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Wir wären weit, weit über den Kapitalismus hinaus (1),
wenn nicht seit 3000 Jahren
durch die Wirtschaftsstockungen die Menschheit immer wieder die
mühsam erklom-
menen Stufen heruntergestoßen worden wäre; wenn die
bettelhafte Armut, in der jede
Wirtschaftsstockung die Volksmassen hinterläßt, nicht
die Bettlergesinnung großgezogen
hätte, die nun einmal den Menschen, groß und klein,
in den Knochen liegt. Unsere
Arbeiter würden sich die Behandlung, die ihnen durch die
Unternehmer und den Staat
zuteil wird, nicht gefallen lassen, wenn die Nachfrage nach ihren
Erzeugnissen ebenso
regelmäßig auf dem Markte erschiene wie das Angebot,
und unsere Großgrundbesitzer
würden nicht bei den Brotkonsumenten, bei den ausgemergelten,
dürren Arbeiterfrauen
um Brotzölle gebettelt und dabei nach Bettlerart, um das
öffentliche Mitleid zu erregen,
ihre Geschwüre (die Not der Grundrentner) bloßgelegt
haben, wenn die Goldwährung
sie durch den Druck, den sie auf die Preise geübt, nicht
geplündert und bestohlen hätte.
Die Plage des Hungers und der Druck der Schulden sind böse Erzieher.
Und wo wären wir heute in wissenschaftlicher, technischer,
religiöser Beziehung an-
gelangt, wenn die vielversprechende Kultur, die das Gold, obschon
blutbefleckt, geraubt
und erpreßt, in Rom erstehen ließ, nicht unter einer
anderthalbtausendjährigen, durch
Geldmangel erzeugten wirtschaftlichen Eiszeit erstarrt, vergletschert,
vernichtet worden
wäre!
Salomo schuf Wunderdinge, weil er Stoff für die Gelderzeugung
aus Ophir erhielt,
wodurch ein geregelter Austausch und die Arbeitsteilung möglich
wurden. Aber seine
Schöpfungen gingen wieder, zusammen mit dem Aufhören
der Goldzufuhr, verloren.
Jeder Anlauf zur Kultur der Menschheit ist immer selbsttätig,
gesetzmäßig durch den
Rückgang der Preise erstickt worden. Denn Fortschritt heißt
wachsende Arbeitsteilung,
Arbeitsteilung heißt Angebot, und das Angebot kann nicht
zum Tausch führen, wenn
die Preise wegen Mangels an Nachfrage (Geld) sinken.
Geld und Kultur gehen zusammen auf und unter. Darum war auch
die "merkanti-
listische Theorie", die das Gold als den Inbegriff des Reichtums
und der Kultur be-
trachtete und folgerichtig darum auch eine auf ständige Vermehrung
des Geldbestandes
gerichtete Wirtschaftspolitik durch Schutzzölle befürwortete,
gar nicht so falsch. Der
gesunde Gedanke hatte nur einen törichten Ausdruck gefunden.
Die Tatsache war da,
daß bei Zufluß von Gold die Gewerbe, Künste und
Wissenschaften gediehen. Nur ver-
wechselten die Merkantilisten Geld und Gold. Sie glaubten, das
Gold bewirke das
Wunder mit Hilfe seines "inneren Wertes"; es gab für
sie kein Geld, sondern nur Gold.
Geld und Gold waren ein Begriff. Sie wußten nicht, daß
das Geld, nicht das Gold, den
Austausch der Waren vermittelt und daß der Reichtum durch
die Arbeitsteilung entsteht,
die das Geld, nicht das Gold, ermöglicht. Sie suchten die
Wirkungen der Arbeitsteilung
in Eigenschaften des Goldes, statt in denen des Geldes.
Wer nun einmal gelernt hat, das Geld vom Gold zu trennen und
zu unterscheiden
(vgl. den 1. Abschnitt), sich auch von der Wichtigkeit fester
Preise überzeugt und dabei
den Wertaberglauben abgeschworen hat, der kommt leicht auf den
Gedanken: so ver-
fertigt doch einfach Papiergeld und bringt es unter die Leute,
sowie ihr merkt, daß das
Angebot die Nachfrage überholt und die Preise zu weichen
beginnen, und umgekehrt,
zieht Papiergeld ein und verbrennt es, sowie ihr merkt, daß
die Nachfrage das Angebot
übersteigt und die Preise anziehen. Es handelt sich ja nur
um eine Quantitätsfrage, und
die lithographische Presse in dem einen, der Verbrennungsofen
im anderen Falle, stellen
es in euer Ermessen, die Nachfrage (Geld) dem Angebot (Ware) stets
derart scharf
anzupassen, daß die Preise fest bleiben müssen.
