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Young-Soon Kim (Berlin/Korea-Akademie)



Hierarchie und Linearität im Kasuspartikelsystem des Koreanischen



Hierarchy and linearity in the Korean particle system
This article concentrates on hierarchy and linearity in the parametric syntax, with special focus on the Korean particle system within the framework of Minimalist Program (Chomsky 1993; 1995). The Korean language is considered as a discourse-functional movement system in contrast to the checking movement system. The discourse-functional movement system shows the following characters of the case particle language: i) the permission of the multiple case marker, ii) the case conversion 'nominative-genitive', 'dative-accusative', and so on, iii) the composition of case particle and postposition, and iv) the optional ellipse of case particle.



0 Einleitung

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, das Kasuspartikelsystem des Koreanischen zu untersuchen. Diese Arbeit wird unter besonderer Berücksichtigung der Hierarchie und Linearität im Rahmen der Generativen Grammatik durchgeführt. Im Zusammenhang mit dem Ausgangspunkt der Untersuchung wird darauf hingewiesen, daß im Koreanischen folgende Nom.-Gen.-Konversion wie (1b-c) in einer Nominalphrase existiert, die aus einer Verbalphrase wie (1a) abgeleitet werden kann. Verbalsyntaktisch gesehen kann diese Konversion als eine doppelte bzw. Multi-Nominativ-Konstruktion wie (1d) betrachtet werden1:

(1)

a.

Minjoo-ga

chaek-Ul

sassda.

     

-Nom.

Buch-Akk.

kaufen

   

"Minjoo kaufte das Buch"

 

b.

Minjoo-Ui

san

chaek. (Genitiv-NP)

     

-Gen.

gekaufte

Buch

   

"Das von Minjoo gekaufte Buch" (Übersetzung von (1b) und (1c))

 

c.

Minjoo-ga

san

chaek. (Nominativ-NP)

     

-Nom.

gekaufte

Buch




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d.

Minjoo-Ul /-ga

san

chaek-i

il-gi-ga

OryObda.

     

-Gen./-Nom.

gekaufte

Buch-Nom.

lesen-Nom.-Nom.

schwer

   

"Das von Minjoo gekaufte Buch ist schwer zu lesen"

In den oben vorgestellten Beispielen geht es um die Kasuspartikel. Es ist offensichtlich, daß die koreanische Sprache mit einem reichen morphologischen Kasussystem ausgestattet ist. Die Idee dieser Arbeit ist es, daß die sogenannten Kasuspartikeln das Kasusmerkmal eliminieren können. Es wird vorgeschlagen, daß eine Kasuspartikel eine morphologische Realisierung eines Kasusmerkmals sei und seine eigene Projektion z.B. eine Kasusphrase (KP) anführt. In bezug auf die Merkmalseliminierung werden die koreanischen Kasusmerkmale durch die Operation "Spell-Out" eliminiert. Diesbezüglich werden einige theoretische Grundlagen in Abschnitt 1 behandelt. Anschließend wird das sog. Kasuspartikelsystem des Koreanischen in Abschnitt 2 vorgestellt und dann in Abschnitt 3 theoretisch etabliert.



1 Theoretische Grundlagen

Die gegenwärtige generative Grammatiktheorie richtet sich auf eine detaillierte Untersuchung zum Verhältnis von morphosyntaktischen Eigenschaften und Wortstellungsregularitäten. Da die Kasuspartikel als morphosyntaktische Einheit angesehen werden kann, wird in dieser Untersuchung diese Kasuspartikel als Faktor der Wortstellungsvariation in der koreanischen Sprache betrachtet. Chomsky (1993; 1995) ist der Auffassung, daß in allen Sprachen eine Bewegung für das Checking der formalen Merkmale vorausgesetzt wird: Der Checkingprozeß erfolgt dann, wenn sich ein "Checkee" (Überprüfender) zu einem "Checker" (Überprüfer) bewegt. Dabei wird angenommen, daß der Checkee den lexikalischen Kategorien entspricht und der Checker den funktionalen. Das heißt, daß das Merkmalschecking durch die Bewegung der lexikalischen Kategorie zur funktionalen durchgeführt wird.

Das Checking bezieht sich auf die Repräsentationsebene der Grammatik. Syntaktische Repräsentationen weisen zwei Eigenschaften auf: die Linearisierung von Konstituenten und die hierarchische Organisation der internen Konstituentenstruktur. Sie scheinen oberflächlich betrachtet variabel zu sein, sind jedoch nicht beliebig. Ihr Vorkommen gehorcht strikten Beschränkungen, die z.B. in der Prinzipien- und Parameter-Theorie (PPT) behandelt wurden. Diese Theorie geht von der Annahme aus, daß Grammatiken menschlicher Sprachen nicht mit einzelsprachenspezifischen Regelsystemen zu rekonstruieren sind, sondern als eine finite Menge von Parametern in dem invarianten System des UG (Universale Grammatik)-Prinzips. Nach Chomsky (1993; 1995) besteht die natürliche Sprache aus einer kombinatorischen Einheit von Lauten und Bedeutungen. Folglich sind die PF (phonetische Form), die aus Lauten gebildet wird, und die LF (logische Form), welche die Bedeutung wiedergibt, die konzeptuell notwendigen Ebenen. In der Grammatik können sie nicht mehr reduziert werden. Diese zwei Ebenen bilden jeweils eine Schnittstelle des Grammatiksystems mit anderen menschlichen kognitiven Systemen, z.B. das artikulatorisch-perzeptive (A-P) und das konzeptuell-intentionale (C-I) System. Das Grammatiksystem im Rahmen des Minimalistischen Programms wird folgendermaßen aufgebaut:




