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Günter
Bartsch: Die NWO-Bewegung
ISBN
3-87998-481-6; Lütjenburg: Gauke, 1994
Teil 3 (1945
-1966/67)
I. Das
geistige Ringen um Anpassung oder Neuorientierung
In den
ersten Nachkriegsjahren (1945 - 48) war der geistige Hunger in Deutschland
womöglich noch größer als der physische. Auch freiwirtschaftliche Zeitschriften
und Wochenschriften fanden außerordentlich viel Abonnenten, weit mehr als
jemals zuvor in der Weimarer Republik oder in der Schweiz. Das Interesse an den
freiwirtschaftlichen Grundideen war groß, doch Gesells "Natürliche
Wirtschaftsordnung" und andere Schriften konnten nur langsam nachgedruckt
werden. Dagegen wurde die Bevölkerung nicht nur in der sowjetischen
Besatzungszone, vielmehr auch in Westdeutschland schon 1945 von marxistischer
Literatur überschwemmt. Der Moskauer Ideologie-Apparat hatte noch vor Kriegsende
riesige Auflagen der Schriften von Marx und Engels, Lenin und Stalin in
deutscher Sprache drucken lassen und bereitgestellt. Wiederum schien der
Hauptfeind einer "Natürlichen Wirtschaftsordnung" der Marxismus zu
sein.
Gleichwohl
blätterte die Frage ab: Marx oder Gesell? Die geistige Auseinandersetzung
wollte nicht länger auf Personen zugespitzt werden. Für die
Nachkriegsgeneration - auch der neuen Freiwirte - war Gesell kaum noch ein
Begriff. Man erinnerte sich mühsam, wenn überhaupt, daß er einmal
Volksbeauftragter und Finanzkommissar der Bayrischen Räterepublik gewesen. Die
alten Freiwirte dachten mit Unbehagen an sein letztes Buch "Der Abgebaute
Staat" (1927) zurück, das freiländische Gesetz- und Sittenlosigkeit
gerühmt, sie selbst aber eher peinlich empfunden - dieses Buch durfte um keinen
Preis wieder aufgelegt werden. Völlig aussichtslos war es nun, die
Arbeiterbewegung von links aufzurollen. Man mußte sich an andere Kreise wenden
und auf eine andere Sprache besinnen; sie konnte freilich für die Millionen
Flüchtlinge nicht dieselbe sein wie für die Eingesessenen und das Bürgertum.
Das
Pfingstprogramm von 1943 schien die Freiwirtschaft als eine Widerstandsbewegung
auszuweisen, aber war dem wirklich so? Die einen meinten, man brauche nur die
alten Thesen aufzupolieren und mit einem gefälligen Vorspann zu versehen,
andere Freiwirte traten für eine Neubesinnung und Neuorientierung ein. Radikale
Kritik an der (Freiland-) Konzeption Silvio Gesells wurde nur von Hans Strung
geübt, aber sogleich wie Ketzerei verbannt. Veröffentlicht hätte sie den
inneren Widerspruch des NWO-Systems bereinigen können. So aber schleppte sie
diesen weiter wie eine schwere eiserne Kette hinter sich her.
Otto
Lautenbach - der Zins ist nicht mehr herrschend
Otto
Lautenbach präsentierte sich nach 1945 als Widerstandskämpfer. Wer ihn einen
‚Nazi' nannte, erhielt einen Einschreibbrief mit der ultimativen Aufforderung,
dies binnen 14 Tagen zurückzunehmen, andernfalls er wegen übler Nachrede
verklagt werden würde. Das NS-System fertigte er mit dem lapidaren Satz ab, es
sei "eine Form des Kollektivismus" gewesen. Kritischer war Lautenbach
gegenüber der früheren NWO-Bewegung, insbesondere dem Freiwirtschaftsbund der
Weimarer Republik, wobei er sich ausnahmsweise selber einbezog:
"Wir
sind mehr oder weniger alle . . . den Leuten ins Gesicht gesprungen, indem wir
ihnen einen Geldschein vorgezeigt haben, auf dem die Marken aufgeklebt werden
sollen. Wir haben die Sache am Ende angefangen, statt am Anfang. Wir hätten bei
der Vertretung freiwirtschaftlicher Gedanken stets so argumentieren müssen, daß
jeder unserer Hörer auf Grund dessen, was wir ihm kritisch und analytisch über
das gegenwärtige System sagten, die freiwirtschaftlichen Reformen von sich aus
hätte neu erfinden müssen." (1)
Außerdem
habe die Weimarer Freiwirtschaft nicht auf eigenen Füßen gestanden, weshalb
ihre Entwicklung lediglich dem Auf und Ab der Wirtschaft gefolgt sei. Das müsse
nun anders werden.
Lautenbachs
Intellekt war geschmeidig. Was Burnham als "Revolution der Manager"
charakterisierte, setzte er in eine Fortentwicklung der freiwirtschaftlichen
Theorie um, die sich mit neuen Gegebenheiten vertraut machen müsse. Die
Staatsausgaben verschlingen bereits 20-50 % des Sozialprodukts. Zugleich dringt
der Staat durch Subventionen immer tiefer in die Wirtschaft ein. Die alte Form
der Wirtschaftsordnung war liberalkapitalistisch, die neue ist
staatsinterventionistisch, weshalb sie schließlich "im totalen Staat
enden" werde. In einem Staat nach kommunistischem Muster, wie er 1917 in
Rußland auf revolutionärem Wege errichtet worden ist.
Es könne
nicht länger übersehen werden, "daß in der gesamten ‚freien Welt' ein
langsamer, ununterbrochener und mit den gegenwärtigen Methoden unaufhaltsamer
Prozeß genau einem Zustand zustrebt, der 1917 in Leningrad revolutionär und
gewaltsam auf einen Schlag hergestellt worden ist: dem totalen Staat". (2)
Kann auch
die freiwirtschaftliche Bewegung nichts mehr an der zwangsläufigen
Bolschewisierung ändern? Um dieser Schlußfolgerung vorzubeugen, schwenkte
Lautenbach von der kausalen auf eine finale Situationsanalyse um, wobei er
seine düstere Tafelskizze mit einer Handbewegung verwischte: "Der liberale
Kapitalismus kann heute in Reinkultur nicht mehr existieren, er würde in
kürzester Frist durch ein totalitäres System abgelöst."
Freiwirtschaftliche Politik müßte auf die Überwindung des
staatsinterventionistischen Kapitalismus gerichtet sein.
Otto
Lautenbach faßte die Wandlungen des Kapitalismus in drei Thesen zusammen:
1. Der
stetig wachsende Anteil des Staates am Sozialprodukt erzwingt dessen andere
Verteilung. Der Staat hat den Kapitalisten "an die zweite Stelle
verwiesen" und zum Teil abgelöst.
2. Der Zins
hat seine regelnde und beherrschende Funktion eingebüßt. "Die
Realverzinsung ist in den führenden Industriestaaten weit niedriger als in den
Zeiten des Liberalkapitalismus. Er bewegt sich ständig an der Grenze, wo früher
der ,Hang zur Liquidität' eintrat, unterschreitet sie oft und wird durch die
systematische Investitionspolitik, meist mit ,billigem Geld', unter Druck
gehalten." Deutschland bildet noch eine Ausnahme, weil es hier keine
Zinswahrheit und Freizügigkeit des Kapitals gibt.
3. Die Macht
des Geldbesitzes ist erheblich geschwächt. Sie kann nicht mehr die Rolle
spielen, die sie im Liberalkapitalismus innehatte.