So spricht Michael Flürscheim (2), der diesen Gedanken mit
Eifer vertritt und der mich
unter die ersten zählt, die ihn gestaltet und verbreitet
haben. Gegen diese Ehre muß
ich aber insofern Verwahrung einlegen, als ich es stets und von
vornherein bestritten
habes, daß das Papiergeld in der Form, wie es heute bekannt
ist (also ohne stofflichen,
unmittelbaren Umlaufszwang), einfach durch Veränderungen
seiner Menge sich dem
Angebot so anschmiegen lasse, wie es die Bedürfnisse eines
geregelten Austausches der
Güter des eigenen Landes wie des Weltverkehrs erheischen.
Ich bestreite es und will hier gleich klipp und klar nachweisen,
daß, solange der Staat
neben der Masse des Geldes nicht auch noch den Umlauf des ausgegebenen
Geldes
beherrscht, alle die hier aufgedeckten Widersprüche des Geldumlaufes
ungelöst bleiben.
Solange das Geld als Ware betrachtet besser als die Ware im allgemeinen
ist, solange
man von Geldvorrechten spricht, solange namentlich die Sparer
das Geld den Waren
(ihren eigenen Erzeugnissen) vorziehen, solange die Wucherspieler
das Geld ungestraft
zu ihren Angriffen mißbrauchen können, wird das Geld
den Austausch der Erzeug-
nisse nicht ohne eine vom Handelsgewinn gesonderte Abgabe vermitteln.
Und das Geld
soll doch "ein Schlüssel und kein Riegel des Marktes"
sein, es soll eine Straße und kein
Schlagbaum sein; es soll den Austausch fördern, verbilligen,
nicht hemmen und belasten.
Und es ist doch klar, daß ein Geld nicht zugleich Tausch-
und Sparmittel, Peitsche und
Bremse sein kann.
Deshalb fordere ich neben einer nur durch die reine Papierwährung
ermöglichten
Beherrschung der Geldmassen durch den Staat eine vollkommene,
sachliche Trennung des
Tauschmittels vom Sparmittel. Den Sparern stehen alle Güter
der Welt zur Verfügung,
warum sollen sie also ihre Erspamisse gerade in Geld anlegen?
Das Geld wurde doch
nicht gemacht, damit es gespart werden könnte!
Das Angebot steht unter einem unmittelbaren, den Waren anhaftenden,
sachlichen
Zwang; darum fordere ich einen gleichen Zwang für die Nachfrage,
damit bei den Ver-
handlungen um den Preis das Angebot nicht der Nachfrage gegenüber
im Nachteil
bleibe. (4)
Das Angebot wird durch den erwähnten Zwang über den
Willen der Warenbesitzer
gestellt, wird einfache, meßbare Sache; die Nachfrage muß
darum gleichfalls vom Willen
der Geldbesitzer getrennt werden, - auch sie soll zur Sache werden,
damit sie jederzeit
abgewogen und gemessen werden kann. Wer es weiß, wie groß
die Warenerzeugung
war, der weiß auch, wie groß das Angebot sein wird;
ebenso muß jeder, der den Geld-
bestand kennt, wissen, wie groß die Nachfrage sein wird.
Das alles erreicht man auf einfachste Weise durch den sachlichen,
dem Gelde an-
haftenden Umlaufszwang des Tauschmittels, und es läßt
sich nur durch ihn erreichen.
(Siehe den folgenden Teil d. B.)
Der stoffliche Umlaufszwang befreit den Geldumlauf von allen
Hemmungen, die
Gewinnsucht, Wucherspiel, Furcht und drohende Wirtschaftsstörungen
aller Art ihm
entgegenstellten, versetzt die gesamte, vom Staate ausgegebene
Geldmasse in einen
ununterbrochenen, gleichmäßigen, durch nichts zu störenden
Umlauf und erzeugt da-
durch eine ebenso regelmäßige, ununterbrochene Nachfrage.
Infolge der Regelmäßigkeit, womit nun die Nachfrage
sich einstellt, hören die Absatz-
stockungen, die Warenanschwellungen auf, und so wird als unmittelbare
Begleiterschei-
nung der regelmäßigen Nachfrage auch das Angebot regelmäßig
sein und nur mehr
von der Warenerzeugung beeinflußt werden, genau wie ein
Flußbett regelmäßig wird,
sobald das Gefälle gleichmäßig verteilt wird.
Dann sind nur ganz geringe Änderungen in der Menge des Geldes
nötig, um die
Nachfrage den natürlichen Schwankungen der Warenerzeugung
stets auf den Leib zu-
schneiden zu können.
