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Weitere Texte von T. Betz

 


Thomas Betz:

 

Keynes "International Clearing Union"

 Modell für den Markt von morgen

 

Geldvermögen und Geldschulden sind 2 Seiten ein und derselben Medaille. Kapitalanhäufung der Gläubiger vollzieht sich typischerweise in den entwickelten Industrieländern, während die Entwicklungs- und Schwellenländer die Schuldner sind. Deshalb führen entsprechende Krisen auch vorzugsweise dort zu Wirtschaftskatastrophen. Per Saldo zahlen die Entwicklungsländer mehr für Zinsen und Tilgungen an die Gläubigerländer als sie an Krediten und Entwicklungshilfe von diesen erhalten. Die Nettokapitalströme verlaufen von Süd nach Nord und nicht etwa umge­kehrt!

Unter diesen Umständen ist Kapitalbildung und langfristig sicheres Wachstum in der Peripherie gar nicht möglich. Kapitalakkumulation und Wohlstandsmehrung in den Armutsländern wird verhindert und fortgesetzte Abhängigkeit von Auslandskapital perpetuiert. Eine Eindämmung des Wachstums des Geldvermögens in den Industrieländern ist daher notwendige Voraussetzung dafür, eine Kapitalbildung in den Entwicklungsländern überhaupt erst zu ermöglichen. Um den dem Geldvermögen innewohnenden Selbstvermehrungsmechanismus abzubremsen, um die wachsende Ungleichverteilung zwischen Schuldnern und Geldvermögensbesitzern zu stoppen und die Explosivwirkung von Armut und Elend auf der einen und maßlosem Reichtum auf der anderen Seite zu entschärfen, müssen die Zinssätze global gegen Null geführt werden.

Wie sollte so etwas möglich sein? Vor nunmehr 58 Jahren hat der bedeutendste Ökonom des 20. Jahrhunderts auf der bedeutendsten Konferenz des 20. Jahrhunderts einen entsprechenden Plan bereits vorgestellt: John Maynard Keynes in Bretton Woods im Jahre 1944, wo die Sieger des 2. Weltkrieges über die Weltwirtschaftsordnung der Nachkriegszeit berieten und befanden:

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Der sog. Keynes-Plan oder Bancor-Plan sah die Gründung einer Union für den interna­tionalen Zahlungsverkehr, der sog. "International Clearing Union", vor, die auf einem internationalen, gewissermaßen virtuellen Bankgeld, dem sog. Bancor, beruht. Der Bancor sollte in einem festen (aber nicht für alle Zeit unveränderlichen) Austauschver­hältnis zu den teilnehmenden Währungen stehen, dabei aber selbst nicht in Noten­geldform oder anderweitig als Zahlungsmittel für die Wirtschaftssubjekte in Erscheinung treten. Die Zentralbanken der Mitgliedsländer sollten bei der International Clearing Union Konten unterhalten, die es ihnen ermöglichen, ihre Leistungsbilanzen unterein­ander, definiert in Bancor-Einheiten, auszugleichen. Für Länder mit einer positiven Leistungsbilanz (die also mehr Güter und Dienstleistungen exportieren) würde bei der Clearing Union ein Bancor-Guthaben ausgewiesen werden, für solche mit einer negati­ven Bilanz ein entsprechendes Soll.

Die ICU also als eine Institution, die multilateral "barter trading" (z. dt. Kompensations­geschäfte) organisiert und auf Basis eines "Geldes" verrechnet, das lediglich bei der Verbuchung gelieferter Leistungen auf der Aktivseite des Lieferanten und auf der Pas­sivseite des Verbrauchers in Erscheinung tritt, auf Geldverkehr im üblichen Sinne also völlig verzichtet. Man könnte sie deshalb auch als Tausch-Ring der Nationalstaaten be­zeichnen. Besondere Konstruktionsprinzipien ermöglichen einen echten Ausgleich und wirksame Bekämpfung der Armut. So ist u.a. vorgesehen, dass arme Länder zinslose Darlehen von reichen erhalten können. Länder mit dauerhaften Export- und Kapital­überschüssen werden nicht etwa – wie gegenwärtig – per Zins und Zinseszins „belohnt“ und dadurch ihre Position verstetigt, sondern umgekehrt zur Verantwortung und ggf. auch zur Kasse gebeten.

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Was könnte eine an Keynes orientierte Weltwährungsordnung für die Welt leisten?

n Eigenständige Einzelstaaten mit eigenen, binnenwirtschaftlich stabilisierten Währun­gen, die mit einem neutralen Bindeglied verkoppelt werden.

n Gerechtere und ausgleichendere Währungsverhältnisse in den einzelnen Ländern, die für langfristig stabile und friedfertige Verhältnisse als notwendig vorausgesetzt wer­den müssen.

n Gute währungspolitische Voraussetzungen für eine echte realwirtschaftliche Konver­genz. An die Stelle der bisherigen Polarisationsprozesse treten Angleichungsprozesse.

n Ein System, das sich offen zeigt für die freiwillige Teilnahme von Ländern aus allen Erdteilen, die Stück für Stück unter Zuhilfenahme der ihnen gewährten zinslosen Darle­hen ihr Wirtschaftspotential allmählich und behutsam ausbauen, ohne über Schuldenspiralen in wirtschaftsimperialistische Abhängigkeitsverhältnisse zu geraten.