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Daniel Fliege (Paris)



Maria Musiol: Sporen und Zügel. Vittoria Colonna. Eine Frau zwischen Verharren und Aufbruchslust. Berlin: epubli, 2013

und dies.: Shakespeares verschollene Schwester. Vittoria Colonna (1492–1547). Das Wunder ihrer Lebendigkeit. Berlin: epubli, 2014.



Vittoria Colonnas Nase: Versuch einer Rezension

Mit Shakespeares verschollener Schwester (im Folgenden durch SvS abgekürzt) hat Maria Musiol bereits ihre zweite Monographie über Vittoria Colonna nach Sporen und Zügel (im Folgenden durch SuZ abgekürzt) innerhalb von nur zwei Jahren veröffentlicht. Beide wurden bereits auch ins Englische übersetzt (Musiol 2013a und 2014a).1 Erstaunlich mag daher erscheinen, dass die Bücher bislang noch nicht von der Forschung besprochen wurden.

Dies mag daran liegen, dass sich viele Kritiker die Frage gestellt haben könnten, wie die beiden Monographien einzuordnen sind: Stellen sie wirklich wissenschaftliche Untersuchungen dar? Musiol zumindest stellt diesen Anspruch an ihre Arbeit:

Sie [Vittoria Colonna] sollte auf der Grundlage aller ihrer Sonette und aller ihrer Briefe und aller erhaltenen Zeugnisse der Zeitgenossen über sie, die in dieser vorliegenden biographischen Studie zum ersten Mal(!) umfassend herangezogen wurden, in ihrer historischen Gegenwart dargestellt werden. (SuZ IV, das Ausrufezeichen stammt von Musiol)

Musiol möchte also mit Sporen und Zügel die erste umfassende Biographie Vittoria Colonnas vorlegen, die sämtlichen Quellen Rechnung trägt, was tatsächlich ein Desiderat der Forschung erfüllen würde. Derweil kritisiert sie Johann Wyss (1916), der sich nur für das Ambiente interessiert habe und in dessen Biographie "Colonna nicht recht vor[komme]" (SuZ 7), an der Biographie von Alfred von Reumont (1881) dagegen kritisiert sie, dieser habe sich zu sehr auf die "politische Geschichte Italiens zur Zeit Vittoria Colonnas" (SuZ 8) konzentriert. Auch die Arbeit Théraults (1968) verwirft Musiol, da sich diese zu sehr auf den Umkreis Colonnas beschränke und weniger auf Colonna selbst eingehe (SuZ 8). Thérault "über[nehme] die vernichtende Kritik von Wyss, Vittoria Colonna sei 'eine sklavische Nachahmerin von Petrarca'." (Ebd.) Musiol macht also tabula rasa.




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Um wenigstens Suzanne Thérault zu retten, möchte ich an dieser Stelle heftig widersprechen. Thérault verwendet, wie von Musiol gefordert, ebenfalls umfangreiches zeitgenössisches Material, wobei sie sich in ihrer Untersuchung aber vor allem auf die frühen Jahre Colonnas beschränkt, die bis zu diesem Zeitpunkt noch unerforscht waren. Zudem muss man Théraults Arbeit auch anerkennen, dass sie eine Vielzahl von Colonnas Gedichten sehr überzeugend im Französischen nachgedichtet hat.

Des Weiteren beobachtet Musiol, dass "[e]ine objektive Beurteilung des dichterischen Werkes Vittoria Colonnas auf der Grundlage einer eingehenden Textanalyse noch immer ein Desiderat darstellt" (SuZ 14). Sie selbst liest die Sonette biographisch, um damit ihre Biographie zu stützen – ob das nun das Desiderat einer eingehenden Textanalyse erfüllt, ist eine Frage, auf die ich im Folgenden noch zurückkommen werde. Ob aber eine "objektive Beurteilung" tatsächlich ein Desiderat darstellt, ist mehr als fraglich. Es gibt bereits viele sehr gute Untersuchungen zum dichterischen Werk Colonnas.2

In jedem Fall stimmt es aber, dass Musiol eine sehr detaillierte Kenntnis der Quellen aufweist (s. ihre Auflistung in SuZ 23). Was historische Fakten angeht, sind ihre Monographien äußerst detailliert. Ihre Vorgehensweise ist dabei nicht chronologisch, sondern porträtiert Colonna vielmehr auf Grundlage ihrer Beziehungen zu anderen Personen. Dies funktioniert durchaus sehr gut, ohne dass Brüche oder plötzliche zeitliche Sprünge entstünden. Erleichtert wird das Lesen dadurch, dass sie Textquellen ins Deutsche übersetzt.