Will man jedoch diesen Umlaufszwang für das Geld nicht einführen,
so verwirren
sich sofort alle Verhältnisse. Die Nachfrage entzieht sich
dem Machtbereich des Staates.
Wobei noch das einzig Gesetzmäßige in diesem Wirrwarr,
die Profitbedingung für den
Geldumlauf, dahin wirkt, daß das Geld privatwirtschaftlich
vom Markt zurückgezogen
werden muß, sobald es an Geld fehlt, und umgekehrt wieder
dem Umlauf zugeführt
wird, wenn es schon im Übermaß angeboten wird.
Zur Prüfung der Richtigkeit des hier Gesagten will ich jetzt
den Vorschlag, den Flür-
scheim vertritt (5), einer genaueren Prüfung unterwerfen.
Es wird dies auch darum nötig,
weil die schönen Erfolge, die man mit der auf einen festen
Stand (das Goldpari) zuge-
spitzten Neuordnung der Notenausgabe (Emissionsreform) in Argentinien
(6), Brasilien,
Indien und anderen Ländern erzielte, die Aufmerksamkeit auf
das Papiergeld gelenkt
und den Glauben an eine weitere Vervollkommnungsmöglichkeit
dieses Tauschmittels
erweckt haben. Die Vertreter der Papierwährung könnten
aber ihrer Sache keinen größe-
ren Schaden zufügen, als durch Einführung oder Gutheißung
von Neuerungen, bei denen
nicht jede Möglichkeit eines Mißerfolges ausgeschlossen
ist. Jeder Fehlschlag stärkt nur
die Stellung der Metallwährungsvertreter und macht die Papierwährung
wieder für
Jahrzehnte unerörterbar.
Die hier als unzulänglich erwähnte einfache Änderung
der Notenausgabe (Emissions-
reform) läuft also darauf hinaus, den Staat zu ermächtigen,
Geld in einer nur durch die
Preise der Waren beschränkten Menge auszugeben bzw. einzuziehen.
Die Nachfrage
nach Geld soll der Staat nur noch mit dem Durchschnittspreise
der Waren messen. Der
Staat vermehrt den Geldumlauf, wenn die Preise fallen, er schränkt
den Geldumlauf
ein, sobald die Preise steigen. Das Geld soll nicht in einer bestimmten
Ware, auch nicht
in Gold einlösbar sein; für die Einlösung soll
der Inhaber auf den Markt angewiesen
sein. Im übrigen aber soll sich das Papiergeld nicht von
dem gemeinen Papiergeld unter-
scheiden. Namentlich soll auch das Geld nach wie vor als Sparmittel
gebraucht oder
mißbraucht werden können, ebenso als Rücklage
seitens der Wucherspieler (Speku-
lanten). Die Nachfrage soll also alle Vorrechte behalten, die
sie heute gegenüber dem
Angebot besitzt. Die Nachfrage soll bleiben, was sie heute ist,
eine Willenshandlung der
Geldbesitzer, soll also Spielball der Geldmächte bleiben.
Der ausgesprochene Zweck der Sache soll aber doch sein, die in
Abständen immer
wiederkehrende Zuvielerzeugung (chronische Überproduktion)
und Arbeitslosigkeit zu
beseitigen, die Wirtschaftskrisen unmöglich zu machen und
den Kapitalzins zu unter-
drücken.
Entscheidend für die Beurteilung dieser Reform wird das
Verhalten der Sparer sein,
und da wollen wir hier in erster Linie daran erinnern, was wir
über das Sparen gesagt
haben. Der Sparer erzeugt mehr Ware, als er selbst kauft, und
der Überschuß wird von
den Unternehmern mit dem Geld der Sparkassen gekauft und zu neuen
Realkapitalien
verarbeitet. Aber die Sparer geben das Geld nicht her ohne Zins,
und die Unternehmer können
keinen Zins bezahlen, wenn das, mas sie bauen, nicht wenigstens
den gleichen Zins einbringt,
den die Sparer fordern. Wird aber eine Zeitlang an der Vermehrung
der Häuser, Werkstätten,
Schiffe usw. gearbeitet, so fällt naturgemäß der
Zins dieser Dinge. Dann können die Unter-
nehmer den von den Sparern geforderten Zins nicht zahlen. Das
Geld bleibt in den Spar-
kassen liegen rund da gerade mit diesem Geld die Warenüberschüsse
der Sparer gekauft werden,
so fehlt für diese jetzt der Absatz, und die Preise gehen
zurück. Die Krise ist da.
