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Weitere Texte von T. Betz

 


Thomas Betz:

 

 

 

Beitrag für das Lexikon der ökonomischen Werke:

 

 

(I)

 

Ernst Friedrich Schumacher:

 

 

 

Small is beautiful

 

Die Rückkehr zum menschlichen Maß

 

 

Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1977
Rowohlt-Taschenbuchausgaben 1985 und 1986
 (ISBN: 3-499-15539-7)
Englische Original-Ausgabe: „Small is Beautiful. A Study of Economics
as if People Mattered“, Blond & Briggs, London, 1973

Die deutsche Übersetzung erfolgte auf Wunsch des Autors nach der bei

Harper & Row Inc., New York, erschienenen Ausgabe

 

 

 

(II)

 

E.F. Schumacher (1911 – 1977) war ein vielseitiger Ökonom: Der gebürtige Deutsche ist 1937 aus polit. Gründen nach Großbritannien emigriert, lehrte in Oxford, war 1945 „Economic Adviser“ bei den Alliierten Militärbehörden in Deutschland und von 1950 – 1970 Wirtschaftsberater im britischen National Coal Board, Regierungsberater in Burma und Indien (dabei Aufenthalte in buddhistischen Klöstern), gründete 1965 in London die „Intermediate Technology Development Group“.

 

Das Buch besteht zu einem großen Teil aus Vorträgen und Aufsätzen, die teilweise noch aus den frühen 1960-er Jahren stammen. Dies ist ein für Schuhmachers Bücher typischer Werdegang.

 

 

(III)

 

Schumacher konzentriert sich zunächst auf die wohlhabenden Industrieländer des Nordens und konstatiert dort eine dramatische Verwechslung von Ertrag und Kapital im Hinblick auf die Behandlung von Natur und Umwelt: Natur wird verbraucht, fließt in den Produktionsprozess ein, wird als Ertrag verbucht und ist doch in Wahrheit Minderung des (Eigen-)Kapitals des Planeten. Er kritisiert die Wirtschaftswissenschaft und namentlich auch J.M. Keynes, der zwar ebenfalls davon spricht, „dass Geiz ein Laster, Wucher ein Vergehen und die Liebe zum Gelde abscheulich ist“, aber dennoch für die absehbare Zukunft keine Alternative dazu sieht, dass „schön hässlich und hässlich schön ist, denn hässlich ist nützlich und schön ist unnütz“. Schumacher bestreitet, dass es möglich ist, erst das Produktionsproblem zu lösen und anschließend wieder Fragen der Moral zuzulassen. Vielmehr würde die systematische Förderung von Habsucht und Neid zum Zusammenbruch der menschlichen Einsicht und damit einer unverzichtbaren Basis menschlichen Zusammenlebens und -wirkens führen. Er stellt fest, „dass der „Mensch viel zu klug ist, als dass er ohne Einsichtsvermögen überleben könnte“.

 

Der abendländischen Ökonomie, die in unverantwortlicher Weise allein auf fortgesetztes und grenzenloses Wachstum orientiert ist und jegliche Qualitäten auf Quantitäten (Mengen und Preise) reduziert, stellt er eine buddhistische Wirtschaftslehre gegenüber, bei der die Arbeit dem Menschen hilft, aus seiner Ichbezogenheit herauszutreten, indem sie ihn mit anderen Menschen in einer gemeinsamen Aufgabe verbindet und dabei Güter und Dienstleistungen erzeugt, die für ein menschenwürdiges Dasein erforderlich sind. Denn für den Buddhismus ist das Wesen der Kultur nicht die Vervielfachung von Bedürfnissen, sondern die Läuterung des menschlichen Wesens. Ausgehend von der Vorstellung, dass Verbrauch nichts anderes als ein Mittel zum Wohlbefinden ist, müsste das Ziel das Erreichen eines Höchstmaßes an Wohlbefinden bei einem Mindestmaß an Verbrauch sein. Gemeinsam mit Gandhi ist Schumacher der Meinung, dass „die Erde genug bietet, um das Bedürfnis jedes Menschen zu befriedigen, nicht aber seine Habsucht“.

