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Kapitel aus:

Hundert Einwände und Bedenken gegen Freiland - Freigeld
Zusammengestellt und beantwortet von Fritz Schwarz
III. Auflage
Genossenschaft Verlag freiwirtschaftlicher Schriften
Bern 1933


Das Freigeld

Das Freigeld kann, im Gegensatz zum Hamster-
geld, in seinem Kreislauf nicht mehr willkürlich auf-
gehalten werden, sondern läuft unter allen Umstän-
den gleichmäßig um, weil der einzelne Geldschein
mit einem regelmäßigen Verlust, einer Hamstersteuer,
belastet ist. Sie wird eingezogen durch Marken, die
auf die Noten aufgeklebt werden oder auch durch
einen kostenpflichtigen Stempel, den man durch
Automaten erhalten kann. Das Kleingeld bleibt
stempelfrei.
Damit erreicht man, daß nie Geld gehamstert
wird. Es kann auch nicht aus Zinsverlangen zurück-
gehalten werden, ohne daß sein Inhaber Schaden
erleidet. Am Jahresende wird es gegen neues Geld
umgetauscht. So verwaltetes Geld hat seine Deckung
in den Waren, die man dafür stets erhalten kann;
eine Deckung im Keller einer Notenbank braucht es
umso weniger, als man heute ohnehin nie mehr an
diese herankommt.


52. Einwand: Freigeld ist ein kompliziertes
Geld; die Bevölkerung wird sich nicht an den Ge-
brauch eines Geldes gewöhnen wollen, das weniger
einfach ist als das heutige.

Antwort: Die Gewohnheit spielt eine große
Rolle; die Fünfernoten aus Papier wurden anfänglich
auch nicht gerne angenommen und später trennte
man sich ungern von ihnen und klagte über die un-
handlichen und schweren Fünffrankenstücke. - Die
Beschwerden des Abstempelns oder Klebens werden
überschätzt. Wir hatten 1931 in der Schweiz rund
1 141 000 Noten, die nach den freiwirtschaftlichen
Vorschlägen etwa 13 Mill. Marken brauchen würden:
an Briefmarken brauchten wir 1932 424 Mill. Stück,
also 40mal mehr! Dabei genügen im Freigeldsystem
die Hälfte oder ein Drittel der heutigen Notenmenge,
da die Noten dann alle umlaufen. In Geschäften und
Banken werden Automaten aufgestellt usw. usw.
Ueberlegt man sich, was mit dieser "Kleberei" er-
reicht werden kann - dann begreift man, daß es
einem fast unglaublich vorkommt, mit dieser ein-
fachen Manipulation Krisen, Zinsenlasten, Arbeits-
und Verdienstlosigkeit, Zollschikanen und Kriege zu
verhindern. - Ueberdies lernte das Publikum weit-
aus schlimmere Dinge richtig bedienen, ohne ihr
Wesen zu erfassen, z. B. elektrisches Licht, Tram,
Nähmaschinen und Telephon.
Endlich müßte es sonderbar zugehen, wenn in der
Zeit der drahtlosen Telephonie und der Zeit, wo die
synthetische Zusammensetzung des Goldes in greif-
bare Nähe gerückt ist, die Technik des wich-
tigsten Tauschmittels nicht soweit gefördert
werden könnte, daß jedermann daran Freude hat!
Jedenfalls geben alle Leute zu, daß die Goldmünzen
heute ein furchtbar unpraktisches Tauschmittel
seien.
Daß das Freigeld sich in der Praxis bewährt, hat
der Versuch in Wörgl gezeigt, wo es über ein Jahr
umlief. In dieser Zeit kam auch nicht eine Klage
wegen der "Kompliziertheit" des neuen Geldes.


53. Einwand: Ein solches Geld ist knifflig;
man wird schon Hintertürchen finden und den Ver-
lust abzuwälzen suchen. Der Warenhändler schlägt
den Schwund auf die Waren und der Reiche flüchtet
sich auf sein Postscheckkonto und zahlt einfach alles
mit Schecks.

Antwort: Es gibt hier nur ein Hintertürchen:
es los zu werden! Damit ist aber sein Zweck erreicht,
denn das Geld soll Umlaufs-, Verkehrsmittel
sein und nicht liegen bleiben. Niemand ist unglück-
lich, wenn Geld auf ihn "abgewälzt" wird. Denn auch
er kann es wieder weiter "abwälzen". Muß er auch
den Schwundsatz vielleicht noch am gleichen Tag
tragen, so macht das auf 100 Fr. monatlich 1 Fr.
aus. Kein Inhaber von Waren wird dieses Schwundes
wegen lieber die Waren behalten, denn auch die
Waren sind dem Schwund unterworfen: das war ja
gerade der Grund, warum man das Geld auch einer
Hamstersteuer unterziehen mußte! Der Schwundsatz
endlich kommt dem Staat zugut und ist eine Ent-
schädigung, wie man sie heute für jedes Verkehrs-
mittel zahlen muß! Treffend ist der Schwundsatz
auch mit dem Standgeld der Eisenbahnwagen
verglichen worden, das man bezahlen muß, wenn
man dieses Verkehrsmittel unbenutzt oder unab-
geladen zurückbehält. (Siehe auch den 14. Einwand.)