Hier nun wollen die Umgestalter der Notenausgabe eingreifen. Sie
sagen: warum ist
die Krise ausgebrochen? Weil die Preise fielen, und die Preise
fielen, weil es an Geld
fehlte, d. h., weil das vorhandene Geld wegen des herabgesetzten
Zinsertrages der Sach-
güter nicht angeboten wurde. Gut denn, so lassen wir die
Sparer und Sparkassen im
Besitz des Geldes. Sie mögen das Geld verscharren. Und wir
drucken neues dafür. Der
Staat verfertigt Geld und liefert es den Unternehmern, wenn die
Sparer und Kapitalisten
es ihnen vorenthalten. Sinkt der Zins der Realkapitalien, so geht
der Staat mit dem
Zins auch herunter. Können die Unternehmer nur noch 3-2-1
% aus den Häusern,
Fabriken, Schiffen schlagen, so geben wir den Unternehmern das
Geld zu 3-2-1 %,
und wenn es sein muß, zu 0 %.
Das klingt ja gut;der Vorschlag ist einfach, und man hält
ihn für verständig. Aber er
klingt nur gut für den Laien. Ein geübtes Ohr vernimmt
da schrille Mißtöne.
Wie, ist nicht das Geld gemacht worden, um den Warenaustausch
zu vermitteln?
Und da gestattet man den Sparern, den Kapitalisten und Wucherspielern,
das Geld für
andere, dem Warenaustausch fremde Zwecke zu verwenden? Das Geld
wurde gemacht,
um dem Warenerzeuger den Tausch seiner Erzeugnisse gegen die anderer
Warenerzeuger
zu erleichtern. Das Geld ist also ein Tauschmittel, mehr nicht.
Das Geld vermittelt den
Tausch, und der Tausch ist vollendet, wenn zwei Warenerzeuger
ihre Erzeugnisse gegen-
seitig ausgetauscht haben. Solange der Warenerzeuger seine Sache
nur gegen Geld
verkauft hat, ist der Tausch nicht beendet, es bleibt ein Mann
auf dem Markte, der
auf ihn wartet. Der dem Geld zugrunde liegende Gedanke verlangt
also, daß dem Ver-
kauf der Ware gegen Geld sofort der Kauf von Ware mit Geld folgt,
damit der Tausch
vollendet werde. Wer mit dem Kauf zögert, läßt
den Tausch unvollendet, er nimmt
notwendigerweise einem anderen Warenerzeuger den Absatz, er mißbraucht
das Geld.
Ohne Kauf kein Verkauf; darum, wenn das Geld seinen Zweck erfüllen
soll, soll der
Kauf dem Verkauf auf dem Fuße folgen - Zug um Zug.
Nun heißt es, daß der Mann, der seine Erzeugnisse
gegen Geld verkauft hat und
dieses nicht wieder durch den Kauf von Waren weitergibt, bereit
ist, das Geld zu ver-
leihen, wenn ihm ein Zins geboten wird. Aber diese Bedingung kann
man nicht als recht-
mäßig gelten lassen. Bedingungslos soll der Mann sein
Geld verleihen, sonst muß er gehalten
werden, selber Ware zu kaufen oder seine eigenen Erzeugnisse zurückzukaufen.
Niemand
steht es zu, den Umlauf des Geldes an Bedingungen zu knüpfen,
einerlei, welcher Art
sie auch seien. Wer Geld hat, hat ein Recht auf unmittelbaren
Kauf von Waren, mehr nicht.
Ein Recht auf Zins widerspricht dem Gedanken des Geldes, denn
dieses Recht käme
einer Besteuerung gleich, einer privaten Besteuerung des Warenaustausches
mit Hilfe
einer staatlichen Einrichtung. Das Recht auf Zins käme dem
Rechte gleich, den Waren-
austausch durch Festhalten des Geldes zu unterbrechen, um die
Warenbesitzer, die auf
dieses Geld warten, in Verlegenheit zu setzen und um diese Verlegenheiten
für die Zins-
erpressung auszubeuten. Die Bedingungen, unter denen das Geld
verliehen werden kann,
sind Sonderangelegenheiten der Sparer, mit denen der Staat nichts
zu tun hat. Für den
Staat ist das Geld reines Tauschmittel. Er sagt dem Sparer: du
hast mehr Ware ver-
kauft, als du gekauft hast und besitzest einen Geldüberschuß.
Dieser Überschuß muß
unter allen Umständen auf den Markt zurückgebracht und
gegen Waren umgesetzt
werden. Eine Ruhebank ist das Geld nicht, sondern ein Übergangslager.