Die
veränderte wirtschaftspolitische Situation erforderte also, in der Werbung für
die Freiwirtschaft das Gesellsche Zinsgesetz in den Hintergrund treten zu
lassen und in den Vordergrund das Ziel, die restliche Zwangsbewirtschaftung und
die staatliche Planung wieder durch eine marktwirtschaftliche Ordnung zu
ersetzen, nicht gleich im Sinne Gesells. Die "Natürliche
Wirtschaftsordnung" bedurfte vielleicht einer Übergangsform. Otto Lautenbachs
Revisionsansatz war politischen und strategischen Überlegungen untergeordnet.
Gesell erwähnte er selten. Seine Artikel zeichnete er wie im Dritten Reich nur
mit ,OL'.
Richard Batz
- das Dritte Reich war ein Finanzskandal
Im
Unterschied zu Otto Lautenbach genoß Richard Batz den Vorteil, 1946/47 als
politisch unbelastet vor die deutsche Öffentlichkeit treten zu können. War er
in den 20er Jahren durch seine Beredsamkeit, so zwischen 1930-33 in den
Durchbruchjahren des Nationalsozialismus durch seine Schweigsamkeit
aufgefallen. Er hatte des Programm des WÄRA-Bundes formuliert und auf dem
letzten Bundestag des FKB eine lange Rede über "Mensch und Maschine"
gehalten, die im Grunde völlig unpolitisch war. Batz redete damals der
wirtschaftlichen Rationalisierung das Wort und wandte sich gegen die
"Ausbreitung maschinenfeindlicher Tendenzen". Den Nationalsozialismus
rechnete er zu den "Rudimenten der Vergangenheit." (3)
Nach 1945
erteilte Batz den Kritikern der Freiwirtschaft Elementarunterricht. Das Leben
sei nun einmal grausam, selbst dann noch, "wenn es sich aus den
Niederungen des animalischen Kampfes auf die höhere Ebene des menschlichen
Wettstreit oder in die lichten Sphären der geistigen Auseinandersetzung
erhebt". Soweit sind wir jedoch noch nicht. Deshalb zog Batz in seinem
Umgangsstil der Höflichkeit die Grobheit vor. Man brauche sich nicht gleich
umzubringen, aber kämpfen tue not und stärke die Glieder. "Achtung vor der
Überzeugung des anderen haben kann nicht heißen, sie unangetastet lassen, wenn
man sie für falsch und verderblich hält." (4)
Das war
Richard Batz, wie er leibte und lebte: eine grob geschliffene Kämpfernatur mit
weichem Herzen in harter Schale. Seine Radikal-Soziale Freiheitspartei (RSF)
trat die Nachfolge der früheren physiokratischen Kampfbünde an. Sie übernahm
das Programm des FKB ohne dessen bedenkliche Wegbestimmung. Denn von
"Befreiungsdiktatur" zu sprechen war nun passe. Man mußte sich
umstellen, wenigstens im Wortgebrauch.
Zu einem
Demokraten wurde Richard Batz freilich nicht. Diese Lehre brauchte er aus dem
totalitären NS-System nicht zu ziehen, war es doch nur ein
"Finanzskandal". Im Parteivorstand der RSF und später auch in der FSU
gebärdete sich Richard Batz als der kleine Diktator. Stieß seine Ansicht auf
Widerspruch, erzwang er sie dadurch, daß er mit den Fäusten auf den Tisch
schlug und mit seinem Rücktritt drohte.
"Dann
fielen die anderen immer um." (5) Man war ja im Parteivorstand der
Meinung, daß buchstäblich niemand an seine Stelle treten könne. Nur Alois
Kokaly ließ eine andere Ansicht durchblicken, worauf Richard Batz keinen
Aufwand scheute, um ihn aus der Hauptgeschäftsstelle zu verdrängen.
Am liebsten
hielt er schwungvolle außenpolitische Reden. Er wollte ein großer Stratege
sein, der das deutsche Volk auf dem Flugschiff RSF im Hafen des endzeitlichen
Friedens landen ließ. Bei seinen Reden pflegte er freilich düstere Prognosen
wie Dampf abzulassen. Wenn die Wähler anderen Parteien ihre Stimme gäben, sei
ein Dritter Weltkrieg kaum noch vermeidbar.
Nur
außenpolitisch von einer gewissen Weitsicht, führte Richard Batz die
Wahlniederlage der Radikal-Sozialen Freiheitspartei auf Infamitäten der
,Zinsparteien' zurück, deren Angriffe indes jedesmal abgeschlagen werden
konnten.
Die RSF sei
nicht mehr totzukriegen. "Ohne unsere Tat sind Deutschland und Europa
verloren! Darum unentwegt vorwärts im Geiste Silvio Gesells!" (6)
Batz sah die
neue NWO-Bewegung vor einer Art Endzeitsituation, die sich in Deutschland
besonders krass zuspitze: "Wenn wir nicht unsere volle Kraft einsetzen, um
noch rechtzeitig zum Ziele zu kommen, dann wäre es besser, man packte
rechtzeitig seine Koffer, um möglichst weit weg zu verschwinden. Die völlige
Uninteressiertheit unserer Regierung und die träge Sturheit unserer Bevölkerung
können einen rasend machen." (7)
Batz wäre
anscheinend am liebsten nach Amerika ausgewandert. Er blieb zwar in Deutschland
und überführte noch die RSF in die FSU, wurde aber politisch müder und müder,
bis er schließlich aufgab. In seinem persönlichen Lebensstil strebte er Silvio
Gesell nach, besonders, was die Liebe und Sexualität betraf. Seine Konstitution
war jedoch auf Behäbigkeit und Häuslichkeit angelegt. Die Affekte der freien
Liebe setzten ihm eher zu, als daß sie ihn inspiriert hätten. Richard Batz war
der Rolle, die er zu spielen versuchte, weder politisch noch geistig noch
physisch gewachsen.
Freiheit
oder soziale Sicherheit? Arthur Rapps Vorschlag zur Umorientierung
Wie
verschieden der neue Freiwirtschaftsbund und die Radikal-Soziale
Freiheitspartei auch sein mochten, beide forderten unbegrenzte Freiheit. Das
stimmte vor allem Arthur Rapp bedenklich.
Otto
Lautenbach war der Ansicht, nachdem die Freiheit ihrer Zündkraft und ihres
guten Klanges durch die düsterste Tyrannei der deutschen Geschichte beraubt
worden sei, "muß sie heute mit Krücken auftreten wie z. B. der Sozialen
Gerechtigkeit". (8) Es gelte, ihr neue Kraft zuzuführen, damit sie die
Krücken entbehren und beiseite werfen könne.
Richard Batz
sagte auf dem 2. Parteitag der RSF in Hamburg: "So führt auch der Weg zum
Frieden über die Freiheit. Sie ist unser erstes Kampfziel. Wirtschaftliche
Freiheit, geistige Freiheit, politische Freiheit, Freiheit der Meinungsäußerung
- die Freiheit ist das Tor, durch den der Weg hinausführt aus unserem
Labyrinth." (9)
Arthur Rapp
beunruhigten solche Äußerungen und Gedanken. Sie schienen ihm die Grundstimmung
zu verkennen und der Sache Gesells zu schaden. Deutschland befinde sich in
einer Wirtschaftsdepression, die noch längere Zeit andauern könne.
