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Als Vorlage zum Scannen diente ein Exemplar aus der
"Bibliothek der Freien"

Danke!


Ohne Ort; Selbstverlag; ohne Jahr (ca. 1970); 34 Seiten


Theseus (= Jakob Sprenger):

Vom Unsinn und den Verbrechen des Zinses,
dem Haupturheber der Kriege und Revolutionen
 
 
Als Theseus, der Verfasser der Schrift: Zins ist Diebstahl, im
Jahre 1915 das Wesen und Wirken des Zinses schonungslos
aufdeckte und daran die Voraussage knüpfte, dass der erste
Weltkrieg kommen musste und dass wieder ein solcher in
absehbarer Zeit und noch viel ärger wiederkehren werde,
wenn nicht die heutige Wirtschaftsordnung oder besser gesagt
Unordnung von Grund aus geändert werde, da wurde er
verlacht und verspottet und wirtschaftlich ruiniert. Sämtliche
Parteien und die Kirchen lehnten seine Ausführungen ab.
 
Inzwischen haben wir längst den zweiten Weltkrieg hinter
uns, und die Situation wird immer gefährlicher. Noch immer
quälen uns die ungelösten wirtschaftlichen Probleme. Und so
versucht diese Broschüre, die Abklärung der uralten Zinsfrage
und den Unsinn und die Verbrechen des Zinses aufzuzeigen,
klarzulegen, darauf hinzuweisen, dass mit der Beseitigung der
Zinssklaverei der mörderische Kapitalismus seine Rolle ausge-
spielt hat. Eines der massgeblichen Gesetze ist das schon im
alten Testament verzeichnete biblische Zinsverbot. Der Zins
wird in der Hauptsache von Geld und vom Boden bezogen.
Betrachten wir einmal den Geldzins (Kapitalzins). Das Geld
wurde als Tauschmittel geschaffen und ermöglichte damit
unsere reichhaltige Wirtschaft. Der Zins hingegen, ebenfalls
eine uralte Erfindung, ist der dämonischen Wirkung nach
wahrscheinlich vom Teufel selbst. Keine andere Erfindung hat
solches Unglück geschaffen. Durch den Zins verliert das Geld
seine Eigenschaft als Grundlage der Arbeitsleistung des Einzel-
nen. Der Zins ermöglicht, dass der Zinszahler Arbeitsleistun-
gen, der Zinsnehmer aber keine Arbeitsleistungen vollbringt.
Der Zinsnehmer lässt den Zinszahler für sich arbeiten,
während er selber nichts tut, selbstverständlich nur soweit der
Zinsbetrag in Betracht kommt. Eine der grössten Illusionen ist,
dass auch der kleine Zinsbezüger einen Vorteil von diesem
System habe. Was heute der kleine Zinsbezüger bezieht, wird
ihm hundertfach wieder genommen in Form von viel zu hohen
Wohnungsmieten, Nahrungs- und Kleiderpreisen und viel zu
kleinen Löhnen. Nur der grosse Zinsbezüger lebt ganz von den
Zinsen, vom arbeitslosen Einkommen, mit anderen Worten, er
zwingt andere Arbeitende, dass diese für ihn arbeiten, wäh-
rend er selbst nichts tut. 1969 rechnete man - sicherlich viel
zu bescheiden - mit einem Zinseinkommen von ca. 12
Milliarden. Würden die Menschen sich nun zinslos Geld
leihen, so kämen die Arbeitenden zu ihrem gerechten vollen
Arbeitsertrag, und die heutigen Reichen bekämen wieder ein
ruhiges Gewissen. Und dann würde das ganze Volk reich an
Ersparnissen und reich an Gerechtigkeit. Das Geld ist ein
Tauschmittel, ein Transportmittel, um den Transport der
Produkte vom Produzenten zum Konsumenten abzukürzen, zu
beschleunigen, zu verbilligen. Das Geld darf nicht als Zins-
erpressungsmittel missbraucht werden. Durch die Zinssklaverei
entstehen zwei Übel: das erste heisst Müssiggang auf der
einen Seite, das zweite Knechtschaft auf der andern Seite. Aus
diesen zwei Übeln aber entsteht noch ein drittes. Durch die
Schmälerung unseres Arbeitsertrages, unserer Löhne, durch
das Zusammenschrumpfen der Früchte unserer Arbeit, werden
wir Arbeitenden beständig gegeneinander gehetzt; denn die
Arbeitenden haben bis jetzt immer noch nicht bemerkt, dass es
der Zinsteufel ist, der die Arbeitenden ausplündert und
Zwietracht sät. Der Zinsteufel ist's, der die Einigkeit der
Arbeitenden fortwährend zerstört. Die Arbeitenden müssen
die Zinsbelastungen, die auf allen Produkten liegen, vom
Rohprodukt bis zum Fertigprodukt aufbringen. Während in
früheren Jahrhunderten nur der Zehnte, also 10 Prozent, an
die gnädigen Herren Oberen abgeliefert werden mussten,
presst uns jetzt der Zinsteufel ca. 50 Prozent unserer Arbeits-
ernte ab. Somit schafft der Zinsteufel unnatürliche Armut und
unnatürlichen Reichtum. Er ermöglicht Reichtum, Genuss des
Lebens mit Nichtstun auf der einen Seite und Armut und
Darben trotz Arbeitsamkeit und Fleiss auf der anderen Seite.
Dies ist gegen das Naturgesetz und gegen die göttliche
Ordnung. Arbeitsamkeit und Sparsamkeit schaffen Wohlha-
benheit, sogar Überfluss. Tritt aber zur Arbeit und Sparsam-
keit das Böse des Zinses hinzu, so wird die Wohlhabenheit
und der Überfluss zum Wucher, zum Geiz, zur Hartherzigkeit
und zum Mangel auf der anderen Seite.
 
Wohlhabenheit und Überfluss ist naturgemäss und göttlich,
weil die Natur selbst im Überfluss die Arbeit des Menschen
segnet. Anders wird die Sache sofort, wenn zu Wohlhabenheit
und Überfluss der Wucher mit dem Überfluss hinzutritt.
Wenn vom Überfluss Zins genommen wird, dann hört der
Überfluss sofort auf, Überfluss zu sein, und dann hört die
Gebefreudigkeit und die Güte unter den Menschen auf. Die
grossen Riesenvermögen der Millionäre und Milliardäre sind
nur entstanden durch Zinswirtschaft. Ohne den Zins wären sie
nie entstanden. Der Geiz ist die Wurzel allen Übels, sagt die
Bibel, der Zins aber ist eine Erfindung der Hölle. Bei der
Hausmiete z. B. ist die Sache so : Weil ein Gebäude allmählich
verdirbt und andauernde Erneuerung notwendig macht, ist
hier zu unterscheiden zwischen Abzahlung, Unterhaltskosten
einerseits und Kapitalzins andererseits. Mit der Beseitigung des
Zinses wohnen wir mindestens dreimal billiger. Erst der Zins
weckt so recht die Habgier im Menschen, Arbeitsfreudigkeit
und Fleiss wecken die Sparsamkeit. Beim Zinsbezug werden
raffinierterweise immer die kleinen Sparer in den Vordergrund
gestellt. Sie hätten etwas Zins nötig für ihr Alter. Aber dieser
Gedanke ist grundfalsch. Wenn die Zinswirtschaft abgeschafft
ist, sind die Arbeitserträge, die Löhne, doppelt so gross wie
heute, und für den grössten Teil der Menschen kommt auch
erst dann die Möglichkeit, genügende, vollausreichende Er-
sparnisse zu machen für ein sorgenfreies Alter.
 
In der zinslosen Volkswirtschaft wird Arbeit nicht nur adeln,
sondern die Menschen bis ins hohe Alter gesund erhalten.
Dann ist auch viel mehr Arbeitslust vorhanden. Auch das
hässliche Spekulieren auf die Erbschaften würde ganz von
selbst in Wegfall kommen, wenn jeder wüsste, dass er selbst
mit eigener Kraft sein Leben zimmern und den Notpfennig
fürs Alter schaffen könnte. Der Sohn und die Tochter, die
wissen, dass nicht viel Erbe von den Eltern zu erwarten ist, die
werden beizeiten anfangen tätig zu sein, um auf eigenen
Füssen zu stehen. Und die sind gerade dann, wenn die
alternden Eltern die müden Hände in den Schoss legen
müssen, auf dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft angelangt.
Natürliche und gesunde Zustände und Lebensverhältnisse
schaffen Glück und Frieden. Wo die Menschen sich den
Naturgesetzen und dem göttlichen Gebot unterwerfen, schwin-
det die Sorge, schwindet die Not und Lebensangst. Wie der
Zins das Kapital lawinenartig anwachsen lässt, darüber sind
sich die Wenigsten klar. Die kleinen Rentiers, die von den
Zinsen ihres kleinen Kapitals leben, kann man ja noch nicht
zu den eigentlichen ausgewachsenen Kapitalisten rechnen. Der
eigentliche Kapitalist ist derjenige, der die Zinsen der ausgelie-
henen Gelder nicht oder nur teilweise zum Lebensunterhalt
braucht. Kann der Kapitalist die Zinsen, die er einnimmt,
wiederum zinstragend anlegen, dann vermehrt sich sein
Kapital in folgendem Tempo: Angenommen er hat 10000
Franken zu 5 Prozent angelegt, dann wächst dieses Kapital
ganz von selbst, ohne dass er die geringste Arbeit zu leisten
braucht, um weitere 10000 Franken in 14. Jahren; also
 
