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Bei seinem öffentlichen Wirken kommen ihm die Erfahrungen in der Wirtschaft sehr zustatten, die er als selbständiger Architekt sammeln konnte. Neben seinem Beruf äußerte er sich als Publizist zu Problemen der Bildungspolitik und der Arbeitswelt ("Haken krümmt man beizeiten" und "Gehen oder kaputtgehen"). Ende der 70er Jahre bekam Helmut Creutz eine Zuschrift von einem alten Freiwirt, der von einem seiner Bücher beeindruckt war und ihn anregte, sich mit der Broschüre "5000 Jahre Kapitalismus" von Hans Kühn zu beschäftigen. Er las diese Broschüre und besorgte sich weitere Literatur zur Kritik von Geld, Zins und Wachstum. Binnen kurzer Zeit erschloß sich ihm eine neue Sicht der Welt, die ihn faszinierte und zu dem Entschluß führte, seinen Beruf nach einer Übergangszeit aufzugeben und sich mit ganzer Kraft der Verbreitung der neugewonnen Einsichten zu widmen. Als Praktiker war Helmut Creutz dagegen gefeit nunmehr in einen Elfenbeinturm von Theorien und Modellen zu steigen. Er begann vielmehr, die Realität wirtschaftlicher und ökologischer Krisenentwicklungen anhand von Zahlen, Daten und Fakten so darzustellen, daß ihr Sinnzusammenhang von innen aufleuchtete. Für ihn liegen im Geldwesen und Bodenrecht gravierende Störfelder des sozialen Lebens.
Helmut Creutz will Problembewußtsein wecken statt ausgearbeitete Lösungsmöglichkeiten für Probleme aufzudrängen, die in der Öffentlichkeit noch gar nicht als Probleme erkannt sind. Für Vorträge, zu denen er von Umwelt- und Dritte-Welt-Gruppen, von kirchlichen Gruppen und Institutionen, auch von Parteien und Gewerkschaften eingeladen wird, hält er grafische Darstellungen bereit, die sich als didaktische Mittel zur Veranschaulichung wirtschaftlicher Zusammenhänge bewähren und sich gleichsam in den Köpfen der Beschauer festsetzen. Eine Auswahl von solchen Grafiken hat er zu einer Ausstellung zusammengefaßt, die auf Kirchentagen und Öko-Messen viele Besucher anzieht. Sie soll das Publikum zu selbständigem Nachdenken anregen.
Was jüngeren Leuten an Helmut Creutz besonders gefällt, ist seine freilassende Art. Er wirft ihnen wegen skeptischer Fragen weder die Lehre Gesells an den Kopf, noch will er selbst "Gesellianer" genannt werden. So entfaltet er einen Aktionsradius, wie ihn noch niemand in der NWO-Bewegung jemals gehabt hat. Indem er für eine ökologische Steuerreform eintritt, geht er auch über ihr Kernanliegen hinaus. Überhaupt entspringt sein ganzes Engagement einem ökologischen Impuls; in seiner Heimatstadt Aachen gehörte er zu den Mitgründern der Grünen.
Nachdem ihm der Zusammenhang zwischen Zins und Wirtschaftswachstum deutlich geworden, geht es Helmut Greutz darum, den Zinsschleier zu lüften, der das Gesicht der Bundesrepublik immer dichter verhüllt, auch das der Weltwirtschaft. Sein Ansatz ist die Unterscheidung zwischen natürlichem, linearen und exponentiellem Wachstum der Wirtschaft.
a) Natürliches Wachstum ist abnehmend und entspricht etwa den Prozeßabläufen in der Natur. Anfänglich rasante Wachstumsschritte gehen zurück, um sich schließlich auf einer optimalen Höhe zu stabilisieren - wie Lebewesen im Erwachsenenalter. Kein Baum wächst unbegrenzt in den Himmel.
b) Lineares Wachstum setzt einen gleichbleibenden Verlauf voraus. Jährlich soll sich das Bruttosozialprodukt um einige Prozent vergrößern. Dies wird als normal erachtet, obwohl ein gradliniger Verlauf in irrealen Größenordnungen endet. In der Bundesrepublik verpflichtet ein Gesetz aus dem Jahr 1967 die Wirtschaft sogar zur Stabilität durch ständiges Wachstum! (Als könnte man das Wachstum von Getreide fördern, indem man an den Halmen zieht.)