Bei solcher
Existenzgefährdung reagiere die Masse widerspenstig. Nicht auf Freiheit,
sondern auf Sicherheit sinne sie. Der krisenängstliche Mensch befinde sich auf
einer panikartigen Flucht vor der Freiheit. Die breiten Massen verlangen das
aktive Eingreifen des Staates in die Güterverteilung zugunsten der
Benachteiligten. Für sie ist entscheidend: wer gibt und sichert uns
Arbeitsplätze, Nahrung, Kleidung?
"Die
Forderung einer (als Beispiel genommenen) ,natürlichen Ordnung von Gesellschaft,
Wirtschaft und Kultur' ist allenfalls etwas für Intellektuelle und
Schöngeister. Für den Mann aus der schaffenden Bevölkerung sind solche aus der
philosophisch idealistischen Denkweise entsprungenen Formulierungen weltfremde,
wertlose Abstraktionen und Phantastereien. Auch der Mann, der mitten im
politischen Kampf steht, der Arbeiter- und Gewerhschaftsführer, kann mit einem
auf solcher Basis aufgebauten Programm nichts anfangen." (10)
Die Masse
wolle den Sozialismus, sie sehe sich als schutz- und wehrloser Spielball in den
Händen wirtschaftlich überlegener Mächte. Demgegenüber hingen die
freiwirtschaftlichen Doktrinäre noch immer dem Individualismus an.
Rapp
ergänzte seine Denkschrift durch taktisch-strategische Richtlinien für einen
neuen Ausgangspunkt der Freiwirtschaft, die alle bestehenden sozialen
Einrichtungen bejahen sollte. Sie müßte vom liberalistischen Grundsatz des
Laissez faire öffentlich abrücken und das freiwirtschaftliche System künftig
als ein an die sozialistisch-planwirtschaftliche Idee angelehntes
charakterisieren. Nur dann sei eine Realisierung möglich.
Diether
Vogels dreifache Strategie
In der neu
einsetzenden NWO-Bewegung zeichneten sich zwei Grundtendenzen ab, die
auseinanderliefen:
- eine
Richtung erwartete den größten Erfolg von der Bildung einer politischen Partei,
- die andere
wollte zunächst genügend Menschen vom Wahrheitsgehalt der Gesellschen Theorie
überzeugen.
So kehrten
politischer Aktivismus und Aufklärungsbund in neuer Form wieder. Diether Vogel,
einst dem Bundesvorstand des Freiwirtschaftsbundes angehörend, war besorgt, ein
Richtungskampf könne die Einheitlichkeit der NWO-Bewegung nach außen zerstören
und ihre inneren Kräfte zersplittern. Er trat für eine ideologische
Entkrampfung der beiden Standpunkte ein. Zur Erreichung des gemeinsamen Ziels m
ü ß t e n verschiedene Wege beschritten werden. Das sollte jedoch parallel
(statt gegeneinander) und in zeitlicher Kombination aller zur Verfügung
stehenden Kräfte geschehen.
Außerdem
wäre es nötig, für eine wechselseitige Ergänzung der Talente und
Führungspersönlichkeiten zu sorgen. Vorbildlich sei ihm das Kollegium der
Schweizer Schwesterbewegung: "Mit der stets angriffsbereiten Tatkraft
eines Fritz Schwarz verbindet sich die diplomatische Wendigkeit Werner Schmids
und die wissenschaftliche Klarheit Friedrich Salzmanns zu einer geschlossenen
Einheit".
Die deutsche
Freiwirtschaftsbewegung könnte mit Richard Batz, Otto Lautenbach und Karl
Walker ein nicht minder befähigtes Triumvirat haben, "wenn nicht
offensichtlich bei uns eines der deutschen Erbübel am Werke wäre, indem relativ
berechtigte Teilstandpunkte den Universalitätsanspruch erheben und dadurch die
wohltätige Wirkung gegenseitiger Ergänzung, Korrektur und nötigenfalls auch
Bremsung verunmöglichen würde".
In einem
internen Arbeitspapier legte Diether Vogel dar, wie diesem Übelstand abgeholfen
werden könnte. Er ging hierbei von folgenden Überlegungen aus:
"Wie
ist es zu erklären, daß die Vertreter der Freiwirtschaft, die bezüglich wissenschaftlicher
Klarheit und Schlüssigkeit ihres theoretischen Fundaments ihresgleichen suchen,
sich nicht einigen können über die Art und Weise der Verbreitung und
Verwirklichung ihrer Erkenntnisse?
Die Antwort
ist unschwer darin zu finden, dass sie bei der Analyse der Geistes- und
Seelenhaltung unserer Zeitgenossen und der allgemeinen sozialen
Gegenwartssituation nicht mit dergleichen über alle Kritik erhabenen
Wissenschaftlichkeit arbeiten wie auf dem Sektorder Wirtschaft, so dass hier
subjektive Standpunkte und persönliche Meinungen, die leicht den Charakter von
Glaubensvorstellungen annehmen, eine Rolle spielen. Aber ,Glauben und Streiten
ist ein und dasselbe!' sagte Gesell." (12)
Die
verschiedenen strategisch-taktischen Methoden sollten abgestimmt sein auf die
geistig-seelische Konfiguration der von ihnen jeweils erreichbaren
Menschengruppe. Solche Konfigurationen gebe es drei, wenn man Le Bons
"Psychologie der Massen" berücksichtige:
- die von
Vernunft und Logik ansprechbaren Menschen
- die von
den Gefühlen der Sympathie und Antipathie Geleiteten
- die dem
blinden Opportunitäts-Instinkt Folgenden.
Jede dieser
drei Gruppen verstehe nur die ihr geläufige psychologische Sprache, in der sie
daher auch angesprochen werden müsse. Dem sollte die Differenzierung der
strategisch-taktischen Methodik entsprechen. Erstens in eine
logisch-pädagogische, zweitens in eine agitatorisch-politische, drittens in
eine praktisch-wirtschaftliche.
Aus den von
Vernunft und Logik Ansprechbaren "muß sich die Führerschicht bilden,
welche unerschütterlich und durch keine Mißerfolge zu entmutigen dem Ziele
zustrebt". Aus ihr sollten die Referenten für Tagungen und Kurse
hervorgehen.
Die
agitatorisch-politische Methode habe sich demgegenüber nicht an die Erkenntnisfähigkeit,
vielmehr an die Wunschwelt der gefühlsbetonten Menschen zu wenden. Ohne die
Wahrheit zu verfälschen, sollte sie hinter einem Schleier verborgen bleiben,
weil die Betreffenden für sie ohnehin kein Organ besitzen. Auf diese Weise
könnten zahlreiche Mitläufer, könnten sogar Massen gewonnen werden. Da das die
Qualität der Mitglieder entsprechend verschlechtere, sei bei zu gründenden
politischen Parteien darauf zu achten, "dass trotz dem notwendigen
demokratischen Aufbau die Parteileitung unbedingt in den Händen der
,Führerschicht' bleibt". (3)
Die
praktisch-wirtschaftliche Methode hat sich weder an die logischen Fähigkeiten
noch an die gefühlsmäßige Begeisterungskraft zu wenden, vielmehr an die
Nützlichkeitsinstinkte der Menschen, um die Klippen zu umgehen, an denen die
Wära-Aktion und ähnliche Versuche gescheitert sind. Die Mehrzahl der Menschen
reagiert nur auf Vorteile. Folglich muß die NWO-Bewegung praktische
wirtschaftliche Unternehmungen schaffen, die Vorteile zu bieten haben.
