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Einige Beispiele werden es jedoch jedem sichtbar machen.
Beispiel 1. In Berlin darf nach der Bauordnung nur bis zu vier
Stockwerken hoch
gebaut werden. Wären es nur zwei Stockwerke, so würde
die Stadt die doppelte Boden-
fläche bedecken müssen, um dieselbe Einwohnerzahl zu
beherbergen: Das Land, das
durch den dritten und vierten Stock gespart wurde, ist also heute
noch unbebautes, freies
Bauland. Wenn man in Berlin die amerikanische Bauart zuließe
- also 40 Stockwerke
an Stelle von 4 -, so würde der zehnte Teil der heutigen
Grundfläche Berlins genügen.
Der Rest wäre überschüssig und würde jedem
Bauunternehmer zu wenig mehr als dem
Ertragswert eines Kartoffelackers angeboten werden. Das Freiland
für Bauzwecke ist
also vom vierten Stockwerk ab nach den Wolken hin überall,
selbst im Innern jeder
deutschen Großstadt, in unbegrenzter Menge vorhanden.
Beispiel 2. In der Republik "Agraria" wird durch Gesetz
der Gebrauch jeglichen
künstlichen Düngers verboten, angeblich, weil er gesundheitsschädlich
sein soll, in Wirk-
lichkeit aber, um die Erzeugung von Getreide knapp, die Getreidepreise
hochzuhalten.
Die agrarianischen Grundherren glauben, daß wenig und teuer
für sie besser sei, als viel und
billig. Infolge dieses Verbotes und der geringen Ernten, sowie
der teuern Preise, und weil
außerdem die Auswanderung verboten ist, hat man in Agraria
alles Öd-, Sumpf- und
Heideland in Anbau genommen und es erreicht, daß die Ernten
den Bedarf des Volkes
decken. Trotzdem aber ist das Volk sehr unzufrieden und verlangt
die sofortige gänzliche
Aufhebung des Verbotes, und man erwartet dort allgemein, daß
ähnlich wie in Deutsch-
land die Bodenerträge durch den Gebrauch des künstlichen
Düngers sich verdreifachen
werden.
Was wird die Folge für die Grundrente und den Lohn sein?
Wird da nicht in bezug
auf die Äcker dasselbe eintreten, was in der Stadt geschieht,
wenn eine neue Bauordnung
jedem erlaubt, die bisherige Zahl der Stockwerke zu verdreifachen?
Mit den künstlichen
Düngern wird der Boden der Republik plötzlich dreimal
größere Ernten geben als die
jetzt lebende Bevölkerung braucht. Das wird bewirken, daß
man von je drei Hektar zwei
brachliegen lassen wird zur Verfügung künftiger Geschlechter.
In derselben Republik, wo
man jede Ecke Land, jeden Sumpf in Anbau genommen hatte, wird
man infolge der
Freigabe der künstlichen Dünger plötzlich von gewaltigen
Strecken Freiland sprechen.
Und dieses Freiland wird man vorläufig als Jagdgründe
benutzen und es zum Jagdpacht-
ertrag jedem anbieten, der es in Arbeit nehmen will.
Diese Beispiele aus dem Baugewerbe und der Landwirtschaft zeigen
uns, wie Neuland,
Freiland dritten Grades, entstehen kann und als Folge der täglich
sich häufenden Ent-
deckungen ständig neu entsteht. Der Hirt braucht 100 Hektar
Land, um seine Familie zu
ernähren, der Landwirt braucht 10, und der Gärtner einen
und weniger.
Nun wird aber die gesamte Ackerfläche Europas noch sehr oberflächlich
bebaut, und
die Bevölkerung, selbst in Deutschland, ist noch so spärlich,
daß, wenn man allgemein zur
Gartenwirtschaft überginge, die Hälfte der Ackerfläche
brach gelassen werden müßte,
erstens, weil für solche Mengen von Lebensmitteln die Käufer,
zweitens, weil für so dichte
Bearbeitung des Bodens die Arbeiter fehlen würden.
Wir können also Deutschland durchweg noch als solches Freiland
dritten Grades
betrachten. Für die Bodenerträge, die der Landwirt bei
dichter Bebauung über die Erträge
des Jägers, des Hirten, der weitläufig bebauenden Landwirte
hinaus einheimst, kann man
den Ackerboden ebenso als Freiland betrachten, wie der Amerikaner
den Raum über den be-
reits stehenden Stockwerken bis zu den Wolken hinaus als freien
Baugrund ansieht.
Wenden wir das Gesagte auf die Grundrenten und die Lohntheorie
an. Deutschland
ist in dem oben beschränkten Sinne noch Freiland. Der Landarbeiter
kann zu jeder Zeit
auf dieses Freiland flüchten, wenn er nicht mit seinem Lohne
einverstanden ist. Unter den
Ertrag, den die Arbeit auf solchem Freiland dritten Grades abwirft,
kann der Lohn des
Landarbeiters dauernd ebensowenig fallen, wie unter den Ertrag
der Arbeit auf Freiland
ersten Grades. Hier hat der Landarbeiter bei den Lohnverhandlungen
einen Rückhalt,
der nie versagt. Wieviel wird nun der Arbeiter als Lohn, der Grundherr
als Pacht ver-
langen können?
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