54. Einwand: Man wird mit dem Freigeld Edel-
steine, Gold usw. kaufen und damit dem Schwund
entgehen.

Antwort: Warum sollen die Leute nicht Gold,
Silber oder Edelsteine hamstern? Sie schaden ja
doch niemand damit. Der Ankauf dieser Dinge wirkt
allerdings erhöhend auf ihren Preis. Das fördert
deren Produktion, ruft also ein vermehrtes Angebot
hervor, welches den Preis wieder zu drücken be-
ginnt. Braucht nun der Warenhamsterer einmal Geld
und will sein aufgespeichertes Gut absetzen, so sieht
er sich einer im gleichen Verhältnis zu seiner Ham-
sterei gesteigerten Produktion gegenüber. Bringt er
seine Schätze zum Verkauf, so wird er mit einer
Wertverminderung seines Lagers rechnen müssen,
welche leicht den Schwundsatz, dem er entgangen
ist, übersteigen könnte!
Versucht er durch Ankauf verschiedener Waren
im Vertrauen auf die Verpflichtung der Notenbank
auf die feste Währung etwas zu erreichen, so erfährt
er dabei, daß die Aufbewahrung seiner Ersparnisse
in der Warenform erheblich schwieriger und kost-
spieliger ist als das Aufbewahren eines Sparkassen-
büchleins, welches ja dem Schwundsatz nicht unter-
liegt. - Aber trotzdem: er soll nur Waren hamstern
- er schadet damit (im Gegensatz zum heutigen
Geldhamster) niemand.


55. Einwand: Der Schwundsatz ist eine indi-
rekte Steuer und trifft die Leute ungleich. Die Rei-
chen flüchten sich in den bargeldlosen Verkehr, der
Arme kann das nicht; er trägt den ganzen Schwund-
satz, der eine indirekte Steuer ist!

Antwort: Mit dem gleichen Recht könnte man
den Mottenfraß und all die Dinge, welche die
Waren zerstören, als indirekte Steuer bezeichnen,
die auch Leute mit großen Warenlagern anders
trifft als solche mit kleinen oder gar keinen. Oder
man könnte das Standgeld für unabgeladene Eisen-
bahnwagen als einseitig treffende Steuer ansprechen!
Durch das Schwundgeld erreicht man mindestens
eine Verdoppelung aller Arbeitseinkommen. Statt
5000 Fr. wird man 10 000 Fr. Einkommen haben.
Nehmen wir den schlimmsten Fall an, daß jedes-
mal Zahltag und Entwertungstag zusammenfallen,
so macht das im Jahr 1/2 % von einem Monatsgehalt
aus, das sind rund 40 Fr. Statt 5000 Fr. würde man
also " bloß" 9960 Fr. Besoldung haben . . .
Und endlich, in der Antwort auf den 14. Einwand
zeigten wir, daß der "bargeldlose" Verkehr durch-
aus nicht kostenlos ist, wie die glauben, die immer
damit aufrücken. (Fragt man sie, ob sie etwa ein
Postscheckkonto haben - so haben sie keines!)
Entgeht der Reiche dem Schwundsatz, so kann er
dies nur indem er 1. Waren kauft - und damit
Arbeit gibt. 2. selber etwas unternimmt - und da-
mit Arbeit gibt oder 3. das Geld anlegt - und da-
mit Arbeit gibt! Dieses Arbeitgeben aber
erhöht die Löhne und senkt den Zins
schließlich bis auf null. Und was wollen die
Arbeitenden mehr als diese Beseitigung der Aus-
beutung?


56. Einwand: Der Geldbesitzer wird den
Schwund auf den Darlehensnehmer abwälzen, der
statt 5 oder 6 % dann 10 oder 11 % zahlen muß.

Antwort: Der Fragesteller glaubt also, wenn
er mit dem Schwundgeld vor die Bank oder vor
einen Privaten tritt, er dafür, daß das Geld mit
Schwund behaftet ist, nun einen größern Zins ver-
langen kann. Der Zinsfuß kann nur steigen, wenn
das Angebot an Leihgeld sinkt, oder wenn die Nach-
frage nach solchem steigt. Versucht der Geldbesit-
zer, den Schwund des Bargeldes auf einen Darlehens-
nehmer abzuwälzen, so kann er das nur durch
Angebot seines Schwundgeldes - aber damit
drückt er ja den Zinsfuß! Das durch den Schwund-
satz aus Banken usw. hervorgejagte Geld verursacht
ein großes Angebot und drückt den Zins umso-
mehr, je rascher die Geldbesitzer dem Schwund
"entgehen" wollen!
Der Einwand entspricht also ungefähr dem: Wenn
meine Aepfel faulen, dann verkaufe ich sie
und werde so der Gefahr los, daß sie mir verfaulen.
Und je rascher sie faulen, desto besser für mich: ich
wälze ja die Gefahr auf den Käufer ab . . .