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(2)

In Schema (2) werden die im Lexikon befindlichen lexikalischen Items von der Numeration (N) selektiert, in das Komputationssystem (CHL = Computational System for Human Language) integriert und schließlich als linguistische Struktur abgebildet. Die aufeinanderfolgenden Prozesse gelangen an das Spell-Out und trennen sich dann voneinander in PF und LF. Die PF-Repräsentation wird vom A-P System als Lauteinheit und die LF-Repräsentation vom C-I-System als Bedeutungseinheit interpretiert. Diese Interpretation muß die Konvergenz-Bedingung2 erfüllen. Die Operation 'Spell-Out' entfernt im Rahmen der Ableitung von einer Struktur S diejenigen Elemente, die nur für die PF-Repräsentation 'p' relevant sind. Das Spell-Out liefert so einen nicht-phonologischen Rest, der durch CHL auf die LF-Repräsentation 'l' abgebildet wird. Diese Abbildung wird durch die verdeckte Komponente von CHL geregelt. Im Gegensatz zur phonologischen Komponente, die das ursprüngliche Element S auf p abbildet, besteht die verdeckte Komponente von CHL aus Operationen der gleichen Art wie die overte Komponente vor Spell-Out. So operiert Select nicht auf der phonologischen, wohl aber auf der verdeckten Komponente. Dabei kann Select jedoch nur dann verdeckt sein, wenn das lexikalische Element LI keine phonologischen Merkmale hat. Durch das Spell-Out verknüpft sich die koreanische Kasuspartikel mit dem Kasusmerkmal, und sie ist daher in der PF sichtbar. Im nächsten Abschnitt wird auf die koreanische Partikel näher eingegangen.



2 Das Partikelsystem des Koreanischen

2.1 Der Begriff der Kasuspartikel

In der koreanischen Sprache sind Partikeln das, was in der Grammatik "Umi (Endung)", "Tossi (Teilchen)", "Chosa (Hilfswort)" usw. genannt wird (Nam/Go 1993; Suh 1991). In dieser Untersuchung werden sie weiterhin als "Partikel" bezeichnet. In dieser Arbeit wird die Partikel auf zwei Arten klassifiziert: "satztypanzeigende Partikel" und "Post-NP-Partikel". Im allgemeinen stehen die satztypanzeigenden Partikeln am Satzende und die Post-NP-Partikeln nach dem Kernnomen nebeneinander. Kasuspartikel und Postposition gehören zur Post-NP-Partikel. Ihre syntaktische Funktion entspricht den deutschen Artikelwörtern bzw. Präpositionen. Es besteht jedoch ein Unterschied zwischen den beiden Sprachen: Im Deutschen gibt es eine kongruierende bzw. regierende Beziehung zwischen den Artikelwörtern oder Präpositionen und dem Adjektiv sowie dem Nomen. Im Koreanischen jedoch liegt keine Kongruenz zwischen den Post-NP-Partikeln und dem Nomen vor.




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Der Begriff der Partikel wird in den Grammatiken sehr unterschiedlich benutzt. Im weiteren Sinne wird der Begriff der Partikel für monosyllabische Moneme, die der grammatischen Determination dienen, und für Tagmeme, empty words oder sogar auch für point words, functors und function words verwendet3. In der Weydtschen Partikelforschung (Weydt 1989) versteht man unter den Partikeln im engeren Sinne nicht flektierende und nicht satzgliedhafte Wortklassen, die keine oder wenig selbständige lexikalische Bedeutung aufweisen. Aber sie können die Bedeutung ihrer jeweiligen Bezugselemente modifizieren. Da die deutschen Partikeln keine Satzglieder sind, sind sie auch nicht allein vorfeldfähig. Sie können als einziges Stellungsglied nicht die Position vor dem finiten Verb im deutschen Aussagesatz besetzen, sondern lassen sich immer nur zusammen mit ihrem Bezugswort im Satz verschieben4. Unter Berücksichtigung des oben Behandelten wird angenommen, daß die koreanischen Partikeln besondere Eigenschaften besitzen müssen: Sie können zwar nicht flektiert werden, jedoch eine grammatische Rolle spielen. Ihre konkrete Rolle wird im nächsten Abschnitt erklärt.

 

2.2 Klassifizierung und Beschreibung der Partikel

Zur Begrenzung des Begriffs 'Partikel' im Koreanischen wird angenommen, daß es zwei verschiedene Partikeltypen im Koreanischen gibt. Diejenigen Partikeln, die mit der Nominalphrase zusammenstehen können, werden "Post-NP-Partikel" genannt5. Die anderen, die am Ende des Verbalkomplexes oder zwischen den Sätzen stehen, werden als "satzbezogene Partikeln" bezeichnet, die nochmals in satztypanzeigende Partikeln und Satzverknüpfungspartikeln unterschieden werden können. Die koreanischen Post-NP-Partikeln sind dadurch charakterisiert, daß ihre Suffigierungsfähigkeit mit dem Nomen verknüpft ist:

(3)

a.

Namcha-ga

 
     

-Nom.

   

"Der Mann"

 

b.

Namhaksaeng(-dUl)-man-i

 
     

(-Pl.) -Del. -Nom.

