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Soweit es sich um landwirtschaftliche Zwecke handelt, ist die
Ausführbarkeit der
Bodenverstaatlichung durch die Erfahrung nach allen Seiten schon
bewiesen. Die Boden-
verstaatlichung verwandelt den gesamten Grundbesitz in Staatsgüter
oder Pachthöfe, und
Pachthöfe, teils von Grundeigentümern, teils vom Staate
verpachtete, gibt es in allen Tei-
len des Reiches. Durch die Bodenverstaatlichung wird eine Sache
verallgemeinert, die
bereits "ist"; und alles, was "ist", muß
auch möglich sein.
Man hat gegen die Pachtgüter eingewendet, daß ihre
Bewirtschafter eher zum Raubbau
neigen als die heutigen grundbesitzenden Bauern, die für
sich den Vorteil aus der guten
Erhaltung des Bodens ziehen. Man sagt, der Pächter sauge
den Boden aus, um ihn dann
aufzugeben und weiterzuziehen.
Das ist ungefähr das einzige, was man gegen das Pachtverfahren
einwenden kann; in
allen anderen Beziehungen ist kein Unterschied zu finden zwischen
Pächter und Grund-
eigentümer, wenigstens soweit es sich um Wohl und Wehe des
Landbaues handelt. Denn
beide verfolgen dasselbe Ziel: mit der geringsten Mühe die
höchsten Barerträge zu er-
zielen.
Daß übrigens der Raubbau keine Eigentümlichkeit
des Pachtbodens ist, kann man in
Amerika sehen, wo die Weizenfarmer den eigenen Boden bis zur Erschöpfung
aussaugen.
Durch ihre Besitzer ausgesaugte Weizenfarmen kann man zu hunderten
für geringes Geld
kaufen. In Preußen sollen sogar die Staatsgüter als
Musterwirtschaften bezeichnet werden
können. Und sie werden doch nur von Pächtern bewirtschaftet.
Jedoch auch den Raubbau durch die Pächter kann man sehr leicht
verhindern, indem
man :
1. dem Pächter den Hof lebenslänglich durch den Pachtvertrag sichert;
2. durch gewisse Vertragsbestimmungen den Raubbau unmöglich macht.
Wenn der Raubbau eine Eigentümlichkeit der Pachthöfe
ist, so trifft die Schuld regel-
mäßig den Eigentümer, der dem Pächter den
Raubbau gestattet, um für sich selbst,
wenigstens für einige Jahre, einen entsprechend höheren
Pachtzins zu genießen. In
diesem Falle treibt nicht der Pächter, sondern der Grundeigentümer
den Raubbau. Oft
wünscht auch der Grundeigentümer nicht durch langjährige
Verträge sich die Ge-
legenheit, für einen günstigen Verkauf zu nehmen, und
läßt sich darum nur auf kurz-
fristige Pachtverträge ein. Für solche findet er aber
naturgemäß keinen Pächter, der
eine auf Verbesserung gerichtete Bodenbehandlung im Auge hat.
Die Schuld am Raub-
bau trifft darum auch in diesem Falle nicht das System der Landpachtung,
sondern
das des Grundeigentums.
Wünscht der Grundeigentümer den Raubbau nicht, so braucht
er das im Pachtvertrag
nur zu bemerken. Ist der Pächter vertraglich verpflichtet,
die geernteten Futterstoffe
selbst zu verfüttern und entsprechend viel Vieh zu halten,
kann der Pächter Heu, Stroh
und Mist nicht verkaufen, so ist der Boden allein dadurch schon
vor Raubbau geschützt.
Wenn man zudem dem Pächter durch den Pachtvertrag die volle
Sicherheit gibt,
daß er den Hof, wenn er es wünscht, auf Lebenszeit
bewirtschaften kann, hat man dem
Pächter ein Vorpachtsrecht für seine Witwe oder Kinder
eingeräumt, so ist Raubbau
nicht mehr zu befürchten, es sei denn, daß der Pachtzins
zu hoch bemessen ist, und daß
der Bauer keinen Vorteil von der Fortdauer seines Vertrages hat.
Für diesen Fall wäre
aber obige Pachtbestimmung zur Verhinderung des Raubbaues genügend.
Diese läßt
sich auch jeder Bewirtschaftungsart in der Weise anpassen, daß
dem Pächter, dessen
Boden sich nicht für die Viehhaltung, aber wohl für
Getreidebau eignet, die Verpflichtung
auferlegt wird, dem Boden in Form künstlicher Dünger
die Nährsalze wieder zuzuführen,
die er durch den Verkauf von Getreide dem Boden entzieht.
Und im übrigen mag noch hier erwähnt werden, daß
seit Entdeckung der künstlichen
Dünger der Raubbau nicht mehr die Bedeutung hat, wie damals,
als man nur die Brache
kannte, als Mittel, um den ausgeraubten Boden wieder allmählich
fruchtbar zu machen.
Damals gehörte ein ganzes Menschenalter dazu, um ein erschöpftes
Feld wieder instand
zu setzen. Heute erreicht man dies mit künstlichen Düngern
im Handumdrehen.