Diether Vogel
sah eine logische Entwicklungsfolge im Zusammenwirken der drei Methoden:
Intensive Erkenntnisarbeit schult eine ausreichende Zahl von
Führerpersönlichkeiten, welche zu dem Zeitpunkt, an dem die
praktisch-wirtschaftlichen Unternehmungen mit handgreiflichen Beweisen ihrer
Vorteilsträchtigkeit aufwarten können, "zu einer großangelegten
politischen und parlamentarischen Aktion ansetzen". Positive Ergebnisse
der logisch-pädagogischen und der praktisch-wirtschaftlichen Arbeit sind jene
Bedingungen, welche einer politischen Tätigkeit erst den Erfolg sichern können.
Ohne solche Voraussetzungen, die in ihr zusammenfließen, wäre eine
freiwirtschaftliche Partei zum Mißerfolg verurteilt.
Vogel
schrieb also der logisch-pädagogischen Methode eine Schlüsselrolle zu. Für sich
selber zog er die Konsequenz, eine Freie Hochschule aufzubauen, um durch
kontinuierliche Tagungen eine freiwirtschaftliche Führungsschicht
heranzubilden. Diese Hochschule entstand in Gestalt des "Seminars für
freiheitliche Ordnung".
Diether Vogel
hatte Naturwissenschaft und Landwirtschaft studiert, sich aber auch intensiv
mit philosophischen, kulturellen und sozialwissenschaftlichen Fragen befaßt.
Außer zur Freiwirtschaft fühlte er sich schon in der Weimarer Republik zur
Anthroposophie hingezogen. 1929/32 hatte er in Stuttgart Vortragsreihen des
Steiner-Schülers J. W. Stein gehört, darunter über das Gold als Schicksalsthema
des Germanentums sowie über das Geld in Geschichte und Gegenwart. Alsbald
schwebte ihm eine Synthese verschiedener Strömungen der sozialen Gesamtbewegung
vor. Diese Idee reifte in der Kriegsgefangenschaft. Nachdem er im Herbst 1945
entlassen worden war, machte er sich an den Versuch, sein Konzept
niederzuschreiben und mit Tatsachenmaterial aufzufüllen. Langsam entstand sein
Buch "Freiheitliche Ordnung von Kultur, Staat und Wirtschaft".
Abschnittsweise wurden die fertigen Kapitel vervielfältigt sowie an einen
Freundes- und Bekanntenkreis verschickt, was sie für mehrere Jahre zum
Diskussionsstoff machte. Das Ergebnis der Diskussionen ging in die endgültige
Fassung des Buchmanuskriptes ein.
In diesem
Zusammenhang mußte sich Diether Vogel auch mit der NWO-Geschichte befassen, die
er teilweise miterlebt und mitgetragen hatte. Sein Arbeitspapier über die drei
Strategien der Freiwirtschaft entwuchs dem Boden eines umfassenden Studiums,
der gemachten Erfahrungen und konkreter Teilnahme am Aufbau des neuen
Freiwirtschaftsbundes. In dieser Hinsicht war er nur mit Will Noebe und Hans
Strung zu vergleichen.
Hans Strungs
Radikalkritik der Freilandtheorie
Auch in der
sowjetischen Besatzungszone gab es Ansätze zu einer neuen NWO-Bewegung. Noch im
April 1950 beklagte die Zeitschrift "Deutsche Finanzwissenschaft"
"die Auferstehung Silvio Gesells". Nicht alle Nester des Neuen Bundes
hatten ausgehoben werden können. Es machten sich sogar neue bemerkbar.
Dafür zeugte
ein Manuskript von Hans Strung, das zum neuen Aktionsprogramm der RSF Stellung
nahm und für ihre Zeitung "Der freie Mensch " bestimmt war. Er
polemisierte u. a. gegen die Ansicht, privates Grundeigentum sei ungerecht.
"Auch
das Staatseigentum des Freilandsystems stellt den Boden und seine Schätze der
Arbeit nur gegen die Zahlung der Grundrente zur Verfügung. Der springende Punkt
ist nicht die Vereinnahmung, sondern die Verausgabung der Grundrente. . . Das
private Grundeigentum kann zu einem viel gerechteren Ergebnis führen, wenn es
die private Grundrente schneller und logischer abbaut."
Hans Strung
nahm auch zu anderen Thesen im Wahlmanifest der RSF kritisch Stellung, wobei er
als einziger grundsätzliche Positionen der Freiwirtschaft hinterfragte und
problematisierte.
These:
"Das Bodeneigentum ist ungerechtes Eigentum, weil es nicht aus
menschlicher Leistung, sondern aus gewaltsamer Aneignung (Raub) hervorgegangen
ist."
Kritik:
"Auch innerhalb räuberischer Entwicklungen hat sich der Fortschritt auf
seine Art Bahn gebrochen. So musste sich die Scheidung in Bodeneigentümer und
Bodenbesitzlose im Zuge der einsetzenden Arbeitsteilung ganz natürlich
einstellen. Die Eigengesetzlichkeit der Bodenentwicklung, der freie Bodenmarkt
erfordern gebieterisch das Privatgrundeigentum. Ferner war die Urbarmachung,
Aufschließung und Kultivierung oftmals mit erheblichen Arbeitsaufwendungen
verbunden . . . Alle gegenwärtigen Bodenbesitzer tragen ihren Eigentumstitel
mit vollem Recht. Sie haben ihr Eigentum auf ehrliche Weise erworben, was man
gerade von den Staaten und Völkern nicht sagen kann . . . Wer heute
Boden-Eigentum Raub-Eigentum nennt, der will ja nicht ein Unrecht wiedergutmachen,
sondern er will eine politische Idee, eine revolutionäre Maßnahme, eine
wirtschafts-wissenschaftliche Lehre theoretisch untermauern."
These:
"Die Erde hat kein Mensch geschaffen. Darum darf sie auch nicht einzelnen
Menschen gehören."
Kritik:
"Mit derselben Logik können wir auch dem Volke und Staate den
Erdbodenbesitz absprechen . . . Was aber hat die Eigentumsform damit zu tun,
daß wir unsere Erde nicht selbstgeschaffen haben?. . . Daß der Boden im
nominellen Eigentum der Bewirtschafter bleibt, ist eine Formsache - aber eine
solche, die entscheidend auf den Kern der Angelegenheit zurückwirkt.
Privateigentum bedeutet nicht nur erworbenes Recht und persönliche Freiheit,
sondern auch Sicherstellung des freien Marktes. Freier Markt aber bedeutet lebendigen
und uneingeschränkten Wettbewerb, ermöglicht damit erst die gesunde Entwicklung
der Grundrente, gewährleistet das Recht des Menschen auf Eigenbesitz und
sichert die eigengesetzliche Entwicklung des gesamten Bodenwesens."
These:
"Durch den Besitz der Erde können einzelne Menschen von den anderen ein
arbeits- und müheloses Einkommen erpressen."
Kritik:
"Das stimmt nicht! Es hängt vollkommen vom Bodenrecht ab. Es ist richtig
nur dann, wenn ,die anderen' keine vernünftige Grundgewinn-Abgabeordnung einführen.
Führen sie sie aber ein, dann ist es gerade umgekehrt. Bleiben die Menschen im
Besitz der Erde, so hört die Erpressung eines arbeitslosen Einkommens baldigst
auf."
These:
"Die richtige Höhe der Grundrente läßt sich nur durch den freien Wettbewerb,
d. h. durch die Vergebung der Bodennutzung im Meistbietungsverfahren
feststellen."
