet der Papierstoff dem Inhaber nicht, weder dem
Inhaber des eigentlichen
Papiergeldes, noch den Inhabern der Geldlieferungsversprechen
(Wechsel, Staatsschuld-
scheine, Ruhegehaltsberechtigungen, Miet- und Pachtverträge,
Lebensversicherungen,
Pfandbriefe, Obligationen).
Das Papiergeld ist sogar in dieser Beziehung noch etwas weniger
sicher gestellt (freilich
nur um ein geringes weniger), als das Metallgeld, dafür aber
wird es wieder kräftiger
durch das Gesetz geschützt.
Wir haben gesehen, daß der Staat, ohne Gesetztesverletzungen
und in voller Überein-
stimmung mit den landläufigen Anschauungen vom Wesen des
Geldes, die Münzen
durch einen die Prägung vernichtenden Hammerschlag wieder
in das, was sie ursprüng-
lich waren, verwandeln, daß er den goldenen Münzen
die Vorrechte des Geldes ent-
ziehen kann, daß der Verlust der Geldvorrechte den Preis
des gemünzten Goldes drücken
würde, daß der Staat durch kein Gesetz gebunden ist,
die Inhaber der Münzen für
diesen Verlust zu entschädigen und daß, falls er sich
zu einer Entschädigung entschließt,
er nicht nach Recht und Gesetz, sondern nur nach Billigkeit handelt.
Und die Billigkeit
ist eine schwache Sache, da kommt es sehr auf die Gesellschaftsschicht
an, die sich auf
Billigkeit beruft. (8)
Ganz anders steht dagegen das Papiergeld dem Gesetz und Recht
gegenüber. Der
Staat darf dem Papiergeld die Vorrechte des Geldes nicht entziehen,
ohne die Inhaber
zu entschädigen. Der Staat hat bei der Ausgabe des Papiergeldes
etwas in Tausch er-
halten, und dieses Etwas ist er dem Inhaber schuldig. Er muß
es zurückerstatten; zweifel-
los muß er das; es kann dies gar nicht geleugnet werden,
auf welchen Standpunkt man
sich auch stellt. Der beste Beweis für diese Entschädigungspflicht
ist wohl der, daß sich
überhaupt keine anderen Gründe dafür finden lassen
als die Selbstverständlichkeit dieser
Pflicht.
Der Staat hat den Talern die Geldvorrechte entzogen und die Inhaber
durch Tausch
der Taler gegen neues Geld entschädigt. (9) Eine gesetzliche
Entschädigungspflicht bestand
nicht, aber man fand außerhalb des Gesetzes genügend
Gründe, um so zu handeln. Da
war vor allem die Tatsache, daß der Staat die Bürger
durch die Steuergesetze vorher
gezwungen hatte, silberne Taler zu kaufen, denn der Bauer, der
seine Steuern bezahlen
wollte, mußte vorher durch Verkauf seiner Kuh Taler kaufen.
Durch staatliche Anfor-
derungen gezwungen, hatte der Bauer Silber gekauft, nicht weil
er für sich irgendeinen
besonderen Bedarf daran hatte. Dadurch übernahm der Staat
die Pflicht, den Bürgern
auch den Absatz für diese Taler zu sichern, woraus sich dann
die Entschädigungspflicht
ableiten läßt.
Solche Begründung der Entschädigungspflicht läßt
sich ja hören, aber man weiß,
wie schwerhörig jeder wird, der nicht hören will. Was
nützen da die schönsten Gründe?
Sein Recht begründen, heißt seine Schwäche erkennen.
Wenn die Landwirte (Agrarier)
damals, als es hieß, die Goldwährung einzuführen,
gewußt hätten, daß die Entmünzung
des Silbers einen Preissturz dieses Metalls berbeiführen
würde, der sie um 50 % ihrer,
in Silbertalern eingegangenen Grundpfandschulden hätte befreien
können - wer weiß,
wie sie sich da gegenüber der Entschädigungspflicht
verhalten hätten. Ihr späteres Ver-
halten, als sie (zu spät) den Sachverhalt erkannten, läßt
darauf schließen, daß sie die
Metallgeldtheorie, wonach ein Taler der XXX. Teil von einem Pfund
Feinsilber war,
sich zu eigen gemacht und darauf bestanden haben würden,
ihre in Silbertalern ein-
gegangenen Schulden mit ungemünztem Silber im Verhältnis
von 1/30 Pfund für jeden
Taler zu bezahlen. Das wäre ein ebenso einträgliches,
dabei anständigeres, ehrlicheres
Geschäft gewesen als die Erhöhung ihrer Grundrenten
durch Zölle.
