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Kapitel aus:

Hundert Einwände und Bedenken gegen Freiland - Freigeld
Zusammengestellt und beantwortet von Fritz Schwarz
III. Auflage
Genossenschaft Verlag freiwirtschaftlicher Schriften
Bern 1933


 

Was will Freiland - Freigeld ?
 
Um alle Einwände sofort richtig verstehen zu
können, ist es gut, hier in gedrängter Kürze eine
Uebersicht über Ziel und Weg der Freiwirtschafts-
bewegung .zu geben. Gerade diese kurze Uebersicht
ist es ja auch, die einem die hundert Bedenken er-
weckt, weil in wenig Sätzen alles Notwendige zu
sagen eben unmöglich ist.


Die Freiwirtschaftsbewegung will jedem Men-
schen, der arbeiten will und kann, den Erwerb eines
Besitzes ermöglichen, der ihm ein sorgenfreies Alter
ohne jede staatliche Unterstützung mit der damit
verbundenen Abhängigkeit gewährleistet. Sie ver-
bürgt allen das Recht auf Arbeit und auf deren vol-
len, unverkürzten Ertrag, schützt die Erspar-
nisse vor Entwertung und beseitigt die Geißel der
Völker, den Klassenkampf (Bürgerkrieg!) und bringt
den Völkerfrieden. Sie ermöglicht die wirtschaftliche
Gleichberechtigung der Frau auch als Mutter und
damit die wichtigste Vorbedingung zum Aufstieg der
Menschheit.

Den Weg zum Recht auf Arbeit, zur Verwirkli-
chung des Rechts auf den vollen Arbeitsertrag und
zum Wohlstand zeigt uns eine eingehende Unter-
suchung der Entwicklung unserer wirtschaftlichen
Verhältnisse bis zu ihrem heutigen Stand.

Wirklicher Wohlstand entsteht nur durch
Arbeit. Arbeiten kann man heute allgemein nur
zu Zeiten steigenden oder festbleibenden Preisstan-
des. Zeigt der Preisstand Neigung zum Sinken, so
stockt der Absatz, weil jedermann mit den Einkäu-
fen warten will, bis die Produkte eben billiger sind.
Um fortgesetzt arbeiten zu können, muß man
daher den Preisstand im allgemeinen jahraus jahr-
ein auf gleicher Höhe halten. Durch die nunmehr
ununterbrochene Arbeit entsteht ein immer größeres
Warenangebot, dem die staatliche Geldverwaltung
auch ein immer größeres Geldangebot gegenüber-
stellen muß, damit trotz des größern Warenangebots
der Preisstand nicht zum Sinken kommt, sondern
festbleibt, eben weil auch mehr Geld da ist, (Die
Wirkung der Geldvermehrung auf den allgemeinen
Preisstand ist ja genügend bekannt!)

Arbeit und ununterbrochen umlaufendes Geld
machen Ersparnisse, große Ersparnisse möglich.
In Sparheften, Obligationen, Aktien, Wohnhäusern,
Fabriken, Werkstätten, Maschinen, Verkehrseinrich-
tungen aller Art werden diese Ersparnisse angelegt,
Jede Vermehrung der Ersparnisse jedoch
drückt auf deren Zins. Der Druck auf den Zins
aber bedeutet vermehrte Einnahmen und Erspar-
nisse aller Arbeitenden. (Denn die Arbeitenden müs-
sen letzten Endes alle Zinsen aufbringen; sie gehen
ihnen am eigenen Arbeitsertrag ab und nehmen ihnen
durchschnittlich gerade so viel weg wie das Arbeits-
einkommen ausmacht!) Ein Sinken des Zinsfußes bei
gleichbleibendem Preisstand ermöglicht daher
weitere Ersparnisse, die wiederum auf den Zinsertrag
drücken und ihn endlich unter drei Prozent hinunter-
zubringen vermögen.