Kritik:
"Was heißt freier und gleicher Wettbewerb? Es bedeutet zunächst, daß
jeder, der sich dazu berufen fühlt, gleiches Anrecht auf Bewirtschaftung von
Boden hat, welchem Stande oder Volke er auch angehört. . . Jedes staatliche
Dazutun würde nur auf eine Verfälschung des Wettbewerbs hinauskommen...
Staatliches Meistbietungsverfahren kann nicht das kleinste Stück Land erzeugen,
gibt aber nicht einem einzigen Bewerber mehr Anrecht auf Besitz von Boden als
vorher. Es kann nur den Wettbewerbsvorgang schablonisieren, schematisieren und
bürokratisieren. Wettbewerb in der Zwangsjacke eines einzigen gesetzlichen
Verfahrens ist kein strömendes Leben mehr mit seinen unzähligen Variationen von
Angebot und Nachfrage, gleicht vielmehr einer Freiheit hinter Gittern. Geht
aber die Freiheit durch das Freilandpachtverfahren in die Brüche, so steht auch
die Gleichheit des Wettbewerbs auf dem Papier. Wettbewerbsgleichheit bedeutet
das Recht des Altbesitzers, sein Gewerbe ohne Weiteres dem zu übergeben, den er
für den Würdigsten und Richtigsten hält. Freiland aber beraubt den heutigen
Bodeneigentümer seines Rechtes, überhaupt als gleicher Wettbewerbspartner in
Erscheinung treten zu können. Der Bodenaustausch des staatlichen
Auktionsverfahrens hat mit der Freiheit und Gleichheit nichts zu tun; es ist
ein Zwangsverfahren mit allen Anzeichen der Hemmung, Beschränkung und
Ungleichheit."
These:
"Mit dieser wirklichen Bodenreform wird erstrebt der gemeinsame Bezug der
Boden- und Bodenschatzrente, aber die Beibehaltung der privaten
Wirtschaftsweise."
Kritik:
"Erstrebt, doch nie erreicht! Denn erstens wird der gemeinsame Bezug der
Bodenrente durchkreuzt durch jahrzehntelange Zahlung von Grundrente als
Ablösungssumme an die ehemaligen Bodeneigentümer, wodurch das Volk weiterhin
betrogen wird, weshalb es zu einer solchen Reform nie seine Hand bieten wird.
Zweitens gibt es eine vollständige private Wirtschaftsweise auf dem Boden nicht
ohne freien Bodenmarkt. Erst die richtige Besteuerungsmethode sichert den
schnellstmöglichen gesellschaftlichen Grundrentenbezug als auch die
Beibehaltung der ungeschmälerten privaten Wirtschaftsweise.
These:
"Die Bodenreform erlaubt eine elastische Anpassung der Bodennutzung und
Bodenverteilung an die jeweiligen Bedürfnisse ohne bürokratische Willkür und
gibt damit auch den Heimatvertriebenen die Möglichkeit, sich im ehrlichen
Wettstreit mit den Alteingesessenen eine neue Heimat zu schaffen."
Antwort:
"Ja, wenn das öffentliche Meistbietungsverfahren nicht selbst ein
schreiender Willkürakt und bürokratischer Eingriff in den Bodenmarkt wäre! Was
will man eigentlich? Will man Alteingesessene im Wege der Landversteigerung von
ihrer Scholle vertreiben?. . . Dieser ,ehrliche Wettbewerb', der in Wahrheit
ein unehrliches Spiel mit Lebensschicksalen ist, würde einen Kampf aller gegen
alle heraufbeschwören, bei dem letzten Endes auch die Allgemeinheit nichts zu
lachen hätte. Eine echte Bodenreform behandelt die Wurzel, sie stellt den Hebel
herum und überläßt die Entwicklung den natürlichen Kräften. Alle diese
lebensfremden utopischen Forderungen haben einen Großvater: den ‚freien Zugang
zum Boden für jeden Menschen', während es doch auf der Hand liegt, daß dort, wo
bereits einer bebaut und zahlt, eben kein anderer bebauen und zahlen kann.
Schließlich streckt auch eine Großmutter dahinter: ,die jetzigen Eigentümer
müssen für die Rückgabe des Bodens entschädigt werden' - was ein Widerspruch in
sich ist, denn statt einer Rückgabepflicht besteht ein Bleiberecht auf den
Boden. Kurzum, der ganze Meistbietungs-, Entschädigungs- und
Neuverteilungsgedanke hat sich zu einem wahren Wust der Unlogik verfilzt, den
in Ordnung zu bringen höchste Zeit und Pflicht ist.
Nur dann,
wenn die Wurzelbehandlung so radikal wie möglich erfolgt, ohne den Weg der
Reform zu verlassen und sich auf ungeduldige Umwälzungen zu begeben, nur dann
entbinden wir die inneren heilenden Kräfte, die eine andere Welt aus sich
heraus schaffen können, nur dann überwinden wir den äußeren Widerstand, den
unklare Neubestrebungen von Natur aus im Volke finden, nur dann rufen wir die
Hilfe aller Gleichgesinnten herbei, ohne die das große Werk nicht vollbracht
werden kann, nur dann wird aus dem Senfkorn der Baum, der alle Völker der Erde
unter sich vereint."
These:
"Zu einer gerechten Bodenreform gehört, daß die jetzigen Bezieher der
Grundrente durch die Erstattung des Bodenpreises entschädigt werden."
Kritik:
"Ein Grund hierfür ist jedoch nicht angegeben, und es gibt keinen. Eine
Entschädigung gehört vielmehr nur zu einer ungerechten Bodenreform! Es liegt
kein Grund vor, den jetzigen Beziehern der Grundrente ihren Eigentumstitel zu
nehmen. Nur die Ungerechtigkeit, mit der dieses geplant wird, fordert die
Entschädigung durch Erstattung des Bodenpreises heraus. Wir können
naturrechtlich nicht tief genug denken. Ungerecht ist nicht nur der nutzlose
Bodenkauf und die zwecklose Bodenvergesellschaftung, sondern ist vor allem die
Zerschneidung des Lebensnervs einer naturgesetzlichen Entwicklung."
Auf diese
Weise stellte Hans Strung alle Freiland-Dogmen der NWO-Bewegung in Frage, auch
die Freilandtheorie Silvio Gesells. Die geplante Entschädigung der
Grundeigentümer führte er auf ein Unrechtsbewußtsein ihnen gegenüber zurück.
Das Mietbietungsverfahren war schon in den 30er Jahren von Bur Suhren
angezweifelt worden. Erhielten nicht die Reichen dadurch ein Vorkaufsrecht, ein
neues Privileg eingeräumt, während die Armen leer ausgehen mußten, so daß der
"freie Zugang aller zum Boden" eine Phrase wurde?
Eine private
Wirtschaftsweise ohne Privateigentum am Boden und ohne freien Bodenmarkt hielt
Hans Strung für unmöglich. Hier mögen bereits seine Erfahrungen mit dem
Kommunismus in der nunmehrigen DDR eingeflossen sein. Von Freiland erwartete er
einen mörderischen Konkurrenzkampf zwischen Alteingesessenen und Flüchtlingen,
keineswegs den Bürger- und Völkerfrieden, den sich Gesell davon erhofft hatte.
Wie könne man von herausgeforderter staatlicher Einmischung freien Wettbewerb
und Startgleichheit erwarten?