Wenn man als abschreckendes Beispiel auf die Pächterwirtschaft
in Irland hinweist,
so muß hier an die grundverschiedenen Verhältnisse
erinnert werden, die die Boden-
verstaatlichung dadurch schafft; daß die Grundrente unter
der Bodenverstaatlichung
nicht mehr in die Privattaschen wandert, sondern in die Staatskasse,
um von dort zurück
in irgendeiner Form (Steuererlaß, Mutterschutz, Witwengeld
usw.) dem Volke wieder
zugute zu kommen. Wenn all das Geld, das die englischen Landlords
jahraus, jahrein
seit 300 Jahren in Form von Pacht Irland entzogen haben, um es
zu verprassen, dem
irischen Volke erhalten geblieben wäre, so sähe es sicher
anders aus in Irland.
Andere Beispiele, wie das russische "Mir" und die deutschen
Gemeindewiesen, werden
angeführt als abschreckende Beispiele der Pachtung; aber
hier bestehen der Bodenver-
staatlichung gegenüber ebenso wesentliche Unterschiede, wie
beim irischen Beispiel.
Beim "Mir" wird regelmäßig alle paar Jahre,
sowie durch Tod und Geburt die Zahl der
Gemeindeglieder sich verändert hat, das Land neu verteilt,
so daß niemand längere Zeit
im Besitze desselben Grundstückes bleibt. Alles, was daher
der Bauer tun würde, um
den Boden zu verbessern, käme wohl dem "Mir", aber
nicht dem Bauer ausschließlich
zugute. Dieses Verfahren führt also notwendigerweise zum
Raubbau, zur Verwahrlosung,
zur Verarmung von Boden und Volk. - Das "Mir" ist eben
weder Gemein- noch Einzel-
wirtschaft, es hat die Nachteile beider ohne ihre Vorteile. Wenn
die russischen Bauern
den Boden gemeinwirtschaftlich nach dem Vorbilde der Mennoniten
bebauten, so würde
der gemeinsame Nutzen sie alles tun lehren, was der Grundeigentümer
sonst für die
Verbesserung des Bodens zu tun pflegt. Lehnen sie jedoch solche
Gütergemeinschaft ab,
so müssen sie auch die Folgerungen ziehen und alle Vorbedingungen
für die volle Ent-
faltung der Einzelwirtschaft erfüllen.
Ganz das gleiche haben wir in vielen deutschen Gemeindewiesen,
und wenn diese
allgemein wegen ihres schlechten Zustandes verschrien sind, so
liegt das immer nur an
der Kurzfristigkeit der Pachtverträge, die nur Raubbau zuläßt.
(1) Es scheint hier fast so,
als wenn die Gemeinderäte absichtlich das Gemeindeeigentum
in Mißachtung bringen
wollten, um so eine Aufteilung herbeizuführen, wie sie das
ja schon früher mit dem
gleichen Mittel erreicht haben. Wäre dieser Verdacht begründet,
so müßte man den
schlechten Zustand der Gemeindeäcker wieder auf das Sondereigentum
am Boden
(Privateigentum) zurückführen, denn nur die Hoffnung,
das Gemeindeeigentum aufzuteilen,
hätte dessen Vernachlässigung verursacht. Wenn man den
Vorschlag einer Aufteilung der
Gemeindewiesen als Hochverrat ahndete und die Wiesen als unveräußerliches
Eigentum
der Gemeinden erklärte, so würde diesem Übelstand
ohne weiteres abgeholfen sein.
Der Pächter muß vor allen Dingen die Sicherheit haben,
daß alles, was er an Geld
und Arbeit für die Verbesserung des Bodens aufwendet, auch
ihm, unmittelbar ihm
selbst, zugute kommt, und auf diese Sicherheit muß darum
der Pachtvertrag zugespitzt
sein. Das ist sehr leicht durchzuführen.
Übrigens lassen sich die wichtigsten Arbeiten, die zur Verbesserung
des Bodens ver-
richtet werden, gar nicht vom Einzelbesitzer und unter Aufrechterhaltung
des Grund-
satzes des Privatgrundbesitzes durchführen. Wie will z. B.
ein Grundeigentümer eine
Straße querfeldein durch das Besitztum seines ihm vielleicht
feindlich gesinnten Nach-
barn nach seinem Acker bauen? Wie soll man quer durch das Eigentum
von 1000 Einzel-
besitzern eine Eisenbahn, einen Kanal bauen? Hier versagt der
Grundsatz der Teilung
und des Privateigentums so vollständig, daß man jedesmal
gesetzlich zur Enteignung
schreiten muß. Die Deiche zum Schutze gegen Hochwasser entlang
der Küste und den
Flüssen kann kein Privatmann bauen. Ebenso verhält es
sich bei Entwässerung sumpfigen
Bodens, wo man meistens keine Rücksicht auf Grenzsteine nehmen
kann, sondern die
Anlage dem Gelände und nicht den Eigentumsverhältnissen
anpassen muß. In der Schweiz
hat man durch Ablenkung der Aare in den Bieler See 30 000 ha Land
trockengelegt,
und an dieser Arbeit waren vier Kantone beteiligt. Der Privatgrundeigentümer
hätte hier
schlechthin nichts tun können. Sogar das Kantonaleigentum
versagte in diesem Falle.
Bei der Laufverbesserung des Oberrheins versagte auch noch das
Bundeseigentum. Die
Sache konnte nur durch Vertrag mit Österreich getan werden.
Wie will der Privateigen-
tümer am Nil sich das Bewässerungswasser verschaffen?