57. Einwand: Tritt nicht ein plötzliches Stei-
gen der Warenpreise ein, wenn der Schwundsatz ein-
geführt wird?

Antwort: Dieser mit der Einführung tatsächlich
verbundenen Gefahr muß entgegengearbeitet wer-
den. Das Volk weiß, daß es einfältig ist, höhere Preise
zu zahlen und wird es nicht tun, wenn es die feste
Währung beschließt. Außerdem muß beim Umtausch
des Silbers und des Goldes gegen Freigeld Edelmetall
zurückgehalten werden. Dadurch verringert sich die
Geldmenge ebenfalls. Ferner können alte Noten ge-
gen Obligationen umgetauscht werden usw. (Siehe
Einwand 12: Rückzug des Geldes.)


58. Einwand: Ungedeckte Noten wird niemand
nehmen.

Antwort: Weiß der Geldnehmer heute, ob und
in welchem Maße das von ihm angenommene Geld
gedeckt ist? Fragt er nach dem Silberwert des Fünf-
frankenstückes? Oder danach, ob die Goldstücke
den aufgeprägten "Wert" in Gold enthalten?

Für ihn stellt sich nur die eine Frage: Was be-
komme ich morgen, übermorgen, in einem Monat
oder in 10 Jahren für dieses Geld? Und wenn die
Antwort lautet: Infolge der festen Währung behält
dieses Geld seine Kaufkraft und ich erhalte im-
mer durchschnittlich gleich viel Waren, so ist der
Geldnehmer befriedigt.
Die Kaufkraft des Geldes hängt nicht davon ab,
was hinter dem Geld - als Golddeckung - liegt,
sondern vom Verhältnis des angebotenen Geldes zu
den angebotenen Waren. Als während des Krieges
unsere Noten am besten gedeckt waren - infolge
großer Gold- und Silberzufuhren - da war die Kauf-
kraft unseres Geldes am schwächsten, und als nach-
her das Gold abfloß, stieg die Kaufkraft unseres
Geldes.
1916 sank die Kaufkraft des Goldes in Schweden
so weit, daß für eine schwedische Note 105 deutsche
Mark, aber für ein mit dem gleichen Werte bezeich-
netes schwedisches Goldstück nur 100 deutsche
Mark bezahlt wurden.
1922 bezahlte man in der ganzen Welt unsere
Schweizer Noten besser als unser Schweizer Gold.
So zahlte man am 8. März 1922 z. B.

                                  für 20 Fr. in                für 20 Fr. in
                                 Schweizergold           Schweizernoten
in Deutschland                780 Mark              997,60 Mark
in Frankreich                 20 frz. Fr.                  43,40 frz. Fr.
in England                     15 sh 8 d                   17 sh 10 d
in den Ver. Staaten        3,84 Dollar               3,89 Dollar

Wer glaubt, daß der "Wert" des Papiergeldes
abhängig sei von dem dahinter liegenden Golde, der
soll einmal erklären, wieso es möglich ist, daß die
Note selber mehr Wert hat als das Gold, von dem
sie diesen Wert doch geborgt haben soll!
Mit Papiergeld ohne Deckung kaufte Argenti-
nien über 3000 Zentner Feingold!
In der gleichen Zeit, als die Deckung des Geldes
von Peru um das Dreifache (von 23 % auf 69 % ) zu-
nahm, sank seine Kaufkraft auch ziemlich genau um
das Dreifache!
"Nicht darauf kommt es an", schrieb Ben-
dixen, der Direktor der Hamburger Hypotheken-
bank, "was hinter dem Geld steht, sondern darauf,
auf wieviel Waren sich wieviel Noten
stürzen. Das ist entscheidend für ihre Kaufkraft."


59. Einwand: Ein Staat wird seinen Kredit
verlieren, wenn er nur ein Geld ohne Deckung hat.

Antwort: Der Kredit eines Staates geht ver-
loren, wenn sein Geld an Kaufkraft einbüßt, oder
auch, wenn die Produktion durch den Preisabbau an
der Entfaltung gehindert wird. Das Freigeldsystem
schließt gerade diese beiden Möglichkeiten aus. Es
befreit die Produktion von allen Fesseln, vermehrt
die Ersparnisse und kann daher nicht bloß für seine
eigenen Bedürfnisse genug Kapital beschaffen, son-
dern auch an andere Länder solches leihen. Es wird
aus einem Schuldner- ein Gläubigerstaat, wie Nord-
amerika während des Krieges, als seine Bürger jahre-
lang arbeiteten, während die Bürger Europas dem
Kriegsdienst oblagen.
Benötigt ein Land mit ungedecktem Geld einmal
Gold, so wird es solches erhalten, wie es bisher sol-
ches erhielt: gegen die Arbeitserzeugnisse seiner
Bürger. Wir hatten ursprünglich in der
Schweiz kein Gold. Wenn wir es heute besit-
zen, so haben wir es mit Käse, Uhren, St. Galler-
spitzen usw. kaufen müssen. Je besser uns unsere
Währung arbeiten und sparen ermöglicht, desto bes-
ser kommen wir zu Kredit und - wenn wir wollen
- auch zu Gold!



60. Einwand: Ein solches Geld wird niemals
angenommen. Wollte man die Beamten in einem
Geld mit Schwund von 6 % zahlen, würden sie ver-
mutlich sofort streiken.

