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André Lottmann (Berlin/Irvine)



Investitionen ins Geheimnis. Zur Ökonomie eines Topos' im Spätwerk Gottfried Benns



Enigmatic Investments: The Economy of a Topos in the Late Work of Gottfried Benn
The essay examines the paradigms and techniques of what one could call an 'economy of symbols' in the later work of Gottfried Benn. This particular economy not simply renewed the idea of the concept of 'art for art's sake' in the 20th century, it arguably brought it to perfection. The purpose of the following discussion therefore is to highlight the internal principles of a symbolic economy in Benn's works which despite its outward appearance as rather anti-economical was grounded essentially on a strategy of 'semantic investment' and 'profit'. In order to grasp this economy, a pivotal topos to which Benn attached great value will be analyzed at length – the enigma.



"Im Dunkel leben, im Dunkel tun, was wir können" (Benn 1978a: 445), rezitiert der Chorführer zum Ende des Hörspiels Die Stimme hinter dem Vorhang von 1952 die Figur des 'Alten' – ganz so, als ließe er so kurz den Autor 'hinter dem Vorhang' des Textes selbst zu Wort kommen. 

Gottfried Benn hat immer wieder das Dunkle und Verborgene, das Abgegrenzte und Schweigsame thematisiert und damit einem Topos das Wort geredet, der spätestens mit der Romantik Einzug in die deutschsprachige Dichtung erhalten hatte: das Geheimnis. Damit schloss er an ein Künstler-Selbstverständnis an, das – in dieser zeitlichen Reihenfolge – die Abhängigkeiten des Kunstschaffenden von höfischen (Repräsentations-)Interessen zunehmend ablehnte, barocke Regelpoetiken außer Kraft setzte oder sich im 18. Jahrhundert sukzessiv des Dienstes der Naturnachahmung zu entledigen versuchte. Um 1800 herum trat so eine Auffassung hervor, nach der Kunstwerke nicht mehr allein äußeren Zwecken dienen, sich an Bedürfnissen und Interessen orientieren, schlichtweg nicht mehr an die Wirklichkeit angeschlossen sein und diese verhandeln sollten, sondern in der die Kunst selbst zu ihrer eigenen 'autopoietischen' Referenz wurde, der Künstler mithin zum schöpfenden Genie. 

Dieses romantische und etwa im französischen Symbolismus virtuos ausgestaltete Theorem von der künstlerischen "Unabhängigkeit von äußeren Zwecken" (Schelling 2003: 690) war darauf ausgerichtet, eine andere, der Lebenspraxis bewusst entzogene Wirklichkeit zu schaffen (vgl. Bürger 2002: bes. 49–75), in der – schließlich noch virulent bei Friedrich Nietzsche – "nur als ästhetisches Phänomen das Dasein der Welt gerechtfertigt" (Nietzsche 1972: 11) sein sollte.1 So wie sich die Literatur und ihr Schöpfer durch den Ästhetizismus aus sozialen oder ideologischen Abhängigkeiten lösten, drohten sie mit dem um 1800 sich dynamisch entwickelnden Buchmarkt (vgl. Wegmann 2002: bes. 153–186) in neue hineinzugeraten. Wie nämlich die Kunstfreiheit ohne die wirtschaftliche Integration der Künstler und ihrer Werke in ein Marktgeschehen nicht denkbar war, so bedeutete dies zugleich auch die Notwendigkeit, sich der Anrüchigkeit einer um sich greifenden merkantilen Lebenspraxis zu entledigen, die als vermeintliche Fremdreferenz den schönen Schein von der Freiheit der Kunst desavouierte.




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Ästhetizistische Werke durften mit Adorno einen niedrig gelegenen ökonomischen "Schwellenwert nie überschreiten" (Adorno 2003: 258); sie mussten vor allem ihrer eigenen, 'inneren' Ökonomie folgen, die gerade nicht auf Werte und Wertigkeiten materieller Güter, sondern auf solche wie Zweckfreiheit, Interesselosigkeit oder Selbstreferenzialität setzte. Diese Werte gehören – um auf Stephen Greenblatt zu rekurrieren – zum "allgemeinen Symbolhaushalt" (Greenblatt 2001: 55) des Ästhetizismus'.

