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Helmut Creutz: Das Geld-Syndrom
Ullstein Taschenbuch Nr. 35456; ISBN 3-548-35456-4; 1994; Preis: 24,90 DM


Warum ist der Zins ein Problem?

Der Tatbestand der zinsbedingten Zunahme sozialer Spannungen zwischen Arm und Reich wurde schon sehr früh erkannt. Denn diese Spannungen endeten allzuoft in Leibeigenschaft, Sklaverei, Aufständen oder gesellschaftlichen Zusammenbrüchen. Alle Hochreligionen haben darum immer wieder versucht, das Zinsproblem durch Gebote und Verbote aus der Welt zu schaffen, bis hin zur Androhung der schlimmsten Höllenstrafen (siehe Zitate Kasten rechts).

Noch im 18. Jahrhundert wurde durch Papst Benedikt XIV. die Zinsnahme in einer Enzyklika verdammt. Doch mit Verboten war und ist dem Zins nicht beizukommen. Im Gegenteil! Werden die Zinsverbote befolgt, kommt es zu noch größeren Problemen: Man fordert zwar keinen Zins, um den angedrohten Strafen zu entgehen, man verleiht aber auch das Geld nicht mehr. Durch diese Ausleihe-Verweigerung aber wird dem Markt das Tauschmittel entzogen. Die Geldknappheit nimmt zu, und für dennoch gewährte Kredite steigt der Zins ins Unermeßliche. Ähnliche Probleme hat man heute auch in strenggläubigen Zonen des Islam, in dem das religiöse Zinsverbot in größerem Umfang beachtet wird: Das Kreditangebot verringert sich, oder es müssen unter anderen Bezeichnungen gleich hohe Anreize geboten werden, z. B. als »Gewinnbeteiligung«.

Das Zinsproblem ist also vor allem in dem Dilemma zu sehen, daß mit Zinsen die sozialen Ungleichgewichte zunehmen, ohne Zinsen der Geldkreislauf zusammenbricht.

Nicht der Zins ist also die eigentliche Problemursache, sondern die Möglichkeit, Geld zurückhalten und für dessen Freigabe einen Tribut erpressen zu können. Auch das hat man schon in früheren Zeiten ab und zu erkannt, aber immer wieder aus dem Auge verloren. So hat beispielsweise Papst Bonifatius VIII. nicht wie andere Kirchenväter das Zinsnehmen unter Kirchenbann gestellt, sondern das Festhalten von Geld: »Wer bei sich daheim Geld schlafend und untätig liegenläßt, wird exkommuniziert«, hieß es in einer im Jahr 1303 veröffentlichten Bulle. Und Papst Clemens IX. gab im 17. Jahrhundert Münzen mit dem Aufdruck »noli thesaurare« in Umlauf, was soviel heißt wie »Du darfst mich nicht festhalten«. Auch der Volksmund hat dieses Wissen bis heute in Erinnerung gehalten. Die Redewendungen »Taler, Taler, du mußt wandern, von der einen Hand zur andern... « oder »Der Rubel muß rollen« treffen in ihrer Kürze genau den Punkt.


Dieser Text wurde ins Netz gebracht von: W. Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.
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