Kapitel aus Silvio Gesell: Die Natürliche Wirtschaftsordnung
Rudolf Zitzmann Verlag; Lauf bei Nürnberg; 9. Auflage; August 1949;
Herausgeber: Karl Walker
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3.12. Die Wirtschaftskrisen, und wie sie zu verhüten sind

Wirtschaftskrisen, also Absatzstockung und Arbeitslosigkeit mit ihren Begleiterschei-
nungen, sind nur bei weichenden Preisen denkbar.

Die Preise können aus drei Gründen zurückgehen:

Diese drei Ursachen des Rückganges der Warenpreise genügen jede allein für sich,
um eine Krise hervorzurufen, und ihre Natur ist so, daß, wenn auch die eine etwa infolge
genügender Goldfunde ausfällt, die anderen dafür in die Lücke springen. Einer der drei
Ursachen der Krise verfällt die Volkswirtschaft immer und gesetzmäßig.

Nur in dem Fall, daß man anhaltend solche außergewöhnlichen Goldmassen findet,
und zwar so viel, dsß die Preise trotz vermehrten Goldverbrauchs der Industrie anhaltend
und stark (mindestens um 5 % jährlich) steigen, kann sich die Volkswirtschaft ohne Krise
abwickeln. Auch der Widerstand, den der Rückgang des Realkapitalzinses dem Geld-
umlauf bietet, würde durch solche allgemeine Preissteigerung gebrochen - indem die
Preissteigerung das Geld geradezu zum Umlauf zwingt. Aber eine solche allgemeine
Preissteigerung wäre an sich ein Zusammenbruch der Währung.

Wie könnten nun die Wirtschaftsstockungen verhütet werden? In der Erklärung ihrer
Ursache ist auch schon die Bedingung angegeben, die für die Verhütung der Wirtschafts-
stockungen erfüllt werden muß, und diese lautet: Die Preise dürfen niemals und unter
keinen Umständen fallen!

Das ist die Bedingung, die erfüllt werden muß. Und wie kann man das erreichen?

Wir erreichen das:

Wie das erreicht werden kann, wird im IV. Teil dieser Schrift gezeigt werden.


(1) Es wird berichtet, daß die Chinesen aus Silber Figuren bilden, die als Hausgötter
oder Schutzgeister viel begehrt sind. Das Silber ist aber das allgemeine Tauschmittel der
Chinesen. Man kann sich nun leicht folgendes als wahrschenlichen gewöhnlichen Vorgang
vorstellen: Das Silber strömt aus irgendeinem Grunde reichlicher als sonst in China ein und
belebt dort Handel und Industrie (Hochkonjunktur). Der Kaufmann macht gute Geschäfte,
und aus Dankbarkeit zn seinem silbernen Schutzgeist macht er diesen größer und schwerer,
d. h., das bei ihm für Ware eingehende Silber - die Ursache des flotten Geschäftsganges -
wird eingeschmolzen nnd verschwindet auf Nimmerwiedersehen in der Hauskapelle. Wenn
aber umgekehrt aus Mangel an Silber die Preise fallen (Krise) und die Geschäfte des Chi·
nesen schlecht gehen, so denkt der Chinese, daß sein Schutzgeist ob seiner Kleinheit ohn-
mächtig ist - und dann scharrt er das wenige bei ihm eingehende Silber zusammen, um
damit die Macht seines Hausgottes zu mehren. - Wenn es keine anderen Gründe gibt für
den auffälligen jahrtausendelangen Stillstand in der Entwicklung Chinas - dieser eine
genügt vollkommen, um die Erscheinung zu erklären.
Hat der Europäer Grund, über den Chinesen zu lachen ? Bei gutem Geschäftsgang kauft
sich der Europäer eine goldene Kette, um damit zu protzen, bei schlechtem Geschäftsgang
kauft er eine noch größere, um sich damit Vertrauen zu seiner Zahlfähigkeit zu erschwindeln.
Beide - der Chinese wie der Europäer - sägen also, wenn auch aus verschiedenen
Beweggründen, den Ast ab, auf dem sie sitzen.


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Dieser Text wurde im August 1997 ins Netz gebracht von: W. Roehrig.
Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.