Antwort: Der Einwand stammt von Dr. Kel-
lenberger, dem Finanzexperten von Bundesrat
Musy. Im gleichen Heft der "Zeitschrift für schweiz.
Statistik und Volkswirtschaft", wo er das schrieb,
steht von Prof. Sieveking (Hamburg) der Satz:
"Ein Geld, das im Jahr nur 5 % an Wert verliert,
würde in Europa geradezu als willkommene Kapital-
anlage ersehnt werden!" Beide übersehen eines: daß
ein Geld angenommen werden muß, wenn es allge-
meingültiges Tauschmittel ist. Es ist klar, daß man
es lieber nimmt und behält, wenn seine Kaufkraft
gleichbleibt oder gar zunimmt. Ein Geld, welches
dem Hamsterer jährlich 5 % Schaden bringt, ist nun
unter der festen Währung ein ebensogutes
Sparmittel als die Waren es im Durchschnitt sind,
d. h. der Verlust daran ist nicht größer. Deshalb wird
es der Warenbesitzer immer gerne annehmen. Wer
diesen Einwand macht, hat zweifellos nie mit Stof-
fen, Büchern, Kartoffeln und Getreide gehandelt!
Der Schwundsatz beträgt übrigens wöchentlich
1 Promille, monatlich 1/2 Prozent. Im Kanton Bern
(und vielleicht auch anderswo) beträgt die Stempel-
steuer bei Quittungen von 50 Franken und darüber
mindestens 10 Rp., das sind 2 Promille, trotzdem
haben wir noch nie gehört, daß eine Zahlung des-
wegen zurückgewiesen worden wäre!
Seit Dr. Kellenberger diesen Satz schrieb, ist er
Bundesangestellter geworden. Als solcher ist er
1923 mit einem Gelde besoldet worden, das 10 %
Kaufkraftschwund hatte. Auf eine Anfrage hin, ob
er nun die Annahme dieses "Schwundgeldes" ver-
weigert habe, traf keine Antwort ein. Wir nehmen
daher an, er habe mit seiner Theorie nicht ernst
gemacht!
Endlich hat man in Wörgl den Versuch mit
einem Geld mit 12 % Jahresschwund gemacht: nie-
mand hat es zurückgewiesen! - Womit Dr.
Kellenberger befriedigt sein dürfte?!


61. Einwand: Das Geld wird trotzdem geham-
stert.

Antwort: Auch dieser Einwand stammt vom
eidg. Finanzexperten, obschon er den vorhergehen-
den selbst aufhebt. Geld wird nur gehamstert, wenn
seine Kaufkraft steigt und wenn es leichter
ohne Schaden aufbewahrt werden kann als die Wa-
ren. Daher ist die feste Währung und das Freigeld
das einzige aber auch sicher wirkende Mittel gegen
das Geldhamstern. Zeigt es sich, daß Freigeld dem
Verkehr entzogen wird, so ist die Ursache darin zu
suchen, daß der Schwundsatz im Verhältnis zum
Schwundsatz der Waren (Mode, Motten, Rost) zu tief
angesetzt worden ist. Eine Erhöhung des Schwund-
satzes würde dem Hamstern ein rasches Ende be-
reiten.


62. Einwand: Freigeld macht die Leute zu
Verschwendern, indem sie gezwungen werden, es
schnell auszugeben. Deshalb können sie nicht sparen.

Antwort: Der Einwand verwechselt weiter-
geben mit verbrauchen, Freigeld kann man
auch in die Bank bringen und sich den eingelegten
Betrag ins Sparbüchlein eintragen lassen! Unter der
festen Währung sind die Ersparnisse zum erstenmal
und für alle Zeiten vor dem Schwund gesichert, der
z. B. von 1914-1923 die deutschen Sparer um ihre
Ersparnisse geprellt hat! Der Schwund entspricht
dem Schwund der Waren. Sind die Bauern früherer
Jahrhunderte, die wenig mit Geld zu tun hatten,
etwa Verschwender gewesen? Keineswegs! Im Ge-
genteil! So werden auch die Besitzer von Schwund-
geld keine Verschwender werden, sondern häusliche
Leute. Dagegen zeigt es sich, daß unter dem heu-
tigen Geldsystem der Spartrieb beinahe ertötet
wurde, weil die Goldwährung die Kaufkraft des
Geldes auf den fünften Teil seiner frühern Höhe
einschrumpfen ließ (siehe den 37. Einwand).


