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Die Grundrente nimmt eben alle Vorteile, die Deutschland für
die Arbeit, für das
geistige und gesellige Leben bietet, für sich in Anspruch,
sie ist die in Kapital verwandelte
Dichtung, Kunst, Religion und Wissenschaft. Sie macht alles zu
barem Gelde, den Kölner
Dom, die Bächlein der Eifel, das Gezwitscher der Vögel
im Laube der Buchen. Die Grund-
rente erhebt von Thomas a Kempis, von den Reliquien Kevelaars,
von Goethe und Schiller,
von der Unbestechlichkeit unserer Beamten, von unseren Zukunftsträumen,
kurz, von
allem und jedem eine Steuer, die sie regelmäßig bis
auf den Punkt hinaufschraubt, wo sich
der Arbeiter fragt: soll ich bleiben und zahlen - oder soll ich
auswandern und alles
preisgeben? Geschenkt wird niemandem etwas. Stets befindet sich
das arbeitende Volk
auf dem Goldpunkt. (Im Außenhandel derjenige Zustand in
der Zahlungsbilanz, wo man
nicht weiß, ob man noch mit Wechseln oder mit barem Gold
zahlen soll. Die Kosten der
Goldausfuhr sind die "Grundrenten" des Wechselmaklers).
Je mehr Freude der Bürger
am Staat und Volk hat, um so höheren Preis fordert die Grundrente
für diese Freude. Die
Abschiedstränen des Auswanderers sind goldene Perlen für
die Grundrente. Und so
sehen wir auch oft die Grundbesitzer in den Städten damit
beschäftigt, durch Verschö-
nerungsvereine und sonstige Veranstaltungen das Leben in der Stadt
zu erheitern, um
erstens den Abschied schwerer, zweitens den Zuzug leichter zu
machen. So können sie von
den Bauplätzen höhere Grundrenten erheben. Im Heimweh
steckt die Pfahlwurzel der
Grundrente.
Lebt der deutsche Landarbeiter nicht allein von Brot, so natürlich
auch der Freiländer
nicht. Der stoffliche Arbeitsertrag ist nur ein Teil von dem,
was der Mensch zur Lebens-
freude braucht. Mußte der Auswanderer lange kämpfen,
ehe er die heimatlichen An-
ziehungskräfte überwunden hatte, so findet er nun in
seiner neuen Heimat manches Neue,
was ihn anzieht oder auch abstößt. Das Anziehende mehrt
die Gründe, die ihm den
Arbeitsertrag als genügend erscheinen lassen (ähnlich
wie man auch bereit ist, eine an-
genehmere Arbeit für geringeren Lohn zu verrichten), das
Abstoßende mindert sie.
Wiegen die abstoßenden Umstände (Klima, Unsicherheit
des Lebens und des Eigentums,
Ungeziefer usw.) schwerer als die anziehenden, so muß der
Unterschied zwischen beiden
durch einen entsprechend größeren Arbeitsertrag ausgeglichen
werden, falls der Ein-
gewanderte bleiben und seine zurückgebliebenen Brüder
zur Nachahmung seines Bei-
spiels aufmuntern soll. Darum wird alles, was das Leben, die Zufriedenheit
des Frei-
länders beeinflußt, auch unmittelbar die Zufriedenheit
der deutschen Arbeiter beein-
flussen und auf ihre Lohnforderungen einwirken. Dieser Einfluß
beginnt schon mit der
Reisebeschreibung. Verlief die Reise ohne Seekrankheit, war das
Leben, die Kost an Bord
erträglich, so wirkt das schon sehr aufmunternd auf die Zurückgebliebenen.
Berichtet der
Freiländer von der großen Freiheit, die er genießt,
von der Jagd, von seinem Reitpferd,
von den großen Lachszügen und Büffelherden, von
dem Verfügungsrecht über alles,
was die Natur bietet, auch wie er überall nicht mehr als
Knecht und Besitzloser, sondern
als ebenbürtiger, freier Bürger angesehen und behandelt
wird, so wird der Knecht zu
Hause ganz selbstverständlich bei den Lohnverhandlungen den
Kopf höher halten, als
wenn sein Bruder nur von Indianereinfällen, von Klapperschlangen,
von Ungeziefer und
harter Arbeit zu erzählen weiß.
Das wissen auch die Grundherren, und läuft einmal solch
ein Jammerbrief ein, so wird
er natürlich nach allen Regeln der Kunst ausgeschlachtet.
In allen Blättern wird er ver-
öffentlicht, während den Zeitungen unter Anwendung von
Drohmitteln Auftrag gegeben
wird, erfreuliche, aufmunternde Berichte der Ausgewanderten mit
größtem Fleiß tot-
zuschweigen. Derselbe Verein, der die Heimat verschönern,
ihre Anziehungskraft stärken
soll, hat auch die Aufgabe, das Freiland nach Möglichkeit
herabzusetzen. Jeder Schlangen-
biß, Indianerskalp, Heuschreckenschwarm, jedes Schiffsunglück
verwandelt sich, indem
dadurch der Arbeiter bescheidener gemacht, die Auswanderungslust
vermindert wird,
in Grundrente, in Bargeld für die Grundherren. Und umgekehrt
natürlich.
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