c) Das exponentielle Wachstum arbeitet sogar mit Verdoppelungsraten. In jeder Zeiteinheit soll sich die Ausgangsmenge verdoppeln. Das ist widernatürlich und sprengt mit zunehmender Beschleunigung auch alle Vorstellungsgrößen. Die Absurdität des exponentiellen Wachstums zeigt das indische Schachbrettmärchen. Der Brahmane erbat vom König für das erste Feld des Spielbretts 1 Getreidekorn, für das zweite 2, für das dritte 4 Körner usw. Der König hielt den Wunsch des Brahmanen anfangs für bescheiden - doch mußte er bald einsehen, daß er diesen Wunsch nie würde erfüllen können. So würde die 63-fache Verdoppelung eines einzelnen Getreidekorns mehr als 9000 Billiarden Körner und mehr als 400 Milliarden Tonnen Getreide ergeben. "Abläufe mit Verdoppelungsraten gibt es im Naturbereich allenfalls als krebsartig wuchernde und damit krankhafte Erscheinungen, die zum Kollaps des Gastorganismus führen, mit dem sie selbst zugrundegehen. Trotz all dieser Tatbestände gehen wir jedoch im wirtschaftlichen Bereich ständig mit exponentiellen Wachstumsgrößen um." (11) Bei 2 %igem Wachstum wächst eine Ausgangsmenge in 72 Jahren um das Vierfache, bei 3 % auf das Achtfache, bei 4 % auf das 16-fache, bei 5 % auf das 36-fache, bei 9 % auf das 512-fache und bei 12 % auf das 4 096-fache! Noch in den 70er Jahren hielt man in der Bundesrepublik eine jährliche Steigerung des Energieverbrauchs von 6 - 7 % für nötig, was zum Bau weiterer Atomkraftwerke führte.
Schon die Anhebung der Zinsen um 0,01 % kann das Endergebnis enorm verändern. Der Zinseszins bewirkt das Wachstum des Geldvermögen mit Verdoppelungsraten. Die Zeitdauer der Verdoppelung hängt von der Zinshöhe ab. Wie Helmut Creutz ausgerechnet hat, floß 1982 etwa ein Viertel des gesamten Sozialprodukts - jede vierte Mark - als Zinseinnahme an die Banken und anderen Kapitalbesitzer ohne konkrete Gegenleistung.
Durch Plakate und Annoncen der Banken wird der Eindruck erweckt, daß jeder reich werden könne, ohne einen Finger krumm zu machen, wenn er sein Geld nur "arbeiten" lasse: es vermehre sich von selbst. Aber die leistungslosen Zugewinne stammen aus der Leistung aller arbeitenden Menschen. Sie werden in dem Maße ärmer, wie die Kapitalbesitzer reicher werden: diese Schere scheint sich immer weiter zu öffnen. Die von der Volkswirtschaft zu tragende Zinslast ist seit den 50er Jahren in der Bundesrepublik kontinuierlich größer geworden. Während die Leistung von 1950 -1982 nominell um das 16-fache gestiegen ist, sind das Sachkapital auf das 25-fache und das Geldkapital (und damit die Verschuldung) auf das 42-fache geklettert. "Wenn im Jahre 1968 100 DM in die Bundeskasse flossen, dann kassierten die Banken jeweils 41 DM Zinsen. Im Jahre 1982 kamen dagegen auf 100 DM Bundeseinnahmen bereits 107 DM Zinsen."(12) Der öffentliche Haushalt ist fast hoffnungslos verschuldet. Demgegenüber sind die Zinserträge der Banken hochgeschnellt, diejenigen der Bankanleger sogar auf das 9,5-fache der Größe von 1968. Außer dem Staat verschuldet auch die Wirtschaft. Viele Unternehmer riskieren keine Investitionen mehr. Ende 1982 war allein die Schuldenlast des Bundes auf über 300 Milliarden DM gewachsen. Wie der Bundeskanzler zugeben mußte, reichte die Neuverschuldung durch Kredite kaum noch aus, um die jährliche Zinslast abzutragen. 1982 waren die Zinsausgaben des Bundes "höher als die gesamten Ausgaben für Kindergeld, Bafög, Wohngeld und Mutterschaftsgeld" 1983 mußten die öffentlichen Kassen rund 60 Milliarden Zinsen zahlen, täglich 164 Millionen.