63. Einwand: Die Banken können das Freigeld
nicht annehmen, da sie nun den Schwund tragen
müssen.

Antwort: (Siehe auch den 67. Einwand!) So-
weit die Banken ihren Kunden das Geld täglich zur
Verfügung halten müssen, belasten sie diese mit
einem entsprechenden Anteil des Schwundes. Fest-
angelegtes Geld geben sie weiter und entgehen so
dem Schwund. Dem Einleger setzen sie den Zins
herab - aber bald auch dem Kreditsuchenden. Da-
mit wächst die Nachfrage nach Leihgeld - Professor
Dr. Cassel glaubt sogar, die Nachfrage werde durch
das Sinken des Zinsfußes (bei festem Preisstand) so
groß werden, daß der Zinsfuß nie unter 3 % sinkt.
Das ist natürlich ein Irrtum; die Produktivkraft der
menschlichen Arbeit ist so groß, daß sie genügt, die
Nachfrage nach Sachgütern zu befriedigen, sobald
das Geld bei 3 oder weniger Prozent nicht
mehr zurückgehalten wird und den Fort-
gang der Arbeiten nicht mehr unter-
bricht. Damit muß noch mehr Geld in Umlauf ge-
setzt werden, der Geldumlauf steigt, damit auch
der Verdienst der Banken. - Daß sie heute
gegen das Freigeld sind, erklärt sich zum Teil dar-
aus, daß die Bankiers statt die Belange der Arbei-
tenden die der Zinsnehmer vertreten zu müssen glau-
ben, was eine ganz falsche Annahme ist: die Arbei-
tenden sind die Voraussetzung jedes Geldumlaufs,
und je mehr und je besser gearbeitet werden kann,
desto größer ist auch der Geldumsatz und damit der
Arbeitsverdienst der Banken.




64. Einwand: Das Freigeld bringt eine ewige
Unrast unter die Menschen und "macht die Leute
nervös".

Antwort: Wenn der Schwund die Leute "ner-
vös" macht - warum werden die Besitzer von
Waren heute nicht "nervös"? Die Waren unter-
liegen ja im Durchschnitt diesem Schwund! - Man
stellt sich den Schwund bald zu groß, bald zu klein
vor. In Wirklichkeit wird er gerade so groß sein,
um Geld und Ware ins Gleichgewicht zu bringen und
damit Gerechtigkeit zwischen beiden herbeizuführen.
Unsere Zinswirtschaft nimmt jedem Arbeitenden
die Hälfte des Arbeitsertrages weg. Dadurch zwingt
sie ihn zu unverhältnismäßig großen Anstrengungen
einerseits, und anderseits stellt sie ihm bei einem
etwaigen Erfolge ein Leben ohne weitere Anstren-
gungen in Aussicht (Zinsgenuß!). So wirken Not hin-
ter und Aussicht auf ein Leben ohne Arbeit vor ihm
als doppelter Antrieb. In der Freiwirtschaft erhält
er den vollen Arbeitsertrag, weiter nichts. Mit dem
vollen Arbeitsertrag ist es leicht möglich, das Not-
wendige und, wenn es wünschenswert scheint, auch
mehr zu erhalten. Der Anreiz zur Sammlung großer
Reichtümer bleibt, aber er schadet nicht; im Gegen-
teil. - Die Hast des Erwerbslebens rührt zum gro-
ßen Teil von der Angst her, das Erworbene wieder
zu verlieren. Auch die Reklame wird zu einer
übertrieben wichtigen Angelegenheit, weil das Geld
allgemein zu träge fließt und sozusagen mit Gewalt
zum Umlaufen gebracht werden muß. Die Leute sind
so nervös, weil sie mit allen Mitteln Geld zusammen-
raffen wollen oder auch erwerben müssen, im ersten
Fall, um dann aus den Zinsen zu leben, im zweiten,
um das Notwendigste zum Leben zu verdienen. Nur
die feste Währung und die Beseitigung des Zinses
macht die Leute ruhig, indem sie sie befreit von
der Geldgier und aus der Unsicherheit unserer
Erwerbsverhältnisse. Durch die Verwirklichung des
Rechts auf den vollen Arbeitsertrag kann sich jeder
in der Hälfte der heute noch dazu notwendigen Zeit
seinen Lebensunterhalt verdienen, wodurch das ganze
Erwerbsleben viel ruhiger wird: Weder wirtschaft-
liche Not, noch mammonistische Selbstsucht treiben
dann den Menschen und machen ihn nervös.



65. Einwand: Weniger erfahrene Menschen
werden bei Einkäufen mit dem Schwundgeld leicht
betrogen werden; sie erhalten z. B. ungestempeltes
Geld, das Kindern leicht gegeben werden kann.

Antwort: Der Verlust kann nur klein sein.
Z. B. auf 100 Fr. nur 10 Rp. (1 0/00) oder allerhöch-
stens 6 %, wenn die Note ein ganzes Jahr nicht ge-
stempelt worden wäre, was aber ein seltener Fall
sein wird. (Nur Ende des Jahres denkbar!) Da das
Geld stets in kleiner Stückelung vorhanden ist, wird
jede Zahlung Kindern z. B. ziemlich genau abgezählt
mitgegeben werden können, dies besonders auch
deshalb, weil unter der festen Währung die mei-
sten Preise jahrelang gleichbleiben und
jedermann bekannt sind. Die zinsfreie Wirtschaft
und das Freigeld ermöglichen und veranlassen Vor-
auszahlung größerer Beträge bei seinen Hauptliefe-
ranten, so daß bei den kleinen Einkäufen den Kin-
dern nur ein Kontrollbüchlein aber kein Geld mit-
gegeben werden muß. Endlich zahlen die Kinder
im Laden und bekommen dabei wenig oder kein
Geld zurück, wodurch die Möglichkeit zu Betrüge-
reien auch nicht groß ist. Kommt es trotzdem vor, so
muß der Ladeninhaber fürchten, daß er seine Kund-
schaft verliert.
Uebrigens ist der "Umgang mit Freigeld" nicht so
kompliziert, wie man es darstellt, und in kurzer Zeit
wird auch der Analphabeth wissen, wie eine Note
an dem und dem Tag aussehen soll. In Wörgl gab es
nie Anstände deswegen.



