Kapitel aus: Helmut Creutz: Das Geldsyndrom; Ullstein, 1997, 4. Auflage; ISBN 3-548-35456-4
Orginalausgabe 1993 by Wirtschaftsverlag Langen Müller in der F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München


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Abschließende Zusammenfassung
„Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist
den staatlichen und sozialen Lebensinteres-
sen des deutschen Volkes nicht gerecht ge-
worden. Inhalt und Ziel der sozialen und
wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht
mehr das kapitalistische Gewinn- und
Machtstreben, sondern nur das Wohlerge-
hen unseres Volkes sein.“
„Ahlener Programm“ der CDU, 1947


Die Probleme des kapitalistischen Wirtschaftssystems hängen mit
dem Geldbereich zusammen, die Probleme im Geldbereich mit
zwei Überentwicklungen: der Überentwicklung der Geldmenge,
die zur Inflation führt, und der Überentwicklung der Geldvermö-
gen, die zur Überschuldung und zum Wachstum zwingt.
 Um diese Überentwicklungen zu überwinden, muß die Geld-
menge kontrollierbar und der Umlauf verstetigt werden. Beides
ist durch eine konstruktive Umlaufsicherung zu erreichen, die den
Zins und die Inflation für diese Aufgabe überflüssig macht. Dazu
wiederum müssen drei Widersprüchlichkeiten überwunden wer-
den:
1. (bezogen auf das Geld) der Widerspruch zwischen öffentlichem
 und privatem Eigentum,
2. (bezogen auf die Geldfunktionen) der Widerspruch zwischen
 Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel,
3. (bezogen auf das Giralgeld) der Widerspruch zwischen seiner
 Nutzung als Nachfrage- und Kreditmittel.
Der erste und der dritte Widerspruch verhindern heute eine kon-
krete Geldmengensteuerung und damit die Überwindung der In-
flation. Der erste und der zweite Widerspruch verhindern eine
marktgerechte Absenkung der Zinsen. Mit den ständig positiven
Zinsen aber bleiben die Geldvermögens- und Verschuldungseska-
lationen sowie die ungerechten Verteilungen des Volkseinkom-
mens nicht nur bestehen, sondern nehmen noch ständig zu. Die
Folgen sind Fehlentwicklungen schwerwiegender Natur. Sie
zeichnen sich als zunehmende und immer weniger beherrschbare
soziale, ökonomische und ökologische Störungen ab, die schließ-
lich in Zerstörungen enden müssen.
 In der nachfolgenden zweiteiligen Grafik Nr. 77 sind die in die-
sem Buch dargelegten Gesamtzusammenhänge zwischen Geld
und Gesellschaft noch einmal als ineinandergreifendes Rädersy-
stem dargestellt. In der linken Hälfte ist der monetäre Bereich
wiedergegeben und in der rechten der realwirtschaftliche. Schnitt-
punkt und Übergang beider Bereiche ist die Wirtschaft.
 Im monetären Bereich haben wir einen Kreislauf (1), der sich
selbst hochschaukelt: Mit den ständig steigenden Zinserträgen des
Geldkapitals wachsen die Geldvermögen und Bankumsätze wei-
ter an. Damit wiederum nehmen die Überschuldung und die Zins-
belastung der Wirtschaft zu, was erneut die Zinserträge und die
Geldvermögen wachsen läßt, usw.
 In der Sprache der Kybernetiker haben wir es hier mit einem
„positiv rückgekoppelten Regelkreis“ zu tun. Vergleichbar ist das
mit einem falsch programmierten Heizungsthermostat, der bei
steigenden Raumtemperaturen das Ventil weiter öffnet statt
schließt. Funktionierende technische wie natürliche Regelkreise
sind dagegen „negativ rückgekoppelt“, das heißt, Überentwick-
lungen bremsen sich selbst ab.
 Im rechten Teil der Darstellung sind die Folgen des monetären
Überwachstums in zwei Halbkreisen aufgezeigt. Der obere Halb-
kreis (2) gibt die ökonomisch-sozialen Auswirkungen wieder, der
untere (3) die ökologischen. Gehen wir zuerst dem oberen Halb-
kreis nach:
 Die ständig zunehmenden Ansprüche des Geldkapitals an das
Sozialprodukt führen zu einer Verringerung des Restanteils, der
für die Arbeitsleistenden übrigbleibt. Das heißt, die Einkommen
der Unternehmer und/oder der Arbeitnehmer sinken mit der