Verdoppelung des Kapitals    20 000 Fr. nach weiteren 14  Jahren
Ver 3 fachung des Kapitals   30 000 Fr. nach weiteren 9   Jahren
Ver 4 fachung des Kapitals   40 000 Fr. nach weiteren 6   Jahren
Ver 5 fachung des Kapitals   50 000 Fr. nach weiteren 4.5 Jahren
Ver 6 fachung des Kapitals   60 000 Fr. nach weiteren 4   Jahren
Ver 7 fachung des Kapitals   70 000 Fr. nach weiteren 3   Jahren
Ver 8 fachung des Kapitals   80 000 Fr. nach weiteren 2.5 Jahren
Ver 9 fachung des Kapitals   90 000 Fr. nach weiteren 2   Jahren
Ver 10 fachung des Kapitals 100 000 Fr. nach weiteren 2   Jahren
Ver 11 fachung des Kapitals 110 000 Fr. nach weiteren 1.5 Jahren
Ver 12 fachung des Kapitals 120 000 Fr. nach 1 Jahr
Ver 13 fachung des Kapitals 130 000 Fr. nach 1 Jahr
 
 
 
Wenn in einer Familie eine starke Familientradition vorhanden
ist, dann ist eine solch ungeheure Geld- und Vermögensver-
mehrung ohne Arbeit, einzig und allein durch Zinsanhäufung,
gar nicht so selten, wie derjenige glaubt, der nie über diese
Dinge nachdenkt. Andererseits arbeitet sich ein Volk, das sich
von den Zinslasten befreit hat und durch Währungspfusche-
reien der Notenbanken nicht immer wieder von der Arbeit
abgehalten wird, viel rascher empor zu Wohlstand. In gleicher
Weise aber, wie die Vermögen durch Zinsanhäufung unnatür-
lich wachsen, wachsen auf der andern Seite beim Schuldner
auch die Schulden; denn jeder Franken Leihgeld setzt auch
einen Franken Schuld voraus. Wenn also in siebzig Jahren ein
ursprüngliches Kapital von 10000 Franken auf 315 000 Fran-
ken angewachsen ist, dann ist in gleicher Weise und im
gleichen Zeitraum auch eine ursprüngliche Schuld von 10 000
Franken ins Riesenhafte von 315 000 Franken angewachsen.
Es ist eine blödsinnige Lüge, von der Wohlhabenheit eines
Landes zu reden, wenn z. B. l000 Millionen Franken in den
Sparkassen des Landes liegen und l000 Millionen Franken
Hypotheken und sonstige Leihgeldzinsschulden bestehen;
denn dieser fingierten Wohlhabenheit stehen ja auch ebenso-
viele Millionen Schulden gegenüber. Auch das Sparkassengeld
ist genau so Wuchergeld, das auf der anderen Seite drückende
Schuld schafft, das ferner auf der anderen Seite zur Unsittlich-
keit von Arbeitsleistungen zwingt, denen keine Gegenleistun-
gen gegenüberstehen. Tausend Millionen Franken Sparkassen-
geld in einem Land sind erst dann ein Zeichen von Wohlha-
benheit, wenn dieses Geld immer wieder sofort zinslos
ausgeliehen wird, weil es dann denjenigen, der es leiht, nicht
drückt. Von der Arbeit kann man einen bescheidenen Reich-
tum erwerben. Millionär oder gar Milliardär aber wird man
nicht durch eigene Arbeit, sondern durch Faulenzen und
Anhäufung von Zins und Zinseszins. Beispiel das Haus
Rothschild und die Grossbanken. Man wende nicht ein, dass
solche Erscheinungen, wo in einer Familie die Kapitalvermeh-
rung durch Zinsgeld so grosse Ausdehnung annimmt, selten
seien. Es ist so: Wenn durch Tod oder sonstige Ereignisse die
Kapitalvermehrung beim einen Kapitalisten aufhört, setzt sie
sich bei einem andern oder bei mehreren andern fort. Die
Geschwister der Besitzer wechseln, aber die Kapitalvermeh-
rung und mit dieser auch die Schuldvermehrung im allgemei-
nen nimmt ihren Fortgang. Nicht das ist für den Staatshaus-
halt von Bedeutung, ob der Hans oder der Peter verschuldet
ist, sondern das, ob die auf den Kopf der Bevölkerung
umgerechnete Verschuldung 1 Franken oder l000 Franken
beträgt, und ob diese Verschuldung steigt oder sinkt. Wird das
Zinssystem nicht abgeschafft, dann steigt die Schuld der
Nation ununterbrochen. Dann teilt sich die Volksmasse immer
mehr, immer schärfer und feindseliger in zwei Lager: in eine
frohnende und in eine geniessende Partei.
 
Im Jahre 1806 überliess der Kurfürst von Hessen dem Bankier
Rothschild 10 Millionen. Rothschild lieh dieses Geld auf Zinsen
aus, seine Söhne und Enkel setzten dieses Geschäft fort und
liessen sich an allen grossen Welthandelsplätzen nieder. Im
Jahre 1914, also nach etwas mehr als l00jähriger Praxis, gleich-
gebliebener Geschäftspraxis dieser selben Familie Rothschild, ist
das Vermögen dieser Geldausleiherfamilie auf 40000 Millionen
angewachsen. 40000 Millionen in den Händen einer einzigen
Familie. Ob dies nun eine jüdische Familie war, spielt keine
ausschlaggebende Rolle. Das viel jüngere Bankhaus Morgan
hat in viel kürzerer Zeit noch viel mehr zusammengerafft und
war kein jüdisches Geschäft. Es kommt weniger darauf an, was
einer ist, als was einer tut. Was obige Summe von 40000 Mil-
lionen bedeutet, wird erst klar, wenn wir sie mit dem Wert der
gesamten deutschen Industrie, d. h. sämtlicher Fabriken, aller
Bergwerke, der gesamten deutschen Schiffahrt, aller Eisen-
bahnen und Elektrizitäts-Unternehmungen im Jahre 1914 ver-
gleichen. Der Gesamtwert all dieser Unternehmungen belief
sich damals auf nur 12 000 Millionen Mark. Und eine ein-
zige Familie, die in Frankfurt, Paris, London, New York und
anderen Plätzen sass, besass mehr als dreimal soviel als damals
die gesamte Industrie Deutschlands wert war. Und es war nicht
bloss diese eine jüdische Familie, die sich an der Ausplünde-
rung der gesamten werktätigen Bevölkerung der ganzen Welt
betätigte, sondern es machten da auch Christen aller Konfes-
sionen und sonstige schmarotzende Individuen arischen und
nichtarischen Ursprungs mit.
 
Und die berufsmässigen Moralprediger aller Konfessionen
machen heutzutage in der weitaus grössten Mehrzahl eifrig
mit, um diesem grössten aller Diebstähle, nämlich die planmäs-
sige Ausplünderung des arbeitenden Volkes um seinen Arbeits-
ertrag, auf gesetzlichem Wege vor dem Volke zu rechtfertigen.
 
Doch gehen wir zurück zum Thema der Verschuldung. Die
grossen Geldbesitzer haben natürlich ein für sie lebenswichtiges
Interesse daran, dass sich alles verschuldet, verschulden muss.
Wo sollten sie sonst ihr Geld an Zins anlegen? Als Deutschland
den ersten Weltkrieg verlor, war die Folge davon, dass Deutsch-
land eine Kriegsschuld von 200 000 Millionen Goldmark und
dazu noch 170 000 Millionen Entschädigungsforderungen zu
zahlen hatte. Dies zusammen ergab 370 000 Millionen Schul-
den nur aus dem Krieg, und da diese Schulden nicht bezahlt
werden können, sollen sie als Leih- und Zinsschulden stehen
bleiben. Dafür hätte Deutschland beinahe 20 000 Millionen
Mark Zinsen, eineinhalbmal soviel als damals die gesamte
deutsche Industrie wert war, jährlich aufbringen müssen, um
nur die Zinsen seiner Kriegsschulden zu zahlen. Mit solchem
Beweismaterial musste es den Nazis ein leichtes sein, das
deutsche Volk zu einem neuen Verzweiflungskrieg aufzufor-
dern. Ihre Vorläufer in der Regierung machten es ihnen dazu
mit ihrer Deflationspolitik noch besonders leicht. Muss denn
nicht das Geld, das als Zins auf die Kriegs- und Mobilisations-
anleihen gezahlt wird, erst von den Völkern herausgepresst
werden, um jenen, die solche Anleihen zu zeichnen in der Lage
waren, wieder als Zins zufliessen zu können? Und warum
mobilisiert man in Kriegsfällen nicht in erster Linie das Geld,
und zwar zinslos, wenn man sich doch daneben erlaubt, un-
ersetzliche Gesundheit und Leben entschädigungslos zu mobi-
lisieren? Und wenn wir die Aufhebung der Verzinsung for-
dern, wen trifft dann hauptsächlich der Schaden? Den kleinen
Mann, den kleinen Rentner oder den Grossen? Die Zinsen-
schuld wird auf alle möglichen und unmöglichen Objekte ge-
legt werden. Sämtliche Verbrauchsartikel werden durch Steuern
derart direkt und indirekt besteuert werden (Umsatzsteuer),
dass auch kleine Rentner, die bis zu l000 Franken Zinsen aus
solchen Anleihen einnehmen, mehr als l000 Franken an direk-
ten und indirekten Steuern und an allgemeiner Waren- und
Immobilienverteuerung zahlen müssen. Es muss sowohl der
Arbeiter, der keinen Rappen Anleihezinsen empfängt, wie auch
der kleine Rentner, der 1000 Franken Zinscoupons abschneiden
kann, durch geschraubte Verhältnisse die Zinsen und Zinslein
zahlen helfen, die der kleine Mann in ängstlicher Sorge sich
erhalten möchte. Die Aufrechterhaltung der Verzinsung hilft
einzig und allein den ganz Grossen unter den Geldverleihern,
nicht den Industriellen, sondern den Börsenkönigen. Denjeni-
gen, die nichts tun als Geld verleihen in den verschiedensten
Formen und die jene Besitzstandhöhe erreicht haben, dass sie
nur einen Bruchteil ihrer Zinseinnahmen brauchen. Diesen,
welche die eigentlichen Gläubiger des Staates sind, wird das
Geld in Form von Anleihezinsen zufluten wie Meereswellen.
Und sie werden es in der Hauptsache auch behalten und
Haufen zu Haufen legen. Es sind dies die 300 Börsenleute, von
denen der von den Nazis ermordete deutsche Minister Rathe-
nau sagte, dass sie sich alle untereinander kennen und dass sie
die Geschicke der Welt lenken. Es sind dies die überragenden
Geldfürsten ohne Krone, denen die Steuerwellen nicht mehr
gefährlich werden, weil sie dem Steuersturm durch ihre
Kreaturen gebieten, sich zu legen, bevor die aufgepeitschten
Steuerwellen über den Bord ihres Mammonschiffes schlagen.
 