Dieser Beitrag verhandelt die Paradigmen und Techniken einer solchen 'Ökonomie der Symbole', wie sie Gottfried Benn vor allem mit seinem späteren literarischen Werk in der Traditionslinie des Ästhetizismus' wieder aufgreift und – um ein Urteil zu wagen – perfektioniert. Am hier zentralen Topos des Geheimnisses soll dabei untersucht werden, inwieweit hinter der 'äußeren' Anti-Ökonomie 'innere' Strategien einer anderen, nämlich symbolischen Ökonomie gesehen werden können. 

Es soll – in dieser Reihenfolge – gefragt werden: 

(a) Wie setzt Gottfried Benn an der Traditionslinie des Ästhetizismus' an? 

(b) Welche Techniken werden eingesetzt, um das Geheimnis als genuinen Topos der ästhetizistischen Kunstwelt zu generieren?

(c) Welcher ökonomischen Logik folgt Benns Topik des Geheimnisses?

(d) Inwiefern wird eine Ökonomie, die auf materielle Güter ausgerichtet ist, durch eine Ökonomie, die mit Symbolen, etwa jene des Geheimnisses, handelt, suspendiert, stabilisiert oder ignoriert? 

(e) Schließlich: Lässt sich daraus ableiten, dass eine Ökonomie der Symbole nur rhetorisch besteht und als solche gerade für anti- oder gar an-ökonomische Bereiche spricht? Oder zeugt sie von einer ökonomischen Alternative? Oder geht sie schlichtweg unter Berücksichtigung besonderer Sachverhalte in der (heute wirtschaftswissenschaftlich aufgehobenen) Ökonomie auf bzw. lassen sich deren Prinzipien auf sie anwenden? 

Mit Pierre Bourdieu geht dieser Beitrag heuristisch von der These aus, dass "alle Praktiken einschließlich derer, die als uneigennützig oder zweckfrei und somit als 'von ökonomischen Rücksichten freie' ausgegeben werden, als ökonomische behandelt" (Bourdieu 1976: 222/223) werden können. Ich nehme zunächst an, dass die Zwecklosigkeit des Ästhetizismus' sein eigentlicher (symbolischer) Zweck, seine Interesselosigkeit sein (symbolisches) Interesse, seine Selbstgerichtetheit, seine (symbolische) Exteriorität ist usw. In Hinsicht auf Bourdieus Begriff des symbolischen Kapitals (vgl. Bourdieu 2004: 108–115) werden dabei literarische Verhandlungen als Möglichkeiten gesehen, Symbolkraft – ganz analog zu Kapital anderer Sorten – auf ein bestimmtes Ziel zu lenken, um dieses schließlich im Wert steigen zu lassen. So kann etwa das Geheimnis als genuines Interesse eines symbolischen Investments in Benns späterem Werk gesehen werden.









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1 Die Ausgangssituation der Zwei-Welten-Poetik

Ein Blick in den bekannten Gedichtband Statische Gedichte erinnert an die Ausgangssituation jener Literatur, die Benn selbst mehr oder weniger passend als "Phase II des expressionistischen Stils" (Benn 2002b: 164) kategorisiert hat und die folgend im Vordergrund stehen wird:

Leben – niederer Wahn!
Traum für Knaben und Knechte,
doch du von altem Geschlechte,
Rasse am Ende der Bahn,

was erwartest du hier?
immer noch eine Berauschung,
eine Stundenvertauschung
von Welt und dir? (Benn 2002a: 134, V. 1–8)

Das Gedicht "Leben – niederer Wahn" von 1936 thematisiert nicht weniger als die ontologische Gesamtheit der 'lebendigen Welt', befragt die Potenzialität ihres hic et nunc. Wie sich hier ein solch umfassender Gegenstand in wenigen Versen konzentriert, so ganzheitlich wird auch das Urteil über ihn erkennbar. Die Frage "was erwartest du hier?" wirkt resignativ und lässt die Ziellosigkeit der Thematisierung erkennen; sie entleert sogleich das Verhältnis von Welt und Ich. Die lyrische Person fordert sich infolgedessen geradezu selbst auf, den alten Ort des "niedere[n] Wahn[s]", der mit dem Leben selbst identisch ist, zu verlassen. Sein Lebensabschied ist unüberhörbar und findet schließlich vielfache Variation in anderen späteren Gedichten Gottfried Benns. Ein Auszug aus "Quartär" (entstanden 1946) sei als prägnantes Beispiel angeführt:

dann pflückt er sich Asphodelen
und wandert den Styxen zu –
laß sich die Letzten quälen,
laß sie Geschichte erzählen –
Allerseelen –
Fini du tout. (Benn 2002a: 185–187, III, V. 13–18)

Zugleich ist der 'Abschied von allem' aber keineswegs mit dem Tod gleichgesetzt. Vielmehr wird zeitgleich in anderen Statischen Gedichten eine neue personale Weltbezüglichkeit hergestellt. In "Wer allein ist –" hat das lyrische Ich sich bereits aus dem Leben zurückgezogen, ohne allerdings dadurch ganz verschwunden zu sein. Die resignative Frage nach der Potenzialität von Raum und Zeit kann an diesem neuen, geheimen Ort abermals gestellt werden – und findet nun eine Beantwortung.