Hast du selbst
keinen unmittelbaren Bedarf an Waren, so kaufe Wechsel, Schuldscheine,
Pfandbriefe
usw. von solchen Personen, die jetzt Waren brauchen, aber dazu
kein Geld haben. Die
Bedingungen, zu denen du die Wechsel kaufen kannst, sind deine
Sonderangelegen-
heiten; du hast nur der bedingungslosen Pflicht zu gehorchen,
das Geld wieder sofort
auf den Markt zu bringen. Tust du es nicht. so mußt du durch
Strafen dazu angehalten
werden, denn durch deine Säumigkeit erleiden die Bürger
Schaden.
Der Staat baut Straßen für Beförderung der Waren,
und er verfertigt Geld für den
Tausch der Waren. Und wie der Staat verlangt, daß niemand
eine belebte Straße durch
zu langsames Fahren mit Ochsenkarren versperre, so muß er
auch verlangen, daß niemand
den Tausch durch Festhalten des Geldes unterbreche oder verzögere.
Wer dennoch
solche Rücksichtslosigkeiten begeht, soll bestraft werden.
Aber über diese doch ziemlich selbstverständlichen
Forderungen eines gesunden,
zweckentsprechenden Geldwesens gehen die Befürworter einer
geänderten Notenaus-
gabe (Emissionsreformer) mit jugendlichem Leichtsinn hinweg und
hoffen wohl, auch
so ihr Ziel zu erreichen. Ein eitler Wahn!
Die Sparer also erzeugen mehr Ware, als sie selber gebrauchen,
und das für den Über-
schuß gelöste Geld geben sie ohne Zins nicht wieder
frei. Die Krise, die die Sparer
durch solches Benehmen unmittelbar verursachen, soll nun dadurch
beschworen werden,
daß der Staat den Unternehmern Geld zu einem niedrigeren
Zinsfuß liefert, und zwar
neu verfertigtes Geld, das unmittelbar von der Presse kommt.
Der Erzeugungsüberschuß der Sparer wird also nicht
mit deren Geld gekauft, sondern
mit neuem Geld. Vorläufig hat das auch nicht viel zu besagen.
Und mit Hilfe des neuen
Geldes geht der Bau von Häusern, Fabriken, Schiffen usw.
ungestört weiter. Die Unter-
nehmer erhalten zwar von diesen Dingen nun immer weniger Zins,
weil jetzt ohne Unter-
brechung weitergebaut wird und das Angebot von Mietshäusern
usw. unaufhaltsam
wächst, aber damit gleichlaufend sinkt auch der Zinsfuß,
den sie der Notenbank zu
zahlen haben. Für sie als Unternehmer ist also die Höhe
des Zinsertrages der Häuser
soweit gleichgültig. Sie müssen diesen Zins ja doch
an ihre Gläubiger abliefern. Es wird
ohne Störung unausgesetzt gearbeitet, und dementsprechend
geht auch das Geldsparen
unausgesetzt vor sich. Manche dieser Sparer finden es vorteilhaft,
ihr Geld auch noch
zu herabgesetztem Zins zu verleihen, aber bei manchen, und besonders
bei den kleinen
Sparern, wo der Zins sowieso nicht viel ausmacht, genügt
schon das Herabgehen des
Zinses von 5 auf 4 oder 3 %, um sie zu veranlassen, das Geld in
altmodischer Weise
bei sich zu Hause zu bewahren und ganz auf den Zins zu verzichten.
Diese Summen
betragen zusammen viele hundert Millionen Mark, und der Staat
ersetzt sie durch Aus-
gabe neuen Geldes. Und so wird die Krise vermieden, es wird weiter
gearbeitet
an Häusern, Schiffen, Fabriken, deren Zins ständig,
und wie man annimmt, schnell
heruntergeht. Aber mit jedem Zurückgehen des Zinses wachsen
die Hemmungen, die
den Sparer davon abhalten, sein Geld zur Sparkasse zu bringen.
Bald sind es auch schon
die größeren Sparer, die es nicht mehr für der
Mühe wert halten, das Geld zur Spar-
kasse zu bringen, besonders dort, wo der Weg zur Sparkasse in
Betracht kommt und
wo man nicht weiß, ob man das Geld in Kürze nicht wird
gebrauchen können. Auch
mögen viele das Geld bei sich für sicherer halten als
in fremden Händen, unter fremder
Verwaltung. Alle diese Hemmungen, die bisher durch den hohen Zins
überwunden
wurden, gewinnen jetzt die Oberhand. Und ein Strom von Geld, von
Papiergeld, fließt
vom Geldamt über die Märkte, um in Millionen von Sparbüchsen
zu münden, und un-
ermüdlich ersetzt die lithographische Presse des Geldamtes,
was hier dem Markt ent-
zogen wird. Ein gewaltiger Strom von Papiergeld, von Nachfrage,
täglich fälliger Nach-
frage, wird hier auf ein totes Gleis abgelenkt.