Verschuldungszunahme. Die Folgen sind Nachfrage- und Investi-
tionsrückgänge, Firmenpleiten und Arbeitslosigkeit. Auf Dauer
und mit jedem Konjunktureinbruch zunehmend, werden die so-
zialen Spannungen unerträglicher. Am Ende können Unruhen,
Gewalt und Aufstände bis hin zu Kriegen das Ergebnis sein.
 Vermeidbar ist die Einkommensminderung der Arbeitsleisten-
den nur, wenn man - wie der Halbkreis 3 zeigt - das Sozialprodukt
jedes Jahr vergrößert, mindestens um jenen Anteil, den das
Kapital von Jahr zu Jahr mehr beansprucht. Soll die gegebene
Verteilungsrelation zwischen Kapital und Arbeit beibehalten wer-
den, muß das prozentuale Wirtschaftswachstum sogar dem des
Geldkapitals entsprechen. Eine solche dauernde Leistungssteige-
rung vergrößert jedoch sowohl den Ressoursenverbrauch wie die
Umweltzerstörung. Dieser „Ausweg“ aus der sozial-ökonomi-
schen Krise führt also beschleunigt in die ökologische. Damit dro-
hen nicht nur Umweltkatastrophen, sondern ebenfalls gewalt-
same Auseinandersetzungen um die natürlichen Ressourcen.
 Wie diese zusammenfassende Darstellung noch einmal zeigt,
gehen die entscheidenden Probleme von dem Überwachstum der
Geldvermögen aus. Für die Politiker ergibt sich daraus eine dop-
pelte Zwickmühle. Werden die wachsenden Geldvermögen nicht
über Kredite in die Wirtschaft zurückgeschleust, kommt es zu
einer deflationären Rezession. Führt man die wachsenden Geld-
vermögen über Kredite in den Wirtschaftskreislauf zurück,
kommt es zur Überschuldung und Verarmung der Werteschaffen-
den und damit zu einem ökonomisch-sozialen Kollaps. Kurbelt
man zu dessen Vermeidung die Wirtschaftsleistung ständig an,
droht uns der ökologische Zusammenbruch. In unserer Wirklich-
keit läuft die Entwicklung auf beides hinaus: Der soziale Kollaps
ist unausweichlich, weil das Wirtschaftswachstum nicht in dem
Tempo der Geldvermögenszunahme gesteigert werden kann, der
ökologische Kollaps, weil die Umwelt auch dieses unzureichende
Wachstum nicht mehr verkraftet, schon gar nicht bei gleichzeitiger
Bevölkerungszunahme auf unserem Planeten.
 Diese ineinandergreifenden Problementwicklungen, die das
„Geldsyndrom“ beschreiben, lassen sich nur an einem einzigen
Punkt nachhaltig verändern, nämlich der Zinshöhe : Mit einer Ab-
senkung der Zinssätze läßt das Überwachstum der Geldvermögen
nach und damit der weitere Verschuldungszwang. Mit nachlassen-
der Verschuldung und sinkenden Zinssätzen wird die Wirtschaft
entlastet. Damit reduziert sich die Verarmung der Arbeitsleisten-
den und damit wiederum der Zwang zum Wachstum. Ein Absin-
ken der Zinshöhe ist jedoch nur erreichbar, wenn wir die Mög-
lichkeit der Geldzurückhaltungen überwinden. Das wiederum er-
fordert eine andere Umlaufsicherung für das Geld. Ohne eine Ve-
stetigung des Geldumlaufs und der damit möglich werdenden Ab-
senkungen der Inflations- und Zinssätze, muß unser Geld so wie es
heute ist, aus einfachen mathematischen Gründen sich selbst und
damit unsere Gesellschaft zerstören.
 Ganz sicher wird eine Korrektur der geldbezogenen Fehlstruk-
turen nicht alle Probleme aus der Welt verschwinden lassen, auch
nicht wenn man damit die Reform des Bodenrechts verbindet.
Doch ohne diese Rechtsordnungskorrekturen werden die Pro-
bleme mit jedem Tag unlösbarer. Denn erst dann, wenn die Zins-
ansprüche des Kapitals unter die Wachstumsrate sinken, erhält
die Umwelt eine Chance zur Erholung und kann die Verarmung
der Arbeitsleistenden gestoppt werden. Und erst dann, wenn je-
der Leistende den vollen Lohn für seine Arbeit und jeder Mensch
das gleiche Recht an Grund und Boden erhält, kommen wir zu
einer gerechten Welt, die Voraussetzung ist für den Frieden.






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Kapitel aus: Helmut Creutz: Das Geldsyndrom; Ullstein, 1997, 4. Auflage; ISBN 3-548-35456-4
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