Will man den Grundsatz des
Sondereigentums am Boden auf Waldungen ausdehnen, von denen die
Witterung, die
Wasserverhältnisse, die Schiffahrt, die Gesundheit des ganzen
Volkes abhängen? Selbst
die Lebensmittelversorgung des Volkes kann man dem Privatgrundeigentümer
nicht in
Ruhe überlassen. In Schottland z. B. haben unter dem Schutze
des Bodenrechtes einige
Lords eine ganze Provinz entvölkert, die Dörfer mitsamt
den Kirchen niedergebrannt,
um das Ganze in einen Jagdpark zu verwandeln. Dasselbe können
auch in Deutschland
Großgrundeigentümer tun, dieselben, die angeblich durch
die Sorge um die Ernährung
des Volkes veranlaßt würden, Zölle für die
Verteuerung des Brotes zu fordern. Die In-
teressen der Jagd, der Fischerei, des Vogelschutzes, sind mit
den reinen Grundsätzen
des Privatgrundeigentums unverträglich. Und was bei Bekämpfung
von Landplagen,
wie z. B. der Maikäfer oder Heuschrecken das Privateigentum
leistet, das hat man am
besten in Argentinien gesehen. Dort begnügte sich jeder Grundeigentümer
damit, die
Heuschrecken von seinem Felde auf das des lieben Nachbarn zu treiben
- mit dem
Erfolg, daß sich die Tiere ins Unendliche vermehrten und
drei Jahre hintereinander die
Weizenernte völlig vernichteten. Erst als der Staat unter
Nichtachtung der Eigentums-
verhältnisse eingriff und die Heuschrecken vernichten ließ,
wo man sie traf, da ver-
schwanden diese. Ähnlich verhält es sich in Deutschland
mit allen Landplagen. Was will
der einzelne Weinbergeigentümer z. B. gegenüber der
Reblausplage ausrichten?
Das Sondereigentum am Boden versagt eben überall dort, wo
der Privatmann, wo der
Eigennutz versagt, und das trifft in den weitaus meisten Fällen
zu, wo es sich um Ver-
besserungen oder den Schutz des Bodens handelt. Ja, wenn man den
Aussagen der
Agrarier glauben wollte, müßte man das Privatgrundeigentum
überhaupt und allgemein
als verloren erklären, denn die sogenannte Not der Landwirtschaft
(sprich: Not der
Grundrentner) läßt sich ja angeblich nicht anders als
durch den gewaltsamen Eingriff
des Staates, durch Zölle beseitigen. Was könnte nun
der Privatmann, als solcher, zur
Hebung dieser Not tun?
Das Sondereigentum am Boden führt durch das Erbrecht mit
Notwendigkeit zur Zer-
stückelung oder zur Bodenverschuldung. Ausnahmen kommen nur
vor, wo ein einziges
Kind da ist.
Die Zerstückelung führt zu den Zwergwirtschaften und
damit zur allgemeinen Ver-
armung; die Grundstückbeleihung aber bringt den Grundeigentümer
in so enge Be-
rührung mit Währung, Zins, Lohn, Frachtsätzen und
Zöllen, daß wahrhaftig heute schon
vom Privatgrundeigentum kaum noch mehr als der Name übrigbleibt.
Nicht mehr Privat-
grundeigentum, sondern Grundeigentumspolitik haben wir heute.
-
Nehmen wir an, die Preise der Erzeugnisse gingen infolge einer
der herkömmlichen
Pfuschereien im Währungswesen stark abwärts, wie das
schon einmal durch die Ein-
führung der Goldwährung erreicht worden ist. Wie will
da der Bauer den Zins für seine
Hypothek auftreiben? Und wenn er den Zins nicht bezahlt, wo bleibt
sein Eigentum?
Wie will er sich anders schützen als durch seinen Einfluß
auf die Gesetzgebung, die ihm
gestattet, die Währung und dadurch auch die Last seiner Hypothek
nach Wunsch zu
gestalten? Und wenn der Zinsfuß steigt, wie will er sich
auch da wieder des Hammer-
schlags des Versteigerers erwehren?
Der Grundeigentümer mu sich eben an die Gesetzgebng klammem,
er muß Politik treiben,
die Zölle, die Währung, die Bahnfrachtsätze beherrschen,
sonst ist er verloren. Ja, was wäre
der Grundeigentümer ohne das Heer? Der Besitzlose wirft,
falls ihm die Fremdherr-
schaft der Gelben noch unangenehmer als die der Blauen ist, sein
Handwerkszeug in die
Ecke und wandert mit Frau, Kindern und einem Bündel Windeln
aus. Das kann der
Grundeigentümer nur, wenn er das Grundeigentum im Stiche
läßt.
Also das Privatgrundeigentum bedarf zu seiner Erhaltung der Politik,
schon weil es
an sich bereits eine Frucht der Politik ist. Man kann sagen, daß
der Privatgrundbesitz
die Politik verkörpert; daß Politik und Privatgrundeigentum
eins sind. Ohne Politik
kein Privatgrundbesitz, und ohne Sondereigentum am Boden keine
Politik. Mit der
Bodenverstaatlichung ist die Politik im wesentlichen erschöpft
und erledigt.
Mit der Bodenverstaatlichung verliert die Landwirtschaft jede
Beziehung zur Politik.
Wie heute schon die Pächter nicht unmittelbar berührt
werden durch Währung, Zölle,
Löhne, Zins, Frachtsätze, Landplagen, Kanalbauten, kurz,
durch die hohe, ach gar so
niedrige Politik, weil in den Pachtbedingungen der Einfluß
all dieser Umstände schon
verrechnet ist, so wird auch mit der Bodenverstaatlichung der
Bauer kühl bis ans Herz
hinan den Verhandlungen im Reichstage folgen. Er weiß, daß
jede politische Maß-
nahme, die die Grundrente beeinflußt, in den Pachtbedingungen
sich widerspiegeln wird.