Wie verhalten sich nun die beiden Monographien zueinander? Auf der eigens von Musiol eingerichteten Homepage (http://www.vittoria-colonna.de), auf der sie Werbung für ihre beiden Bücher und Lust auf die Beschäftigung mit Colonna macht, kategorisiert sie Sporen und Zügel unter 'Forschung', Shakespeares verschollene Schwester unter 'Deutung'. Es bleibt jedoch fraglich, was diese Unterscheidung genau bedeutet. In Wahrheit besteht der Unterschied nämlich darin, dass Sporen und Zügel die wissenschaftlichere Untersuchung darstellt, die Musiol für ein größeres Publikum in Shakespeares verschollener Schwester ohne Fußnoten und Bibliographie noch einmal neu aufbereitet hat. In ihrer zweiten Monographie beschreibt Musiol zudem ihr sehr persönliches Verhältnis zu Colonna. Fokussieren möchte ich mich daher auf Sporen und Zügel, das aber inhaltlich und teilweise bis in den Wortlaut3 hinein mit Shakespeares verschollener Schwester übereinstimmt.




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Stil und Sprache: romantisierendes Pathos

Liest man aber die Titel der beiden Monographien, könnten bereits erste Zweifel an der Wissenschaftlichkeit aufkommen, die sich nach der Lektüre als nicht unbegründet heraus stellen sollen. Beide Titel strotzen nämlich von einem gehörigen Übermaß an Pathos, das auch im Textteil nicht verloren geht. Dieser Eindruck wird durch den Innentitel und den Titel über dem Inhaltsverzeichnis (Musiol konnte sich anscheinend nicht für einen Titel entscheiden) von Sporen und Zügel noch deutlicher: Vittoria Colonna. Ein weibliches Genie der Renaissance und Vittoria Colonna. Fürstin und Dichterin in ihrer Gegenwart – und damit kommen wir bereits zum Kern des Problems: Maria Musiol versucht in ihren Monographien nämlich mit aller Kraft, Vittoria Colonna zu einem Genie zu stilisieren, das Colonna nicht ist und was Colonna auch nicht gerecht wird – wobei es mir fernliegt, Colonna schlecht reden zu wollen, ganz im Gegenteil. Ein Superlativ jagt in Musiols Monographie den nächsten. Sie wirft Hubert Jedin (1947) vor, er "idealisier[e] Reginald Pole und Vittoria Colonna auf Kosten der historischen Wahrheit" (SuZ 11), doch genau dies tut Musiol selbst.

So scheint sich Musiol beinahe persönlich angegriffen zu fühlen, wenn man Colonna als konventionell bezeichnet, weshalb sie gebetsmühlenartig Colonnas Individualität und Authentizität behauptet. In der Tat ist Colonna in der Geschichte oft als konventionell bezeichnet worden und es lässt sich bis zu einem gewissen Punkt auch nicht leugnen, dass sie sich gesellschaftlichen Konventionen anpasst. Der Erfolg Colonnas liegt zu einem großen Teil nämlich auch daran, dass sie Konventionen nicht bricht, sondern das sozial akzeptierte Bild einer treu liebenden Ehefrau nach außen hin repräsentiert. Es wird Colonna genauso wenig gerecht, sie zu einem italienischen Shakespeare stilisieren zu wollen, wie Musiol es tut:

Wer Vittoria Colonna ein, an Konventionen angepasstes, Profil überstülpt, beraubt diese geniale Frau der italienischen Renaissance ihrer einzigartigen Komplexität, die alle literarischen Frauentypen der Zeit, auch die Shakespeares, zu rigiden Marionetten und männlichen Abstraktionen der Frau verblassen lässt. (SuZ IV)

Musiol fordert zwar einerseits, dass "[d]ie Darstellungsweise […] auf jegliche belletristische Ausschmückung verzichten und sich der historischen Wahrheit verpflichten" sollte (SuZ 22), andererseits neigt sie selbst aber zu romantisierenden dramatischen Erzählungen (z.B. SuZ 16). Der Stil Musiols ist nicht immer wissenschaftlich (z.B. "Die Marchesa?????" – die fünf Fragezeichen stammen von Musiol), sondern zeugt von allerlei Pathos und Ausdrücken, die glauben machen, es handele sich um einen populärwissenschaftlichen Text. So wird Ferrante d'Avalos zum "Adrenalinjunkie" (SuZ III), Colonna zur "profilsüchtigen Renaissance Lady" (SuZ 8). Der Gerechtigkeit halber soll nicht unerwähnt bleiben, dass Musiols Schreibstil zumindest in denjenigen Passagen etwas nüchterner wird, in denen sie einfach historische Fakten aufzählt. Auffällig ist zudem die häufige Verwendung von positiv konnotierten Adjektiven im Zusammenhang mit Colonna, wie "genial" (SuZ IV), "einzigartig" (ebd.), "beispiellos" (SuZ 2) oder das Lob von Colonnas "bewundernswürdiger Aufrichtigkeit" (SuZ 6) usw. Außerdem finden sich einige (Rechtschreib-)Fehler, gerade bei Eigennamen: So wird aus Rinaldo Corso "Raimondo Corso" (SuZ 13), mal heißt es "Petrarca", mal "Petrarcha", mal "Petrara" (SuZ 15), "Briconnet" und "Alencon" werden systematisch der Cedille beraubt usw.