Um die
Wirtschaft krisenfest zu machen, dazu brauche man "keine Bauern aus Haus
und Hof verjagen". Veränderungen, die der Erde ein neues Gesicht gäben,
geschähen im kleinen Rahmen, aus eigener Initiative der daran Beteiligten. Man
müsse die heilenden Kräfte der Wirtschaft und Gesellschaft entbinden, statt
diesen ein verstandesgemäß konstruiertes neues System aufzupfropfen. Gesells
Freiland würde das organisch gewachsene Gefüge der Gesellschaft sprengen. Die
Grundgedanken Gesells, insbesondere über das Geld, hielt Strung jedoch für
richtig. "Unser ist die Zukunft!" Man müsse jedoch die ideologischen
Scheuklappen ablegen. Strung gehörte zum linken Flügel der neuen NWO-Bewegung.
Die Wurzelbehandlung sollte so radikal wie möglich erfolgen. Gewaltsame
Eingriffe in den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Organismus würden aber
alles verderben.
Strungs
scharfsinnige Kritik blieb unveröffentlicht. So ,frei' war der "Freie
Mensch", daß er einen Abdruck nicht zulassen, geschweige eine freie
Aussprache darüber gestatten konnte. Dabei hätte gerade eine Stimme aus der DDR
besondere Beachtung verdient.
Strung blieb
nichts anderes übrig, als eine Reihe Schreibmaschinen-Kopien anzufertigen und
an bekannte Freiwirtschaftler in Westdeutschland zu verschicken. Ein Exemplar
fand ich im Privatarchiv Arthur Rapps. (14)
Will Noebe -
Wir haben den zweiten Schritt vor dem ersten getan
Will Noebe,
einst Chefredakteur der einzigen freiwirtschaftlichen Tageszeitung, die es
jemals gegeben, war in Hamburg Vorsitzender der größten, rund 1000 Mitglieder
umfassenden Ortsgruppe des Freiwirtschaftsbundes FFF gewesen und 1924 in dessen
Bundesvorstand gewählt worden. Die Hahnenkämpfe zwischen FWB und FKB hatten ihn
aber derart angeödet, daß er beide Ämter niederlegte. Auch dem Bund für
praktische Seelenkunde angehörend und dessen Monatsschrift "Das Ziel"
redigierend, faßte er diese 1927 mit der in Konkurs gegangenen Zeitschrift
"Telos" zusammen und beschritt den wirtschaftlichen Selbsthilfeweg.
Gegen das NS-System baute er in der Tschechoslowakei eine
Widerstandsorganisation auf.
Nach dem
Zweiten Weltkrieg meldete er sich im Ringen um die geistige Neuorientierung als
letzter zu Wort. Das kommunistische System hatte ihm sieben Jahre Leben und
Freiheit gestohlen. Er kehrte erst 1955 aus dem Archipel Gulag zurück. Aber
ungebrochen und mit einem Aktivitätsdrang erfüllt, der 1956 den Anstoß zur
freiwirtschaftlichen Tagung auf Burg Rheineck gab, über die im folgenden
Abschnitt berichtet wird, nahm er deren Diskussionen zum Anlaß, die Gründe für
den bisherigen Mißerfolg der NWO-Bewegung zu sondieren.
Man muß
wissen, daß Noebe weniger in den französischen Physiokraten des 18.
Jahrhunderts Vorläufer der Freiwirtschaft sah als in den jüdischen Essenern, weil
diese in Wüstengebieten siedelnde strenge Sekte Gold, Silber und privaten
Grundstückserwerb verworfen hatte. Offenbar erwartete er das auch von allen
Freiwirten. Noebe war ein freiwirtschaftlicher Puritaner. Es ging ihm um den
Einklang des persönlichen Lebens mit dem Ideal, weil es sonst an jener
Glaubwürdigkeit fehlen müsse, die erst den Resonanzboden für die Freiwirtschaft
schaffe.
Aus seiner
Kenntnis zählte er die Mitglieder der früheren NWO-Organisationen zusammen. Er
addierte die zahlreichen Flugblätter, Zeitungen, Zeitschriften, frei
wirtschaftlichen Broschüren und Bücher, um deren Auflagenhöhe er wußte. Nach
dieser Übersicht kam Will Noebe zu folgenden Schlüssen:
"Es hat
weder an Mitteln, noch an Menschen, noch an Materialgefehlt. Wenn trotzdem die
Bewegung weniger Erfolg hatte als ein einzelner Wissenschaftler, und heute mit
großen Teilen auf den toten Punkt angelangt ist, der neue Aufschwung aber von
Menschen ausgeht, die außerhalb der offiziellen Bewegung stehen, so hat es
offenbar an etwas anderem gefehlt: am richtigen Einsatz dieser Menschen, dieser
Mittel und dieses Materials. Gefehlt hat es also am richtigen Handeln."
(15)
Solches
Handeln setzt richtiges Denken voraus. Wo lag der Denkfehler? Nach Noebe in der
Verwechslung jener Schritte, die zur Verwirklichung der Natürlichen
Wirtschaftsordnung führen. "Wir haben den zweiten Schritt vor dem ersten
tun wollen."
Worin hätte
der erste Schritt bestehen müssen? In einer eindeutigen Klärung der Zielfrage
und in wissenschaftlicher Fundierung der Freiwirtschaftsidee. Anstatt zunächst
ein allen wissenschaftlichen Anforderungen gewachsenes, historisch,
nationalökonomisch und kulturgeschichtlich geschlossenes System aus der
Natürlichen Wirtschaftsordnung zu entwickeln, sind sogleich Organisationen
gebildet worden. Organisatorische Rivalitäten und wechselseitige
Mißverständnisse führten zu Reibungen. "Aber wir suchten deren Ursachen
nicht dort, wo sie lagen, im Fehlen der Systematisierung, sondern in der
sekundären Frage des Weges." Dabei war man sich auch über das Ziel nicht
einig.
Bei den
verschiedenen Wegen sei flugs der gleiche Fehler noch einmal begangen worden.
"Statt jedem Wege zunächst einen zureichenden Grundriß zu geben, beging
man ihn eilig auf dilettantische Weise, was Gruppenbildungen und
Fraktionskämpfe zur unvermeidlichen Folge hatte. Die Bewegtheit der Bewegung
bestand daher vornehmlich in der Auseinandersetzung zwischen den eigenen
Strömungen sowie in Bekenntnissen unter Ausschluß der Öffentlichkeit." Das
Gros der Anhängerschaft stand unterdes Gewehr bei Fuß und sah den
Turnierkämpfen ihrer Ritter mit Verdrossenheit zu.
Will Noebes
erste Folgerung war, guter Wille allein reiche nicht aus. Es müsse Können
dahinter stehen. Dieses Können umfasse sowohl die geistige Bewältigung der NWO,
ihre zeitgerechte und weltanschauliche Gestaltung in einem vollendeten System,
als auch die Fähigkeit entsprechender Einflußnahme auf die öffentliche und
private Willensbildung.
Eine zweiter
Folgerung war, die Natürliche Wirtschaftsordnung könne nicht allein von ihren
Anhängern verwirklicht werden. Es bedürfe dazu auch derer von der ,anderen
Seite', welche über die bloße Parole der Vollbetriebswirtschaft hinaus eine
individual-sozialistische Lebensform erstreben. Nur mit ihnen gemeinsam könne sich
der Träger einer neuen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung herausbilden.
"Es wäre schön, wenn der Kristallisationspunkt dieser A v a n t g a r d
e in unseren Reihen läge."