Erhebt man Zölle, um die "Landwirtschaft" zu schützen,
so weiß der Bauer auch, daß
man ihm diesen Schutz in einem erhöhten Pachtzins ankreiden
wird - folglich ist ihm
der Zoll gleichgültig.
Unter der Bodenverstaatlichung kann man, ohne Einzelne zu schädigen,
die Preise der
Feldfrüchte so hoch treiben, daß es sich noch lohnen
wird, jede Sanddüne, Geröllhalde
usw. zu bebauen; ja selbst den Kornbau in Blumentöpfen könnte
man rechnerisch möglich
machen, ohne daß die Bebauer fruchtbaren Landes für
sich Vorteil aus den hohen Preisen
ziehen würden. Denn der Pachtzins würde der steigenden
Grundrente auf dem Fuße
folgen. Den Vaterlandsfreunden, die in Sorge sind um die Lebensmittelversorgung
des
Landes im Kriegsfalle, empfehle ich das Durchforschen dieser hochmerkwürdigen
Be-
gleiterscheinung der Bodenverstaatlichung. - Mit einem Zehntel
des Geldes, das den
Grundrentnern durch die Kornzölle geschenkt wurde, hätte
man alles in Deutschland
vorhandene Moor-, Heide- und Ödland in Ertragsboden verwandeln
können.
Die Höhe der Bahnfrachten, überhaupt die Frachtkosten,
die Kana1- und Eisenbahn-
politik, berühren den Pächter nicht unmittelbarer als
jeden anderen Bürger; wenn ihm
die Politik auf der einen Seite besondere Vorteile eintrüge,
so würden ihm diese durch die
Erhöhung der Grundpacht von der anderen Seite wieder in eitel
Dunst verwandelt werden.
Kurz, die Politik ist mit der Bodenverstaatlichung dem Landwirt
persönlich gleich-
gültig geworden; das Gemeinwohl allein berührt ihn noch
an der Gesetzgebung; er
betreibt sachliche statt persönlicher Politik. Sachliche
Politik ist aber angewandte Wissen-
schaft, keine Politik mehr.
Man könnte hier einwenden, daß, wenn die Pächter
sich langjährige oder lebensläng-
liche Pachtverträge sichern können, sie hierdurch von
staatlichen Maßnahmen immer
noch stark genug berührt würden, um versucht zu sein,
ihren Sondervorteil dem Ge-
meinwohl voranzustellen.
Der Einwand ist richtig, aber wenn dies als Übelstand empfunden
wird, um wieviel
mehr trifft dieser Vorwurf das heutige Privatgrundeigentum, das
es gestattet, den Nutzen
aus den Gesetzen sogleich im Verkaufspreis des Bodens in bar einzuziehen,
wie man
das an den durch Zölle hochgetriebenen Bodenpreisen sehen
kann. Jedoch läßt sich mit
der Bodenverstaatlichung auch dieser letzte Rückhalt der
Politik in der Weise beseitigen,
daß der Staat bei lebenslänglichen Verträgen sich
das Recht vorbehält, die Pacht von
Zeit zu Zeit neu von Staats wegen einschätzen zu lassen,
wie das ja auch mit der Grund-
steuer geschieht. (Bei befristeten Pachtverträgen soll das
Pachtgeld vom Pächter selber
auf dem Wege der öffentlichen Pachtversteigerung geschätzt
werden.) Weiß dann der
Pächter, daß alle Vorteile, die er von der Politik
erwartet, vom Steueramte wieder be-
schlagnahmt werden, so versucht er es gar nicht mehr, die Grundrente
durch Gesetze
zu beeinflnssen.
Wenn wir alle die hier besprochenen Umstände berücksichtigen,
so würde ein Pacht-
vertrag unter der Bodenverstaatlichung ungefähr wie folgt
zustande kommen:
Anzeige!
Die hier unter dem Namen "Lindenhof" bekannte Bauernwirtschaft
wird zur öffent-
lichen Pachtversteigerung ausgeschrieben. Die Verpachtung erfolgt
am Martinstag öffent-
lich und meistbietend.
Der Hof ist auf die Arbeitskraft eines Mannes berechnet; Haus
und Stallungen sind
in gutem Zustand. Bisherige Pacht 500 Mark. Der Boden ist 5. Güte;
das Klima nur
für ganz gesunde Naturen.
Bedingungen:
Der Pächter hat sich vertraglich zur Erfüllung folgender Bedingungen zu verpflichten:
Es ist daher nicht zu bezweifeln, daß der Zudrang zu den
Pachtversteigerungen schon
nach kurzer Erfahrungszeit den Pachtzins auf die Höhe der
wirklich erzielbaren Grund-
rente hinauftreiben würde, und dies um so sicherer, als das
Wagnis der Pacht unter den
neuen Verhältnissen gleich Null wäre, der Reinertrag
der Pachtung nie unter den Durch-
schnittsarbeitslohn fallen könnte. Dem Bauer wäre der
Durchschnittslohn für seine
Arbeit unter allen Umständen gesichert, und er hätte
obendrein den Vorteil der Freiheit,
Unabhängigkeit und Freizügigkeit.