Diese Blutsaugerei kann nur beseitigt werden, wenn man allen
Geldzins abschafft. Wo sind aber die Volksvertreter in den
verschiedenen Staaten, die mit der Abschaffung des Zinses,
des Lebenselementes der Blutsauger, Ernst machen? Ganz
selten einer bringt hiezu den Mut auf. Alle möglichen
Kraftsprüche werden gemacht, nur vor den Geldsäcken und
dem Einsacksystem der internationalen Geldfürsten ohne
Krone machen sie halt. Vor diesen Götzen machen sie
Kniefall, werfen sich vor ihnen in den Staub mit Kadaverge-
horsam wie der Hund des Räubers. Wer von den Lesern hat
schon darüber nachgedacht, warum bei all den verschiedenen
Anleihen soviel Mühe und Jahrmarktsgeschrei aufgewendet
wurde und wird, um selbst den ärmsten Arbeiter, das ärmste
Dienstmädchen, ja in Deutschland und Österreich selbst die
Schulkinder zur Zeichnung von Kriegsanleihebeträglein von
100, 50, 10, 5, 3, 2, 1 Mark oder Kronen zu veranlassen?
Selbst in die ärmste Hütte sollte ein Atomstäubchen von
solchen allen möglichen Anleihen kommen, um die Besitz- und
Eigentumsinstinkte von so und sovielen Tausenden und
Millionen Sparerlein in die Schranken zu rufen, wenn es gilt,
den Glauben an die Berechtigung des Zinses aufrecht zu
erhalten. Was heisst das? Eine schlaue Berechnung, eine
Spekulation auf die Kurzsichtigkeit der Massen. Das erkennt
man so recht an der deutschen 200 000-Millionen-Markanleihe
nach dem ersten Weltkrieg. 50 Millionen dieser Kriegsanleihe-
besitzer, von denen jeder durchschnittlich 100 Mark Anleihe
besass, besassen zusammen erst 5000 Millionen Mark. Wer
besass denn die übrigen 195 000 Millionen? Diese besassen
vielleicht 100 von den 300 Börsenmännern, von denen Rathe-
nau berichtet. Und um diesen Männern, um dieser Handvoll
Leute den Zinsbezug von 195 000 Millionen Mark Kapital zu
sichern, sind die Instinkte von 50 Millionen deutschen Sparern
und Vaterlandsfreunden geweckt worden. Man hat ihnen als
Köder den vierzigsten Teil, das ist 2,5 Prozent der Anleihe,
zugeworfen, damit sie von diesem Riechpulver hypnotisiert,
sich alle wie ein Mann im scheinbaren Eigeninteresse sich für
die Beibehaltung der Verzinsung aussprechen sollten. Für 2,5
Prozent Bestechungsgeld, das überdies nur Gaukelspiel, nur
Lüge, nicht einmal Wirklichkeit ist, sichern die Massen mit
ihrer vom Staate angekleisterten Intelligenz, richtiger gesagt
mit Dummheit und Unverstand, den 100 Mammonsfürsten
den Raub, den Gewinn aus dem Millionenblutbad des Welt-
krieges und versklaven sich und die Nachkommen für ganze
Geschlechterreihen der Zukunft. Man sage da nicht : Ja, das
war in Deutschland. Nein! Das ist in verschiedenen Variatio-
nen in allen Ländern der ganzen Erde so. Hat man nicht fast
überall Schulsparkassen eingeführt? Angeblich um den Spar-
sinn der heranwachsenden Jugend zu fördern. In Tat und
Wahrheit war die systematische Verankerung des Zinsdenkens
bei der heranwachsenden Generation der Zweck dieses Tuns.
 
Schule und Kirche, Staat und Privat reichten sich zu diesem
Zwecke brüderlich die Hände. Ihre leitenden Kreise waren ja
den Mammonsfürsten schon längst hörig geworden.
 
Wer heute noch dem Zinsgeld das Wort redet, der wirft das
gute Geld dem schlechten nach. Um sich einen Franken Zins
zu retten, verschlechtert er die Daseinsbedingungen seines
Volkes so sehr, dass er den einen Franken Zins mit 100
Franken Einbusse an Kapital und die Aufrechterhaltung des
ganzen Zinssystems mit vollständiger Verelendung und Ver-
sumpfung des Volksganzen, von dem er ein Teil ist, bezahlen
muss. Wäre der Staat, d. h. jene Korporation von Männern,
die Gesetze machen und regieren, nicht vom Zinsteufel
besessen, dann müssten sie dem Volke folgende Wahrheit
sagen: Wir können euch nichts geben und nichts schenken,
wenn wir es euch nicht zwiefältig zuvor abnehmen. Wir
zahlen euch so und soviele Millionen Franken Zins im Jahr,
damit wir aber auch diese Summen zahlen können, müssen wir
euch auf allen möglichen geraden, krummen und Schleichwe-
gen diese und noch mehr Millionen zuvor abzwacken, um euch
versprochene Million zurückgeben zu können. Die übrigen
Millionen aber sind Gehälter und Provisionen derjenigen, die
euch das Zinsgeld zuerst pfiffig abnehmen, um es euch
nachher mit einer prahlenden Geste zurück zu geben. In
Wirklichkeit aber führen wir euch am Narrenseil herum; denn
jeder einzelne kleine Zinsempfänger glaubt, die Zinsen, die der
Staat ihm zahlt, zahlen immer andere Leute, nur nicht er
selber. Würden diese Staats- und Geldnarren die reine nackte
Wahrheit kennen, dann würden sie lange Gesichter machen.
 
Wer nicht zu den ganz Grossen zählt, wer z. B. nur l000
Franken im Jahre Zins von seinen Anleihepapieren einnimmt,
der muss an direkten und indirekten Steuern und an allgemei-
nen Warenverteuerungen weit mehr als diesen Betrag bezah-
len. Der Überschuss, das Mehr, das er zahlt, fliesst aber in die
Kassen der ganz Grossen, das ist der ungeheure Hokuspokus
mit den Kriegs- und Mobilisationsanleihen, überhaupt mit den
Staatsanleihen, mit der Zinssklaverei. Die kleinen und mittle-
ren Zeichner von Anleihen haben trotz ihrer Zinsbezüge gar
keinen wirklichen Nutzen von der ganzen Anleihenkomödie,
sondern helfen lediglich den Grossen und ganz Grossen die
Taschen zu füllen. Sind wir mit der Forderung der Zinsab-
schaffung Utopisten oder Fanatiker? Wie sollte eine solche
Tat, die in der modernen Kulturwelt für den Mammonismus
ein ungleich grösseres Ereignis bedeuten würde als selbst die
beiden Weltkriege zusammen, Wirklichkeit werden? Diese
Frage beantworten wir wohl am besten mit einem praktischen
Beispiel, das die einzelnen Punkte besser verständlich macht
als alle theoretischen Abhandlungen.
 
Privatier Schafflützel hat 50 000 Franken am Zins, und zwar
als sogenannte Staatspapiere. Er meint ein kluger Mann zu
sein, er hat sich an keinem geschäftlichen Unternehmen
beteiligt, weil man da nur seine Scherereien hat, wenn
schlechte Verhältnisse und schlechter Geschäftsgang kommt.
Ausserdem hat Schafflützel dem Steueramt gegenüber immer
nur 30 000 Franken angegeben. Alle praktischen Erwägungen
haben Privatier Schafflützel bewogen, "nur Papiere" zu kau-
fen. Solange noch Frieden war, hat Schafflützel als sparsamer
Mann nur l500 Franken Zins im Jahre verbraucht, das andere
legte er auf die hohe Kante, d. h. er kaufte wieder neue
Abschnitte zu 200 und 500 Franken. So machte er es im
Kleinen, wie es die Familie Rothschild im Grossen macht. Und
so konnte er, ohne dass die Steuerschnüffler es merkten, sein
Kapitälchen auf 70 000 Franken erhöhen. Und dabei dachte er
sich: "Was bin ich doch für ein bescheidener, rechtschaffener,
kluger und sparsamer Mann. Selbst jetzt als Privatier werde
ich noch jedes Jahr reicher, und meine Kinder werden mich
segnen, wenn ich einmal von dieser Welt muss und ihnen
doppelt soviel hinterlasse, als sie vermuten." Dann kam der
Krieg. Aus Patriotismus (und weil es nebenbei für ihn sehr
vorteilhaft war) zeichnete Schafflützel nun Kriegs- und Mobi-
lisationsanleihen. Leider aber endete der Krieg dann anders,
als unser Patriot es erhofft hatte. Nicht nur kam eine sehr
teure Zeit, so dass Schafflützel seinen ganzen Zinsertrag
aufbrauchen musste, es wollte dieser Betrag nicht einmal
ausreichen. Dann das drohende Gespenst der Vermögensab-
gabe, die Abstempelung der Staatspapiere, der Steuerschnüffler
bringt heraus, wieviel er hat. Das bedroht seine zukünftige
Existenz aufs schwerste. Und nun wird in dieser Schrift gar
vorgeschlagen, durch den ganzen Zins einen Strich zu machen.
 