Alle solche Geschichten fallen beim Papiergeld fort. Da gibt
es keine Parteien, keine
Theorien, keine Gesetze, keine Gesetzesauslegung und keine Gründe,
um die Ent-
schädigungspflicht des Staates darzutun. Sie ist selbstverständlich.
Und darum ist die
Sicherheit des Papiergeldes auch größer als die des
Metallgeldes - das Papiergeld ist
genau so sicher wie die Gedanken und Interessen, die das Volk
zu einem Staate zu-
sammenschließen. Das Papiergeld geht nur mit dem Staate
zugrunde.
Neben der eingebildeten Sicherheit des Geldes gegenüber
der Allmacht des Staates
verlangt man für das Geld noch eine Deckung oder wirtschaftliche
Sicherheit. Der Staat,
wird man sagen, mag seine Macht, so gut er es verstebt, gebrauchen;
er mag auf den
Mißbrauch dieser Macht verzichten, aber das allein bietet
keine Gewähr dafür, daß man
die Auslagen, die man für die Anschaffung des Geldes gemacht
hat, auch immer wird
einholen können. Das Metallgeld trägt den Stoff für
die volle Deckung dieser Auslagen
in sich, es hat "inneren Wert" (einerlei, was man sich
darunter vorstellt), Wertstoff,
während das Papiergeld in dieser Beziehung leer ist und seine
Deckung anderswo, auf
alle Fälle außerhalb seines Stoffes, suchen muß.
Dieser Einwand ist leer, verworren. Zum Teil ist seine Leerheit
schon im Abschnitt
"Was ist der Wert?" und in den vorangehenden Ausführungen
über die Sicherheit des
Geldes dargetan. Schon der Umstand, daß die Inhaber der
Silbermünzen nach dem
Verluste der Geldvorrechte sämtlich von dem Umtauschrecht
Gebrauch gemacht haben,
zeigt uns klar, daß das Metallgeld dem Inhaber keine volle
Deckung seiner Auslagen
im Geldstoff bietet. Sonst hätte doch jeder das Silber einfach
behalten.
Was sich, außer dem schon Gesagten, gegen den erhobenen
Einwand noch Vernünf-
tiges, wenn auch bereits Überflüssiges, sagen läßt,
ist etwa folgendes:
Eine Ware ist gedeckt, solange jemand da ist, der dafür
die übliche Menge Ware oder
Geld in Tausch zu geben bereit ist, mit anderen Worten, solange
die Nachfrage nicht
nachläßt. Sich selbst kann aber keine Ware decken.
Es gehört ja zum Begriff der Arbeits-
teilung und Ware, daß das Arbeitserzeugnis seinem Erzeuger
geradezu nutzlos ist. Was
können, ich wiederhole die Frage, die Schneider, Schuster,
Apotheker mit ihren Erzeug-
nissen anfangen, ja, was sollten die Bauern mit dem Gold der Münzen
anfangen, wenn
niemand es ihnen abkaufen würde?
Man denkt, wenn von der Deckung des Geldes die Rede ist, wohl
an den Nutzen, den
die Besitzer von Gebrauchsgütern aus dem Gebrauch dieser
Güter (Vorräte, Werkzeuge
usw.) ziehen. Diesen Nutzen möchte man auf alle Fälle
dem Geldbesitzer durch den
Geldstoff sichern. Das Geld soll Ware und gleichzeitig ein Stoff
für persönliche Bedürf-
nisse sein. Man will ein Zwitterding, etwas Unmögliches.
(10) An dem Tage, wo allen Geld-
besitzern der Geldstoff nützlich wäre, gäbe es
ja kein Geld mehr. Die Nützlichkeit des
Geldstoffes würde die Münzen zum Schmelztiegel führen.
Und das Geld ist doch un-
entbehrlich; es soll nicht verbraucht werden.