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Fehlende Quellen und Umgang mit Quellen

Sehr problematisch an Musiols Arbeit ist von Anfang an, dass sie Zitate anführt, ohne Quellenangaben zu machen. So stehen bei Zitaten teilweise nur Namen, bspw. zitiert sie so Castiglione (SuZ IV), Bembo (SuZ 3), Morone (SuZ 5) etc. Regelmäßig vergisst sie bei Zitaten die ausführenden Anführungszeichen (so SuZ 77) oder sie zitiert einen zeitgenössischen Kommentar ganz ohne Herkunft. So verwendet sie z.B., um ein Zitat zum Tode Ascanio Colonnas (Vittorias Bruder) einzuleiten, die Formulierung "[…] lautete ein Kommentar aus seiner [Ascanios] Umgebung" (SuZ 36) – das ist zu ungenau.

Zudem ist Musiols Umgang mit Quellen unkritisch. Ihre Darstellung des Hauses Colonna ist einseitig und idealisierend (vgl. SuZ 26). Auch lässt Musiol es sich nicht nehmen, Ereignisse sehr subjektiv zu kommentieren, z.B. kommentiert sie ein Sonett Colonnas an Papst Paul III. mit "Deutliche Worte!" (SuZ 31). Ihr Stil ist nicht nur nicht nüchtern, sondern manchmal ist ihr Ton gänzlich unpassend:

Marguerite [d'Angoulême] erlebte in ihren beiden Ehen kein großes Glück. Als siebzehnjähriger, aufgeweckter Teenager wurde sie in die Ehe mit dem zwanzigjährigen Herzog von Alencon [sic] gezwungen, einem Langweiler und Dummkopf. Natürlich verabscheute sie ihn. (SuZ 160)

Wie kommt Musiol zu diesem Urteil? An anderer Stelle urteilt sie über Marguerite de Navarre: "'Meine Tränen, meine Seufzer, meine Schreie, sind meine Sprache und mein Schreiben', so behauptet Marguerite [de Navarre]! Stimmt aber nicht!" (SuZ 166) – wie kommt Musiol dazu, ein solches Urteil zu fällen und gleichzeitig zu behaupten Colonna sei im Gegensatz zu Marguerite de Navarre vollkommen authentisch? Darüber hinaus fehlt eine Quellenangabe zu dem betreffenden Ausspruch Marguerites.4 Musiols Argumentation ist zudem nicht immer schlüssig: "Wenn Christus Gott ist, so spekuliert sie [Colonna], dann ist er auch Apoll." (SuZ 281) Colonna allerdings spekuliert nie, ob Christus Gott ist.

Hinzukommt, dass Musiol Gedichte nicht immer wie Lyrik behandelt, sondern wie kleine autobiographische Prosastücke, was u.a. daran zu erkennen ist, dass sie Verse zitiert ohne Versgrenzen zu kennzeichnen, sodass beim Leser unweigerlich der Eindruck entsteht, es handele sich um Prosa (bspw. SuZ 18). Erschwert wird die Nachvollziehbarkeit dadurch, dass Musiol in der Regel nur ihre eigenen Übersetzungen zitiert (die Gedichte Colonnas zitiert sie auch im Original). Bei dem Sonett A1:535 (SuZ 75), das sie ganz zitiert (oder besser gesagt zitieren will), vergisst sie den achten Vers ("e 'l valor proprio al mio soccorso lento"), den sie aber ins Deutsche überträgt. Bei dem Sonett A1:25 (SuZ 88) verrutscht das Reimwort "Giove" (V.1) in den nächsten Vers und wird so zu "giove", aus "sommo" (V.1) wird "somme". Erstaunlicherweise bemerkt sie diesen Fehler beim Verfassen von Shakespeares verschollener Schwester nicht, sondern reproduziert ihn (SvS 172).




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Zudem bringt Musiol oft Autoren ein, die vollkommen aus dem Kontext gerissen sind und deshalb sehr unpassend wirken:

Giovio, von ihr [Colonna] fasziniert, möchte sie in ihrer Individualität erfassen. Goethe warnt: Das Individuum ist unausdrückbar. ( individuum ineffabile est) [sic] Dennoch versucht sich Giovio an einem sprachlichen Porträt dieser allerdings nicht nur in seinen Augen singulären weiblichen Erscheinung der italienischen Renaissance. (SuZ 133)

Goethes Urteil in aller Ehre, aber was hat Goethe mit Giovio zu tun?

Ein erstaunlicher Fall ist, dass Musiol an einer Stelle (SuZ 15) ein Sonett Colonnas in eigener Übersetzung zitiert, ohne zu sagen, um welches Sonett es sich handelt und ohne eine Quelle zu nennen. Nach Überprüfung und Suche nach dem Originaltext für Musiols Übersetzung stellte sich aber heraus, dass Musiol hier mehrere Sonette miteinander vermischt und so einen neuen Text kreiert hat. Ihrer Übersetzung liegen die Sonette A1:13 (V. 9) und A1:68 zu Grunde, womit ich auch zu den Übersetzungen Musiols kommen will.