 

Schumacher ist gegen Atomkraft und für eine Technologie mit menschlichen Zügen. Denn: „Die Menge an wirklicher Muße, die eine Gesellschaft hat, steht im umgekehrten Verhältnis zur Menge an arbeitssparenden Maschinen, die sie verwendet.“ Und: „Das Ansehen, das Menschen in der modernen Industriegesellschaft genießen, steht im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Nähe zum eigentlichen Produktionsprozess.“ Damit meint er auch denjenigen der Landwirtschaft. Für ihn – der u.a. 2 Jahre auf einem Bauernhof gearbeitet hat – hat diese Vorrang, denn menschliches Leben ist zwar ohne Industrie, nicht hingegen ohne Landwirtschaft möglich. Entsprechend wendet er sich dagegen, dass diese zunehmend von industrieller Produktion dominiert wird und dass nicht vom Menschen geschöpfte Geschöpfe (Tiere) wie Gegenstände behandelt werden. Denn neben der Produktion von Nahrungsmitteln und Baumaterial soll die Landwirtschaft die Verbindung des Menschen mit der lebenden Natur aufrechterhalten und die Umwelt unter den 3 Prinzipien Gesundheit, Schönheit und Dauerhaftigkeit menschenwürdig gestalten.

 

Er entsetzt sich über die – wie er sie nennt – zweigeteilte Wirtschaft in den Entwicklungsländern, die häufig gekennzeichnet ist durch hochproduktive Inseln in einer völlig unentwickelten Umgebung. U.a. deshalb ist für ihn das konventionelle Erfolgskriterium Bruttosozialprodukt als Maßstab für den Entwicklungsgrad völlig ungeeignet. Ebenso hält er das Patentrezept „Exportorientierung“ für ein Relikt des Kolonialismus, dem es um die Ausfuhren der Kolonie, nicht aber um deren Binnenmarkt und dessen Entwicklung ging. Waren werden gegen Devisen verkauft und diese wiederum für Einfuhren und die Rückzahlung von Schulden verbraucht. Mit Binnenentwicklung habe das nichts zu tun. Und: „Wir haben mit der Entwicklung nicht dadurch begonnen, dass wir Devisen vom Mars oder vom Mond bekamen.“

 

Nach Schumacher beginnt Entwicklung nicht mit Waren, sondern mit den Menschen und ihrer Ausbildung, mit Organisation und Disziplin. Er plädiert für eine mittlere Technologie als der am besten geeigneten für Entwicklungsländer: „Der Mangel an Kapital kann ein geringes Produktivitätsniveau erklären, nicht aber eine Mangel an Gelegenheiten zur Arbeit.“ Die Arbeitsplätze müssen dort geschaffen werden, wo die Menschen (noch) leben, und nicht in den Ballungszentren. Ihre Einrichtung darf einen nur geringen Kapitaleinsatz erfordern, die Produktionsverfahren müssen relativ einfach sein und es muss aus einheimischen Materialien und hauptsächlich zum Verbrauch vor Ort produziert werden.

 

Abschließend kommt er auf Sozialismus und Eigentum zu sprechen, welches er dann nicht in Frage stellen will, wenn es „nicht von der Arbeit gelöst“ ist, sondern klein, persönlich und ortsgebunden bleibt. Gewinne großer Organisationen werden aber nicht und jedenfalls nicht nur von den Eigentümern, sondern von der Gesamtorganisation erwirtschaftet und müssten dementsprechend auch mit allen Mitgliedern derselben geteilt werden. Für große Konzerne schlägt er deshalb einen Verzicht auf staatliche Besteuerung zugunsten einer 50%-igen staatlichen Beteiligung vor.

 

 

(IV)

 

Durch das Buch wurde der Autor weltweit bekannt und zu einer Symbolfigur für die ökologische Bewegung und die Kritiker von unbegrenztem Wachstum, Über- und Unterentwicklung.

 

 

(V)

 

1. Schumacher, E.F.: Es geht auch anders. Jenseits des Wachstums, Kurt-Desch-Verlag, München, 1974

2. Schumacher, E.F.: A Guide for the Perplexed, deutsch: Rat für die Ratlosen, Rowohlt 1979

3. Schumacher, E.F.: Good Work, deutsch: Das Ende unserer Epoche, Rowohlt 1980