Wer allein ist, ist auch im Geheimnis,
immer steht er in der Bilder Flut,
ihrer Zeugung, ihrer Keimnis,
selbst die Schatten tragen ihre Glut. (Benn 2002a: 135, V. 1–4)

Nicht nur bildhaft verweisen die Begriffe "Zeugung" und "Keimnis" auf eine inner-poetische Natalität; vielmehr wird das Gedicht selbst zum Moment einer Neukonstruktion. Der vom Leben zurückgezogene zurückgezogene lyrische (in diesem Fall dritte) Autor sieht durch das Gedicht selbst, "wie die Erde / eine andere ward, als ihm begann" (ebd: V. 9/10). Auf diese Art und Weise wird in die lyrische Form selbst die Thematisierung derselben eingezogen (Vgl. Meister 1983: 134). Sie wird zur 'selbstbelebten' Alternative ("denkerisch erfüllt" (Benn 2002a: 135, V. 6), "formstill" (ebd: V. 12) des ausgelöschten Lebendigen ("mächtig ist er der Vernichtung" (ebd: V. 7)), das zuvor als degradierter "niederer Wahn" immerhin noch Bestand hatte.




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Das in das Geheimnis entrückte einsame lyrische Ich bildet auf diese Weise eine Person der ästhetizistischen "Ausdruckswelt",2 für die der lebenspraktische Alltagsraum abhanden gekommen ist. Die künstlerische tritt in eine unbedingte Diastase zur lebenspraktischen und kulturellen Welt mit ihren politischen und ethischen Handlungsbereichen sowie ihren unterschiedlichen (biologischen, psychologischen oder geschichtsphilosophischen) Wissens- und Wissenschaftssystemen, aus denen Benn vor 1936 noch – mit den bekannten politischen Verirrungen – Bestimmungen und Intentionen seines Schreibens entnahm.3

Diese Verbindungen zu Konventionellem, Bekanntem und Gewusstem und die jeweiligen Teleologien werden spätestens 1936 gekappt. Diese "flache[n] Utopie[n] vom Geist und seiner Verwirklichung" (Benn 1978b: 147) – so vermittelt die Erzählfigur aus der 1937 entstandenen Novelle Weinhaus Wolf – treten nun zugunsten der "Antithese von Leben und Geist" (ebd.) zurück, wobei der Terminus "Geist" Benn jetzt vor allem als Katachrese dient, um dem 'anderen Ort' der Kunst, jenem Topos des Geheimnisses eine provisorische Referenz zu geben.4 Er steht für einen radikal ausgestalteten Anschluss an den traditionellen Ästhetizismus' und eine Apologetik der Zwei-Welten-Poetik. Genauer lassen sich vor allem zwei Dinge festhalten, die maßgeblich für die Genese der ästhetizistischen Ausdruckswelt bei Benn sind:

(a) Auf der Ebene der lyrischen Person wird ein erstes Subjekt durch ein zweites ersetzt, indem es vom ersten abgerückt wird. Dies geschieht, indem ein diegetisch vorhandenes 'Ausgangssubjekt' der Lebenspraxis durch den stets einsamen poetischen Schöpfer und Hüter des Geheimnisses ausgetauscht wird.

(b) Diese personale Transformation wird dabei zugleich durch eine örtliche Veränderung kontextualisiert, ja sogar erst durch diesen 'topischen Drift' erfahrbar. Die andere (Um)Welt des Subjekts weist meistens alleinig daraufhin, dass eine personale Veränderung eingetreten ist; diese kann fast ausschließlich über den Wandel ihrer Verortung erschlossen werden.

Daher wird es im Folgenden zunächst hauptsächlich um (b) den Topos des Geheimnisses, seine Strukturmomente und seine ästhetizistische Gesetzlichkeit gehen, ehe genauere Rückschlüsse auf (a) das 'Personal der Ausdruckswelt' und seine Strategien der Verheimlichung gezogen werden können.