Ein tieferer Zinsfuß bei festem Preisstand
macht wieder eine Reihe Arbeiten möglich, die bei
hohem Zinsfuß (oder niederm Zinsfuß bei sinkendem
Preisstand) nicht möglich sind. Doch nun streikt
das Geld, sobald es nicht mehr drei Pro-
zent erhält. Warum? Weil es unter dem festen
Preisstand und bei weniger als drei Prozent Zins
das beste Sparmittel ist und dann sofort als
solches, statt als Tauschmittel, verwendet wird.
Geld gegen Waren, Häuser, Fabriken, Werkstätten
und Maschinen umzutauschen, wäre dann eben un-
sinnig, sobald diese Dinge nicht mehr 3 % Zins ein-
tragen, denn sie gehen mit der Zeit durch die Ein-
wirkungen von Sauerstoff, Bakterien usw. zugrunde,
während das Geld durch seinen Stoff (Gold und Sil-
ber) oder durch Gesetze (siehe z. B. § 25 des Schwei-
zerischen Nationalbankgesetzes vom 7. April 1921!)
vor der Vernichtung geschützt ist. Deshalb streikt
das Geld jedesmal, wenn es den "normalen" Zins
nicht mehr bekommt und verhindert dadurch den
weitern Umtausch und Absatz der Erzeugnisse,
zwingt die Arbeitenden dadurch zur Arbeitslosig-
keit, zum Aufbrauchen der Ersparnisse und damit
zur Vernichtung des beginnenden Wohlstandes.

Daher bleibt nichts anderes übrig als mit der
Einführung der festen Währung auch ein anderes
Geld anstelle des heutigen zu verwenden. Dieses
neue Geld muß auch bei einem ganz geringen oder
sogar ohne Zins noch hergegeben werden. Der In-
haber wird bestraft, wenn er es nicht sofort wieder
in der Sparkasse oder sonstwie anlegt. Dies ist das
Freigeld.

Nicht die feste Währung, nicht das Frei-
geld drückt also den Zins, sondern die Vermehrung
der Ersparnisse drückt und beseitigt ihn. Diese
Vermehrung aber wird nur ermöglicht durch den
ungestörten Geldumlauf, wie ihn allein das Freigeld
gewährleistet.

Den Boden jedoch kann der Mensch nicht so
rasch vermehren als es zur Beseitigung des Bo-
denzinses (Grundrente) nötig wäre. Sinkt der
Zins sonst überall, so sinkt er doch für Boden nicht.
Deshalb beginnt bei sinkendem Zinsertrag der übri-
gen Güter ein Wettrennen nach Boden. Der Bauer
muß sofort geschützt werden. Wo Boden zum Ver-
kauf gebracht wird, darf ihn kein Spekulant kau-
fen, sondern er muß dem Bauern erhalten werden.
Der Staat muß verpflichtet werden, zum Verkauf
gebrachten Boden zu erwerben und sofort als Erb-
lehen (von dem der Bauer zurücktreten kann, wann
er will) zur Verpachtung ausschreiben. Das Pacht-
geld wird der Staat zur Verzinsung (solange noch
Zins bezahlt wird) und zur Abzahlung der Landschuld
verwenden, nachher aber zur Auszahlung einer Rente
an alle Kinder unter 15 Jahren. Die heutige Grund-
rente würde die Auszahlung von etwa 300 Fr. jähr-
lich an jedes Kind unter 15 Jahren ermöglichen.

Sobald mehrere Staaten die feste Währung ha-
ben, wird auch der Wechselkurs zwischen ihnen fest
und erleichtert damit den Warenaustausch, ermög-
licht die Beseitigung der Schutzzölle ohne Scha-
den für Landwirtschaft und Industrie und
dadurch die Ausschaltung der wichtigsten Kriegs-
ursache. Freiland ermöglicht auch die vollständige
Freizügigkeit und beseitigt so einen weitern Kriegs-
grund. Dem Staat bleibt nur die Aufsicht über die
Verkehrsmittel (Geld, Post, Fernsprecher usw.) wo-
durch er ständig über sich selbst hinaus der allge-
meinen Menschheitsversöhnung entgegenstreben muß,
während sein Eingreifen in persönliche Verhältnisse
immer überflüssiger wird und den Abbau des
Staates auf das unbedingt Notwendige ermöglicht.


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Dieser Text wurde im Februar 1998 ins Netz gebracht von Wolfgang Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.