Solange wir uns in die Arbeit teilen, d. h. solange wir Waren
(d. h. uns selbst nutzlose
Dinge) erzeugen, so lange werden wir Tauschmittel, d. h. Geld
gebrauchen. Der Bedarf
an Geld ist also dauernd, nie fehlend, auf der Arbeitsteilung,
der Grundlage unseres
Daseins, aufgebaut. Weshalb sollen wir da das Geld verbrauchen,
aufzehren, vernichten
können? Wäre es nicht im Gegenteil eine Gefahr für
den Austausch der Waren, für den
Fortbestand der Arbeitsteilung, wenn man das Tauschmittel verzehren,
verbrauchen
könnte?
Eine solche Deckung des Geldes, wie sie in dem oben gemachten
Einwand gesucht
wird, - gibt es nicht und kann es nicht geben.
Nicht durch den Geldstoff ist das Geld gedeckt, ist das Bedürfnis
nach ihm, die kauf-
männische Nachfrage gesichert, sondern durch sein Wirken
als Tauschmittel. In letzter
Linie sind es die unerschöpflichen, diebessicheren Schätze,
die die Arbeitsteilung dem
Menschen bietet, die das Geld decken.
Neben der Arbeitsteilung gibt es keine andere Deckung für
das Geld. Die Arbeits-
teilung erzeugt einen ununterbrochen fließenden Strom von
Waren, die ihrerseits eine
ununterbrochene Nachfrage nach Tauschmitteln, nach Geld halten,
einerlei, aus welchem
Stoff das Geld hergestellt wird. Ob das Geld aus Gold - Silber
- Papier gemacht ist,
bleibt ohne Einfluß auf das Angebot von Waren, also auf
die Deckung des Geldes, da
ja, ganz unabhängig von der Beschaffenheit des Geldes, die
Erzeugnisse der Arbeits-
teilung gegen Geld angeboten werden müssen. Ob der Bauer
für seine Kartoffeln Gold
oder Papier erhält, hat keinen Einfluß auf die Menge
Kartoffeln, die er zu Markte bringt.
Er bringt auf alle Fälle alles hin, was er entbehren kann.
Ob auf der Reichsbank 10
oder 100 Tonnen Gold lagern, hat auf das Angebot von Waren, auf
die Nachfrage nach
Tauschmitteln, keinen Einfluß. Und da die Nachfrage die
eigentliche Deckung des Geldes
(wie der Waren überhaupt) ist, so ist auch die Deckung des
Geldes von dem Geldstoff
unabhängig.
Ware, Geldbedarf und Gelddeckung sind drei verschiedene Ausdrücke
für die gleiche
Sache. Wo ist die Deckung der Eisenbahnaktie? Etwa in den Schienen
und den Bahn-
dämmen? Diese Deckung findet jeder in den Gütermassen,
die der Bahn täglich zur
Weiterbeförderung zugeführt werden. Die Arbeitsteilung
ist die Deckung der Bahnaktie.
Und genau so verhält es sich mit den Anteilscheinen der
Geldvorrechte, mit dem Geld.
Gesetzt den Fall, es fehlen einmal die Frachtgüter, so ist
die Eisenbahnaktie wertloses
Papier; angenommen ferner; es hören Arbeitsteilung und Angebot
der Waren auf, so ist
das Geld der nutzloseste Gegenstand, das Papiergeld ist dann wie
Ausschußpapier, und
das Metallgeld ein Rohstoff der nebensächlichsten aller Industrien.
Fassen wir hier kurz das in diesem Abschnitt Gesagte zusammen:
(2) Es ist anzunehmen, daß, wenn heute einer der großen
Handelsstaaten das Gold ent-
münzte, die anderen Staaten sofort dem Beispiel folgen würden,
um sich des von jenem
Staate einströmenden Goldes zu erwehren, und um sich vor
ähnlichen Verlusten zu
schützen, wie sie die lat. Münzunion dadurch erlitt,
daß sie zu lange mit dem Verkauf des
Silbers zögerte.
(3) Ich mache wiederholt darauf aufmerksam, daß es sich
hier um die Nenauflage eines
erstmalig 1911, also vor dem Kriege, erschienenem Buches handelt.
Der Krieg hat viele
Bestätigungen dieser neuen Lehre vom Geld gebracht, doch
verzichte ich darauf, auf ihn
Bezug zu nehmen. Ich will vom Kriege nichts, auch keinen Lehrstoff,
geschenkt erhalten.