Und je mehr der Zins fällt, um so stärker fließt
dieser Strom; schließlich, und noch
bevor der Markt an Realkapital völlig gesättigt ist,
schon wenn der Zins auf 1 % gefallen
ist, bringt niemand mehr seine Ersparnisse zur Sparkasse, alle
behalten das Geld lieber
unter eigener Aufsicht. Und dann wandern die gesamten Ersparnisse
des Volkes in die
Sparbüchse. Viele Milliarden. Gewaltige Summen, die noch
jährlich darum stark an-
wachsen werden, weil das Herabgehen des Zinses die Sparer stark
entlasten wird, und
weil durch das Ausfallen der Wirtschaftskrisen das Volk die gestern
gemachten Erspar-
nisse nicht heute wieder wegen Arbeitsmangels aufzuzehren braucht.
Fällt der Zins auf
1 %, so verdoppeln sich die Einnahmen des werktätigen Volkes,
und bei verdoppelten
Einnahmen verzehnfachen sich die Ersparnisse, da ja das letzte
Ende der Einnahmen
gespart wird und dieses Ende jetzt um den vollen Betrag der bisherigen
Einnahmen
wächst.
Und all dieses Geld soll der Staat ersetzen, jährlich ersetzen!
Ein ganzes Volk, das
seine Ersparnisse in Geld, in täglich fälliger Nachfrage
anlegt, in Papierfetzen, die nur
darum etwas gelten, weil der Güteraustausch einen Bruchteil
davon benötigt! Das ist
an und für sich ein verdächtiger Zustand.
Die Bodenschulden (Hypotheken) allein betragen Milliarden. Wird
kein Zins darauf
gezahlt, so werden sie gekündigt, das Geld wird eingezogen,
verscharrt, und der Staat
muß diese Milliarden durch Neudruck ersetzen. An Wechseln
laufen in Deutschland
jahraus, jahrein an 30 Milliarden um, die gleichzeitig als Tauschmittel
dienen. Fällt die
Zinsvergütung (der Diskont) weg, so kauft (diskontiert) auch
niemand mehr einen Wechsel.
Diese werden für Handelszwecke unbrauchbar, und der Staat
muß entsprechend mehr
Geld ausgeben. Viele Hunderte von Milliarden wären dazu nötig.
Mit 100 Pressen, die
jahraus, jahrein Tausendmarkzettel drucken, könnte der Staat
solchen Bedarf kaum
decken. Hunderte von Milliarden an verscharrter Nachfrage, täglich
fälliger Nachfrage!
Wie nun, wenn aus irgendeinem Anlaß diese Nachfrage lebendig
würde und auf den
Markt ginge? Wo wäre das dazugehörige Angebot von Waren?
Und wenn das Angebot
fehlt, dann steigen die Preise, diese Preissteigerung aber erzeugt
Differenzen, und diese
Gewinnaussichten locken das Geld anf den Markt! Steigen die Preise,
winken die Differenzen,
so platzen alle Sparbüchsen, und lawinenartig ergießen
sich die Milliarden auf den Markt.
Rette sich wer kann! ertönt es, und das einzige Rettungsboot
in diesem Schiffbruch sind
die Waren. Wer Ware gekauft hat, ist gerettet. Also kaufen sie
alle; die Nachfrage steigt
in die Milliarden, und da das Angebot natürlich fehlt, so
schießen die Preise in die Höhe.
Die Preissteigerung macht die Ersparnisse zunichte - und mit dem
Papiergeld tapeziert
man wieder den Kuhstall - nach alter Weise, wie es während
der Französischen Revo-
lution mit den "Assignaten" geschah.
Freilich verneint Flürscheim eine solche Möglichkeit.
Er sagt: die Sparer bzw. In-
haber der Milliardennachfrage können niemals auf den Gedanken
kommen, daß die
Preise der Waren steigen werden, weil der Staat jeden sich an
den Warenpreisen zeigen-
den Überschuß an Geld sofort einzieht.
Aber hier stoßen wir auf den zweiten Widerspruch der "Emissionsreform".
Der erste
Widerspruch liegt darin, daß der Staat den Gebrauch bzw.
Mißbrauch des Geldes als
Sparmittel überhaupt duldet, wodurch es möglich und
nötig wurde, daß der Staat mehr
Geld herstellen mußte, als für den Zweck des Geldes,
den Warenaustausch, nötig war.