2 Der topische Drift ins sichtbare Unsichtbare

Paradigmatisch lässt sich für die Analyse des ästhetizistischen Topos' das 1951 in Fragmente publizierte "Verhülle dich –" heranziehen:

Verhülle dich mit Masken und mit Schminken,
auch blinzle wie gestörten Augenlichts,
laß nie erblicken, wie dein Sein, dein Sinken
sich abhebt von dem Rund des Angesichts.

Im letzten Licht, vorbei an trüben Gärten,
der Himmel ein Geröll aus Brand und Nacht –
verhülle dich, die Tränen und die Härten,
das Fleisch darf man nicht sehn, das dies vollbracht.

Die Spaltungen, den Riß, die Übergänge,
den Kern, wo die Zerstörung dir geschieht (Benn 2002a: 248, V. 1– 10)




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Ein solches "absolute[s] Gedicht" (Benn 1997c: 524) ist durch Motivkomplexe der Abgrenzung ("Die Spaltungen, den Riß, die Übergänge") und Abdunklung ("[i]m letzten Licht", "trübe[] Gärten, "Brand und Nacht") markiert. Auf diese Weise wird eine Welt mit Rändern unterschiedlicher destruktiver Momente ("der Himmel ein Geröll", "wo die Zerstörung geschieht") generiert, die ein opakes Zentrum ("de[r] Kern") zeichnen, in dem das Geheimnis spürbar wird. Hier wird in der Folge ein zweites Subjekt geringer Physikalität (ohne "Rund des Angesichts" und ohne "Fleisch") und geringer Sozialität ("laß nie erblicken", "die Tränen und die Härten") zwar nicht erkennbar, aber ex negativo durch den topischen Drift erfahrbar. Es ist das sprechende lyrische Ich selbst, die Stimme der Kunst. So endet das Gedicht denn auch mit dem Verweis auf den künstlerischen Ausdruck – hier jener des Gesangs –, der nur scheinbar in der Ferne des Geheimnisses erkennbar wird: "verhülle, tu, als ob die Ferngesänge / aus einer Gondel gehn, die jeder sieht." (Benn 2002a: 248, V. 11/12)

Das Geheimnis ist der besondere Ort einer ästhetizistischen Literatur, wie man ihn womöglich in seiner Stringenz nicht deutlicher als im späteren Werk Benns finden kann. Aber in den bisherigen Ausführungen ist bereits eines deutlich geworden: Das Geheimnis ist immer auch ein Ort an der Grenze der Sichtbarkeit. Es befindet sich in der hermetisch verschlossenen Gondel und kann nur durch diese änigmatische Verortung überhaupt sein, was es ist. Zugleich ist das Geheimnis nicht bloß als Dislokalisation oder Marginalisation zu begreifen, das heißt weder ein Nirgendwo noch ein Irgendwo; es bildet vielmehr einen Topos, der eine besondere Aufmerksamkeit auf sich zieht, geradezu im Mittelpunkt des Interesses steht und der ex negativo lokalisiert werden kann, das heißt durch Abgrenzung zum Sichtbaren. Man kann daher auch von einer sichtbaren Unsichtbarkeit sprechen.5

Der Gondel ähnelnde Bilder finden sich bei Benn viele. Drei weitere Beispiele unterschiedlicher Datierungen sollen die Zentralität des Geheimnisses im späteren Werk Benns unterstreichen – von einem Auszug aus einem Brief an Friedrich Wilhelm Oelze aus dem November 1934 über einen Passus aus Doppelleben zu einer Passage des Gedichts "Melancholie" von 1954.

Lassen Sie uns [...] ein Kloster gründen, nur Mönche, echte, sind des "Lebens" wert. Lassen Sie uns das Kloster an einem milden Ort gründen und der Rosen pflegen, Granada oder Pistoja (Benn 1986: 48/49)

Sie werden allein sein, eine Nußschale auf dem Meer, eine Nußschale, aus der es zirpt mit fragwürdigen Lauten, klappert vor Kälte, zittert vor Ihren eigenen Schauern vor sich selbst – aber geben Sie nicht SOS – erstens hört Sie keiner, und zweitens wird Ihr Ende sanft sein nach so viel Fahrten. (Benn 2002b: 167)

Tiere, die Perlen bilden, sind verschlossen,
sie liegen still und kennen nur die See (Benn 2002a: 302–304, V. 51/52)