66. Einwand: An den Abstempelungstagen wird
es großen Andrang in den Läden geben.

Antwort: Auf 10 Franken beträgt der Schwund
monatlich 5 Rp. Wie lange steht man für diesen Be-
trag an? - Würde der Verkäufer die Preise für die-
sen Tag erhöhen? Keineswegs, denn er weiß ja, daß
der Schwund seiner Waren ebensoviel beträgt wie
der Schwund auf dem Geld, und daß er infolgedes-
sen damit nichts erreicht als seine Kunden zu
vertreiben. Sobald er den Aufschlag über 1/2 % er-
höht, gehen die Käufer wieder heim. - Daß er vol-
lends einen Kauf im Betrag von 50 oder 100 Fr. am
Monatsletzten ausschlägt oder eine Zahlung zurück-
weist, weil er den Betrag selber stempeln muß, ver-
gißt den Schwund der Waren, er hatte offenbar nie
ein Warenlager!


67. Einwand: Die Marken auf den Tausendern
unterliegen dem Schwund nicht; auch das Kleingeld
sollte abgestempelt werden.

Antwort: Auf jeden Fall ist diese Angelegen-
heit nicht so wichtig, man will weniger eine mathe-
matisch genaue "Entwertung" als vielmehr die Ver-
hinderung des Hamsterns erreichen. Dem Hamstern
von Kleingeld macht ein einziger Paragraph ein
Ende, der etwa so lauten könnte: "Die Ausgabestelle
wird ermächtigt, jederzeit ohne vorherige Mitteilung
das Kleingeld außer Kurs zu erklären und es vom
Tage der Bekanntgabe an mit einem Abzug von 20 %
gegen das neue Kleingeld umzutauschen." Die Ge-
fahr eines Verlustes von 20 % genügt vollkommen,
das Kleingeld im Umlauf zu erhalten.


68. Einwand: Die Zahltage werden gerade vor
den Abstempelungstagen angesetzt.

Antwort: Nehmen wir es vorerst an, dann ist
dieser Verlust im Vergleich zu der heutigen Aus-
beutung durch den Zins ein lächerlich kleiner. Hier
verliert man schlimmstenfalls 1/2 % des Lohnes, heute
50 %. So erfährt der Lohn in diesem Fall statt von
50 auf 100 % "nur" eine Erhöhung von 50 auf 99,50
Franken, da die monatliche Hamstersteuer 1/2 % be-
trägt. Statt 5000 Fr. heute und 10 000 Fr. ohne Ab-
zug verbleiben also dem Arbeiter "nur" 9950 Fr. Je
mehr die Arbeitgeber diesen Vorteil ausnützen, desto
besser wird ihre Stellung, was umso mehr Arbeiter
ins Lager der Unternehmer locken wird; dadurch
wird der Unternehmerverdienst durch die Konkur-
renz wieder gedrückt, der Lohn durch die Abwan-
derung der Arbeiter und die vermehrte Nachfrage
nach solchen erhöht, sofern die Unternehmer auf
diese Weise profitieren wollten.


69. Einwand: Ohne Gold kann man den Ver-
kehr mit dem Ausland nicht aufrecht erhalten; es
muß zum Ausgleich eines allfälligen Einfuhrüber-
schusses verwendet werden; auch wird das Freigeld
im Ausland nicht angenommen werden und "für die
Umrechnung einer solchen Währung in eine Fremd-
währung, die ihrerseits eine ganz andere Grundlage
hat; z. B. in die Goldwährung, fehlt ein Vergleichs-
maßstab". (Dr. H. Müller.)

Antwort: Gold kann man immer bekommen,
wenn man will. Unser Gold stammt ja samt
und sonders aus dem Ausland. 402 Millionen
unseres Edelmetallvorrates von etwa 650 Millionen
kamen während des Weltkrieges ins Land, als die
Goldwährung aufgehoben war! Argentinien
brachte ohne Goldwährung 1899 3000 Zentner Gold
ins Land. Wie stellen sich Leute, die annehmen,
ohne Gold könnten wir heute nicht mehr bestehen,
den Anfang unserer Edelmetallgeldwirtschaft vor?
Einmal muß doch unser Gold aus dem Auslande
gekommen sein!
Wir bezahlen das Ausland für seine Leistungen
uns gegenüber - auch für sein Gold - mit un-
sern Waren und Arbeitsleistungen. Sie al-
lein haben uns die Einfuhr all dieser Dinge samt
dem Edelmetall ermöglicht.
Die Abschaffung des Goldes als Währungs-
metall erleichtert vielmehr unsere Stellung
dem Ausland gegenüber; indem wir das Gold nicht
mehr zu Münzzwecken brauchen, ergibt sich dann
ein großer Ueberschuß zu unsern Gunsten.
Das heutige Notengeld der Schweiz darf auch
heute im Ausland nicht genommen werden; so ver-
bietet der § 11 des deutschen Reichsbankgesetzes
die Annahme ausländischen Geldes an Zahlungsstatt
- nicht zum Wechseln. Auch das Freigeld wird man
wechseln, aber man wird es nicht hamstern
wie man leider heute das Schweizergeld hamstert!
Auf den Einwand von Dr. Müller antworten wir:
wie konnte man denn 1914 bis 1930 mit den Ver-
einigten Staaten verkehren?! Sie hatten die
Goldwährung, wir die Papierwährung mit
Zwangskurs der Noten, ohne Einlösungspflicht der
Notenbank! Und doch ging es - es ging uns sogar
damals besser als nach 1930 mit der Goldwährung!
- Warum? - Weil sich ein Wechselkurs zwischen
allen Währungen bildet, ein schwankender,
wenn die Preisstände sich ungleich bewegen, ein
fester, wenn sie fest sind oder wenn sie (wie un-
ter der Goldwährung) in der gleichen Richtung
gehen.