Es sei nur noch bemerkt, daß nach Einführung der Bodenverstaatlichung
in jeder
Ortschaft ein Bauer wird angestellt werden müssen, der für
die Erfüllung der Pacht-
verträge zu sorgen hat. Dann wird man jährlich in jedem
Landesteil (Kreis, Regierungs-
bezirk) ein Verzeichnis mit Abbildungen über die zur Pachtversteigerung
gelangenden
Höfe ausarbeiten, alles das enthaltend, was gewöhnlich
die Pächter wissen müssen, über
Umfang und Lage des Hofes, Art und Preise der Anbauerzeugnisse,
über Gebäude,
bisherigen Pachtzins, Schulverhältnisse, Witterungsverhältnisse,
Jagd, Gesellschaft usw.
Kurz, da es nicht Zweck der Bodenverstaatlichung ist, die Bauern
zu übervorteilen und
zu plagen, so wird man nichts unterlassen, um die Pächter
sowohl über alle Vorteile,
wie auch über alle Nachteile des Hofes zu unterrichten -
welch letzteres seitens der
Grundeigentümer heute niemals geschieht. Diese zählen
immer nur alle Vorteile auf;
über die oft versteckten Mängel, wie z. B. Feuchtigkeit
der Wohnung, Nachtfröste usw.,
muß sich der Pächter, so gut es geht, unter der Hand
zu erkundigen suchen.
Mit dem Gesagten glaube ich das Verhältnis der Bodenverstaatlichung
zur Landwirt-
schaft genügend klargelegt zu haben, um jeden instand zu
setzen, sich in die neuen Ver-
hältnisse, die die Bodenverstaatlichung auf dem Lande schafft,
hineinzufinden. Zu-
sammengefaßt aufgezählt, würde die Bodenverstaatlichung
auf dem Lande folgende
Wirkungen haben: Keine Privatgrundrenten, folglich auch keine
"Not der Landwirt-
schaft", keine Zölle und keine Politik mehr. Kein Eigentum
am Boden, daher auch keine
Bodenverschuldung, keine Teilung und Abfindung bei Erbschaft.
Keine Grundherren,
keine Knechte. Allgemeine Ebenbürtigkeit. Kein Grundeigentum
- folglich volle Frei-
zügigkeit mit ihren wohltätigen Folgen für Gesundheit,
Sinnesart, Religion und Bildung,
Glück und Lebensfreude.
Beim Bergbau läßt sich die Bodenverstaatlichung womöglich
noch leichter durchführen
als im Ackerbau, da man hier von der Pachtung absehen und die
Förderung der Berg-
erzeugnisse einfach in Verding (Akkord, Submission) geben kann.
Der Staat verdingt
den Abbau an einen Unternehmer oder an Arbeitergenossenschaften;
er bezahlt für jede
Tonne einen auf Grund der Mindestforderung vereinbarten Lohn oder
Preis - und
verkauft seinerseits das Geförderte an den Meistbietenden.
Der Unterschied zwischen
beiden Preisen fließt als Grundrente in die Staatskasse.
Dieses höchst einfache Verfahren kann überall da ohne
weiteres angewendet werden,
wo keine besonderen Einrichtungen dauernder Art nötig sind
- also z. B. in den Torf-
lagern, Braunkohlengruben, Kies-, Lehm- und Sandgruben, Steinbrüchen,
Erdölfeldern
usw. Es ist dasselbe Verfahren, das heute schon ganz allgemein
in den Staatsforsten
eingeführt ist und sich dort in jahrhundertelanger Geltung
bewährt hat. Die Forstver-
waltung vereinbart mit den Arbeitern in öffentlichem Verding
den zu zahlenden Lohn
für das Festmeter, und zwar erhält der Mindestfordernde
den Zuschlag; dann wird das
von den Arbeitern gefällte und in Haufen bestimmter Größe
geschichtete Holz öffentlich
meistbietend verkauft. Betrug ist so gut wie ausgeschlossen, da,
sobald das Maß nicht
richtig ist, die Käufer Klage erheben. So wäre es auch
im Bergbau. Die Käufer würden
selbst die Arbeit in der Grube überwachen. Für die Arbeiter
wäre es ein leichtes, sich
zu gemeinsamer Arbeit ohne Unternehmer zu vereinigen (was sie
allerdings heute noch
lernen müßten), da kein nennenswertes Betriebsgeld
hier nötig ist. Die Grube gehört
dem Staat; die Arbeiter brauchen also nur ihr Handwerkszeug.
In den Kohlengruben, wie überall im Tiefbau, wird die Sache
durch die Maschinen-
anlage verwickelt, doch lassen sich verschiedene Wege einschlagen,
die alle gangbar sind:
1. Der Staat liefert die Maschinenanlage; er versichert die Arbeiter
gegen Tod und
Unfall und verfährt im übrigen wie oben, d. h., er gibt
die Förderung an einzelne Arbeiter
in Verding (Akkord). Dieses Verfahren ist bei den Privat- und
Staatsbergwerken heute
allgemein im Gebrauch.
2. Der Staat liefert wie oben die Maschinenanlage und gibt den
ganzen Betrieb in
Verding an Arbeitergenossenschaften. Dieses Verfahren ist, soviel
ich weiß, nicht in
Anwendung; es hätte für kommunistisch gesinnte Arbeiter
Vorteile, weil die Arbeiter
so lernen würden, sich selbst zu regieren.