Übersetzungen

Es ist sicherlich eine gute Hilfestellung, alle italienischen Zitate ins Deutsche zu übertragen, gerade für den deutschsprachigen Leser, der einen Einblick in Colonnas Werk bekommen möchte. Zunichte gemacht wird dieses Vorhaben dann, wenn, wie bereits erwähnt, der Quelltext verfälscht wird. Hinzukommt, dass Musiol nicht alles übersetzt: Mal zitiert sie mehrere Verse aus der Epistola (SuZ 16), mal ein spanisches Motto (SuZ 42), mal einige Verse Petrarcas (SuZ 75) usw. ohne Übersetzung.

Was nun die Übersetzungen selbst angeht, ist es interessant, sich zunächst Musiols Urteil über Abigail Brundin, die die Sonette an Michelangelo ins Englische übersetzt hat (siehe Colonna 2005), vor Augen zu führen. So kritisiert sie Brundin nämlich mit dem Vorwurf, sie greife in den Originaltext ein: "Derart weitgehende Eingriffe in Originaltexte bewirken nicht nur eine Veränderung von Tenor und Inhalt, sondern könnten auch die Intention der Dichterin ins Gegenteil verkehren" (SuZ 19). Sie wirft Brundin vor, dass ihre Übersetzungen ins Englische den Text Colonnas zu sehr vereinfachten und damit die inneren Spannungen Colonnas nicht wiedergäben. Ich kann Musiols Kritik zwar nicht zustimmen, aber man sollte ihren Vorwurf bei den nun folgenden Beispielen im Hinterkopf behalten.

So übersetzt Musiol den Vers "si ch'io scriva per me quel ch'Ei sostenne" (S1:1, V.8) mit "Und ich bin Jesu Sprachrohr" (SuZ 280), was, mit Verlaub gesagt, sehr platt ist und völlig den Ton verfehlt. Um die Art und Weise, wie Musiol übersetzt, weiter zu demonstrieren, möchte ich noch drei Beispiele anführen. Als erstes die Übersetzung des Sonettes A1:1, bei der Musiol den zweiten Vers auslässt (oder falsch übersetzt) und ihrer Übersetzung einen Satz hinzufügt:




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Original: "Scrivo sol per sfogar l'interna doglia / ch'al cor mandar le luci al mondo sole / e non per giunger lume al mio bel Sole, / al chiaro spirto e l'onorata spoglia."

Musiol: "Ich schreibe, um dem Schmerz in mir Luft zu machen. Ich dichte, um dem Herzen in dieser Welt Klarheit zu verschaffen und nicht, um Dich, meine schöne Sonne, noch strahlender zu machen, Deinen Geist dort und Deine Hülle hier." (SuZ 69)

Musiols Übersetzung ist zunächst schwerfällig und es ist nicht nachvollziehbar, woher sie die Übersetzung für "Ich dichte, um dem Herzen…" herzieht (statt etwa: meinen inneren Schmerz, den das einzige Licht auf dieser Welt in mein Herz gebracht hat). Außerdem ist sie ungenau: So spricht das lyrische Ich den Geliebten im Originaltext nicht direkt an, die Adjektive "chiaro" und "onorata" überträgt Musiol nicht und die Gegenüberstellung von "dort" und "hier" findet sich im Original nicht. Auch der Ausdruck "sich Luft machen", mit dem Musiol "sfogar" übersetzt, wirkt unpassend.

Ein zweites Beispiel ist Musiols Übersetzung von A2:8 (V. 12–13):

Orig. "uopo non l'è ch'a numer grand'aspiri; / certa [la Morte] d'averne tutti […]"

Musiol: "Man darf sich keine großen Hoffnungen machen. Da er [der Tod] sich aller Stunden sicher ist […]" (SuZ 74)

Auch hier übersetzt Musiol ungenau, um nicht zu sagen falsch. Ihre Übersetzung von Vers 12 ist völlig rätselhaft und in Vers 13 kann sich das maskuline "tutti" nicht auf das feminine "ore" beziehen – der Tod ist sich hier wohl eher gewiss, alle Menschen zu bekommen, weshalb er keine Not hat, nach großen Zahlen (an Toten) zu streben.