Das ist doch unmöglich, das geht doch überhaupt nicht. Da
würde doch alles zusammenbrechen. Gemach, Herr Schafflüt-
zel, dieser Zinsgegner meint es besser mit Ihnen als Sie selber.
Jetzt befindet sich nämlich der Staat in derselben Lage, wie
sich schon mancher Mieter und Zinszahler befunden hat. Er ist
bankrott. Es hilft alles nichts, heraus muss das Bekenntnis. Bis
der Staat seine Schulden zahlt, bis er seine Beamten zahlt, alles
zahlt, bis zu den Renten der Kriegsgeschädigten, der Witwen
und Waisen, bleibt für den Zinsabschnitt der Staatspapiere
rein nichts mehr übrig. Es sei denn, es werden ausserordentli-
che Steuern und Abgaben erhoben, solange dies überhaupt
möglich ist. Aber es ist doch auch bisher gegangen, jammert
Herr Schafflützel. Ja, lieber Herr, es ist bisher gegangen, weil
der Staat die Buchdruckpresse wacker laufen liess und auf
Mord und Kaputt Papiergeld druckte (Inflation). Was ist das
anderes als eine neue Staatsschuld, die zwar nicht direkt, aber
desto höher verzinst werden muss? Wieso? wird Schafflützel
fragen. So will ich Ihnen sagen: Jede neue Million Papiergeld-
vermehrung lässt die Kaufkraft bei gleichbleibender Waren-
menge sinken, und noch viel mehr bei abnehmender Waren-
menge. Man muss jetzt für die gleiche Warenmenge das
Doppelte oder vielleicht noch mehr bezahlen. Dieser hohe
Preis, der sich bei allen Warengattungen wiederholt, ist die
indirekte Verzinsung dieser "zinslosen" Staatsschuld. Hinten-
herum, ohne dass Herr Schafflützel in seiner Biedermeierart
mit Zipfelmütze es begreift, muss er sich ein Wegnehmen des
Zinses gefallen lassen, das zwar dem Scheine nach sein
Gesicht wahrt, als ob der famose protzige Staat weder Räuber
noch Dieb noch Bankrotteur ist. Hintenherum, Herr Schafflüt-
zel, sind Sie nicht der einfach Betrogene, Hereingelegte ,
sondern der doppelt und dreifach Betrogene. Der Wert Ihres
Vermögens schmilzt wie Butter an der Sonne. Ihre 70 000
Franken Wertpapiere werden ebenso wertlos werden wie die
2500 Franken Zinslein, die Sie von den Coupons jährlich
abschneiden können. Und Ihre Kinder können dereinst mit
Ihren Obligationen und Staatsschuldverschreibungen die Stube
tapezieren. Solange der Staat noch Millionen von Bildlein
druckt, mit denen er als Hokuspokusgeld die Zinsschulden
bezahlt, nehmen Sie wohl jährlich noch 2500 Franken Zins
ein, aber die Kaufkraft Ihres Kapitals wie die Zinsen haben die
galoppierende Schwindsucht. Diese fällt nicht nur um die 2500
Franken Zins, sondern sie fällt mindestens um das Doppelte
und Dreifache dieses Betrages. So ist es, wenn der Staat als
unaufrichtiger Bankrotteur zahlt. Durch seine Papiergeldmas-
senvermehrung treibt er gleichzeitig alle Preise der Bedarfsarti-
kel in die Höhe, schwindelnde Höhe, so dass Ihr Zinslein
nirgends mehr hinreicht, und dazu entwertet er auch die
Obligationen selber. Und Sie wollen noch immer glauben,
nicht der Betrogene zu sein, weil Sie immer noch - wenig-
stens Zins erhalten? Sie wollen also solange hoffen und
harren, bis Sie eines Tages auch keine Staatszinsen mehr
erhalten werden und diese Bilderbogen, genannt Staatspapiere,
genau soviel wert sind wie eine alte Zeitung, die man zum
Feuern in den Ofen steckt?
 
Unser Vorschlag, diejenigen Massnahmen zu ergreifen, um das
Zinsnehmen unmöglich zu machen, würde in erster Linie die
Wirkung haben, dass die Schulden des Landes, heisse es nun
wie es wolle, nicht mehr ins Riesenhafte durch Selbstvermeh-
rung der Zinswirtschaft wachsen. Nicht bloss unser Volk, auch
alle anderen Völker sind sich gar nicht recht bewusst, über
welch dämonische Krallen der Zinsteufel verfügt, ob den
Sparern 99 Prozent ihrer Guthaben durch die Inflation
abgeknöpft wird oder nur 60 bis 70 Prozent wie bei uns in der
Schweiz. (Die meisten Schweizer haben diesen Diebstahl nicht
einmal bemerkt und merken es heute noch nicht.) So sollten
die Arbeitenden aller Stände aus der Geschichte des Geldwe-
sens der letzten 50 Jahre doch soviel gelernt haben, dass,
soweit das Wirtschaftsleben der Völker in Betracht kommt,
jeder ehrliche und gerecht denkende Mensch die Beseitigung
der Zinssklaverei als erstes und oberstes Prinzip betrachten
sollte. Jeder anständige Mensch, der sich nur einigermassen
und oberflächlich mit dem Zinsproblem beschäftigt, kann
nicht bestreiten, dass mit der Zinspresserei mindestens die
Hälfte von dem, was ehrliche, fleissige Hände erarbeitet
haben, dazu dient, reiche Nichtstuer zu füttern und irgendwel-
che leichtsinnige Tunichtgute und ihre Mätressen in Berlin
oder Neapel, in Wien, Paris, Nizza oder St. Moritz, in
Karlsruhe oder Wiesbaden, im Hochgebirge oder am blauen
Meer zu einem nutzlosen, auf die Umgebung demoralisieren-
den Schlemmerleben und Parasitendasein zu verführen. Heute
ist es tatsächlich so, dass jeder Arbeitende denken muss, was
er erarbeitet, fällt nur zur Hälfte ihm und seiner Familie zu,
während die andere Hälfte der Früchte seiner Arbeit irgendei-
nem Zinscoupons abschneidenden Faulenzer in San Francisco,
Kalkutta, London oder Paris zufällt. Neben dem materiellen
Verlust, den die Arbeitenden aller Stände in ganz ungerechter
Weise erleiden, sind noch zu erwähnen die Kontraste und die
grosse Verschwendungssucht durch die moralisch herunterge-
kommenen Vertreter der "oberen Zehntausend", wie man sagt,
einerseits und der für das heutige technische Zeitalter so
beschämenden Armut der untersten Schichten der Völker.
 
Diese Kontraste erzeugen die Möglichkeit, dass das heutige
Geldsystem den Klassenhass nie zum Verschwinden kommen
lässt. Der Zinsteufel ist es, der immer von neuem Bauern
gegen Arbeiter, Unternehmer gegen Angestellte, Stadt gegen
Land und Produzent gegen Konsument hetzt, der uns nie zur
Ruhe kommen lässt und uns weiter alle scheren möchte. Der
Zinsteufel ist es, der die Welt mit seinem furchtbaren Gift
sättigt und die Voraussetzung des Völkerhasses schafft. Der
Zinsteufel ist es, der uns glauben macht, der Nebenmensch sei
schlecht, der die Arbeiter glauben macht, der Unternehmer sei
nicht recht, der den Bauern glauben macht, die Städter seien
samt und sonders nicht gut für ihn eingestellt, der den
Handwerker glauben macht, der Fabrikant sei schuld an
seinem Untergange, der mit einem Wort die Menschen
gegeneinander aufhetzt und sie davon abzuhalten weiss, den
wirklichen Spaltpilz im Leben der Völker, eben ihn selber mit
seiner dämonischen Macht, zu erkennen.
 
Der Titel dieses Büchleins lautet: "Vom Unsinn und den
Verbrechen des Zinses." So fassen wir nochmals kurz zusam-
men:
 
Es ist Unsinn, wenn wir einige armselige Franken Zins von
einem Sparguthaben empfangen, aber daneben Tausende von
Franken jährlich uns abknöpfen lassen für Zinsen, die in
Wohnung, Nahrung, Kleidung, Werkzeugen, Maschinen,
Werkstätten, Fabriken stecken. Es ist Unsinn, wenn Grossva-
ter, Vater und Sohn im Laufe von drei Generationen mit
Zinsen ein Häuschen mindestens sechsmal bezahlen, und
doch gehört es noch immer nicht dem Sohne, und der ist oft
noch ärmer, als der Grossvater es war. Es ist Unsinn, von der
Wiege bis zur Bahre sich für den Zins abzurackern, damit
reiche Nichtstuer ein nutzloses Leben führen können. Es ist
Unsinn, diesen empörenden Zustand der Zinssklaverei zu
erhalten angesichts der Tatsache, dass der Zins erwiesener-
massen auf lächerlich schwachen Füssen steht. Es ist aber
mehr als Unsinn, es ist ein Verbrechen, wenn akademisch
gebildete Nationalökonomen uns vorschwatzen, der Zins wir-
ke belebend auf die Volkswirtschaft, während der Zins in
Wirklichkeit nur vergiftend, lähmend, abtötend wirkt. Es ist
ein Verbrechen, wenn Millionen fleissiger und tüchtiger
Menschen keine Arbeit bekommen können, bloss weil der Zins
unzählige Arbeitsmöglichkeiten verhindert. Denn wenn ihm
nicht mindestens 5 Prozent Rendite garantiert wird, stellt er
sich nicht zur Verfügung. Und daneben wissen reiche Nichts-
tuer kaum, wie sie die Zeit totschlagen können. Es ist ein
Verbrechen, wenn Millionen wegen der Zinswirtschaft ge-
zwungen sind, sich recht und schlecht und oft unzweckmässig
zu ernähren, während jährlich Tausende von Landwirten nach
Übersee auswandern müssen. Es ist ein Verbrechen, wenn
Hunderttausende in ungesunden Wohnungen, jeder primiti-
ven Anforderung hohnsprechenden, ungesunden Löchern le-
ben müssen. Es ist ein Verbrechen, wenn Millionen durch das
Wirken des Zinsteufels in seelische, moralische und wirt-
schaftliche Not getrieben werden, weil sie noch nie eine
Wirtschaft erlebt haben, in der der Mensch zu seinen
Einsichten und Wahrheiten stehen darf. Es ist ein ungeheures
Verbrechen, wenn man die unter der Peitsche der Zinssklave-
rei schmachtenden Völker ständig im Glauben hält, es müsse
Krieg geben, weil man weiss, dass die Millionen durch den
Zinsteufel Entrechteten schliesslich das Massenmord-Hand-
werk einer eventuellen Krise oder einer schlechten Wirtschaft
noch beinahe vorziehen. Es ist ein Verbrechen, wenn man das
weiss und trotzdem gegen den Zinsteufel, diesen Völkerverhet-
zer, nicht mit den schärfsten geistigen und sittlichen Waffen
vorgeht. Es ist ein Verbrechen, aus purem Eigennutz die
Zinssklaverei zu verteidigen. Wem es ernst ist mit dem
Völkerfrieden, innen und aussen, der wird den ausgesproche-
nen Absichten des Grosskapitals entgegentreten. Er wird
versuchen, dem Bauern, dem Handwerker, dem Gewerbestand,
dem Unternehmer den rechtmässigen Besitz zu sichern. Er
wird der frech zu Tage tretenden Steuerhinterziehung des
Grosskapitals energisch und zielsicher Halt gebieten und eine
gerechte Besteuerung heranführen. Er wird versuchen, den
Stand der Mittellosen allmählich wieder in den Mittelstand
empor zu führen, hingegen das ungesunde Wachsen der
Riesenvermögen verhindern. Er wird die technischen Fort-
schritte zum Gemeingut und Gemeinwohl aller Menschen
machen wollen, ohne das Eigentum aufzuheben. Er wird der
drohenden, gewaltsamen sozialen Revolution vorbeugen und
einen allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung aller Stände
und Berufe ermöglichen und damit ein Zeitalter des Völker-
friedens herbeiführen. Wer es satt hat, durch nutzloses
Parteigezänk und fruchtlose Parlamentierereien sich über oben
erwähnte Zustände hinwegtäuschen zu lassen, wer es satt hat,
durch endlose Flickarbeit, die wir schliesslich doch wieder
selbst zahlen müssen, sich zur Almosengenössigkeit degradie-
ren zu lassen, ohne dass wirklich geholfen wäre, der lese und
überdenke diese Vorschläge.
 