3. Der Staat überläßt den Arbeitergenossenschaften
den ganzen Bergbau mitsamt der
Einrichtung. Er bezahlt der Arbeitergenossenschaft einen in öffentlichem
Verding ver-
einbarten Preis für die geförderten Erzeugnisse und
verkauft diese seinerseits wieder,
wie bei 1 und 2, an den Meistbietenden.
Ein viertes Verfahren, wonach den Arbeitem auch noch der Verkauf
überlassen wird,
würde sich nicht empfehlen, weil der Verkaufspreis von zu
vielen Umständen beein-
flußt wird.
Für ganz große Bergwerke mit Tausenden von Arbeitern
würde sich Verfahren 1 wohl
am besten eignen, für mittlere Betriebe Verfahren 2 und für
ganz kleine Betriebe Ver-
fahren 3.
Der Unterschied zwischen Erlös und Förderkosten würde
wieder als Grundrente in
die Staatskasse wandern.
Für den Verkauf der Erzeugnisse sind zwei Wege zu verfolgen:
1. Fester Preis, jahraus, jahrein, für alle Erzeugnisse,
bei denen die Natur der Verhält-
nisse eine unbeschränkte Förderung zuläßt,
so daß gewiß ist, daß auch die Nachfrage,
die sich zu dem festen Preis einstellt, stets befriedigt werden
kann. Gleichmäßige Be-
schaffenheit der Erzeugnisse ist für dieses Verfahren Voraussetzung.
2. Öffentliche Versteigerung; überall dort, wo die
Erzeugnisse ungleichmäßig sind
und wo die Förderung sich nicht jeder beliebigen oder möglichen
Nachfrage anpassen läßt.
Wenn man die Erzeugnisse zu festen Preisen verkaufte, und dabei
nicht in der Lage
wäre, jede gewünschte Menge zu liefern, so würden
sich Wucherspieler (Spekulanten)
die Sache zunutze machen. Ist die Beschaffenheit verschieden,
so können nur durch
öffentliche Versteigerung Beschwerden vermieden werden.
Ein Bodenerzeugnis eigener Art bilden die Wasserkräfte,
die in vielen Gegenden schon
jetzt eine große Rolle spielen und deren Bedeutung mit den
Fortschritten der Technik
nur wachsen kann. Für größere Kraftwerke, die
der Stadt Licht und Kraft für die
Straßenbahnen liefern, wäre die Verstaatlichung wohl
das einfachste, besonders deshalb,
weil der ganze Betrieb solcher Werke seiner Einfachheit wegen
sich dazu eignet. Bei
kleinen Wasserkräften, die unmittelbar an Industrien angeschlossen
sind, wie Mühlen und
Sägewerken, wäre der Verkauf der Kraft zu einem einheitlichen,
mit den Kohlenpreisen
schritthaltenden Preise angezeigt.
Etwas mehr Schwierigkeit bietet die Bodenverstaatlichung in der
Stadt, vorausgesetzt,
daß man einerseits nicht willkürlich verfahren, andererseits
dem Staate die volle Rente
sichern will. Kommt es nicht genau darauf an, so ist das für
den größeren Teil der Stadt
London angewandte Pachtverfahren ausreichend. Nach diesem Verfahren
ist dem Pächter
der Boden zu beliebiger Ausnutzung für eine lange Frist (50
bis 70, in London 99 Jahre)
gegen einen jährlichen, im voraus für die ganze Pachtzeit
bestimmten Zins gesichert. Die
Rechte des Pächters sind veräußerlich und vererblich,
so daß auch die auf dem Boden
errichteten Häuser verkauft werden können. Steigt nun
im Laufe der Zeit (und in
100 Jahren kann sich manches ändern) die Grundrente, so hat
der Pächter den Gewinn
(der, wie das in London der Fall ist, sehr groß sein kann);
sinkt die Grundrente, so hat
der Pächter den Verlust zu tragen (der ebenfalls sehr groß
sein kann). Da die auf dem
Boden errichteten Häuser gleichzeitig als Pfandstücke
für die richtige Bezahlung des
Pachtzinses dienen, so kann der Pächter dem Verluste nicht
entrinnen; der volle Miets-
ertrag der Häuser dient dem Grundbesitzer als Sicherheit.
Wie wir aber an der Geschichte Babylons, Roms, Venedigs ersehen,
ist die Geschichte
der Städte sehr wechselvoll, und es gehört oft nicht
viel dazu, um einer Stadt den Lebens-
nerv abzuschneiden. Die Entdeckung des Seeweges nach Indien brachte
Venedig, Genua,
Nürnberg zu Fall und lenkte den Verkehr nach Lissabon; mit
der Eröffnung des Suez-
kanals ist Genua wieder neu erstanden. Ähnlich wird es wohl
auch Konstantinopel mit
der Eröffnung der Bagdadbahn ergehen.
Auch das muß hier wieder berücksichtigt werden, daß
unsere heutigen Währungs-
gesetze niemanden dagegen schützen, daß nicht morgen
auf Betreiben der Beteiligten
eine auf fallende Preise gerichtete Währungspolitik getrieben
wird, wie das ja schon
einmal 1873 geschehen ist, wo man dem Silber das Prägerecht
entzog. Die Möglichkeit
ist also heute gesetzlich nicht ausgeschlossen, daß morgen
auf Wunsch derselben Leute
wie damals, auch dem Golde das freie Prägerecht entzogen
und dann das Angebot von
Gold so beschränkt wird, daß alle Preise um 50 % fallen
und das Vermögen der Privat-
und Staatsgläubiger um 100 % auf Kosten der Schuldner vermehrt
wird. In Österreich
hat man das mit dem Papiergeld, in Indien mit dem Silbergeld getan,
warum sollte man
dasselbe Kunststück nicht auch wieder einmal mit dem Golde
versuchen?