Gleich ob als Kloster, Nussschale oder Muschel – Benn bildet seine Ausdruckswelt als hermetischen und auffälligen Topos aus, der davon lebt, die Parallaxe sichtbarer Unsichtbarkeit sosehr auszureizen, dass sie das Groteske streift. Lyrische Konzentration von Abgrenzungen, Abdunklungen und Entkörperungen lassen Orte entstehen, die als Elfenbeinturm-Variationen zugleich präsent und opak sind. "In einer Nacht, die keiner kennt / Substanz aus Nebel, Feuchtigkeit und Regen, / in einem Ort, der kaum sich nennt" (Benn 2002a: 319, V. 1–3) erregt das nicht zu erkennende, aber deutlich konturierte Geheimnis eine Aufmerksamkeit, der man als Rezipient oder Rezipientin jedoch nicht folgen kann. Der Leser oder die Leserin erfährt von etwas, das er oder sie zu erfahren nicht in der Lage ist.

Damit sind in aller Kürze einige poetische Strukturmomente aufgezeigt, mit der Benn den Ästhetizismus' in seinem Sinn (wieder)entdeckt. Mit ihnen lässt sich folglich die Frage nach den Gesetzlichkeiten der Ausdruckswelt stellen. Welcher (an-/anti-)ökonomischen Logik folgt Benns Topik des Geheimnisses?




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3 Am Rand der Ökonomie: Das Gesetz des No Return on Investment

Pierre Bourdieu hat – darauf wurde zu Beginn bereits verwiesen – in der ästhetizistischen Literatur und besonders am Beispiel Gustave Flauberts mit dem Begriff des symbolischen Kapitals eine genuin literar-ökonomische Logik herausgestellt. Das Axiom derselben bezeichnet er so: "Auf symbolischem Terrain vermag der Künstler nur zu gewinnen, wenn er auf wirtschaftlichem Terrain verliert (zumindest kurzfristig), und umgekehrt (zumindest langfristig)." (Bourdieu 1999: 136) Er hat damit darauf aufmerksam gemacht, die Kunstautonomie nicht aus sich selbst heraus zu betrachten, sondern sie 'von außen' auf immanente Strategien hin zu befragen.

Damit hat er zweifelsohne – dies sei zumindest am Rand erwähnt – einen sensiblen Bereich der traditionellen Literaturwissenschaften selbst getroffen; rückbezogen auf die Aesthetica Alexander Gottlieb Baumgartens, ihre Etablierung einer Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis und Immanuel Kants Erweiterung der Vernunft um eine produktive Einbildungskraft (vgl. Schneider 1996: 21–29, 42–56) gingen sie selbst aus einem ähnlichen Geltungsbedürfnis und Autonomiebestreben gegenüber dem Rationalismus kartesianischer Prägung und schließlich den empirischen Wissenschaften hervor. Dieses wissenschaftstheoretische Fundament und damit auch die Thematisierung einer 'literarischen Ökonomie' blieben lange Zeit unangetastet und wurden erst mit den cultural turns der etwa letzten 30 Jahre ernsthaft reflektiert. Auch Bourdieu hat darauf aufmerksam gemacht.

Die Literatur- oder Kunsthistoriker, die, ohne es zu wissen, die Sichtweise der Produzenten für Produzenten übernehmen, die (mit Erfolg) Anspruch auf das Monopol auf die Bezeichnung Künstler oder Schriftsteller erheben, kennen und anerkennen nur das Unterfeld der limitierten Produktion. (Bourdieu 2004: 69)

Fernab von seiner wissenschaftstheoretischen Erörterung, die hier nicht weiter verfolgt werden kann, bescheinigt Bourdieu dem literarischen Ästhetizismus eine "anti-'ökonomische' Ökonomie der reinen Kunst" (Bourdieu 1999: 228), die über "Werte der Uneigennützigkeit und Interesselosigkeit" (ebd.) an traditionellen monetären Warenmärkten vorbeimanövriert. Sie ist auf einen 'alternativen' Bereich ausgerichtet, in dem Angebot und Nachfrage zunächst einmal so weit auseinander liegen, dass mikroökonomische Modelle der Produktion, Distribution und Konsumtion nicht mehr zu greifen scheinen. Eine Literatur, die sich auf die Zwei-Welten-Poetik beruft, verwehrt sich eines Vor-, Her- oder Nachgangs. Sie bleibt hermetisch auf sich selbst verwiesen, grenzt sich – mit Niklas Luhmann gesprochen – durch Ideen einer anderen, gemeinhin imaginären oder fiktionalen Realität gegen 'reale Realitäten' ab (vgl. Luhmann 1997: 229), verdunkelt ihre eigene Herkunft und Zielgerichtetheit. An ihren Orten werden Bedeutungen und Bedeutsamkeiten hervorgebracht, die nicht auf Absatz, Handel, Zirkulation oder Verbrauch abzielen, ja die gerade durch diese Charakterisierung ihren eigentümlichen Symbolwert erhalten. Dabei ist ihr strengster Topos – zumindest für das Beispiel von Gottfried Benns Spätwerk – das Geheimnis; mit ihm wird ein symbolischer Wert generiert, der sich jedem Warencharakter total entzieht.