70. Einwand: Große Unternehmungen kann
man nicht mehr finanzieren; die Banken werden kein
Geld haben, des Schwundes wegen, und große An-
leihen, z. B. für Eisenbahnbauten, werden unmöglich.

Antwort: Freigeld macht zur Selbstverständ-
lichkeit, daß die Banken immer Geld bekommen.
Denn jedermann hat ja das größte Interesse daran,
sein Geld zur Bank zu bringen, des Schwundes we-
gen. Und die Banken werden es sehr gern sofort
weiter geben - aus dem gleichen Grunde. Mit die-
sem ungestört durchfließenden Strom können und
wollen die Banken alle Geschäfte antreiben, Man
darf sich nicht vorstellen, daß ein Kredit von l00
Millionen Franken gleich in bar ausbezahlt wird und
daß zur Gewährung eines solchen Kredites 100 Mil-
lionen Franken in Ersparnissen bar daliegen müssen.
Es genügt (auch heute schon), daß ein solcher Kredit
eröffnet wird und dann der ganze Geldbestand mit
maximaler Geschwindigkeit die Bank durchfließt,
damit ein solcher Kredit gewährt und nach und nach
ausbezahlt werden kann. Es geht also ohne Bargeld-
ansammlung.
Man vergegenwärtige sich doch, daß alle Aus-
zahlungen aus einem Kredit in der Freiwirtschaft
immer umlaufen und daher in die Banken zurück-
fließen oder sonstwie der Produktion zur Verfügung
gestellt werden, wodurch sie auch wieder als Einnah-
men und Ersparnisse in die Banken gelangen. So
zahlt der ungestörte Geldumlauf fortlaufend jede
Arbeit, weil jede Auszahlung bald wieder als Ein-
zahlung in die Bank zurückfließt.
Nur ein wohlhabendes Volk kann große Werke
finanzieren. Und unter der festen Währung wird man
sein Geld auf lange Zeiten ausleihen, weil man vor
der Entwertung ganz gesichert ist. Die Finanzierung
großer Unternehmungen wird daher nicht verun-
möglicht, sondern erleichtert!


71. Einwand: Das Freigeldsystem bringt
schwankende Wechselkurse. Wie können die Expor-
teure und Importeure bei einer derartigen Sachlage
zuverlässige Kalkulationen machen? (Dr. H. Müller.)

Antwort: Der Wechselkurs ist unter der
festen Währung das Spiegelbild der ausländischen
Preisschwankungen; denn wir passen ihn im Frei-
geldsystem fortgesetzt diesen Schwankungen an. In-
dem wir den Inlandspreisstand festigen, lassen wir
nur noch den Importeur und den Exporteur in jener
Ungewißheit, in der heute alle schweben. Import
und Export aber machen heute schätzungsweise den
40. Teil des Warenumsatzes aus: 39/40 sind also im
Freigeldsystem zum vornherein vor allgemeinen
Preisschwankungen gesichert, während heute nie-
mand gesichert ist, niemand "zuverlässige Kal-
kulationen machen kann"! - Hinzu kommt, daß die
Währungsbank auch den Kaufleuten bestimmte Si-
cherheiten in bezug auf den Kurs geben kann (siehe
Schwarz, Segen und Fluch des Geldes, Bd. II.,
S. 235 ff.) und endlich gibt es zwischen Län-
dern mit fester Währung überhaupt keine
Wechselkursschwankungen mehr, da sich
die Schwankungen der Wechselkurse im großen gan-
zen verhalten wie die Schwankungen der Kaufkraft.