Als drittes und letztes das Sonett S2:23, V. 1–4 u. 9–11:

Orig. "Mentre che quanto dentro avea concetto / dei misteri di Dio ne facea degno / la Vergin Luca, oprava egli ogni ingegno / per formar vero il bel divino aspetto […] In parte finse l'aer dolce e grave; / quel vivo no'l mostrò, forse sdegnando / de l'arte i gravi lumi e la fiera ombra;"

Musiol: "Lukas, der in seinem Innern eine Vorstellung hatte von der Teilhabe der Jungfrau an den Geheimnissen Gottes, führte jede Idee aus, um das Bild nach seiner wahren Schönheit zu formen. […] Als einen Teilaspekt erfand er ein ernstes süßes Bild. Das Lebendige zeigte er nicht, er verbannte aus seiner Kunst die ernsten Lichter und die dunklen Schatten." (SuZ 177)6

Musiols Übersetzung zeigt, dass sie das Sonett missverstanden hat. Es handelt sich nämlich um eine Reflexion über die Funktionsweise und Wirkmächtigkeit der Kunst. Musiol hingegen kommt zu dem Schluss, dass sich Frauen beim Betrachten von Lukas' Madonna im Stich gelassen fühlen (SuZ 178). Zum einen verfehlt Musiol mit ihrer Analyse die viel allgemeinere anthropologische und theologische Ebene, auf die Colonnas Sonett abzielt, anstatt davon zu handeln, dass Frauen von der Mariendarstellung "entzückt" werden (SuZ 177) (und wieso nur Frauen?). Zum zweiten ist der Sinn des Sonetts genau umgekehrt: Zwar ist Lukas' Darstellungsweise nicht realistisch in dem Sinne, dass sie nicht dem zeitgenössischen Chiaroscuro (V. 11) entspricht und nicht lebendig wirkt – aber das muss sie Colonna zufolge auch gar nicht, denn "basta che […] a Dio rivolge" [es genügt, dass das Bild [den Betrachter] zu Gott hinwendet] (V. 12–13). Der dem Sonett zu Grunde liegende theoretische neoplatonische Diskurs wird von Musiol nicht erkannt.




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Musiols Interpretation der Gedichte

Denn Musiol interpretiert die Sonette ausschließlich biographisch. Sie kann auf diese Weise zwar zeigen, dass Colonna aktuelle Ereignisse in ihrer Dichtung verarbeitet, so u.a. die Verheerungen des Salzkrieges im Sonett E:22, ihre Deutungen sind jedoch sonst recht oberflächlich. Zudem möchte Musiol oft etwas in die Sonette hineinlesen, was nicht aus ihnen hervorgeht, z.B.:

Orig. "Temo che'l laccio, ond'io molt'anni presi / tenni gli spirti, ordisca or la mia rima / sol per usanza"

Musiol: "Ich fürchte, dass die Schlinge, die viele Jahre meinen Geist verstrickte, jetzt meine Reime der Konvention ( usanza) [sic] anpasst" (SuZ 279; SvS 276)

Es geht Colonna hier allerdings nicht um Fragen der Konvention, sondern darum, dass sie das erste Feuer, das sie zur Poesie entfachte, verloren zu haben glaubt und ihre Gedichte nur noch aus Gewohnheit ("usanza") formt. Musiol dagegen will Colonna zu einem anachronistischen Genie der Romantik stilisieren, dem es darum gegangen sei, Konventionen zu brechen, innovativ zu sein und Authentizität zu zeigen. Dabei übertreibt Musiol: "In Wahrheit ist ihre Witwendichtung genial, weil Vittoria Colonna in ihrem Äußerungsdrang den Expressionismus, eine literarische Bewegung des 20. Jahrhunderts, um vierhundert Jahre vorwegnahm." (SuZ 78)

Im Zusammenhang mit den Rime spirituali spricht Musiol außerdem von einer "zweiten Auflage ihrer Rime" (SvS 276) – dies entspricht nicht den Tatsachen. Erstens hat Colonna nie ihre Gedichte selbst in einer Druckedition veröffentlichen lassen, zweitens kann man, was das Verhältnis von Rime amorose zu Rime spirituali angeht, nicht von zwei aufeinanderfolgenden Gedichtzyklen sprechen. Musiol reflektiert die Editionslage der Rime nicht.7

Wilde Behauptungen

Hinzukommt, dass sie allerlei Behauptungen aufstellt, die sie nicht beweisen kann, geschweige denn an Textquellen belegt, z.B.:

Petrarca ist innerlich gefasst, Vittoria dagegen impulsiv. Gemäß seiner größeren inneren Ruhe ist Petrarcas Stil deskriptiv. Vittoria aber ist expressiv. Petrarcha [sic] schlägt einen getragenen Tenor an, Vittorias Sprechtempo ist beschleunigt. (SuZ 17)

Immer wieder nennt sie [Colonna] den demütigenden Tod des Gottessohnes am Kreuz ein Paradoxon, ein Ärgernis, einen Skandal. (SuZ 20)

Manche Sätze klingen so, als entspringen sie eher Musiols Wunschvorstellungen: "Die formvollendete Aristokratin aus altem römischen Adel genießt glanzvolle Auftritte in der prunkliebenden Renaissancegesellschaft Italiens. Aber sie ging in dieser Rolle nicht auf, sondern blieb bezaubernd natürlich und echt. […] Papst Paul III., der sie liebkoste" (SuZ II, Hervorhebungen durch den Verfasser). Teilweise handelt es sich auch nur um hohle Phrasen, wie: "Vittoria will vor allem eines: sich selbst treu bleiben." (SuZ 13) Was soll das heißen?




