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Gaestebuch

 

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Datum: 18.11.02

Betreff: Schwarzarbeit

 

Tristan Abromeit, Gorch-Fock-Weg 3, 31535 Neustadt, Telefon: 05036/578

 

 

 

Leine-Zeitung Neustadt

Redaktion

 

Signale zu bekämpfen ist Dummheit

 

Zu dem Leine-Zeitung-Bericht vom 15. 11. 2002 von Dirk von Werder

"Handwerk will gegen Schwarzarbeit kämpfen"

 

Als es noch den Eisernen Vorhang gab, wußten westliche Beobachter, daß die

im Osten sich entwickelnden Schwarzmärkte die Fehlentwicklungen im dortigen

ökonomischen System signalisierten. Die dort herrschende Ideologie hat zwar

diese Schwarzmärkte moralisch verdammt, aber von der Realpolitik wurden sie

mehr und mehr geduldet, weil erkannt wurde, daß sie das Leben eines

verkorksten Systems verlängern würden.

Auch wenn es schwer fällt, wir müssen unsere Ökonomie mit jener Distanz

betrachten, die wir damals zu der Sowjetwirtschaft hatten. Wir können dann

leicht erkennen, daß auch bei uns die Schwarzmärkte für Arbeit nur ein

Signal für eine Fehlentwicklung ist. Die Schwarzarbeit ist in unserer

Situation die Chance, die allgemeine Rebellion in unsere Gesellschaft so

lange hinauszuzögern, bis sich das Wissen um eine mögliche bessere Ökonomie

in eine politisch relevante Zahl von Köpfen eingenistet hat.

 

Auch (und nicht nur) die Lage des Handwerks ist bestimmt nicht einfach. Nur

die Schwarzarbeit mit Spitzel und auf dem Gerichtsweg zu bekämpfen ist

illusorisch und verstärkte die depressive Stimmung in unserer Gesellschaft.

Könnte man die Schwarzarbeit wie bei einem Elektroschalter einfach auf "aus

 stellen, würden morgen viele Baumärkte, Einzelhändler und Dienstleister den

Konkurs anmelden können. Die Finanzminister hätten viel weniger an

Steuereinnahmen und die Anzahl der Familiendramen aufgrund der steigenden

Finanznot würden drastisch zunehmen.

 

Gestern war ich war ich bei einem Bauschlosser: Ich wunderte mich, daß das

Tor verschlossen war. Aber in Werkstatt brannte Licht. Der Meister werkelte

draußen am Firmenwagen. "Den Gesellen mußte ich entlassen. In den anderen

Jahren habe in dieser Jahreszeit immer einen Auftragsschub gehabt. Jetzt ist

im Auftragsbuch gähnende Leere.", erzählte er mir. Um die Zeit nicht zu

vertrödeln und sich die Rechnung beim Kollegen Autoschlosser zu ersparen,

repariert er das Auto für die Werkstatt selber.

Die Wirkungskette ist doch folgende: Die potentiellen Kunden des Schlossers

halten sich mit Aufträgen zurück entweder weil sich ihre Einkommenslage

aufgrund der Reduzierung des eigenen Auftragsvolumens, des Preisdrucks, der

steigenden öffentlichen Lasten oder aufgrund von Arbeitslosigkeit

verschlechtert hat oder weil sie ihre eigenen Markterlöse aufgrund der

bedrückenden Stimmung, der unsicheren Lage nicht wieder zur Nachfrage werden

lassen. Der Schlosser, der für sich selber in der eingenen Werkstatt jetzt

in einer Form schwarzarbeitet, die nicht belangt werden kann, handelt

durchaus aus seiner Sicht rational. Die Wirkung aber ist, daß im

Auftragsbuch seines Autoschlosserkollegen  und im Eingangsbuch des

Finanzministers Lücken klaffen. Der entlassene Geselle, der vorher schon mit

seinem Netto-Gesellenlohn seine Familie nicht (im Maßstab unserer

Gesellschaft) ordentlich versorgen konnte, ist jetzt noch mehr auf

Schwarzarbeit angewiesen.

 

Klaus Fechtel als Obermeister und Klaus Michalke als Geschäftsführer der

Kreishandwerkschaft müssen sich schon etwas besseres zur Überwindung der

Schwarzarbeit einfallen lassen, als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Spitzel

zu fordern.

 

Tristan Abromeit

 

 

Hinweis vom 18. 11. 02: Bis einschließlich ...Stimmung unserer Gesellschaft.

...zweiter Absatz wurde der Text veröffentlicht.