Dazu müßte -
das war die dritte Folgerung - eine Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft
gebildet werden, welche die ganze NWO-Bewegung am Riemen reiße und ihre
produktivsten Kräfte zu einer großen geistigen Anstrengung mobilisiere.
Auch Silvio
Gesell habe anfangs den zweiten vor dem ersten Schritt gehen wollen - und sei
darüber ebenfalls gestolpert. Er starb zu früh über der eigenen Arbeit an einer
Systematisierung, deren Notwendigkeit er eingesehen. "Die Lücke blieb
ungeschlossen." Es sei höchste Zeit, sie auszufüllen.
Nun gehörte
auch Will Noebe zu denen, die außerhalb der offiziellen Bewegung standen, diese
aber gleichwohl befruchteten. Er war zwar ihr Heros, aber ein Außenseiter.
Populär im NWO-Volk, weil er sich als starke und unbeugsame Persönlichkeit
erwiesen, fanden ihn die oberen Ränge recht unbequem und eigenbrödlerisch.
Außerdem waren die neuen NWO-Organisationen abermals ohne vorherige
Systematisierung der Lehre und ohne Grundrißzeichnung ihrer Wege entstanden.
Noebes Rückbesinnung auf das Wesentliche kam anscheinend zu spät.
Dabei schlug
er einen versöhnlichen Ton an, der niemanden verletzten sollte. Er verzichtete
auf Kritik, ließ aber durchblicken, was er wußte und erfahren hatte.
Noebe
konzentrierte sich 1957/58 auf die Bildung einer Wissenschaftlichen
Arbeitsgemeinschaft. Außer der Zeitschrift "Telos" konnte er dafür
nur Briefe und Zirkulare in Anschlag bringen. Zunächst warb er Mitarbeiter für
das erste neue "Telos"-Heft, das "vier wissenschaftliche
Beiträge (Systematisierungsarbeiten)" enthalten werde. Die
Gesamtsystematisierung der Natürlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung,
also des Gesellschen Werks, sollte unter wirtschaftswissenschaftlichem,
historischem, weltanschaulichem und staatswissenschaftlichem Gesichtspunkt in
einem stückweise zu liefernden Sammelwerk erfolgen, das den Arbeitstitel tragen
würde: "Die Harmonie in Wirtschaft, Gesellschaft und Staat." (16)
Unter dem Aspekt ihres weltanschaulichen Zusammenhangs mit der NWO sollten die
Naturrechtsidee, der Humanismus, der Neuplatonismus, Renaissance und
Reformation sowie die Entwicklung des Individualismus ausgewertet werden. Ein
anderer Teil der Systematisierung müßte Historisches und Zielweisendes aus der
Bewegungsarbeit erwägen. "Wege und Umwege. Berichte. Kämpfe. Selbstkritik.
" Gedacht war auch an Fotos aus der illegalen Arbeit.
Den potentiellen
Mitarbeitern versprach Noebe ein Anerkennungshonorar. Er ermutigte sie, sich
auch mit der Jungschen Tiefenpsychologie und dem Existentialismus zu befassen.
Die Aufsätze sollten höchstens 3 - 5 Seiten bedecken. "Alte Terminologie,
‚FFF', ,Freiwirtschaft' als Haupt- und Eigenschaftswort, Schlagworte,
herabsetzende Kritik, Überlegenheitsanspruch bitte ich zu vermeiden, den Ton
nicht auf das Zivilisatorische, sondern auf das Kulturelle legen." (17)
Das Ziel des
Sammelwerks wie auch der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft sollte
"die Eingliederung der NW0 in die Wissenschaft" sein, ihre Rezeption.
Zur Mitwirkung in der Arbeitsgemeinschaft wurden Walker, Weitkamp, Maaß, Ude,
Diehl, Schliephacke, Wulsten, Albers, Möllers, Reif, Meyer, Rapp und andere
eingeladen. Sie sollten sich so schnell wie möglich zusammensetzen:
"Es muß
ja bald und gründlich etwas geschehen, wenn wir nicht in Bedeutungslosigkeit
versinken wollen . . . Man muß die ganze Sache auf eine neue Ebene
stellen." (18)
Trotz dieser
beschwörenden Sätze unterblieb die Bildung einer überbündischen
Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft. Auch deshalb, weil es schon seit 1950
eine Sozialwissenschaftliche Gesellschaft gab. Will Noebe kam mit seinem
Vorschlag tatsächlich zu spät. Als Referent war er sehr geschätzt. Zwischen
September und Dezember 1957 hielt er ca. 45 Vorträge an den Berliner
Volkshochschulen, auch 10 Doppelstunden über "Europäisches Schicksal und
Geopolitik". - Noebe hoffte, Rapp und andere würden ihn auf dieser "neuen
Tour" der Werbung für die Freiwirtschaft unterstützen. Doch was hatte
diese mit Geopolitik zu tun?
Die laufende
Herausgabe der Zeitschrift "Telos" erschöpfte Noebe nicht,
beanspruchte aber einen großen Teil seiner Zeit und Kraft. Er erstrebte eine
Synthese von Individualismus und Sozialismus, die vorgelebt werden sollte.
Ausgangspunkt müßte das Ziel sein, nicht der Weg. Aber was für ein Ziel?
Karl Walker:
machtpolitische Durchsetzung unmöglich
Viele
Freiwirtschaftler gewannen 1955/56 den Eindruck, die NWO-Bewegung habe sich
zwar 1945/46 aus der individuellen Zerstreuung wieder gesammelt, sei dann aber
10 Jahre lang auseinandergelaufen. Es waren vor allem Karl Walker, Dr. Bernhard
Hamelbeck und Will Noebe, die eine neue Konzentration in Gang zu bringen
versuchten. Nachdem sie sich vergewissert, daß dieses Vorhaben auch in anderen
Freiwirtschaftlern schlummerte und erhebliche Resonanz finden würde, riefen sie
zu einer "Arbeitstagung für die Deutsche Freiwirtschaftsbewegung" auf
Burg Rheineck auf. An dieser Tagung, die vom 24.-26.8.1956 stattfand, nahmen 50
Freiwirtschaftler aus Westberlin, der Bundesrepublik, aus der DDR, Österreich
und der Schweiz teil. Insofern hatte sie einen europäischen Horizont. Unter den
Teilnehmern befanden sich Lucas Bernoulli (Basel), Paul Kristof, Arthur Rapp,
Heinrich Malzkorn, Otto Maaß, Wilhelm Merks, Diether und Lothar Vogel, Dr.
Ernst Winkler, Friedrich Brobeck und Hugo Kierdorf, auch mehrere Frauen.
Die
Arbeitstagung war für den Initiativkreis "der letzte Versuch, noch einmal
eine Linie in die Zerfahrenheit der deutschen Freiwirtschaftsbewegung
hineinzubringen". (19) Sie verlief so erfreulich, daß viele Teilnehmer
neue Zuversicht aus ihr schöpften.
Am 25.8.1956
sprach als erster Dr. Will Noebe über Weltanschauung und Politik. Ihm folgte
Karl Walker mit einem Referat über Mensch und Masse im Spiegel soziologischer
Forschung. Schließlich behandelte Dr. Hamelbeck Probleme der Staatsordnung. Die
andere Hälfte des Tages füllte eine fruchtbare Diskussion insofern, "als
vom Weltanschaulichen und Soziologischen her manche Naivität der bisherigen
freiwirtschaftlichen Politik als solche deutlich gemacht werden konnte".