Wenn man das Gehaben und Streben der Menschen betrach-
tet, ihr Tun und Lassen, ihr Jagen nach Reichtum, Ansehen
und Macht, möchte man meinen, es würde die ewige Seligkeit
von der Erreichung dieser Ziele abhängen. Wenn man aber
weiss, wieviel Heuchelei, Kriecherei und Rücksichtslosigkeit,
wieviel Unwürdigkeit, Charakterlosigkeit und Gewissenlosig-
keit zur Erreichung dieser Ziele vielfach erforderlich ist und
wieviele Mitmenschen unter diesem Machtstreben zu leiden
haben, wenn man andererseits sieht, wie der ewige Gleichma-
cher Tod von aller Macht und Herrlichkeit nur ein Stoppelfeld
übrig lässt, drängt sich jedem die Erkenntnis geradezu auf,
dass das Streben nach diesen materiellen Gütern nicht im
Sinne einer ewigen Ordnung liegen kann, dass es höhere
Werte geben muss, die dem Schöpfer der Weltordnung näher
stehen, und dass demzufolge alle irdische Macht, aller Reich-
tum, alles Ansehen vor diesem Schöpfer verblassen und deren
Inhaber als solche Gott ganz gleichgültig sind. Daher das
Wort: Vor Gott sind alle Menschen gleich. Diese Gleichheit
aller Menschen vor Gott geht auch unzweifelhaft aus den
Geboten Gottes hervor und ist etwa folgendermassen am
klarsten dargestellt, wie es in nachstehenden Ausführungen
aufgezeigt wird:
 
Gott ist unser Schöpfer. Als seine Kinder hat er uns alle gleich
lieb. Er setzt jeden ohne Rang und Würde als ein armseliges
Menschenleben in die Welt und nimmt ihn wieder als
armseliges Wrack hinweg von der Welt. Wenn wir nun die
Kinder eines Vaters sind, sind wir auch untereinander Brüder
und Schwestern, und als solche haben wir in Beziehung auf
Gott gegenseitig sowohl unsere Rechte zu achten als auch
unsere Pflichten zu erfüllen. Was Gott an uns einer Beurtei-
lung unterzieht, ist also nicht die Beschaffenheit des Körpers,
sondern die der Seele, nicht unser Wissen, sondern unser
Wollen, nicht unser Geist, sondern unser Charakter, nicht
unsere geschäftliche Stellung, sondern unsere Stellung zu
seinem Gesetz. Er beurteilt uns nach unserer Gerechtigkeitslie-
be und Wahrheitsliebe, die sich in Taten äussern soll. Das
heisst aber, Gerechtigkeit nicht nur selbst üben, sondern auch
für die Mitmenschen vertreten, Wahrheit nicht nur selbst
erkennen, sondern auch Wahrheit verbreiten. Diese Taten
sollen aber auch nicht nur im Almosengeben bestehen.
Almosen an wirtschaftliche, gesellschaftliche Opfer von Nutz-
niessern und Befürwortern dieser Wirtschaftsordnung gespen-
det, gleichen einem Loskauf von der Verpflichtung, Gerechtig-
keit zu üben. Durch Almosengeben wird einesteils gut zu
machen und andererseits zu verdecken gesucht, was durch
Ungerechtigkeit gesündigt wurde. Man sollte nicht einen
Zustand für gottgewollte Ordnung erklären, wenn dieser
Zustand nicht allen unseren Brüdern frommt. Gott will, dass
die Erdengüter seinen Kindern zukommen nach dem Mass
ihrer Arbeit und ihres Arbeitswillens, nicht nach dem Masse
ihrer Raffiniertheit. Tragen nicht jene eine grosse Schuld und
Verantwortung, die eine Wirtschaftsordnung befürworten, die
einem grossen Teil von ehrlich Arbeitenden im Alter nur noch
eine Marschroute bieten - ins Armenhaus?
 
Wie sich einerseits die Obrigkeiten und Autoritäten nur durch
den Schlüssel "Gerechtigkeit" Respekt verschaffen und erhal-
ten können, geht andererseits unsere Gehorsamspflicht auch
nur soweit, als deren Befehle und Gesetze mit den göttlichen
Gesetzen, also mit der Gerechtigkeit in Einklang sind. Wir
müssen Gott mehr gehorchen als den Menschen. Das besagt
also, dass wir der Obrigkeit nicht zu gehorchen haben, wenn
sie uns etwas befiehlt, was den Geboten Gottes widerspricht.
Zuerst kommt das Gottesgebot und damit das wahre Men-
schenrecht, das Recht zu leben und andere leben zu lassen,
und erst dann das Völkerrecht. Es ist heute soweit gekommen,
dass diejenigen, die den Frieden anstreben und ein Weltbür-
gertum vertreten, als eine Kriegsgefahr bezeichnet werden. Es
heisst, diese Leute verraten ihre Nation, ihr Volk, das
Vaterland. Man stellt im grossen also Staatsrecht über
Menschenrecht. Menschenrechte werden zertreten, wo Staats-
rechte vertreten werden. Es ist an und für sich kennzeichnend
für den Geist der Zeit, dass die Vertreter der Menschenrechte
als Querköpfe und Revolutionäre verschrieen werden. Begreif-
lich, das gelehrte Wort "Du sollst nicht töten" verstösst gegen
das Kriegsrecht, und doch ist dieses Gebot wie alle andern
ohne Kommentar und Einschränkung zu nehmen, ohne Wenn
und Aber; du sollst nicht töten, weder einzeln noch in Masse.
 
Warum wird nur der Mord im kleinen, im Einzelfalle, vor das
weltliche Gericht gezogen? Warum dürfen sich die Menschen
dahinmorden bis zur Vernichtung? Ist das wirklich die Bestie
Mensch, die da gegenseitig aufeinander losgelassen wird?
Nicht die bestialische Natur treibt diese Brüder gegeneinander,
sondern brutale Gewalt von hinten, und dies unter erzwunge-
ner Eidesleistung. Die überspannte Förderung der Staatsrechte
führt zum Krieg, die Förderung der Menschenrechte führt zum
Frieden. Im Falle eines Krieges werden wir wohl scheinbar
entlastet, indem wir, da uns die Freiheit genommen ist, die
Schuld und Verantwortung auf andere abwälzen können, auf
jene, die die mutmasslichen Urheber desselben zu sein schei-
nen. Trotzdem ist die Bezeichnung des Krieges als Strafgericht
Gottes insofern am Platze, als wir um scheinbarer materieller
oder nationaler Vorteile willen die Übertretung des fünften
Gebotes gutheissen, billigen oder dulden. Wir verdienen dieses
Strafgericht, weil wir ein Deuteln an absoluten göttlichen
Gesetzen zulassen, weil wir weltliche Belange vor Gottes Wort
stellen, und nur aus diesem Grunde. Wir müssen eben mit
unserem Christentum einsetzen, bevor uns das Gottesgeschenk
der persönlichen Freiheit geraubt wird.
 
Wo sind die Männer, die der Wahrheit noch die Ehre geben,
die gegenüber sich selbst und den andern ehrlich sind bis zur
letzten Konsequenz, die der Wahrheit die Ehre geben, auch
wenn dieselbe ihren persönlichen Interessen, ihrem Parteiinter-
esse, Standesinteresse, Kircheninteresse widerspricht? Wo sind
die Staatsmänner und Diplomaten, die ihre Instruktionen bei
dem obersten Gesetzgeber, bei Gott einholen?
 