   

"Nur die Studenten"

 

c.

Gich'a-anesO-choch'a-do

 
     

-Lok. -Del.-Del.

   

"Auch/sogar in der Bahn"

Um die Erklärung zu erleichtern, wird der Begriff "Feld" auf die koreanische Nominalphrase angewendet. Die koreanische Nominalphrase besteht in der Hauptsacher aus vier Feldern: i) pränominale Attribute6, ii) Nomen, iii) Kasuspartikel und iv) Postpositionspartikel. Die Felder iii) und iv) sind jeweils Teile der Post-NP-Partikel-Komponente:




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(4)


Vorfeld

Mittelfeld

1. Nachfeld

2. Nachfeld

Pränominale Att.

Nomen

Kasuspartikel

Postpositionspartikel

 

Das Schema (4) gilt für die normal angeordneten koreanischen Nominalphrasen. In dieser Feldstruktur der Nominalphrase sind das Vorfeld, das 1. Nachfeld und das 2. Nachfeld nicht obligatorisch. Je nach den Umständen ist nur das Mittelfeld besetzt. Mit anderen Worten: Die Post-NP-Partikel-Komponenten sind unsichtbar. Anderenfalls können im ersten Nachfeld und im zweiten Nachfeld die Partikeln in umgekehrter Reihenfolge stehen. Beim Aufbau des Nachfeldes ergeben sich vier Möglichkeiten: die Besetzung des ersten Nachfeldes oder die des zweiten Nachfeldes, die Besetzung der beiden Nachfelder und keine Besetzung der beiden Nachfelder. Diese Möglichkeiten sind eine Eigenschaft der Kasuspartikelsprache. Nun klassifizieren wir die wichtigen koreanischen Partikeln:

 

(5)

a.

Nominativpartikel:

i)

echte Nominativpartikel; -i/-ga

     

ii)

Honorativpartikel; -kkesO

     

iii)

Vokativpartikel; -ya

 

b.

Genitivpartikel: -Ui

 
 

c.

Dativpartikel: -ege, -hante

 
 

d.

Akkusativpartikel: -Ul/-lUl

 

 

In (5a) ist nur -i/-ga eine echte Nominativpartikel, die nur als Nominativ kasusmarkiert werden kann. Die übrigen Partikeln werden als die Quasi-Nominativpartikeln klassifiziert, weil sie sowohl die Funktion der Nominativmarkierung, als auch andere semantische und pragmatische Funktionen erfüllen. (5b) ist die einzige Genitivpartikel im Koreanischen, die die adnominale Funktion hat und in den meisten Fällen getilgt wird. In der Regel wird die Dativpartikel -ege in (5c) schriftlich benutzt und die andere Dativpartikel -hante mündlich. (5d) sind Akkusativpartikeln, welche als direktes Objekt bezeichnet werden. Die Partikeln -i/-ga, -Ul/-lUl und -nUn/-Un werden in bestimmten phonologischen Umgebungen jeweils unterschiedlich ausgesprochen. Die jeweils Erstgenannten, z. B. -i, -nUn und -Ul, sind an konsonantisch auslautende Wortstämme und die Zweiten, z. B. -ga, -nUn und -lUl an vokalisch auslautende Wortstämme angehängt.

Im Koreanischen sind Hilfspartikeln7 vorhanden, die etwa den deutschen Gradpartikeln bzw. fokussierenden Partikeln entsprechen. In der Regel besetzen sie das erste und zweite Nachfeld der Nominalphrase. Die genaue Klassifizierung der Hilfspartikeln ist in koreanischen linguistischen Kreisen noch nicht erfolgt. Trotzdem kann man sie nach ihrer Funktion wie (6) einteilen:




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(6)

a.

Topikpartikel: -nUn /-Un

 
 

b.

Delimiterpartikel: -man, -do, usw.

Da diese Hilfspartikeln wie (6a-b) eine diskurspragmatische Funktion haben, können sie durch alle Kasuspartikeln ersetzt werden oder mit der Kasuspartikel zusammenstehen. Im zweiten Fall stehen sie nicht nach der Genitivpartikel. Nun werden die Postpositionspartikeln, die "Postpositionen (huch'isa)" oder "adverbiale Hilfswörter (busagyOkchosa)" in der koreanischen Sprache genannt werden8, nach ihrer Funktion klassifiziert:

(7)

a.

Richtungspartikel: -e, -esO9, -ro, -butO, -ggachi

 

b.

Lokalpartikel: -e, -esO

 

c.

Benefaktivpartikel: -uihae, -uihayO, -uihaesO

 

d.

Berechtigungspartikel: -rosO

 

e.

Instrumentalpartikel: -rossO

 

f.

Komitativpartikel: -gwa/-wa, -hamgge, -hago

 

g.

Vergleichspartikel: -boda, -mankUm

Die koreanischen Postpositionspartikeln entsprechen weitgehend den deutschen Präpositionen. Etwas anders ist es bei der Pluralpartikel, die weder Kasuspartikel noch Postpositionspartikel ist. Die koreanische Pluralpartikel -dUl ist dem Numerusmarker im Deutschen ähnlich. Neben den Post-NP-Partikeln gibt es die satzbezogenen Partikeln, z.B. die Satzverknüpfungspartikeln, also die Konjunktionalpartikel bzw. die Subjunktionalpartikel, und die Satztyppartikel. Sie sind eine Art Bindewörter. Die koreanischen Konjunktional- und Subjunktionalpartikeln kann man als Entsprechungen der Konjunktionen und Subjunktionen im Deutschen verstehen. Die Satztyppartikeln, die am Ende eines Satzes stehen, d.h. eine CP-Kopf-Stelle besitzen und den Satztyp bestimmen können, sehen wie folgt aus:

(8)

a.