Also irgendeine Gewähr dafür, daß die Grundrenten
die der Pachtung zugrunde
gelegte Höhe während der ganzen Pachtzeit beibehalten
werden, ist nicht vorhanden.
Durch den Einfluß der Politik und tausendfältiger wirtschaftlicher
Umstände, wozu noch
die Wahrscheinlichkeit tritt, daß die jetzige Landflucht
mit der Bodenverstaatlichung
sich in eine Stadtflucht verwandelt, wird in jede langfristige
Pachtung ein erhebliches
Wagnis getragen, und diese Verlustgefahr muß der Verpächter,
hier also der Staat, in
Form eines erheblich herabgesetzten Pachtzinses bezahlen.
Dann ist auch die Frage zu beantworten, was nach Ablauf der Pacht
aus den Gebäuden
wird. Fallen dem Staate vertragsmäßig die Gebäude
unentgeltlich zu, dann wird vom
Pächter der Bau von vornherein auf eine die Pachtzeit nicht
übersteigende Dauerhaftig-
keit berechnet, so daß der Staat in den meisten Fällen
die Gebäude auf Abbruch wird
verkaufen müssen. Es hat ja auch Vorteile, wenn die Häuser
nicht für die Ewigkeit gebaut
werden, denn bei jedem Umbau können die Fortschritte der
Bautechnik berücksichtigt
werden, aber die Nachteile überwiegen doch stark, wie das
bei den französischen Eisen·
bahnen der Fall ist. Dort ist auch das Eisenbahngelände vom
Staate an Privatgesell-
schaften auf 99 Jahre verpachtet worden mit der Bedingung, daß
nach Ablauf des Ver-
trages das Ganze kostenlos an den Staat zurückfallen soll.
Aber auf diesen Umstand
sind nun alle Bahnbauten, wie auch die Instandhaltung, zugespitzt.
Man will dem Staate
nicht mehr als gerade nötig überlassen, sozusagen einen
Greis in den letzten Zügen,
altes, verbrauchtes, ausgeleiertes Gerümpel, Trümmer.
Und so kommt es, daß infolge
dieses leichtsinnigen Vertrages die französischen Eisenbahnen
allgemein einen verwahr-
losten Eindruck machen - und das jetzt schon, lange vor Ablauf
des Vertrages. Ähnlich
würde es sicherlich auch ergehen, wenn die Baustellen unter
der Bedingung verpachtet
würden, daß nach Ablauf des Vertrages die Gebäude
dem Staate zufallen.
Besser schon wäre die Bedingung, daß die Gebäude
abgeschätzt und vom Staate bezahlt
würden. Aber wie soll die Abschätzung erfolgen? Diese
kann von zwei Gesichtspunkten
aus geschehen:
1. nach der wirtschaftlichen Brauchbarkeit (Bauplan, Anlage);
2. nach den Baukosten.
Will man ohne Rücksicht auf Brauchbarkeit die Entschädigung
einfach nach den Bau-
kosten und dem baulichen Zustand berechnen, so würde der
Staat manches nutzlose,
verpfuschte Gebäude teuer bezahlen müssen, um es dann
abreißen zu lassen. Die Bau-
meister würden unüberlegte, leichtsinnige Pläne
entwerfen, wohl wissend, daß, wie
auch der Bau ausfällt, der Staat die Kosten zahlen wird.
Wenn man jedoch von den Bau-
kosten absieht und andere Erwägungen bei der Abschätzung
zuläßt, so müßten auch die
Baupläne dem Staate zur Genehmigung vorgelegt werden. Das
führt jedoch wieder
zur Beamtenwirtschaft, zur Bevormundung, zu gedankenlosem Tun.
Darum scheint
mir das Verfahren am vorteilhaftesten, wonach die Baustellen auf
unbeschränkte Zeit
verpachtet werden, und zwar nicht zu einer für alle Ewigkeit
im voraus berechneten
Pacht, sondern zu einer in regelmäßigen Abständen
von 3, 5 bis 10 Jahren von Staats
wegen vorgenommenen Grundrentenschätzung. So wäre das
Wagnis der Bauunternehmer
in bezug auf den Pachtertrag gleich Null, und der Staat würde
die volle Rente einheimsen,
ohne sich um die Gebäude weiter kümmern zu müssen.
Die ganze Sorge um die beste
Ausnutzung des Baugeländes würde auf denen ruhen, die
es angeht, auf den Bauunter-
nehmern. Auf völlige Genauigkeit bei der Schätzung der
Grundrente und des Pacht-
zinses kann man natürlich nicht rechnen. Man würde jedoch
den Pachtzins immer so
berechnen können, daß der Unternehmer seine Betätigungslust
an der Sache nicht ver-
liert und auch der Staat nicht zu kurz kommt.
Für die Ermittlung der Grundrente in den verschiedenen Stadtteilen
wäre es angezeigt,
wenn der Staat in jedem Stadtviertel ein Miethaus für eigene
Rechnung errichtete, nach
einem auf den höchsten Mietsertrag berechneten Bauplan. Von
den eingehenden Miets-
beträgen würde man den Zins der Baukosten (solange Zins
bezahlt wird), die Instand-
haltung, die nötigen Abschreibungen, die Feuerversicherung
usw. abrechnen und den
Rest als Normalgrundrente von allen anderen Grundstücken
derselben Straße (oder glei-
cher Lage) als Pachtzins erheben.