Die grössten Gegner der Wahrheit sind jene, die den Wirkbe-
reich der göttlichen Gebote beschränken und nur das als
Übertretung des göttlichen Gesetzes bezeichnen, was von der
weltlichen Gerichtsbarkeit erfasst werden kann oder will,
während sie die Übertretung des fünften und siebten Gebotes
"Du sollst nicht töten und nicht stehlen", sobald es im grossen
geschieht (Krieg, Zinswirtschaft), legalisieren. Weil man mora-
lische und ethische Grundsätze der sogenannten Entwicklung
angepasst und an Staats- und Eigeninteressen verkauft hat,
haben wir den Kommunismus auf dem Halse. Und gerade in
der Bekämpfung desselben zeigt sich wieder die Unwahrhaf-
tigkeit im hellsten Lichte. Was sind die sogenannten Kommu-
nisten anderes als die ausgebeuteten Opfer des mammonisti-
schen Systems, denen man einerseits jede Grundlage für eine
menschenwürdige Existenz untergraben und andererseits jeden
Ausweg zu einer solchen verrammelt hat mit dem Hinweis,
dass diese Wirtschaftsordnung gottgewollt sei, dass der Zins
nötig und Kriegsdienst heilige Pflicht sei, dass jede Obrigkeit
von Gott gesetzt sei, auch wenn diese Obrigkeit sich nur zum
Schutze der Kapitalinteressen berufen sah. Jede Anerkennung
der heutigen Ordnung ist falsches Zeugnis. Gottes Gesetz ist
natürliche Ordnung, Weg, Wahrheit und Harmonie; alles
andere ist Despotie, Zwang, Chaos und Untergang. Es ist
falsches Zeugnis, von Frieden und Freiheit zu reden und
zugleich Militarismus und Monopole zu befürworten. Es gibt
aber nicht nur den, der ein falsches Zeugnis gibt, der diese
Gegensätze und Halbheiten verficht, sondern auch jenen, der
dazu schweigt.
 
Das Verhältnis von Mensch zu Mensch, von Mensch zu
Gesellschaft ist massgebend für unsere Beziehung zum Schöp-
fer. Das Verhalten gegenüber unserem Nächsten, gegenüber
den Lebensbedingungen, denen dieser untersteht, ist massge-
bend für unsere Beurteilung durch den ewigen Richter. Das
Urteil im Weltgericht wird auch nach diesen Gesichtspunkten
gefällt. Er wird nicht so sehr fragen: Hast du mich vielmal für
dich um Gaben gebeten, sondern hast du das Deinige getan,
um deinen Brüdern, den Mitmenschen, zu helfen? Er wird
nicht so sehr fragen, hast du Almosen gegeben, sondern hast
du deinem Nächsten sein Recht verschafft, sein Recht auf
Arbeit und ein menschenwürdiges Dasein? Er wird ferner
fragen, hast du in sklavischer Unterwürfigkeit unter einer
ungerechten Obrigkeit mein Gesetz aus den Augen verloren?
Hast du deine Nation, der ich dich zugeteilt habe, worüber du
gar nicht mitbestimmen konntest, über mein fünftes Gebot
(Du sollst nicht töten) gestellt? Hast du deine geistige
Schöpferkraft dazu missbraucht, um für dich und bestimmte
Kreise liebgewordene Vorrechte zu schützen auf Kosten
anderer? Hast du dafür Sorge getragen, dass die Menschheit
sich in friedlicher Entwicklung entfalten und vermehren kann?
Hast du dich angestrengt, ein Wirtschaftssystem, das die
Reichen automatisch reicher und die Armen trotz angestreng-
ter Arbeit ärmer macht, das also im Prinzip eine Ungerechtig-
keit darstellt, abzuändern? Hast du falsches Zeugnis von
meinem göttlichen Willen gegeben, indem du verkündetest,
der Zweck des Erdenlebens sei, Unrecht geduldig zu ertragen,
anstatt Unrecht abzuschaffen? Hast du die Wahrheit gesucht
oder bist du diesem göttlichen Funken ausgewichen oder hast
du ihn gar auszulöschen getrachtet? Er wird fragen: Hast du
durch deine Macht die Menschen des freien Willens, den ich
ihnen als Merkmal meiner Ähnlichkeit gegeben habe, be-
raubt? Oder hast du vielleicht deinen Verstand und freien
Willen, um einem Konflikt mit den Mächten der Finsternis aus
dem Wege zu gehen, verkauft um deines fixen Gehaltes oder
deines Ansehens vor der Welt willen? Was hast du mit deinen
Talenten gemacht? Hast du sie in meine oder in Mammons-
dienste gestellt? Das letzte ist die Kernfrage, die alle andern
einschliesst. Diese ist ausschlaggebend für das Urteil, das der
ewige Richter spricht. Wir haben nicht zu warten bis zum
jüngsten Gericht, um das Urteil zu vernehmen und den
Strafvollzug mitanzusehen. Wir erleben es seit Jahrtausenden
im Laufe der Weltgeschichte und heute besonders anschaulich.
 
Weil ihr das goldene Kalb angebetet, weil ihr das Geld zu
eurem Herrn erhoben habt, deshalb soll es auch herrschen
über euch; deshalb sollt ihr auch seine Sklaven sein. Es
braucht auch kein rächender Engel vom Himmel zu kommen;
ihr Menschen, ihr Völker richtet euch selbst. Weil ihr den
Kapitalertrag, den Zins, vor den Arbeitsertrag stellt, soll euer
Arbeitsertrag schwinden wie Schnee in der Sonne! Weil ihr,
die ihr immer hofft, auch einmal arbeitsloses Einkommen zu
beziehen und somit andere für euch arbeiten zu lassen, sollt
ihr und eure Kinder in Lumpen gehen! Weil ihr das heutige
Bodenbesitzrecht als Grundlage für Schacher und Wucher
halten wollt, sollt ihr von euren Höfen getrieben werden! Weil
ihr, ihr Völker, zwecks Erhaltung von Zins, Dividende und
Rente Zollmauern aufrichtet, sollt ihr selbst im Schatten
derselben verkümmern! Weil ihr zum Schwerte greift, um
diese Mauern zu verteidigen, sollt ihr auch durch das Schwert
umkommen! Weil ihr dieses verkappte Faustrecht Ordnung,
bürgerliche Ordnung nennt, sollt ihr eure geistigen Kräfte in
politischen Kämpfen und Zänkereien vergeuden! Weil ihr
diese übertünchte Barbarei Kultur nennt, will ich euch dem
Kommunismus gegenüberstellen! Weil ihr die soziale Frage
nicht an Hand meiner Satzungen lösen wollt, sondern den
Opfern eurer sogenannten Ordnung mit Bomben und Gas
entgegentretet, weil ihr die Freiheit, die meine Ordnung euch
bringen würde, missachtet, sollen die Diktatoren, die ihr euch
erwählt, eure persönliche Freiheit mit Füssen treten! Weil ihr,
ihr Priester und Wissenschafter, an der Not des unter die
Räuber gefallenen Volkes vorbeigegangen seid, werdet ihr
selbst von Räubern misshandelt werden! Weil ihr, ihr Schrift-
gelehrten und Beherrscher der Presse und Macher der öffentli-
chen Meinung, die Menschheit zur Masse degradiert habt,
werdet ihr durch diese Masse zermalmt werden!
 
Um euretwillen, ihr Pharisäer und Schriftgelehrten der ganzen
Welt, die ihr in euren Herzen meinem Widerpart Mammon
einen Altar errichtet habt, auf dem ihr meine Satzungen
opfert, um persönlicher Vorteile willen und um des Kaisers
Freund zu bleiben, um euretwillen, die ihr mein Gesetz nach
eurem Vorteil zurecht bieget und dann von meiner Zulassung
redet, um euretwillen, ihr Wissenschaftler, die ihr in Überheb-
lichkeit und Eitelkeit der erkannten Wahrheit widerstrebt, die
ihr dem Volke Steine statt Brot gebt, um euretwillen, die ihr
euch Führer des Volkes nennt und dasselbe mit polemischen
Schlagworten und Phrasen füttert, um aller willen, die ihr
nicht warm und nicht kalt seid, die ihr keine Lanze brecht für
mein Reich, sollt ihr euch gegenseitig vertilgen! Weil ihr dem
Mammon dient statt eurem Schöpfer, will ich auslöschen, was
ihr Kultur nennt, die Tünche soll von euch abfallen, euer
Wesen und eure Barbarei soll offenbar werden an eurer
gegenseitigen Vernichtung. Weil ihr mein Gesetz verachtet,
weil ihr Mord, Raub, Diebstahl im grossen billigt, weil ihr
falsches Zeugnis gebt von mir und meinem Reich, will ich
euch umkommen lassen in eurem selbstgeschaffenen Chaos
nach dem Prinzip der ewigen Gerechtigkeit.
 
So wird Gottes Richterspruch lauten: Man kann nicht zwei
Herren dienen. Entweder dienst du Gott oder dem Mammon.
Mammondienst führt zu Lüge, Verwirrung, Chaos und Unter-
gang. Gottes Gesetz allein aber ist allumfassende Ordnung
von Ewigkeit zu Ewigkeit. Wohl denen, die um dieser
Ordnung, um der Gerechtigkeit willen gelitten, die den guten
Kampf gekämpft haben.
 

 

Die Konsequenzen
und die praktischen Möglichkeiten

Liebe Leserin, lieber Leser,
wer bis hierher Theseus aufmerksam und wahrscheinlich auch
ergriffen las - und er liest sich ja auch wie ein spannender
Kriminalroman, nur dass diesmal der Kriminalroman in der
Wirklichkeit spielt und uns alle angeht -, der hat sicher auch
gespürt, dass hier jedes Wort wahr und richtig ist. Hier wird
endlich "Mammon" ausgeleuchtet. Was die Bibel moralisch
anklagt und doch nicht klar ausdrücken kann, das stellt
Theseus uns einfach und einleuchtend dar. Denn hier stimmt
nicht nur jedes seiner Worte, sondern, so tragisch das auch ist,
auch jede sich daraus ergebende Konsequenz. Theseus über-
treibt nicht, hier walten Gesetze, die sich auch so tieftragisch
wie sie dargestellt sind, an uns erfüllen. Unser heutiges Geld
stiftet nicht nur Unfrieden und Unsicherheit, sondern wird,
wenn wir es so belassen, wie es heute noch ist, zweifelsohne
auch die Welt zu Tode wirtschaften.