Aussagesatztyppartikel: da

 

b.

Fragesatztyppartikel: nya, gga

 

c.

Aufforderungsatztyppartikel: rae, ra

 

d.

Honorativsatztyppartikel: yo/o

 

e.

Exklamativsatztyppartikel: na

 

f.

Komplementierer-Partikel: go

Außer der Aussagesatztyppartikel -da in (8) können die Fragesatztyppartikeln -nya, -gga und der Aufforderungssatztyp -rae mit der Honorativsatztyppartikel -yo/-o kombiniert werden.





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2.3 Die Koreanische Nominalphrase als KP

2.3.1 Die Parallelität zwischen einem Satz und einer Nominalphrase

DP-Vertreter wie Fukui (1986), Abney (1987), Haider (1988), Olsen (1988) usw. postulieren, daß eine syntaktische Parallele zwischen IP und DP existiert. Da die Merkmalskomplexe 'INFL' und 'DET' als inhärentes grammatisches Merkmal betrachtet werden können, wird in dieser Arbeit noch eine weitere Oberkategorie, d.h. ein kontextuell grammatisches Merkmal gebraucht: Diese Kategorie hat die Fähigkeit, den Typ des Satzes und der Phrasen zu bestimmen.

Hinsichtlich des Satzes werden Satztypen nach dem Stand der Kategorie C markiert. Im Koreanischen hingegen werden in allen Sätzen die satztypanzeigenden Endungen markiert, und deren Position steht immer am Satzende. Nach den Arten der Satzschlußpartikel unterscheiden sich die Satztypen voneinander. Auf gleiche Weise kann eine funktionale Kategorie K als kontextuell grammatisches Merkmal in einer Nominalphrase betrachtet werden. Damit ergibt sich nicht nur eine Parallele zwischen Sätzen und Nominalphrasen, sowie IPs und DPs, sondern auch zwischen CPs und KPs:

(9)

Diese Struktur (9) wird als eine universale Phrasenstruktur angenommen. Sie drückt aus, daß kontextuell grammatische Merkmale im KP- bzw. CP-Bereich stehen, inhärente grammatische Merkmale im DP- bzw. IP-Bereich und lexikalische Gehalte im NP- bzw. VP-Bereich. Bei dieser Struktur geht es darum, wie die Kasusmarkierung bzw. die Theta-Rollen-Zuweisung durchgeführt werden kann. In Bezug auf die Kasusmarkierung wird darauf hingewiesen, daß es ein homogenes System zwischen der Kasusmarkierung und dem Kasuschecking in den kopf-initialen Phrasen gibt: Die Kasusmarkierung gilt nur für die lexikalische Struktur, das Kasuschecking hingegen gilt für die funktionale Struktur. Mit anderen Worten: Zuerst wird in der VP eine Kasusmarkierung durchgeführt. Danach müssen sich die markierten DPs zu den bezüglichen funktionalen Phrasen, die außerhalb der VP stehen, bewegen, um auf die Übereinstimmung ihrer Merkmale überprüft zu werden. Zur Behandlung der Verhältnisse zwischen der Kasusmarkierung und dem Kasuschecking wollen wir zur Kasustheorie zurückkehren, die durch Interaktion mit anderen Subtheorien der Prinzipien- und Parameter-Theorie (PPT) die grammatische Wohlgeformtheit von sprachlichen Ketten regelt. Sie enthält ein universales Prinzip für alle Sprachen, die in gleicher Weise angenommen wird. Chomsky (1986: 74) postuliert, daß alle phonetisch realisierten NPs einem abstrakten Kasus zugewiesen werden müssen. Wenn dieses Prinzip verletzt wird, d.h. eine NP keinen abstrakten Kasus enthält, ist diese Kette ungrammatisch.




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Dieses Prinzip wird deshalb "Kasusfilter" genannt. Wichtig ist zu betonen, daß einerseits in diesem Prinzip keine Hinweise auf konkrete Kasuskategorien wie Nominativ, Akkusativ und andere gegeben wird. Andererseits macht dieses Prinzip viel weniger Angaben über die morphologische Kasusrealisierung. Welche Kategorien der Kasuszuweiser haben muß, bleibt unklar. Dabei steht lediglich fest, daß ein Kasus zugewiesen werden muß. Diesbezüglich wurden in Rauh (1993) folgende Fragen gestellt: Welcher Kategorietyp kann die Funktion eines Kasuszuweisers ausüben oder in welcher Struktur kann eine NP einen Kasus enthalten. Dies ergibt sich für jede Sprache speziell durch deren Auswahl aus einer universal begrenzten Menge von Möglichkeiten. Universal kann jede lexikalische Kategorie die Eigenschaft des Kasuszuweisers haben. Wie ein abstrakter Kasus schließlich morphologisch realisiert wird und ob er überhaupt realisiert wird, ist eine rein sprachspezifische Angelegenheit.