Man suchte nach neuen Arbeits- und Ansprechformen, die wissenschaftlich
gesichert waren.
Am 26. 8.
sprach Karl Sonnenschmidt über die machtpolitische Durchführung der
Freiwirtschaft mittels des Mehrheitsentscheides. Dieser alte Gesellianer hatte
als Gast am letzten FSU-Parteitag in Solingen teilgenommen und stand noch unter
dem Eindruck des dort negativ Erlebten. So sagte er denn: "Der einstmals
in unserer Bewegung so stark kultivierte Individualismus hat von jeher eine
organisierte Zusammenarbeit behindert und muß schließlich einmal überwunden
werden".
Ihm folgte
Prof. Dr. Paul Diehl mit einem spannungsgeladenen Vortrag unter dem Thema:
"Die überparteiliche Durchführung der Freiwirtschaft". Zunächst
rechnete er mit den Fehlern der Vergangenheit ab, "die wohl in keiner
Bewegung so massiert zusammenkamen wie bei uns". Er empfahl, die Kraft der
Freiwirtschaft mit mehr Methode da einzusetzen, wo eine wirkliche Erfolgsquote
herauskommen könne: bei der Führungsschicht in Wissenschaft, Politik und
Wirtschaft. Otto Lautenbach habe gezeigt, was erreicht werden könne, wenn die
Saat mit kluger Überlegung ausgestreut wird und "die aufnahmefähige
Schicht erreicht". In den Köpfen des Proletariats gehe sie schwerlich auf.
Diehl empfahl eine neue Broschürenreihe mit Stellungnahmen zu grundsätzlichen
und aktuellen Sachfragen auf hohem Niveau. Dazu sei eine Zusammenarbeit notwendig,
"die über die Besonderheiten des politischen Weges der verschiedenen
Gruppen hinwegreicht".
Nun ergriff
noch einmal Karl Walker das Wort über die gewaltlose Durchführung der
Freiwirtschaft mittels direkter Aktionen, um von der Theorie zur Praxis zu kommen.
In gewisser Hinsicht hielt Walker ein Korreferat zu den Ausführungen
Sonnenschmidts vom Vortag. Die machtpolitische Durchsetzung der Freiwirtschaft
sei eine "soziologische Unmöglichkeit". Selbst die SPD würde an ihr
scheitern. Dagegen ist die unmittelbare Teilverwirklichung und Ausdehnung einer
Freiland-Ordnung denkbar, nämlich mittels der deutschen Rechtsnormen des
Genossenschaftswesens.
Nun
verteilten sich die Tagungsteilnehmer auf drei Gruppen, um das Gehörte im
kleineren Kreis zu erörtern. Sie sollten auch jeweils die Möglichkeiten des
eigenen Weges und der Zusammenarbeit mit den anderen herausarbeiten.
Die erste
Gruppe setzte sich aus Mitgliedern und Freunden der Freisozialen Union
zusammen. In der Generaldebatte schlug sie durch ihren Sprecher vor, eine
Kontaktstelle zu bilden, der Vertreter aller NWO-Organisationen angehören
sollten. Sie könnte die verschiedenen Bestrebungen koordinieren sowie
gegenseitige Behinderungen und Rivalitäten aus der Welt schaffen.
Die zweite
Gruppe bestand aus Vertretern des überparteilichen und überbündischen Wirkens.
Ihr Vorschlag war, ein Gremium zu bilden, dem die bewährtesten Gesellianer
angehören sollten und das die Weiterentwicklung der Arbeitstagung zu
gewährleisten hätte. In dieses Gremium wurden gewählt: Diehl, Noebe, Winkler,
Hamelbeck, Sonnenschmidt und Walker. Sie könnten weitere Persönlichkeiten aus
der Bewegung hinzuziehen und kooptieren. "Wesentlich soll sein, dass ein
arbeitsfähiger geistiger Führungsstab zum Nutzen der gesamten Bewegung gebildet
wird."
Die dritte
Gruppe bestand aus Anhängern der direkten Aktion und besprach verschiedene
laufende Projekte. Sie schloß sich den Vorschlägen der beiden anderen an,
plädierte jedoch für ein besonderes Sachgebiet der direkten Aktion, in das
keine freiwirtschaftliche Organisation oder Partei hineinreden dürfe. Eine
weitere Gängelung von Selbsthilfe-Experimenten sollte unterbunden werden. Darin
müsse eine Aufgabe des gewählten Kontakt-Gremiums bestehen. Es habe den
Gesinnungsfreunden, die mit Ideen propagandistischer, politischer oder
unternehmerischer Art umgingen, den Weg zu derjenigen Gruppe zu weisen, die auf
diesem Gebiet bereits arbeitet. Das lief auf eine neue Dreigliederung der
NWO-Bewegung hinaus: in aufklärerische Propagandisten, in politisch Tätige und
in freiwirtschafliche Selbsthilfe-Unternehmen.
Aus der
lebhaften Generaldebatte ging ein Gremium hervor, das zugleich auch
Kontaktstelle sein sollte, wodurch zwei Ideen in einer vereinigt werden
konnten. Als Zugeständnis an die FSU wurde "allseitig anerkannt, daß
Gesinnungsfreund K. H. Sonnenschmidt sich mit seinem Parteivorstand ins
Benehmen setzen muß, um die Zustimmung zu seiner Mitarbeit im Gremium
einzuholen".
Damit war
jedoch die geistige Unabhängigkeit der Kontaktstelle schon gefährdet, ehe sie
ihre Tätigkeit aufnehmen konnte. Sie scheint bald eingeschlafen zu sein. Von
weiteren Tagungen auf Burg Rheineck ist kein Bericht überkommen. Dabei hatte
der gewählte Ausschuß die Burg zur ,Stätte der freiwirtschaftlichen Begegnung'
ausgerufen. Die nächste Tagung sollte schon im Frühjahr 1957 stattfinden. Das
Ringen um die geistige Neuorientierung war erschöpft.
1
FWB-Verbindungsbrief 8/51, S. 23
2 Blätter
der Freiheit 17-19/1951
3 Richard
Batz, Mensch und Maschine, Leipzig 1933, S. 34
4 Gefährten
Dez. 1946
5 Brief
Alois Kokalys an A. Rapp vom 5.7.1951
6 Der freie
Mensch Nr. 27/1950
7 Richard
Batz am 16.9.1950 an Werner Schmid
8 Schule der
Freiheit Nr. 1/1949, S. 12
9 R. Batz,
Der Weg in die Freiheit, o.J., S. 10
10 Arthur
Rapp, Die Entwicklung des Freiheitsbedürfnisses ..., Schwenningen 1948, S. 22
11 Diether
Vogel: Von der dreifachen Strategie bei der Vorbereitung und Durchführung der
Freiwirtschaft, unveröffentlichtes Manuskript, S. 8/9
12 ebenda
13 ebenda,
S. 5
14 Hans
Strung, Wahlmanifest und Bodenfrage, unveröffentlichtes Manuskript vom
14.8.1950
15 Will
Noebe, Rundbrief vom 30.11.1957
16 ebenda
17 ebenda
18 Will
Noebe am 17.7.1957 an Arthur Rapp
19 Bericht
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Günter
Bartsch: Die NWO-Bewegung
ISBN
3-87998-481-6; Lütjenburg: Gauke, 1994
Im Juni 2001 gescannt, korrekturgelesen und ins Netz gestellt von
W. Roehrig