Seit Theseus seine flammende Anklage schrieb, sind wieder 26
Jahre ins Land gegangen. Jahre, die uns vielleicht heute schon
fehlen, um die Welt noch zu retten. Auch die Wirtschafts-
situation hat sich seit Theseus grundlegend geändert. Wir haben
heute nicht mehr eine Krise oder einen Krieg, sondern seit
einer Generation schon eine Konjunktur. Und diese Konjunk-
tur hat die Welt verwandelt. Es geht uns auch, materiell
gesehen, so gut wie noch nie. Und doch ängstigt sich die Welt
mehr wie je, und viele glauben, dass unsere liebe Erde bald so
verwirtschaftet und vergiftet sei, dass für uns alle das Ende
kommen könnte. In diesen 26 Jahren hat auch der Kommunis-
mus grosse Fortschritte gemacht, politisch wie geographisch.
Zudem war es ihm möglich - was das Wichtigste für eine
Lehre ist -, seine Thesen, die verführerischen, unter alle
jungen Menschen in der ganzen Welt zu bringen und damit
viele radikale Kräfte wachzurufen. Und somit ist es denn
höchste Zeit geworden, dass die Welt und die Jugend der
ganzen Welt einen Mann kennen lernt, der Marx glatt
überwinden könnte. Überwinden, nicht mit Waffengewalt,
sondern mit einer viel besseren sozialen Lösung. Denn Theseus
hat seine grossen tiefen Erkenntnisse über den Zins und
dessen Abgründe und Gefährlichkeiten nicht selbst erkannt,
sondern er war der begeisterte und gelehrige Schüler eines
Mannes mit Namen Silvio Gesell. Und es gibt nichts Dringen-
deres für unsere heutige Welt als die raschmöglichste Bekannt-
schaft mit Silvio Gesell. Wie Karl Marx seinerzeit, so studierte
auch Silvio Gesell die soziale Frage und suchte nach Möglich-
keiten zu deren Lösung. Während jedoch Marx das Geld vor
allem verdammte und verdonnerte und seine Nachfolger es gar
abschaffen wollten, tat hier Gesell etwas viel Klügeres: er
studierte das Geld, er betrieb richtige Grundlagenforschung
des Kapitals. Für ihn war Geld nicht ein Tabu, sondern eine
Erfindung. Für ihn war das Geld nicht ein Mysterium, sondern
er behandelte es mutig und nüchtern wie jede andere Erfin-
dung auch. Er prüfte es durch und suchte, ob es nicht zu
verbessern und zu verändern wäre. Er nahm das Geld ganz
auseinander und setzte es ganz neu zusammen. Und das
Wunder ereignete sich: aus dem unberechenbaren Geld, aus
dem gefährlichen Geld wurde ein gutes Geld. Gott gab ihm die
geniale Begabung, hier nicht nur zu suchen, sondern auch
finden zu dürfen. Und so sagte er denn von jenem Moment an
den Menschen: Geld ist nur eine einfache menschliche
Erfindung und kann leicht umgestaltet werden.
Ist es nicht ganz erstaunlich, wenn wir in dieser Beziehung an
unsere eigene Einstellung dem Gelde gegenüber denken?
Müssen wir nicht erkennen, wie passiv und unwissend wir da
sind? Es ist unglaublich und doch wahr, dass wir hier nicht
mehr geschult und wissend sind als Primitive. Wie der
Primitive Überschwemmung und Hungerernte in Kauf nimmt,
weil er nichts dagegen zu tun weiss, so duldsam und
unkritisch und ergeben sind wir selber dem Gelde gegenüber.
Es ist für uns etwas Unbekanntes, Unerforschtes, Unberechen-
bares, und dabei belassen wir es auch. Wir werden wohl von
seiner Seite immer wieder mit neuen Fakten überrascht, die
wir aber schicksalhaft hinnehmen. Einmal haben wir eine
Inflation, und der Geldwert schwindet. Ein anderes Mal
fürchten wir die Deflation und mit ihr eng verbunden die
Krise, ja sogar den Zusammenbruch der Wirtschaft. Und dabei
spielt das Geld jedesmal die Hauptrolle im Drama. Und was
für eine wichtige Rolle spielt es im Leben jedes Einzelnen. Wir
müssen uns täglich mit ihm abgeben, brauchen wir es doch
ständig für unsere Bedürfnisse. Während sich nun ganz
erstaunlicherweise die Menschen damit abfinden, Geld sei nun
einmal so, ging hier Gesell mutig weiter. Und mit dem
Studium des Geldes erkannte er auch seine heutigen Gesetze
und die Möglichkeiten seiner Umgestaltung. Und so will ich
denn anschliessend nur ganz kurz, fast stichwortartig, erwäh-
nen, was er am Gelde für Veränderungen vorschlug. Im
Anhang wird Fachliteratur erwähnt, die gründlicher einführen
kann.

Gesell entthronte sofort die Goldwährung und bewies, dass
das Gold niemals imstande ist, den "Wert" des Geldes zu
schützen, wie man uns mit der Goldwährung weismachen will.
Dazu will ich ein Beispiel aus der Praxis zur Nachprüfung
einer Gesellschen Behauptung bringen. Wir haben heute in der
Schweiz eine Golddeckung von über 100 Prozent und trotzdem
(1971) eine Inflation von mindestens 6,8 Prozent pro Jahr. Das
Gold ist also keineswegs imstande, den Geldwert zu schützen.
Als weiteres griff Gesell den starren Wechselkurs an und
bewies, dass mit ihm verzerrte Geld- und Warenströme, je
nach der Inflationsrate des einzelnen Landes, eingeführt
werden. Auch der Wechselkurs müsse sich frei einspielen nach
Angebot und Nachfrage, sagt er. So wurde auch unsere
Nationalbank gezwungen, endlich (1971) den Franken aufzu-
werten. Es gibt schon heute Länder, die gut fahren mit einem
freien Wechselkurs. Kanada z. B. hat ihn schon viele Jahre.

Eine ganz grosse Erkenntnis Gesells ist seine Behauptung, die
Geld- und die Warenmenge müsste immer in einem gewissen
harmonischen Verhältnis zueinander stehen. Das heisst, die
Geldmenge müsste immer wieder der Warenmenge angepasst
werden. Ist z. B. zuviel Geld in der Wirtschaft, so klettern die
Preise in die Höhe, wir haben eine Inflation, und wer kann,
flüchtet sich in Sachwerte, in Grund und Boden und Immobi-
lien. Haben wir hingegen zuwenig Geld in der Wirtschaft,
wird es noch gefährlicher und tragischer. Die Preise fallen,
und damit setzt fast plötzlich eine Krise ein, und schnell
melden sich die Konkurse. Inflation überhitzt die Wirtschaft,
Deflation lähmt und zerstört sie. Noch ein weiteres, ebenso
wichtiges Gesetz in der Wirtschaft erkannte Gesell: die
Wichtigkeit des Geldumlaufes. Machen wir uns klar, dass z. B.
ein Franken, der im Jahre zehnmal umläuft, den Wirtschafts-
umsatz von 10 Franken schafft, jedoch ein Franken, der
hundertmal umläuft in einem Jahre, den Wirtschaftsumsatz
von 100 Franken schafft. Da Gesell ein stabiles, das heisst,
wertbeständiges Geld schaffen wollte, musste er nicht nur die
Geldmenge harmonisch zur Warenmenge dosieren, sondern
musste, was ebenso wichtig ist, auch die Umlaufsgeschwin-
digkeit des Geldes unter Kontrolle bringen. Für diese Lösung
schlug er eine Geldsteuer auf dem umlaufenden Gelde direkt
vor. Heute ist es eine Selbstverständlichkeit, und wir wissen es
alle, dass mit einer Inflation der Gläubiger geschädigt wird,
bekommt er doch später einen schlechteren Franken zurück,
als er seinerzeit auslehnte. In der Deflation wird der Schuldner
geschädigt, muss er doch später einen aufgewerteten Franken,
der grössere Kaufkraft hat, zurückzahlen. Soll also Gerechtig-
keit herrschen bei Gläubiger wie bei Schuldner, so muss die
Kaufkraft des Frankens gleichmässig fest bleiben. Ja, Gesell
wollte ein so wertbeständiges Geld schaffen wie eine Massein-
heit, also wie ein Liter, ein Kilo oder ein Meter, immer
gleichviel wert. Damit würde in unserer Wirtschaft eine grosse
Wandlung einsetzen. Während wir heute ein Geld haben, das
uns weder einen stabilen Franken noch eine vernünftige und
doch gesicherte Konjunktur noch wertbeständige Vermögen
bieten kann, könnte ein wirklich wertbeständiges Geld die
Wirtschaft endlich in ein viel ruhigeres Fahrwasser bringen.
Endlich könnten wir aufschnaufen, endlich Vertrauen fassen.
Nun wäre es nicht mehr nötig, wie bis heute, masslos zu
schaffen und zu raffen. Endlich könnten wir uns Grenzen
setzen auch im Sparen und in der Anhäufung der Vermögen.

