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Helmut Creutz: Das Geld-Syndrom
Ullstein Taschenbuch Nr. 35456; ISBN 3-548-35456-4; 1994; Preis: 24,90 DM
Folgende Geschichte fand ich auf der Unterhaltungsseite einer Zeitschrift:
Der Clown fand in der Manege ein blankes 5-Mark-Stück. Er ging damit zum Pferdeknecht und sagte: »Ich bin dir ja noch zehn Mark schuldig, hier gebe ich dir einstweilen fünf Mark zurück, dann schulde ich dir noch fünf.«
Der Pferdeknecht bedankte sich, ging zum Stallmeister und sagte: »Ich bin dir ja noch zehn Mark schuldig, hier gebe ich dir einstweilen fünf Mark zurück, dann schulde ich dir noch fünf.« Der Stallmeister bedankte sich, ging zum Schulreiter und sagte: »Ich bin Ihnen ja noch zehn Mark schuldig! Hier gebe ich Ihnen fünf Mark zurück, dann schulde ich Ihnen noch fünf.« Der Schulreiter bedankte sich, ging zum Direktor und sagte: »Ich bin Ihnen ja noch zehn Mark schuldig, Herr Direktor; wenn Sie gestatten, gebe ich Ihnen einstweilen fünf Mark zurück, dann schulde ich Ihnen noch fünf.«
Der Direktor bedankte sich, nahm den Clown beiseite und sagte: »Da, August, gebe ich dir mal fünf Mark, die anderen fünf bekommst du später.«
Der Clown bedankte sich, gab die fünf Mark dem Pferdeknecht und sagte: »Jetzt sind wir quitt.« Der Pferdeknecht bezahlte mit dem 5-Mark-Stück seine Restschuld beim Stallmeister, dieser beim Schulreiter und dieser beim Direktor. Der Direktor nahm den Clown beiseite und sagte: »Hier, August, sind die restlichen fünf Mark, die du noch zu bekommen hattest.« So bekam der Clown sein 5-Mark-Stück zurück, und alle waren ihre Schulden los ...
Auch wenn die Geschichte auf den ersten Blick verwirrend erscheint, wird in ihr nichts anderes beschrieben als eine Reihe von Tilgungsvorgängen mit Hilfe eines umlaufenden 5-Mark-Stücks. Daß die Geschichte mit einem gefundenen Geldstück beginnt, ist für den Ablauf bedeutungslos und soll lediglich die Irritationen vergrößern. Genausogut hätte der Clown die fünf Mark verdient, als Geschenk erhalten oder gestohlen haben können. Selbst bei einem falschen 5-Mark-Stück wären nach dem zweiten Umlauf die gesamten Schulden verschwunden. Verschwunden sind jedoch in der Geschichte nicht nur die Schulden der fünf Beteiligten von insgesamt 50 Mark, sondern auch Guthaben in gleicher Höhe. Denn der Schuld des Clowns beim Pferdeknecht stand ein Guthaben des Pferdeknechts beim Clown gegenüber usw. Durch diese Geschichte können wir erkennen, daß umlaufendes Geld nicht nur unzählige Male zum Kaufen, sondern auch unzählige Male zum Verleihen und Tilgen benutzt werden kann. Sowenig sich jedoch durch die beschriebene Tilgungskette die Geldmenge verändert hat, so wenig verändert sie sich durch eine Kette von Verleihvorgängen. Es ändern sich jeweils nur die Guthaben- und Schuldenbestände, die mit jeder leihweisen Überlassung von Geld entstehen und sich mit der Rückzahlung wieder auflösen.