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Musiol stellt zu Recht fest, dass die Tatsache, dass man sich nach Colonnas Tod nicht mehr mit der Dichterin auseinander setzte "gender generiert" sei (SuZ 1). Doch Musiols Umgang mit Fragen von gender ist zumindest fragwürdig. So schreibt sie: "Ihre [Colonnas] Briefe fließen über von sich verströmender Weiblichkeit." (SuZ IV) Diese "Weiblichkeit" versucht Musiol nun herauszuarbeiten: "Vittoria Colonna modifizierte männliche poetische, philosophische, theologische, literarische Modelle aus ihrer weiblich-subjektiven Sicht." (SuZ 1) – "Colonna stellt in ihrer Liebesdichtung das platonische Liebesideal in Frage, indem sie es an ihren subjektiven Erfahrungen und an ihrer weiblichen Sensibilität bemisst." (SuZ 17) – Was soll eine weiblich-subjektive Sicht im Gegensatz zu einer männlich-objektiven sein? Und was heißt das konkret? Vielfach reproduziert Musiol Vorurteile:

[Vittoria Colonna] entwickelte eine, bei einer Frau selten erlebte, geistige Aufbruchslust. (SuZ 1; Hervorhebung durch den Verfasser).

Platonismus entbehrt in seiner rigiden Statik lebendiger Dynamik. Diese Philosophie entsprang männlicher Abstraktion. Sie verdrängt Lebensfülle, der sich die weibliche Philosophin [gemeint ist Colonna] verpflichtet weiß. (SuZ 87)

Möchte man Musiol glauben, so verspürten Frauen also selten geistige Aufbruchslust und sind nicht so sehr philosophischer Abstraktion zugetan wie männliche Philosophen.

Mitunter widerspricht sich Musiol: "Den Glauben bewertet sie [Colonna] geringer als den Intellekt, auch wenn der Verstand der Erleuchtung durch den wahren Glauben bedarf. Dennoch ordnet sie den Glauben dem Verstand unter und nicht umgekehrt! Sie will verstehen, einsehen. Sie begehrt den Apfel vom Baum der Erkenntnis." (SuZ 273) Man könnte hier viele Passagen aus den Rime zitieren, die genau das Gegenteil bewiesen. Doch erkennt Musiol selbst nur zwei Seiten weiter, dass Colonna genau das Gegenteil sagt: "Vittoria legt Bernardi [gemeint ist Antonio de Bernardi della Mirandola] ein demütiges Bekenntnis für den Glauben nahe und empfiehlt ihm, den Intellekt dem Glauben unterzuordnen." (SuZ 275)

Einige Behauptungen Musiols sind zudem schlicht falsch: So stilisiert Musiol Colonna zur ersten weiblichen Autorin überhaupt: "Wahrscheinlich als erste Frau überhaupt beanspruchte sie das männliche Privileg der Liebesdichtung." (SuZ III) – was ist mit Sappho, Marie de France, Christine de Pizan usw.? An anderer Stelle: "Vielleicht wiederum als erste Dichterin schrieb sie [Colonna] Liebesgedichte an einen Mann" (SuZ 170) …eine Seite vorher hatte sie noch Beatritz de Die aus dem 12. Jahrhundert als Dichterin zitiert, die über einen Mann geschrieben habe.




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Auch die Behauptung, dass "man sich zu keiner Zeit mit der Dichtung der Vittoria Colonna ernsthaft auseinander setzt" (SuZ 1), stimmt nicht. Denn bereits zu Lebzeiten Colonnas verfasste Rinaldo Corso einen Kommentar ihrer Rime (Corso 1543). Daher stimmt auch die Behauptung nicht, dass "Pietro Bembo […] der einzige männliche Kritiker [sei], der ein Sonett von Vittoria Colonna objektiv [beurteilt habe]" (SuZ 3) – vielleicht liegt die Betonung hier auch auf "objektiv", allerdings gibt es keinen Grund anzunehmen, weshalb Bembo objektiver gewesen sein soll als Corso. Auch einige Wörter deutet Musiol einfach ihrer Wunschvorstellung entsprechend um: "Virtù bedeutete in der Renaissance élan vital." (SuZ 2) – Wo hat Musiol das her? Sie zitiert an dieser Stelle Bernardo Tasso, der in einem Brief an Colonna geschrieben haben soll: "Sie haben mit ihrer strahlenden virtù unser Zeitalter erleuchtet." (In der Übersetzung Musiols, SuZ 2), d.h. Musiol liest hier: Sie haben mit ihrem strahlenden élan vital unser Zeitalter erleuchtet. Anscheinend passt es nicht in Musiols Bild von Colonna, dass ein Zeitgenosse die Marchesa für ihre Tugendhaftigkeit lobt.