72. Einwand: Das kapitalistische Ausland
wird es nicht gestatten, daß Freiland-Freigeld ein-
geführt wird.

Antwort: Die feste Währung kann jeder-
zeit ohne irgendwelches Aufsehen eingeführt wer-
den, steht sie doch in Uebereinstimmung mit den
Beschlüssen der Genueser Wirtschaftskonferenz von
1922. Mit der festen Währung wird die Stellung
jedes Landes zum vornherein gefestigt, sein Wider-
stand gegen eine Einmischung des Auslandes ver-
stärkt. Gleichzeitig wird das Ausland den Gründen
der wirtschaftlichen Blüte nachgehen und die ein-
sichtigen Männer des Auslandes werden die feste
Währung auch für ihr Land verlangen. Wird dann
ein bewaffnetes Eingreifen erfolgen, so haben sie
schon mit dem Widerstand im eigenen Lande zu
rechnen. Schon heute gibt es keinen Kulturstaat
mehr ohne Anhänger der Freiwirtschaftsbewegung.
Die Einführung der Freiwirtschaft fügt dem Ausland
keinen Schaden zu und schafft uns keine Feinde,
wie es die Beraubung der privilegierten Stände und
die Hinrichtung des Königspaares in Frankreich 1792
oder die Abschüttelung der ausländischen Schulden
durch die russische Revolution 1917 getan hat. Die
Freiwirtschaft ermöglicht vielmehr die rasche und
sichere Abzahlung aller Verpflichtungen gegenüber
dem Ausland.



73. Einwand: Das Geld ist nicht so wichtig;
mit einem Kniff kann nicht so viel geändert werden;
der Stände- oder Korporationenstaat ist da weit
gründlicher.

Antwort: Marx, der das Geld theoretisch
vernachlässigte, sagte trotzdem von ihm, es sei "die
Urform des Kapitals". Engels nannte es ein "Zau-
bermittel". Ohne Geld gibt es keinen Preis,
ohne Preise keinen Kauf, sondern nur Tausch-
handel. Das Geld ist Vorbedingung der Waren-
produktion, diese soll nach Marx die Quelle der
Ausbeutung sein. Geld ermöglicht die wirtschaftliche
Arbeitsteilung, es ermöglicht auch die Bedarfs-
deckung nach dem eigenen Geschmack und per-
sönlicher Wahl; es ist daher die wirtschaftliche
Vorbedingung des Individualismus (sagt
Bernard Shaw). Geldvermehrung bedeutet
Preissteigerung mit all ihren Folgen; Geld-
verminderung Preisfall, Absatzstockung, Krise,
Arbeitslosigkeit, Revolution. Ohne Geld kein
Wohnhaus, keine Arbeitsstätte, kein Verdienst. "Das
Geld ist das Blut der Volkswirtschaft" ("nervus
rerum"). "Geld regiert die Welt." Das Geld gleicht
den Eisenbahnen; es ist ein Verkehrsmittel von grö-
ßerer Wichtigkeit als sie; warum soll eine Aende-
rung dieses Verkehrsmittels nicht die gleichen Fol-
gen haben wie die Veränderung jedes andern Ver-
kehrsmittels?
Mit dem Stände- oder Korporationenstaat ist
auch nicht alles gemacht, wie das Beispiel Italiens
zeigt. Da stieg die Arbeitslosigkeit seit Einführung
der ständischen Ordnung im Jahre 1926 folgender-
maßen; 1925: 110 000, 1926: 114 000, 1927: 278 000,
1928: 324 000, 1929: 301 000, 1930: 425 000, 1931:
734 000, 1932: 1 006 000, 1933 II.: 1 229 000! Das zeigt
uns die Machtlosigkeit der Ständeordnung oder des
Korporationenstaates gegen das Elend der Arbeits-
losigkeit. Solange eben der Stand der Geldver-
sorger seine Pflicht nicht tut, sind die übrigen
Stände machtlos, trotzdem "es in Rom ein eigenes
Korporationenministerium mit 68 verschiedenen
Telephonnummern gibt, einen wahren Irrgarten für
Leute, die im Beruf stehen". Und der Führer der
faschistischen Gewerkschaften sagte darüber: "Leer-
lauf - Seifenblasen, nichts als Seifenblasen."


74. Einwand: Man muß das Geld überhaupt
abschaffen.

Antwort: Mit dem Geld schwindet die Freiheit
in der Deckung des Bedarfs; an seine Stelle tritt ein
Arbeitsbuch, eine Bescheinigung für geleistete Ar-
beit. Entweder ist man damit frei wie mit dem Gelde
und dann ist es eben "Geld", oder aber man ist
nicht mehr frei - dann tritt an die Stelle der Pluto-
kratie (Geldherrschaft) die Bonzokratie (Willkür-
herrschaft). Die Abschaffung des Geldes würde zu
einer Knechtung des Einzelnen führen, wie sie unter
der Herrschaft der "Häuptlinge" oder der "Sippen-
ältesten" vor unserer Geldwirtschaft geherrscht ha-
ben mag. Eine solche Ordnung läuft der Entwicklung
der Menschheit entgegen.
Die Abschaffung des Geldes würde amtliche
"Wertvermittlungs"-, Verteilungs- und Zuteilungs-
stellen nötig machen - und über dem Streit um die
Entlöhnung (Verteilung) würden wir das Produzieren
vernachlässigen und verhungern!
Die Versuche Rußlands, ohne Geld auszukom-
men, führten zu einer furchtbaren Enttäuschung; in
der Folge wurde verboten, von der Abschaffung des
Geldes zu reden! (Belege dazu in Fritz Schwarz,
Segen und Fluch des Geldes II., S. 209.)


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Dieser Text wurde im Februar 1998 ins Netz gebracht von Wolfgang Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.