Der zweite Widerspruch liegt darin, daß der Staat das Geld
bei der Ausgabe an die
Unternehmer selber nicht als Tauschmittel benutzte, es also nicht
gegen Waren, sondern
gegen Wechsel, Pfandbriefe oder sonstige Sicherheiten hergab.
Und das Geld ist doch
Tauschmittel, und als solches durfte es nur gegen Waren ausgegeben
werden. Hätte
der Staat das Geld gegen Waren ausgegeben, also so ausgegeben,
wie es dem Zwecke
des Geldes entspricht (und wären diese Waren inzwischen nicht
in Schutt und Moder
zerfallen), so brauchte er den Gletscherbruch der Spargelder gar
nicht zu fürchten. Aber
jetzt hat er nur Pfandbriefe, Schuldscheine, Wechsel der Unternehmer,
die keinen Zins
abwerfen, und mit solchen Dingen kann man kein bares Geld einziehen.
Der Staat hatte also selber die Eigenschaft des Geldes verkannt,
als er den Unter-
nehmern Geld vorschoß, das ihnen die Sparer verweigerten.
Er hatte seine Gewalt miß-
braucht, und das Geld rächt schwer und rauh jeden Mißbrauch,
den der Staat damit treibt.
Und hier würde der dritte Widerspruch zutage treten, den
solche Notenausgabereform
in sich birgt und der darin besteht, daß man an das Geld,
das man für Sparzwecke
bestimmt, ganz andere Forderungen stellt als an das Geld, das
man für Handelszwecke
bestimmt. Als Verbraucher bezahlt der Sparer für eine bestimmte
Warenmenge 100 Mark,
aber als Sparer bezahlt er diesen Preis nicht. Da sind ihm die
100 Mark lieber. Also sind
100 Mark als Sparmittel mehr als die Ware, die man für 100
Mark kaufen kann. Man kann
mit Waren niemals Spargelder einlösen.
Der Staat hat aber in diesem Falle Tausch- und Spargeld für
gleich angesehen; er
hat das Geld, das die Sparer vom Markte holten, durch Kauf von
Wechseln, Pfand-
briefen usw. ersetzt. Jetzt, da er den Tausch der Pfandbriefe
gegen die Spargelder be-
wirken muß, sieht er, daß das nicht geht.
Dieser Sachverhalt wird noch klarer, wenn wir uns zwei verschiedene
Geldarten, z. B.
Gold und Tee, nebeneinander umlaufend denken. Für alle, die
das Gold als Tauschmittel.
gebrauchen, wird es einerlei sein, ob sie mit dem einen oder dem
anderen bezahlt werden,
da sie das Gold ja wieder ausgeben. Für die Sparer wird es
aber durchaus nicht einerlei
sein, ob sie Gold oder Tee haben, da das Gold sich hält,
der Tee aber verdirbt. Die Sparer
würden niemals für 10 Mark Tee 10 Mark Gold geben; ja
dem Sparer, der mit längeren
Zeitläuften rechnet, wird sogar Gold und Tee in keinem Tauschverhältnis
gleichwertig sein.
Für ihn sind Gold und Tee einfach nicht vergleichbare Größen.
Dabei muß sich der Staat beeilen; es darf überhaupt
nicht zur Hochkonjunktur kommen,
denn mit dieser erscheinen sofort die Gewinnerspäher auf
dem Plane, und werden erst
einmal die ersten Gewinne aus der Preissteigerung eingestrichen,
so gibt es kein Halten
mehr, da kommt jeder staatliche Eingriff zu spät. Man vergegenwärtige
sich doch die
Lage, in der sich hier der Staat befindet: 10 Milliarden sind
für den regelrechten Güter-
austausch nötig, 100 Milliarden sind aber ausgegeben und
von den Sparern festgehalten.
Kehrt von diesem Überschuß von 90 Milliarden ein geringer
Teil auf den Markt zurück,
so steigen die Preise, und sowie die Preise steigen, folgt der
Rest der 90 Milliarden sofort
nach! - Und zwar geschieht das so: die Kaufleute, die die Aufwärtsbewegung
wittern,
suchen sich zu decken, d. h., sie kaufen über den unmittelbaren
Bedarf hinaus. Dazu
brauchen sie Geld, das sie sich von den Sparern durch Anbieten
von Zins verschaffen.
Für diesen Zins wird der erwartete Sondergewinn, den die
Aufwärtsbewegung der Preise
(Hausse) erzeugt, Deckung schaffen. Die Steigerung kommt nun wirklich
zustande, und
zwar als unmittelbare Wirkung jener Spargelder, und gibt zu neuen
Anleihen und Speku-
lationskäufen Anlaß. Und so weiter, in gesetzmäßiger
Stufenfolge, bis alles Geld aus
den Sparbüchsen von der Aufwärtsbewegung verschlungen
ist.