 

2.3.2 Kasus als kontextuelle Kategorie

Eine Reihe von Autoren hat für die Notwendigkeit der Berücksichtigung einer funktionalen Kategorie K argumentiert, die bei dieser Arbeit eine wichtige Rolle spielt. Im allgemeinen wird die Kasuszuweisung in zwei Operationen aufgespalten: die K(asus)-Selektion und die K(asus)-Markierung10. Durch die K-Selektion wird die Projektion der funktionalen Kategorie 'K' bzw. 'KP' lizensiert. Für diese Selektion werden zwei Modi differenziert, die unmarkierte und die markierte K-Selektion: Die erste entspricht der strukturellen Kasuszuweisung. Die zweite wird durch die idiosynkratische, lexikalisch vermerkte Eigenschaft der Kasusregierer bestimmt und entspricht der inhärenten Kasuszuweisung. Die K-Markierung, welche die zweite Operation im Rahmen der Kasustheorie darstellt, beschreibt die Beziehung zwischen einem Kopf K und seinem Komplement. Wenn die angeführten Bedingungen erfüllt sind, lizensiert ein Kopf 'K' sein Komplement, d.h. eine DP, die Projektion eines D(eterminators). Die Berücksichtigung einer DP, die einer NP übergeordnet ist, indem der Kopf D die NP zum Komplement nimmt, ist dabei in der PPT akzeptiert.

Aufgrund der Annahme der Kategorie DP und der Aufspaltung der Kasuszuweisung in zwei Operationen, hat Rauh (1995: 41f.) folgende Strukturen für die unmarkierte (10) und die markierte (11) K-Selektion vorgeschlagen:

(10)(11)




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In (10) ist das Verb hit durch das Merkmal [-N] charakterisiert, das einen Kopf K mit dem Merkmal [Objective] selegiert. Das V regiert die KP, und ist adjazent an KP. Die Voraussetzungen für die Koindizierung sind erfüllt, so daß die KP-Lizensierung durch [-N] gegeben ist. Beispiele für die markierte K-Selektion sind bei ditransitiven Verben die nicht-adjazenten Komplemente wie a fool in dem Satz "They called him a fool". Hier geht es um eine spezifische, lexikalisch repräsentierte Eigenschaft. Bei unmarkierter K-Selektion kann dies nicht erfolgen, da V und KP nicht adjazent sind. In (11) ist eine entsprechende Beschreibung für ein Verb mit einer regierten Präposition, in der ein Kasus lexikalisch realisiert wird, die der koreanischen Postpositionspartikel entspricht. Die unmarkierte KP in (10), nämlich eine DP, entspricht der koreanischen Kasuspartikel.

Nun untersuchen wir die Thetarollenzuweisung. Es besteht eine Relation zwischen der regierenden Kategorie V und der Nominalphrase, genauer gesagt, die von K selektierte KP. Sie ist durch Thetarollenzuweisung von V hergestellt. Bei den Kasuspräpositionen wird keine f-Rolle an ihr DP-Komplement zugewiesen, sondern ist lediglich in der Lage, die bereits bestehende Relation zu modifizieren. Diese besondere Fähigkeit einer funktionalen Kategorie 'K' ist darauf zurückzuführen, daß es sich hier um ein Lexikon handelt, welches ursprünglich aus der Klasse einer lexikalischen, und somit einer über Theta-Eigenschaften verfügenden Kategorie verknüpft werden kann. Das Problem ist, wie die VP durch die Thetabindung mit der KP verbunden werden kann. Darum wird eine Thetabindungsregel bei Rauh (1995) eingeführt11. In bezug auf die Thetarollenzuweisung wird dargestellt, wie die interne VP-Struktur festgestellt werden muß, in der eine universale Thetastruktur reflektiert ist, und darüber hinaus die Verknüpfungsrelation zwischen dieser internen VP-Struktur und der externen VP-Struktur, d.h. der Funktionalphrase, für die Bewegung zum Merkmalschecking motivieren kann.

In bezug auf die Thetastruktur geht es darum, wie die koreanischen Post-NP-Partikeln interpretiert werden können. Nehmen wir an, daß diese Partikeln sich auf die Eigenschaft des Arguments und des Adjunkts beziehen. Im Gegensatz zum Argument nimmt ein Adjunkt keine f-Rolle ein. Anders formuliert entscheiden jeweilige Partikeln darüber, ob die bezügliche NP entweder als Argument-Phrase oder als Adjunkt-Phrase fungieren. In einer NP kann eine Information über das Argument bzw. Adjunkt markiert werden. Für diese Rolle sind Post-NP-Partikeln verantwortlich, die wie das Prädikat in einem Satz betrachtet werden. Nun untersuchen wir den Status der Post-NP-Partikel anhand des X-bar-Schemas:

(12)




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Das Schema (12) zeigt, daß Köpfe N, D und K in einem Teil des Post-NP-Bereichs nebeneinander inkorporiert werden und daß es keine Kongruenz zwischen dem Kopf und dem Spec gibt (vgl. Kim 1997a, 1997b).

 

2.3.3 Interaktion von KP und DP

In den vorhergehenden Abschnitten wurde die theoretische Hierarchie der funktionalen Kategorie untersucht, wobei die CP und die KP als kontextuelle Kategorie für die VP und die NP angesehen wurden. Die Aufgabe dieses Abschnittes ist es, einerseits Relationen zwischen der kontextuellen Kategorie K und der grammatischen Kategorie D zu analysieren, andererseits ihre Interaktion in der NP im Deutschen und im Koreanischen darzustellen.