Helmut Creutz tritt für maßhaltendes Wirtschaften ein, für ein Geld mit der Fähigkeit zur Selbstbegrenzung des Wachstums. Akkumulation und Konzentration der Geldvermögen führen, sobald sie überproportional sind, zu einer entsprechenden Überentwicklung der Schulden und zu Einkommensumschichtungen von der Arbeit zum Besitz. Die Zinslasten der Arbeitenden schlagen sich bei den Besitzern der Geldvermögen als Erträge nieder und bewirken ein erneutes Wachstum derselben mit entsprechender Zunahme des Verschuldungszwanges. "Wir haben es also hier mit einer sich selbst beschleunigenden Problemspirale zu tun, mit einem unnatürlichen Regelkreis. "(13)
Die Zinspreisbildung müsse ebenso den Kräften von Angebot und Nachfrage unterworfen werden wie alle anderen Marktpreisbildungen. Sinkende Zinsen sind zwar wünschenswert, aber mit ihnen nimmt die Zurückhaltung des Geldes zu und damit die Deflationsgefahr. Andere Freiwirte sprechen vom "satanischen Zins", für Helmut Creutz ist er der 'Knappheitspreis des Geldes', als welcher er sich aber wegen der Macht des Geldes den normalen Marktmechanismen entziehen kann.
Geld müsse durch eine Änderung seiner Struktur entmachtet werden, um seine exponentielle Selbstvermehrung bis ins Unendliche und den damit verbundenen Wachstumszwang zu überwinden. Um Ersparnisse dezentral, also ohne eine allmächtige Planungsbürokratie in bedarfsgerechte Investitionen zu leiten, soll der Zins um Null pendeln.
Helmut Creutz denkt und spricht sehr viel präziser als jene, die von einer Beseitigung des Zinses reden. Er hält auch kein besonderes Freigeld mehr für erforderlich, zumal es viele Leute verunsichern würde. Seines Erachtens genügt es, die jetzige DM unter Angebotszwang zu stellen. Als Praktiker hat Helmut Creutz dafür auch eine Methode vorgeschlagen.(14) Auf neuen Geldscheinen soll nicht nur die Vermehrung der Geldmenge (durch Fälschungen) unter Strafandrohung gestellt werden, sondern auch ihre Verminderung (durch Zurückhaltung vom Markt). Das Geld müsse allen spekulativen Mißbräuchen durch eine Weitergabepflicht entzogen werden.
Dem Einwand, die Wünsche der Menschen wären unbegrenzt - so daß die Wirtschaft wachsen müsse -, setzt Creutz entgegen, dies gelte vor allem für die Superreichen, nicht für jene, die für die Erfüllung ihrer Wünsche selber arbeiten müssen, "Außerdem wird jeder ab einer bestimmten Grenze feststellen, daß noch mehr Besitz nicht freier, sondern unfreier macht". (15) Die oft überzogenen Wunschvorstellungen würden einerseits von millionen- und milliardenschweren Minderheiten geprägt, andererseits von einer gewissenlosen Werbung, die immer aggressiver und materialverschlingender wird.