Der leiseste Zweifel daran, daß der Staat die Preise vor
einer Aufwärtsbewegung werde
schützen können, genügt, um augenblicklich die
gesparten Milliarden genau ebenso auf
den Markt, vor die Läden der Kaufleute zu führen, wie
der gleiche Zweifel an der
Zahlungsfähigkeit der Depositenbanken plötzlich alle
Depositeninhaber an die Schalter
der Bank führt. Im Laufschritt, in Kraftwagen und Flugzeugen
kämen sie herbeige-
stürmt. Das ist eben die notwendige Folge einer Neuordnung
im Geldwesen, die den
Mißbrauch des Tauschmittels als Sparmittel unangetastet
läßt.
Solange das Papiergeld nur seinem Zweck entsprechend als Tauschmittel
verwendet
wird, ist alles in bester Ordnung. Reißt man aber das Papiergeld
aus dieser Ordnung heraus,
dann bleibt nur Geldpapier übrig. Ein Fidibus, gut genug,
um die Pfeife anzuzünden.
Der Widerspruch, der in der stofflichen Vereinigung von Tausch-
und Sparmittel
liegt, zeigt sich uns noch deutlicher, wenn wir annehmen, daß,
ähnlich wie zu Josephs
Zeiten, nach einer Reihe von guten Jahren einige schlechte folgen
würden. Während
der guten Jahre würde das Volk natürlich viel haben
sparen können, d. h., es hätte Berge
von Papiergeld aufgestapelt, und wenn es nun in den darauffolgenden
schlechten Jahren
auf diese Papiermassen zurückgreifen will, so zeigt es sich,
daß dieser aufgestapelten
Nachfrage kein Angebot gegenübersteht.
Die Reform, die uns hier beschäftigt, kann also nur so lange
wirksam sein, wie der
Zins, den die Unternehmer selber erheben und darum auch an die
Sparkassen und
Kapitalisten zahlen können, ausreichend ist, um die Masse
der Sparer zu veranlassen,
ihr Geld immer wieder in Umlauf zu setzen. Aber behauptet nicht
gerade Flürscheim,
daß der Zins in kürzester Zeit auf Null fallen muß,
wenn er erst einmal ins "Rutschen"
kommt und die Wirtschaftskrisen vermieden werden?
Die so gedachte Umgestaltung der Notenausgabe (Emissionsreform)
würde also nur
eine ganz kurze Lebensdauer haben können und dabei den Keim
für den größten
Schwindel in sich tragen, den die Menschheit bisher erlebt hat
und der zur Folge hätte,
daß das Volk in den Schoß des alleinseligmachenden
Goldes zurückzukehren verlangen
würde, wie es bisher immer der Fall gewesen ist.
Da scheint es mir doch vernünftiger zu sein, gleich gründliche
Arbeit zu verrichten
und mit der hier besprochenen Emissionsreform gleich eine Reform
des Geldes zu ver-
binden, die die dingliche Vereinigung von Tauschmittel und Sparmittel
aufhebt, die
alle privaten Geldvorräte auflöst, alle Sparbüchsen
zerschlägt, alle Kassetten sprengt und
die bewirkt, daß zu jeder Zeit, im Krieg wie im Frieden,
in guten wie in schlechten
Jahren, sich immer und genau so viel Geld im Verkehr befindet,
wie der Markt ohne
Preisschwankungen aufnehmen kann.
Mit dem Freigeld wird die herkömmliche Vereinigung von Tausch-
und Sparmittel,
im Einklang mit den Ergebnissen unserer Untersuchung, grob und
rücksichtslos zer-
hauen. Das Geld wird reines Tauschmittel, vom Willen der Inhaber
befreite, stoffliche,
chemisch reine Nachfrage.
(2) Michael Flürscheim, The Economic and Social Problem,
Jefferson Publishing Com-
pany, Xenia, Clay County, Illinois, U.S.A.
(3) Silvio Gesell, Nervus rerum, S. 34-37. Bueno Aires 1891.
(4) Wer noch nicht ganz frei vom Wertaberglauben ist, wird die
Bedeutung dieser Ge-
rechtigkeitsforderung nicht begreifen.
(5) Siehe auch: Arthur J. Fonda (Denver, Colorado), Honest Money.
- Professor Frank
Parsons, Rational Money. - Professor Marshall (Cambridge), Contemporary
Review 1887.
(6) Silvio Gesell, La cuestion monetaria argentina. Buenos Aires
1898.
Ders., La plétora monetaria. Buenos Aires 1909.
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