Es ist eindeutig klar, daß im Deutschen und im Koreanischen die Argumente einer Kopfkategorie in der Syntax morphologisch distinkt lizensiert sind (vgl. Czepluch 1994: 105). Nach dem Kasusfilter-Prinzip enthält jede Nominalphrase einen abstrakten Kasus. In der deutschen und der koreanischen NP wird der abstrakte Kasus durch die Artikel bzw. die Kasuspartikeln morphologisch realisiert, abgesehen von einigen Fällen im Deutschen, z.B. Pluralnomina wie Bilder, Eigennamen wie Hans usw. In Anlehnung an Rauh (1993) kann man davon ausgehen, daß markierte KP und unmarkierte KP im Deutschen und im Koreanischen existieren. Markierte KPs werden als PP (Präpositionalphrase) realisiert und unmarkierte KPs als DP. Daher sollte man annehmen, daß die KP eine unsichtbare Kategorie höher ist als DP und daß die PP eine sichtbare Kategorie ist. Im Unterschied zu den Auffassungen der deutschen DP-Vertreter, z.B. Olsen, Bhatt, Haider und andere, denen zufolge die funktionale Phrase DP als eine maximale Projektion des lexikalischen Kopfes N betrachtet wird, ist an dieser Stelle anzunehmen, daß eine KP als eine maximale Projektion von N angesehen wird. Dies ist kompatibel zur Grundidee des X-bar-Schemas:

(13)

Die X-bar-Struktur (13) kann als eine universale Phrasenstruktur für jede NP angenommen werden. Sie stellt dar, daß das kontextuell grammatische Merkmal 'Kasus' im KP-Bereich, das inhärente grammatische Merkmal D im DP-Bereich und der lexikalische Gehaltskomplex 'Nomina' im NP-Bereich steht (dazu vgl. (12)). Die Annahme, daß die KP als maximale Projektion betrachtet wird, hat den Vorteil, komplexere Phänomene der deutschen NP besser zu erklären. Zum Beispiel kann die PP als Argument angesehen werden, in der eine lexikalische Präposition vorliegt. In den oben behandelten Überlegungen wurde darauf hingewiesen, daß eine KP als terminale Struktur der Nominalphrase betrachtet werden und sie der DP übergeordnet werden kann.





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3 Eigenschaften der Kasuspartikelsprache

3.1 Die Struktur des Kasuspartikelsystems

In diesem Abschnitt wird erläutert, daß das Post-NP-Partikelsystem nur in solchen Sprachen, in denen keine Verbbewegung auftritt, existiert, und es werden die typischen Eigenschaften der Kasuspartikelsprache dargelegt: die Multipartikel-Konstruktion, die Partikelalternation und die Partikelellipse. Diese Phänomene werden von folgender KP-Struktur integriert (vgl. (1)):

(14)
 

a.

-Ui

-ga/-i

(Gen.-Nom.: Basis-Struktur)

 

b.

-ga/-i

-ga/-i

(Nom.-Nom.: "Spreading"-Struktur)

 

c.

-nUn

-ga/-i

(Top.-Nom.: Pragmatische Struktur)

 

d.

-ga/-i

(ø-Nom.: Ellipse-Struktur)

In der gesamten koreanischen KP-Struktur (14) wird gezeigt, daß das Koreanische als Kasuspartikelsprache die unterschiedliche Strukturskala der Nominalphrase enthält: Hier wird angenommen, daß (14a) Basis-Struktur wie in (15a) ist. Sowohl (14b) als auch (15b) sind zulässig, aber mehr oder weniger restriktiv im Sprachgebrauch. Die Partikeln in (14c) und (14d) beziehen sich auf die diskursfunktionale Ebene wie in (15c) und (15d):

(15)

a.

Chulsu-Ui

Buin-i

yeppUda. (Genitiv-NP)

     

-Gen.

Frau-Nom.

schön-sein

   

"Chulsus Frau ist schön"

 

b.

Chulsu-ga

Buin-i

yeppUda. (Kasusalternation; Gen.-Nom.)

     

-Nom.

 

-Nom.

 

 

c.

Chulsu-nUn

Buin-i

yeppUda. (Topikmarkierung)

     

-Top.

 

-Nom.

 

 

d.

Chulsu

Buin-i

yeppUda. (Kasusellipse)

     

 

-Nom.

 
     




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Der Prozeß, der die Genitiv-Nominalphrase über die Multipartikel-Phrase bzw. Kasusalternation und die Partikelellipse umfaßt, kann auf der morphosyntaktischen und pragmatischen Ebene analysiert werden.

 

3.2 Spell-Out und Kasuspartikel

Nach Chomsky (1995) ist das Spell-Out eine obligatorische Operation für den sprachlichen Prozeß. Wie bereits gesagt, ist das Spell-Out eine Zweigposition zwischen PF und LF. In dieser Position können einzelne lexikalische Items für eine tatsächlich sichtbare und lesbare phonetische Einheit substituiert werden. Erst wird der Komputationsprozeß durchgeführt, dann kann das Spell-Out erfolgen. Manche Minimalisten sind der Auffassung, daß zwei Merkmale, starke bzw. schwache Merkmale für das unterschiedliche Merkmalschecking sorgen. Mit anderen Worten, erstere müssen vor dem Spell-Out gecheckt werden und zweitere nach dem Spell-Out in der LF. Hierbei fragt sich, wie man zwischen einem starken und einem schwachen Merkmal unterscheiden kann. Jedoch bezieht sich diese Operation "Spell-Out" frei sowohl auf ein syntaktisches Objekt S in der Komputation als auch auf die Numeration N. Das Spell-Out entfernt von S jene Elemente, welche ausschließlich für die p relevant sind, und überläßt den Rest L. Nach dem Spell-Out werden SL und S auf die LF-Repräsentation l bzw. auf die PF-Repräsentation p abgebildet, zur Bildung von SL entfernt das Spell-Out dabei alle phonologischen Merkmale aus S.