Identifizierung Colonnas in einigen Zeichnungen Michelangelos

Musiol behauptet weiterhin, dass Colonna die Mariendarstellungen Raffaels und Botticellis abgelehnt habe, da diese zu "rigide" (SuZ 14) seien und keine Identifikationsmöglichkeiten böten. Colonna habe zudem die Mariendarstellung Michelangelos dahingehend beeinflusst, dass der Künstler "Maria in eine selbstbewusste, lebhafte Frau mit natürlichen Gefühlen" verwandelte (SuZ 14) und er seiner Madonna del Silenzio die Gesichtszüge Colonnas gab: "Sie [Colonna] inspirierte Michelangelos innovative Ikonographie der Madonna seines Jüngsten Gerichts, der er mit innerer Stimmigkeit die Gesichtszüge Vittorias verlieh." (SuZ 176). In Michelangelos Jüngstem Gericht sei die Darstellung der Gottesmutter ein "Krypto Porträt Vittoria Colonnas" (SuZ 14, kursiv im Original), wobei andererseits das eitle Erscheinungsbild Vittorias Michelangelo "genervt" (SuZ 25) habe. Weiterhin schreibt Musiol romantisierend über Michelangelo: "Michelangelo konnte ja seinen Blick nicht von Vittorias schönem Gesicht abwenden. Es faszinierte ihn so sehr, dass er 'nur den Tod in jeder anderen Schönheit erblickte'." (SuZ 10)8 All dies wird nicht von Musiol belegt. Damit kommen wir auch schon zu Musiols Versuch, Colonna in einigen Zeichnungen Michelangelos identifizieren zu wollen.

"Ein Porträt Vittorias existiert nicht" (SuZ 9). Man möchte Musiol entgegnen: Was ist mit dem Porträt Sebastiano del Piombos? – Musiol glaubt, dass Piombo "das Idealbild einer kühlen, stolzen Aristokratin gemalt" habe (SuZ 10), was nicht in Musiols Bild von Colonna zu passen scheint, ebenso wie das Porträt von Bartolomeo Cancellieri:

Doch dieses Bild wurde und wird immer noch als besonders authentisch angesehen. Es ist die im 20. Jahrhundert bevorzugte Darstellung der Marchesa. Weil sie Vittoria zur Durchschnittlichkeit reduziert und ihrem Genius den Garaus macht? Provoziert und erschreckt die weibliche Genialität der Vittoria Colonna, die Michelangelo erfasste und ins Bild setzte, die Brave New World des zwanzigsten Jahrhunderts? (SuZ 11)




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Abenteuerlich wird es, wenn Musiol versucht, die Marchesa mit Hilfe von Paolo Giovios Beschreibung von Colonnas äußerem Erscheinungsbild in Zeichnungen Michelangelos wiedererkennen zu wollen. So schreibt Giovio u.a., Colonna habe "wundervolle Juwelen und Perlen" an den "hübschen Ohren" (SuZ 10) getragen; auf einer Zeichnung Michelangelos trägt eine Frau Ohrringe – Musiol schließt daraus, dass die abgebildete Frau Vittoria sein muss. Dabei wird teilweise nicht deutlich, wovon Musiol spricht:

In der Ausstellung der Zeichnungen Michelangelos im Britischen Museum in London (2006): Michelangelo. Drawings: Closer to the Master wurde die Zeichnung einer jungen Frau im Halbprofil, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Vittoria Colonna zugeordnet werden kann, als Head of a young Man mit einem Fragezeichen versehen. (SuZ 8)

Wieso glaubt Musiol, der Kopf stelle Colonna dar? Um welche Zeichnung handelt es sich denn? An anderer Stelle wiederum schreibt Musiol, dass Michelangelo Colonna nicht porträtiert, dafür aber ihr Wesen und ihre Gesichtszüge habe in seine Zeichnungen einfließen lassen: "Gewiss porträtierte Michelangelo Vittoria nicht. Jedoch ebenso gewiss ließ er, von der Marchesa bezaubert, ihre Individualität […], ihre Physiognomie in die Darstellung der Maria einfließen" (SuZ 10). Wie Musiol dann wiederum aus einer Zeichnung Michelangelos heraussehen will, dass Colonna "üppiges blondes Haar" (SuZ 25) gehabt habe, bleibt schleierhaft, reproduziert Musiol damit doch nur ein Schönheitsklischee der Renaissance, wobei sie an anderer Stelle Giovio zitiert, der von "ebenholzschwarz[em]" Haar spricht… Teilweise sind Musiols Sätze auch ungewollt komisch:

Auffallend muss sie schon gewesen sein, Vittorias Nase […]. Giovio sucht den ausgefallenen Vergleich mit den Nasen der Arsakiden. Griechische Nasen sind so selten nicht. Eine arsakidische Nase aber sucht ihresgleichen und ist der Individualität Vittorias würdig. (SuZ 134)

Von der Beschreibung der Nase Vittorias durch Giovio ausgehend versucht sie Vittorias Abbild in Zeichnungen Michelangelos wiedererkennen zu wollen. Nimmt man Musiols Vorgehen ernst, ist ihre Argumentation allerdings nicht stimmig. Denn Giovio spricht davon, dass Colonna "einen kleinen Hügel in der Mitte" der Nase habe (Musiols Übersetzung, SuZ 134) – auf der in SuZ 135 abgebildeten Zeichnung ist aber nichts von einem Hügel zu sehen, ganz im Gegenteil zeigt sie eine gerade, 'griechische' Nase.