Heute ist es doch so, dass, weil keiner weiss, wie es weiter geht
mit der Konjunktur, mit dem Werte des Frankens und mit der
Dauer des Vermögens, unsere Wirtschaft gerade dadurch in
eine masslose Expansion hineingepeitscht wird. Jeder versucht,
da er absolut kein Vertrauen ins Geld haben kann, die guten
Wirtschaftsjahre restlos auszunützen. Somit schafft das heuti-
ge "unberechenbare Geld" als Gegenpol die "masslose Wirt-
schaft". Denn das müssen wir uns endlich auch klar machen,
noch nie hatte bis jetzt die geplagte und verängstigte Mensch-
heit finanziell wirklich "Boden unter den Füssen". Unser
Geldfundament war immer nur auf Sand gebaut, und wir
hingen hier buchstäblich immer in der Luft. Und da wundern
wir uns noch, wenn der Mensch in seiner finanziellen
Unsicherheit masslos und grenzenlos ist! Gleicht er hier nicht
einem Lebewesen, das versucht, schon auf Vorrat zu essen, in
der Angst, morgen müsse es hungern? Somit ist ein wertbe-
ständiges Geld auch die dringendste Voraussetzung für unse-
ren Umweltschutz. Nur ein Geld, wie Gesell es formte, kann
uns das nötige Vertrauen geben, damit wir endlich einmal
freiwillig uns etwas einschränken können im Geschäftsleben.
Mit dem jetzigen Geld jedoch wird niemand auf ein Geschäft
verzichten, das er jetzt machen kann. Gesell gestaltete das
Geld so um, dass es zum ersten Male im Laufe seiner
Geschichte dienen und nicht mehr herrschen würde. Und so
erstaunlich und paradox das nun wieder klingen mag, damit
würde nun endlich auch Wohlstand für alle möglich. Als
Gesell beim Studium des Geldes und seiner Grundlagen
erkannte, dass der Zins das schlimmste Übel im heutigen
Gelde ist, forderte er seine allmähliche Austilgung. In dem
Moment könnte sich die geplagte Menschheit auch endlich
freischaffen und freizahlen. Denn ohne Zins ist es für den
Kapitalisten nicht mehr "interessant", die Menschheit ewig
verschuldet zu halten. Mit Zins allerdings will keiner auf
dieses Geschäft verzichten. Gesell schlug nicht den Kapitali-
sten tot, sondern er nahm ihm die Möglichkeit, durch den Zins
den Mitmenschen auszubeuten. Mit einem zinslosen Geld
jedoch überwinden wir auch den immer wieder übersehenen,
vergessenen dritten Partner im Spiel der Wirtschaftskräfte.
Heute schlagen sich Arbeiter und Unternehmer miteinander
herum, und dabei übersehen beide, dass ja immer noch ein
Dritter ebenfalls dabei ist. Ich meine damit "den stillen
Teilhaber" oder den Aktionär, der es so gut und so anonym
versteht, sich einen grossen Teil vom Kuchen der Arbeit
abzuzweigen. Ohne diesen stillen Teilhaber würden die Löhne
wahrscheinlich um mindestens 50 Prozent steigen, bei gleich-
bleibenden Warenpreisen selbstverständlich, und damit wäre
ein wirklicher Fortschritt Tatsache geworden. Nun würde es
für jeden vernünftigen Menschen, der sein Geld nicht gar zu
unüberlegt zum Fenster hinauswirft, möglich, z. B. eine
Eigentumswohnung zu erwerben. Und das wäre nur eine von
vielen Möglichkeiten. Eine Geldreform, die kinderleicht zu
machen wäre, würde bewirken, dass sich die Menschheit
wahrscheinlich zuerst einmal an den Kopf greifen würde und
fast nicht glauben könnte, dass eine Änderung der wichtig-
sten Erfindung der Menschheit, nämlich des Geldes, so leicht
zu machen war. Und man würde nicht mehr glauben wollen,
dass wir uns von der heutigen Fehlkonstruktion des Geldes
solange quälen und ängstigen liessen. Wie war es möglich,
dass wir einen so wichtigen Punkt so absolut ausser unserer
Beachtung liessen? Nie hat die Menschheit ihre Gleichgültig-
keit teurer bezahlt als beim Gelde. Unwissenheit schützt vor
Schaden nicht, nie war das wahrer als hier. Wie hat man uns
nur einsuggerieren können, nur "Fachmänner" könnten das
Geld verstehen und verwalten? Wie schnell und gründlich
man mit dem Gelde die Welt verändern kann, will ich wieder
an zwei Beispielen veranschaulichen.

1929 war in New York der noch heute weltbekannte Börsen-
krach. Mit diesem Ereignis begann sofort die Weltwirtschafts-
krise. Das war eine Tragödie und ein Verbrechen ohneglei-
chen. 1949 schuf in Deutschland, mitten im Hunger und Elend
nach dem Kriege, Professor Ludwig Ehrhardt eine neue D-
Mark und damit die Grundlage für das deutsche Wirtschafts-
wunder. Ohne Terror, ohne jede staatliche Gewalt, ohne auch
nur einen einzigen politischen Mord, wie er in einer Diktatur
oder dem Kommunismus üblich ist, in voller demokratischer
Freiheit und in einer absolut freien Wirtschaft geschah nun
das, was die Welt nur staunend als "Wunder", als Wirt-
schaftswunder, bezeichnen konnte. Kein Mensch wurde ge-
zwungen, "besser oder gerechter oder gütiger" zu sein, jeder
konnte sich selber bleiben, und doch fand ein Wunder statt.
Beide Ereignisse, Börsenkrach und Wirtschaftswunder, gingen
ganz klar und eindeutig vom Gelde aus. Beide waren leicht zu
machen. Und da weigerst du dich noch immer, lieber Leser,
liebe Leserin, das Geld und seine Gesetzmässigkeiten endlich
zu studieren?
Silvio Gesell löste aber nicht nur die Geldfrage, sondern hat
auch schon die Bodenfrage umgestaltet, und das vor 60 Jahren.
Denn Gesell erkannte schon damals, dass mit einer Geldre-
form auch die Bodenfrage zusammenhängt. Er sagte, dass eine
gute Wirtschaft, eine steigende Menschheit und eine sich
entwickelnde Technik die Bodenpreise unfehlbar stark steigen
lasse. Und auch hier war sein Reformvorschlag wiederum
genial einfach und gut realisierbar. Er schlug vor: Immer wenn
in einer Gemeinde Land zu verkaufen sei, solle die Gemeinde
dieses Land selber kaufen. Da die Bodenpreise immer steigen
werden mit einer guten Wirtschaft und der Boden zudem eine
einmalige Grösse ist, werde durch die Preissteigerung des
Bodens eine allmähliche Abzahlung möglich. Mit der damit
verbundenen ebenfalls steigenden Grundrente, die nun nicht
mehr privaten Einzelnen zukomme wie heute, könne die
Gemeinde viele Auslagen und Steuern zahlen. Dazu wieder ein
Beispiel aus der Praxis; denn nur die Praxis kann zeigen, ob
eine Einsicht dann auch wirklich im Alltag stimmt.

In Gräfelfing bei München, einer Aussengemeinde und hüb-
schen Gartenstadt, war ein Professor Diehl von 1929 bis 1933
Bürgermeister dieser Gemeinde. Als überzeugter Anhänger
von Silvio Gesell, kaufte er also in den Jahren seines
Bürgermeisteramtes allen Boden, den er nur bekommen konnte
für seine Gemeinde. Die Bauern verkauften in diesen Jahren
den Quadratmeter für 3 bis 4 Mark. Und in kurzer Zeit schon hatte
Professor Diehl 1 040 000 Quadratmeter beisammen. 1933, als die Nazis
ans Ruder kamen, musste er natürlich sofort weg, ja er konnte
Gott danken, dass er überhaupt die 12 Jahre Hitlers lebend
überstand.1945, nach Kriegsende, wurde er wiederum Bürger-
meister, diesmal von den Amerikanern eingesetzt. Als man
dann zusammen die Bücher der Gemeinde nachsah, musste
man mit Schrecken feststellen, dass nur noch 43 250 Quadratmeter
Gemeindeland vorhanden waren. Fast eine Million Quadratmeter hatten
die Nazis während ihrer Regierungszeit privat versilbert. Geld
und Land fehlten. Wie tragisch das ist, können wir erst heute
voll ermessen. Denn in den 27 Jahren, die seither verflossen
sind, ist der Boden in Gräfelfing auf 28o bis 45o Mark pro
Quadratmeter gestiegen. Und dieses Land wäre heute "in bester Lage".
Hätte Gräfelfing noch jetzt allen Boden, den ihm der tapfere
und selbstlose Professor Diehl seinerzeit kaufte, die Leute dort
müssten keine Steuern mehr bezahlen, im Gegenteil, es
bekäme noch jeder ein paar tausend Mark pro Kopf und Jahr.
Hier wäre die Bodenfrage endgültig gelöst gewesen, zum
Segen von uns allen. Und dies ohne Diebstahl, ohne Revolu-
tion, ohne Unrecht, ein für allemal.

So einfach hat uns Gesell den Ausweg gemacht, so genial
konnte er die Probleme lösen. Die verbleibenden 43 250 Quadratmeter
reichten noch immer aus, um in Gräfelfing für die Ostflücht-
linge eine Siedlung zu bauen mit 41 Häusern und 272
Wohnungen. Und es ist ein Schmuckstück der Gemeinde. Das
Bodenbeispiel Gräfelfing lässt sich noch heute leicht nachprü-
fen.

Geld und Boden sind Schicksalsfragen der Menschheit, und
Silvio Gesell hat sie gelöst. Es liegt nur noch an uns, seine
Thesen zu prüfen, seine Erkenntnisse zu verbreiten und der
armen verängstigten Menschheit die Zuversicht zu geben, die
aus einer grösseren Gerechtigkeit wächst. Gesell kann nicht
nur Marx überwinden, er bringt uns zudem das Rezept, das
vollkommen zur Demokratie und freien Wirtschaft passt. Und
Demokratie und freie Wirtschaft, das dürfen wir nie verges-
sen, sind die beiden Voraussetzungen, die der Menschheit die
freieste Entwicklung sichern. Wir haben vielleicht noch etwas
Zeit. Wir dürfen sie jedoch nicht mehr verstreichen lassen.
Gott gab uns durch Gesell die Lösung der sozialen Frage. Ist
uns unser Leben noch soviel wert, um diese Lösung zu
studieren?


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Dieser Text wurde im Januar 1998 ins Netz gebracht von Wolfgang Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.