Aus der Annahme, daß die Kasuspartikeln morphologische Realisierungen von Kasusmerkmalen sind, folgt, daß diese Merkmale mit phonologischen Merkmalen in Beziehung stehen, wenn Kasuspartikeln vorhanden sind. Somit müssen wir annehmen, daß koreanische Kasuspartikeln phonologische Merkmale sind. Daher gehe ich davon aus, daß die Kasuspartikel das Kasusmerkmal für das Spell-Out sichtbar macht. Kasusmerkmale sind ursprünglich formale Merkmale und daher üblicherweise für das Spell-Out unsichtbar. Die Anwesenheit von Kasuspartikeln hat zur Folge, daß Kasuspartikeln durch das Spell-Out sichtbar gemacht werden, indem sie mit phonologischen Merkmalen verbunden werden. Wenn Sie sichtbar sind, entfernt das Spell-Out die Kasusmerkmale vom syntaktischen Objekt 'S', und die Derivation, die S bildet, schafft das logische Bedeutungselement 'l, ohne in der LF "abzustürzen". Man beachte, daß Kasusmerkmale vom Spell-Out entfernt werden und sie in die phonologische Komponente eintreten. Ich bin der Auffassung, daß dies kein Problem verursacht, weil die Kasusmerkmale mit phonologischen Merkmalen verkettet werden und in der PF interpretierbar sind.





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3.3 Kasussystem und Kasuspartikel

Eine der Kernideen des Minimalistischen Programms ist, daß bestimmte formale Merkmale vor der Derivation, welche diese Merkmale enthält, in der logischen Form eliminiert werden müssen. Diese formalen Merkmale, die nicht der Gegenstand der Interpretation in der LF sind, müssen eliminiert werden. Wir wissen, daß ein funktionaler Kopf D ein Kasusmerkmal besitzt, daher bleibt es in der LF erhalten, so daß die entsprechende Derivation in der LF "abstürzt". Das Merkmal muß also eliminiert werden, damit die grammatische Derivation konvergiert. Auf gleiche Weise besitzen finite T und transitive Verben das Merkmal [Nominativ-Zuweisung] bzw. [Akkusativ-Zuweisung]. Diese Merkmale müssen eliminiert werden, wenn die Derivation in der LF konvergieren soll. Chomsky (1993; 1995) hat vorgeschlagen, alle formalen Elemente durch eine Operation 'Checking' zu eliminieren. Das Checking soll dabei stets in der Domäne eines funktionalen Kopfes stattfinden. Das finite T stellt die Domäne für das Nominativchecking und das leichte Verb v für das Akkusativchecking bereit. Damit stellt in diesem System das Nominativchecking die Konfiguration (16) dar und das Akkusativchecking die Konfiguration (17):

(16)(17)

Im Fall des Nominativcheckings (16) verfügt das finite T über ein Merkmal [+Nominativ] und stellt eine Domäne für das Nominativchecking bereit. Daher genügt es für ein Nominativchecking, die Nominativ-DP in die Domäne von T anzuheben. Andererseits ist der Akkusativfall wie (17) komplexer. Obwohl v eine für das Checking notwendige Domäne bereitstellt, ist es das transitive Verb, das ein Merkmal besitzt. Dieses Verb muß v erhöhen, um eine Checkingbeziehung mit der Akkusativ-DP einzugehen, die wiederum in die Checkingdomäne von v erhöht werden muß.

Die Bedingung, daß V nur eine Checkingbeziehung mit der Akkusativ-DP eingeht, wenn sich V auf v erhöht, hat eine unmittelbare Konsequenz für die koreanische Sprache; es folgt daraus, daß im Koreanischen Akkusativmerkmale nicht durch das Checking eliminiert werden können. Wenn dem so ist, muß das Koreanische eine alternative Möglichkeit bieten, Akkusativmerkmale zu eliminieren. Wir wissen, daß die koreanische Sprache über ein umfangreiches overtes und morphologisches Kasussystem verfügt. Daher habe ich die sogenannten Kasuspartikel vorgeschlagen, welche zur Eliminierung von Kasusmerkmalen beitragen, in denen eine eigene Projektion angestrebt wird. Wir folgen dem Vorschlag von Huppertz (1992), Shin (1993), Bittner/Hale (1996) und nennen den relevanten Kopf K, welcher die maximale Projektion KP innehat. Demnach verfügen koreanische NPs in (18) über die Struktur (19):




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(18)

 

Minjoo-ga

Maria-lUl

mannanda.

     

-Nom.

 

-Akk.

 
   

"Minjoo trifft Maria"

(19)a.b.

Hinsichtlich der Eliminierung von Kasusmerkmalen im Koreanischen habe ich bereits vorgeschlagen, daß sie durch die Operation Spell-Out eliminiert werden: Spell-Out entfernt alle phonologischen Merkmale aus S. Kasusmerkmale sind ursprünglich formale Merkmale. Deshalb sind sie für das Spell-Out unsichtbar und müssen weggelassen werden. Aber man beachte, daß Kasusmerkmale, die vom Spell-Out entfernt werden, in die phonologische Komponente integriert werden. Diese Betrachtungsweise verursacht kein Problem, da die Kasusmerkmale mit den phonologischen in Beziehung gebracht werden und somit auf der PF interpretierbar werden.