Der Leser wird bereits gemerkt haben, dass die Arbeiten Musiols nicht gerade Begeisterung in mir hervorgerufen haben. Es ist mitunter sehr anstrengend die beiden Bücher zu lesen, da sich zahlreiche Wiederholungen finden und der Stil streckenweise bis ins Unerträgliche pathetisch und unpassend ist. Insgesamt ist das Bild Vittoria Colonnas durch Musiols Überhöhungen stark verzerrt dargestellt. Die Übersetzungen sind teilweise ungenau oder schlicht falsch, die Gedichtanalysen oberflächlich. Für wissenschaftliche Zwecke eignen sich Musiols Arbeiten nicht.




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Bibliographie

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Buonarroti, Michelangelo (1967): Rime, hg. von Enzo Noe Girardi. Bari: Laterza.

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Colonna, Vittoria (2005): Sonnets for Michelangelo, ins Englische übersetzt und kommentiert von Abigail Brundin. Chicago: University of Chicago Press.

Corso, Rinaldo (1543): Dichiaratione fatta sopra la seconda parte delle rime della Divina Vittoria Collonna, Marchesa di Pescara. Bologna: Gianbattista de Phaelli.

Crivelli, Tatiana (2013): "'Mentre al principio il Un non corrisponde.' Note sul canzoniere di Vittoria Colonna", in: Calligaro, Silvia / Di Dio, Alessia (Hg.): Marco Praloran 1955–2011. Studi offerti dai colleghi delle università svizzere. Pisa: ETS, 117–136.

Jedin, Hubert (1947): "Il cardinale Pole e Vittoria Colonna", in: Italia francescana 22, 13–30.

McAuliffe, Dennis (1998): "Neoplatonism in Vittoria Colonna's Poetry: From the Secular to the Divine", in: Eisenbichler, Konrad et al. (Hg.): Ficino and Renaissance Neoplatonism. Toronto: Dovehouse, 101–112.

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Wyss, Johann J. (1916): Vittoria Colonna. Leben/Wirken/Werke. Frauenfeld: Huber.


Anmerkungen

1 Die englische Übersetzung scheint von Musiol selbst zu stammen.

2 Ich möchte nur ein paar Titel und Namen nennen. Abigail Brundin hat sich in ihren Arbeiten vor allem auf das Verhältnis von Colonna und Spirituali konzentriert (u.a. Brundin 2008). Auch die Arbeiten von Dennis McAuliffe beschäftigen sich mit der Spiritualität in Colonnas Dichtung (u.a. McAuliffe 1998). Sehr eingehende Analysen der Sonette bieten auch Maria Serena Sapegno (2005) und Carlo Vecce (1994). Zudem sei erinnert an Ulrike Schneiders Monographie (Schneider 2007). Bis auf McAuliffe und Brundin finden sich diese Titel (und viele andere nennenswerte) nicht in der Bibliographie zu Musiols Arbeit.

3 Hierzu nur ein Beispiel: "Aus räumlicher Distanz nimmt sie die Schlacht nur im Widerschein der metallenen Waffen auf ihren gepflegten Feldern wahr. Akustisch aber konfrontiert sie den Leser [hautnah] mit dem [Töten und Verwunden], indem sie die Schmerzensschreie der Menschen zu Gehör bringt und zugleich an ihren früheren Gesang und ihr helles Lachen erinnert." (SuZ, 32; SvS, 110) Gemeint ist das Sonett E:22, in SvS ist lediglich das Wort "hautnah" ausgelassen und "Töten und Verwunden" wurden umgedreht.

4 Es handelt sich um eine Paraphrase von drei Versen aus der ersten Chanson spirituelle Marguerites: "Mes larmes, mes souspirs, mes criz / Dont tant bient je sçay la pratique, / Sont mon parler et mes escritz, / Car je n’ay autre rhétorique." (Marguerite de Navarre 1971: 4, V. 18–20)

5 Zur Kennzeichnung der Sonette Colonnas verwende ich im Folgenden die Siglen von Alan Bullock (siehe Colonna 1982).

6 In SvS berichtig Musiol lediglich "jede" zu "eine" (SvS 160), was ihre Übersetzung aber keinesfalls besser macht.

7 Es hätte nicht geschadet, wenn sich Musiol z.B. mit Crivellis Kritik an Bullock (Crivelli 2013) auseinandergesetzt hätte.

8 Musiol nennt keine Quelle für das von ihr angeführte Zitat. Es handelt sich um eine Paraphrase eines Verses aus Michelangelos bekanntem Madrigal "Un uomo in una donna, anzi un dio": "ch'i' veggio morte in ogni altra beltate." (Buonarroti 1967: 235, V. 10)