Rechnerisch genau wäre natürlich auch so die Grundrente
nicht zu ermitteln, da manches
hier auf den Bauplan des Mustermietshauses ankäme. Dieser
Bauplan müßte darum als
Musterplan immer besonders sorgfältig angelegt werden; aber
wie er auch ausfallen würde,
Grund zur Klage von seiten der Bauunternehmer könnte er nicht
geben, da etwaige
Mängel dieses Planes nur einen Minderertrag der Miete herbeiführen
könnten. Dieser
Minderertrag würde aber unmittelbar auf die Grundrente des
Musterhauses drücken und
so in einem entsprechend niedrigeren Pachtzins für sämtliche
Grundstücke wieder zum
Vorschein kommen.
Durch dieses Verfahren würde der eigene Vorteil der Bauunternehmer
immer aufs
engste mit dem guten baulichen Zustand ihrer Häuser, mit
wohlüberlegten Bauplänen
verknüpft sein - denn jeder Vorzug ihrer Häuser gegenüber
dem Mustermietshause würde
ihnen persönlich zugute kommen.
Zu erwähnen ist noch, daß der Zinsfuß des Baukapitals,
der der Berechnung des Anteils
der Grundrente an dem Mietzins zugrunde gelegt wird, das Wichtigste
an der ganzen Sache
ist, und daß man sich im voraus, d. h. vor Unterzeichnung
der Pachtverträge, darüber wird
einigen müssen, nach welchen Verfahren dieser Zinsfuß
jedesmal ermittelt werden soll.
Denn ob man das Baukapital mit 4, 3 1/2 oder 3 % verzinst, ist
doch für die Berechnung der
Grundrente sehr wesentlich.
Ist z. B. das Baukapital 200 000 M., der Mietsertrag. . . . .
. . . . 20 000 M.
und der Zinsfuß 4%, so ist der Kapitalzins. . . . . . .
. . . . . . . . . . 8 000 M.
und die Grundrente, d. h. die zu zahlende Pacht . . . . . . .
. . . . . 12 000 M.
Bei 3% würden nur 6000 M. vom Mietsertrag abgehen, was den
Pachtzins bis auf
14 000 M. erhöhen würde, ein Abstand, der, wenn er nicht
auf eine unanfechtbare, ver-
tragsmäßige Grundlage sich stützt, ein Entrüstungsgeschrei
verursachen würde. Für die
Stadt Berlin z. B. würde die Anwendung eines Zinsfußes
von 3% statt eines solchen von
4% schon einen Unterschied in der Pachtberechnung von 20 Millionen
wenigstens aus-
machen. Es ist also klar, daß man in dieser Beziehung nichts
der Willkür überlassen kann.
Im folgenden, dem Freigeld gewidmeten Teil, werde ich das Verfahren
für die Ermitt-
lung des reinen Kapitalzinses eingehend besprechen, und ich verweise
hier darauf. Unab-
hängig davon möchte ich aber hier den Vorschlag machen,
als Zinsfuß für das Gebäude-
kapital den Durchschnittsertrag aller an der Börse gehandelten
einheimischen Industrie-
papiere zu nehmen. Dadurch würde dem Baukapital der Durchschnittsertrag
des Industrie-
kapitals gesichert, was die Bauindustrie von jedem Wagnis befreien
und diesem Zweige der
Industrie zum Wohle der Mieter große Kapitalien zuführen
würde. Denn jeder, der eine
sichere Anlage vorzieht, würde sein Geld in Häusern
anlegen, die ihm immer den Durch-
schnittsertrag einbringen würden.
Dieser Zinsfuß würde natürlich nur bei Berechnung
der Grundrente des Mustermiets-
hauses angewandt werden.
Das Mustermietshaus von 500 Geviertmeter Grundfläche hat
an Miete ein-
gebracht ..........
..........................................
................................................ 20 000 M.
Das Baugeld beträgt nach den üblichen Abschreibungen
200 000 M. Der
Durchschnittszinsfuß der Börsenpapiere war..........
3,25%
Von der Miete gehen also als Zins des Baugeldes ab
........................................6
500 M.
somit bleibt als Grundrente 20 000- 6500 =
...................................................13 500 M.
oder 13 500: 500= 27 M. für das Geviertmeter.
In groben Umrissen und ohne auf die Abweichungen einzugehen,
die nur die Erfahrung
vorschreiben kann, erhalten wir als Muster eines Pachtvertrages
zwischen Staat und Bau-
unternehmer folgendes:
1. Der Staat übergibt dem Bauunternehmer das Grundstück
Nr.12 der Claudiusstraße
in Erbpacht.
2. Die Pacht wird berechnet nach der für das in der gleichen
Straße befindliche Muster-
mietshaus ermittelten Grundrente.
3. Als Grundrente für dieses Mustermietshaus wird angesehen:
der in öffentlicher Pacht-
versteigerung erzielte Mietzins, abzüglich x Prozent Abschreibungen,
Instandhaltungen
und Versicherungen und abzüglich Zins des Baugeldes.
4. Als Zinsfuß für das Baukapital wird der jährliche
Durchschnittsertrag der an der Ber-
liner Börse gehandelten Industriepapiere angenommen werden.
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