Das transitive Verb besitzt auch ein Kasusmerkmal [+Akkusativ], das auf der LF nicht interpretierbar ist. Diese Derivationen sind konvergent auf der LF. Sie müssen entweder eliminiert oder interpretierbar gemacht werden. Ich nehme die letztere Möglichkeit an und gehe davon aus, daß der Akkusativ im Koreanischen ein inhärenter Kasus ist. Diese Behauptung läßt sich folgendermaßen stützen: Im Koreanischen ist das Merkmal [+Akkusativ] des transitiven Verbs immer mit einer bestimmten q-Rolle verbunden, meistens mit einem Thema bzw. einem Patiens, und eine q-Rolle ermöglicht eine Interpretation auf der LF. Daraus folgt, daß das Kasusmerkmal des Verbs im Koreanischen nicht eliminiert werden muß. Der koreanische Akkusativ besitzt somit folgende Merkmale:

(20)

a.

Die Kasuspartikeln machen die Kasusmerkmale der Nominalphrasen sichtbar für Spell-Out.

 

b.

Durch die Assoziation mit einer bestimmten q-Rolle können transitive Verben auf der LF interpretierbar sein.

Der inhärente Kasus verbindet mit den in (20) genannten Merkmalen und darüber hinaus mit der overten Kasusrealisierung sowie der Verknüpfung mit einer bestimmten q-Rolle. Diese Betrachtungen weisen darauf hin, daß die UG (Universale Grammatik) mindestens zwei Eliminierungs-Kasusmerkmale besitzt: Checking und Spell-Out. Das Merkmal [Eliminierung durch Spell-Out] benötigt die Anwesenheit einer overten Kasuspartikel.





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4 Schlußwort

Die vorliegende Untersuchung behandelt die Frage, wie und mit welcher Maßgabe man koreanische Kasuspartikeln im Rahmen des MP (Minimalistischen Programms) interpretieren kann. Aus der bisherigen Untersuchung kommt man zum Schluß: Die koreanische Sprache, die das Kasuspartikelsystem annimmt, enthält einige eigene Merkmale: i) Multi-Partikel-Konstruktion, ii) Partikelalternation und iii) Partikelellipse.



Literaturverzeichnis

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Anmerkungen

1 In dieser Arbeit wird das koreanische Alphabet mit Hilfe des "Mc-Cune-Reischauer-System" transkribiert. [Aus technischen Gründen wurden offenes o und zentralisiertes, geschlossenes u durch Großbuchstaben wiedergegeben, Anm. d. Red.]

2 Chomsky (1993: 26) hat die volle Interpretation die Konvergenz-Bedingung genannt: Alle Elemente in der PF und LF müssen als Form des legitimen Objektes interpretiert werden.

3 In Nikula (1996: 1f.) werden point words als Demonstrativa betrachtet, functors als inflektionale und derivationale Affixe, und Präpositionen, Auxiliarverben, Konjunktionen, Adverbien, Interjektionen und einige Pronomina werden zu den function words gezählt. Bei der Annahme dieser Klassifizierung kann man Kasusmarker und Postpositionen im Koreanischen als Post-NP-Partikeln betrachten.

4 In Hentschel/Weydt (1994: 245ff.) hingegen werden zu den deutschen Partikeln im weiteren Sinne folgende Wortarten gezählt: Präpositionen, Konjunktionen, Konjunktionaladverbien, Modalwörter, Fokuspartikeln, Intensivpartikeln, Abtönungspartikeln, Antwortpartikeln, Negationspartikeln und Interjektionen.




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5 Die Post-NP-Partikeln, zu denen Kasuspartikeln, Hilfspartikeln und Postpositionspartikeln gehören, stehen wörtlich nach einer Nominalphrase.

6 Zum Vorfeld der koreanischen Nominalphrase gehören pränominale Attribute bzw. Adjektive, Zahlwörter, Demonstrativa usw.

7 In der koreanischen Grammatik nennt man diese Partikeln "Hilfspartikel" (Nam/Go 1993), "Quantifier-like Particles" (Kuno/Kim 1987) oder "Delimiter" (Yang 1972) usw. In dieser Arbeit wird die Bezeichnung "Hilfspartikel" gewählt.

8 Weil die Nominalgruppe mit der Postpositionspartikel die Rolle des Adverbs – eine der lexikalischen Kategorien – spielt, werden diese Partikeln in Nam/Go (1993: 101) und Lee (1993: 152f.) als "adverbiale Hilfswörter" bezeichnet. In Suh (1994: 107f.) hingegen werden sie als funktionale Elemente betrachtet und als sog. Postpositionen bezeichnet.

9 Postpositionspartikeln -e und -esO stehen sowohl der Richtungspartikel als auch der Lokalpartikel zur Verfügung.

10 Diese Operationen fallen unter Chomskys Begriff des "Case-assignment" bzw. unter den Huppertzschen Begriff (Huppertz 1992: 38f.) der 'Kasuslizensierung'.

11 Ein funktionaler Kopf 'F' thetabindet eine lexikalische Projektion (LP), genau dann wenn:

i. F und LP Schwestern sind, und

ii. F mit den referentiellen Rollen von LP koindiziert ist.

 

 

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