Auch mit den Entwicklungen auf den Immobilienmärkten hat sich Helmut Creutz eingehend beschäftigt und errechnet, daß der Wert des gesamten Bodens in der Bundesrepublik von etwa 146 Mrd (1950) auf mehr als 2 400 Mrd DM Ende 1983 gestiegen ist. Das entspricht einer Steigerung um das 16-fache in 33 Jahren. Der leistungslose Wertzuwachs von rund 2 250 Mrd DM konzentriert sich in den Händen einer Minderheit, weil die meisten der rund 10 Millionen Grundstücksbesitzer nur kleinere Flächen haben, und entspricht weitaus mehr als der Wirtschaftsleistung eines Jahres (1983: 1 670 Mrd DM). Noch stärker als die gesamten Bodenwerte sind die Werte der Wohngrundstücke um das 38-fache von 12 Mrd 1950 auf 1 010 Mrd DM 1982 gestiegen. Die allergrößten mühelosen Wertzuwächse konnten jene erzielen, deren Acker- und Weideflächen in Bauland umgewandelt wurde. Sie sind für Helmut Creutz aber "nur die eine Seite der Bodenunrechtsmedaille": Da nämlich der Boden als Sachkapital angesehen wird, beanspruchen die Besitzer wirtschaftlich genutzter Flächen auch eine Bodenwertverzinsung, die "heute bei mindestens 50 Mrd DM jährlich liegen dürfte". In seinem Buch "Bauen-Wohnen-Mieten "erläuterte Creutz die Auswirkungen dieser Ungerechtigkeiten auf das Wohnen als Grundbedingung menschlicher Existenz, auf den Bau von Eigenheimen und Mietwohnungen, darüberhinaus auf Städtebau, Raumordnung und Architektur. Anstelle von Enteignungen oder eines sofortigen Rückkaufs von Bodenflächen - der völlig unbezahlbar wäre - schlägt er vor, durch den Staat oder die Gemeinden alle mit dem Bodenbesitz verbundenen leistungslosen Einkommen "in voller Höhe steuerlich abzuschöpfen. Legt man für den jährlichen Wertzugewinn einen Betrag von rund 100 Mrd DM zugrunde und für die "Bodenrente" einen von 50-100 Mrd DM, dann liegt der mögliche Rückfluß an die Allgemeinheit im Jahr also bei etwa 150-200 Mrd DM". Er könne als Familienlastenausgleich verwendet werden. Der Boden verliere dabei seine Eigenschaft als Spekulationsmittel. Infolgedessen sinke auch sein Preis. Creutz deutet die Möglichkeit an, daß die öffentlichen Hände später Land erwerben und langfristig verpachten könnten.
Bodenrecht und Geldordnung spielen auch in der Dritten Welt eine große Rolle. In vielen Ländern, die durch hohe Kreditaufnahmen im Ausland in die Schuldenfalle geraten sind, dominiert noch immer der in Kolonialzeiten entstandene Großgrundbesitz. In einer ausführlichen Studie hat Helmut Creutz die Stichhaltigkeit der Argumente überprüft, die gemeinhin als Erklärung für die Ursachen der Schuldenkrise angeführt werden. Er hat darin auch das Für und Wider von Schuldenerlassen und Zinsverzichten abgewogen und dargelegt, weshalb er eine allgemeine Senkung des Zinsniveaus für die wirksamste Hilfe zugunsten der armen Länder hält. (17)
Nach der Wende in Osteuropa glaubte Creutz zunächst nicht daran, daß eine Wirtschaftsunion DDR-BRD möglich sei. Dazu müßten erst die gravierenden Unterschiede abgebaut werden. Auch eine gesamtdeutsche Währung könne wohl nur am Ende aller Anpassungsbemühungen stehen. "Es wäre aberzu überlegen, ob man nicht mit einer gemeinsamen Währung- anfangen sollte", die auf Angebotszwang gegründet sei.
Im Juni 1990 schlug Helmut Creutz eine Reform des Gesundheitswesens vor. Das jetzige sei ebenso falsch konstruiert wie das ganze System. Die Beiträge sollten gesplittet werden. "Eine Hälfte fließt wie bisher in den Gemeinschaftstopf, die andere Hälfte wird auf einem persönlichen Konto des Versicherten bei der Krankenkasse gutgeschrieben. Hat dieses Konto einen Stand von beispielsweise 4000 DM erreicht, braucht der Versicherte nur noch die erste Hälfte in den Gemeinschaftstopf weiter einbezahlen. Das heißt sein Monatsbeitrag halbiert sich. Beansprucht der Versicherte irgendeine Leistung, wird der Betrag in voller Höhe von seinem persönlichen Konto abgebucht. Danach setzt die volle Beitragszahlung solange wieder ein, bis sein Konto erneut ein Guthaben von 4 000 DM ausweist. Gehen die Behandlungskosten über diesen Guthabenbestand hinaus, werden alle weiteren Kosten aus dem Gemeinschaftstopf bezahlt. " (18)
Im Sommer 1993 ist in einem größeren Münchener Verlag ein Buch von Helmut Creutz mit dem Titel "Das Geldsyndrom" erschienen. Es ist gleichsam eine Zusammenfassung aller seiner Untersuchungen über reale wirtschaftliche Entwicklungen, wodurch die Theorien der NWO-Bewegung erstmals festen Boden unter den Füßen bekommen.