(4) Auf Französisch (l'argent) und spanisch (plata) heißt Silber soviel wie Geld.
(5) In den letzten Jahren hat sich dies durch die rege Arbeit
des "Freiwirtschaftsbundes"
wesentlich gebessert, und es mehrt sich ständig die Zahl
derer, die den Stoff beherrschen
und für die Verwirklichung des Freigeld-Gedankens in Wort
und Schrift eintreten.
(6) Gresham-Gesetz: Wenn in irgendeinem Lande der Geldbestand
den wirklichen Bedarf
an Tauschmitteln übersteigt und sich dies in einer Preissteigerung
zeigt, so wird diese
Preissteigerung die Warenausfuhr erschweren, die Einfuhr erleichtern,
und infolgedessen
die Ausfuhr gegenüber der Einfuhr einen Fehlbetrag ergeben,
der am einfachsten durch
Goldausfuhr gedeckt wird. So wurden z. B. aus Deutschland, wo
die Milliarden ausge-
schüttet worden waren, in den Jahren 1872/74 für 3646
Millionen Mark (also fast für den
vollen Betrag der Kriegsentschädigang) mehr Ware eingeführt
als ausgeführt, während
noch vor dem Kriege die deutsche Ausfuhr einen Überschuß
über die Einfuhr ergeben hatte.
Diese Goldausfuhr, die ja eine Verminderung des Geldbestandes
bedeutet, drückt die
Preise auf ihre richtige Höhe herab und stellt so selbsttätig
das Gleichgewicht zwischen
Ein- und Ausfuhr wieder her. Wenn nun aber der Staat, ohne Rücksicht
auf die Warnung,
die in der Goldausfuhr liegt, den Geldbestand dauernd durch Ausgabe
von Papiergold
vermehrt, so geht auch dauernd Gold außer Land, bis die
Einfuhrhändler auf Schwierig-
keiten stoßen, Gold (oder ausl. Wechsel) für ihre Warenbezüge
aufzutreiben. Diese Schwie-
rigkeiten setzen sich dann sofort in ein Aufgeld (Agio) um, und
nun wirkt dieses Aufgeld
als Regler des Außenhandels, insofern als es die Wareneinfuhr
erschwert und die Waren-
ausfuhr erleichtert. Das Aufgeld hindert aber gleichzeitig den
Goldumlauf im Inlande,
da im Inlande an den Staatskassen und vor Gericht nur Papiergeld
angenommen und
das täglich wechselnde Aufgeld im Verkehr bald als eine lästige
Begleitung des Goldes
empfunden wird, so daß das Gold nur noch ungern angenommen
wird. Das Aufgeld stößt
überall an, das Gold wird für den Verkehr unbrauchbar.
Es sammelt sich bald in den
Banken - als überschüssig - und bleibt dort brach liegen,
bis es auf der Suche nach
Zins von den Eigentümern über die Grenze befördert
wird. So kommt es, daß im Kampfe
mit seinem papiernen Wettbewerber das Gold im Inlande immer den
kürzeren zieht.
Ganz gesetzmäßig wirft das Papiergeld seinen Wettbewerber,
das Gold, über die Grenze,
und dieses "Gesetz" nennt man das Gresham-Gesetz, zu
Ehren eines Mannes dieses Namens,
der es zuerst gefunden hat.
(7) In Deutschland liefen früher 5 Milliarden Mark in Goldmünzen
um gegen 143 Mil-
liarden in Pfandbriefen, 40 Milliarden in Wechseln usw.
(8) Die Großgrundbesitzer wandten sich an den Staat um eine
Verteuerung der Volks-
nahrung durch Grenzsperre, und sie wurde ihnen gewährt. Die
Arbeiter verlangten vom
Staat Verbilligung der Nahrungsmittel durch Aufhebung der Grenzsperre
- und sie
wurde glatt verweigert.
(9) Daß durch den Verlust der Geldvorrechte den Talerbesitzern
überhaupt ein Schaden
entstehen konnte, widersprach und widerspricht noch heute den
Metallgeldtheorien.
(10) "Gewöhnlich, wenn der Deutsche etwas will, so will
er gleichzeitig auch das Gegen-
teil." Bismarck.
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