Ein Geheimnis kann nicht erworben werden. In dem Augenblick, da es wirklich zu einem Angebot-Nachfrage-Verhältnis käme, in jenem Moment also, da man das Geheimnis in einen ökonomischen Tauschprozess einließe, indem es als Produziertes gleichsam Konsumierbares würde, verlöre es sofort seinen gesamten symbolischen Wert. Man kann ein Geheimnis nicht besitzen, ohne dass darunter alles Semantische getilgt würde, das es geheimnisvoll machte.




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Das Gedicht "Blaue Stunde" von 1950 verdeutlicht, wie wenig das Geheimnis, das hier als anthropomorphe Gestalt angesprochen wird, gehandelt und getauscht werden kann.

Du bist so weiß, man denkt, du wirst zerfallen
vor lauter Schnee, vor lauter Blütenlos,
todweiße Rosen Glied für Glied – Korallen
nur auf den Lippen, schwer und wundengroß.

Du bist so weich, du gibst von etwas Kunde,
von einem Glück aus Sinken und Gefahr
in einer blauen, dunkelblauen Stunde
und wenn sie ging, weiß keiner, ob sie war.
(Benn 2002a: 259/260, II, V. 5–12)

Einmal hervorgetreten und angeeignet, ist das Geheimnis schlichtweg nicht mehr vorhanden. Seine symbolische Zusammensetzung aus ephemeren Ingredienzien ("Schnee", "Blütenlos", "todweißen Rosen" und "Korallen") vermittelt vor allem eines: die Unmöglichkeit einer Handreichung, einer Weitergabe, eines Tauschs.

Du kannst dein Wesen keinem nennen,
verschlossen jedem Bund und Brauch,
du kannst dich nur im Wort erkennen
und geben dich und trauern auch.
(Benn 2002a: 426, V. 5–8)

So wie in diesen Versen des Gedichts "Du trägst" von 1937 kann das Geheimnis nur für sich selbst sein, was es ist. Als literarische Anlage ist es dadurch bestimmt, dass es jede Verwertbarkeit oder auch nur einen geringen Rückgewinn von vornherein ausspart. Da Vermittlung, Weitergabe oder Tausch von Beginn an ausgeschlossen sind, ist das Geheimnis als symbolisches Kapital vollkommen unrentabel. Es wächst stetig an, ohne einen symbolischen Rückfluss, einen symbolic flow auch nur in Aussicht zu stellen. In Abwandlung betriebswirtschaftlicher Logik gilt für das Geheimnis das Gesetz des No Return on Investment.6 Mit dieser Formalisierung ist die fortdauernde Bildung eines sehr hohen symbolischen Werts mit der Unmöglichkeit verknüpft, dass dieser Wert jemals abgeschöpft werden kann – weder als Produzenten- noch als Konsumentenrente, weder direkt als symbolische noch indirekt als monetäre Rente. Damit führt das Geheimnis an den Rand dessen, was überhaupt als Ökonomie zu begreifen ist. Es disqualifiziert Tauschverhältnisse und Handelsbereiche und stellt eine literarische Strategie in Aussicht, die eine herkömmliche ökonomische Logik desavouiert. Es drängt sich der interessante Eindruck auf, dass das Geheimnis einen Topos des Anökonomischen darstellt.

Zugleich wurde aber bereits herausgestellt, dass das Geheimnis nicht verschwinden kann, sosehr es als Selbstreferenzielles auch unzugänglich bleibt. Letztlich ist es in der Literatur nur als topischer Drift erfahrbar und damit 'von außen' erkennbar. Das bedeutet nun zweierlei: Einerseits gibt es Akteure, die einen ersten Blick in Bennsche Gondeln, Klöster, Nussschalen oder Muscheln werfen und am Geheimnis teilhaben, es in den Besitz nehmen wollen und also ein spezifisches Interesse am Geheimnis besitzen; andererseits kann der Schöpfer und Hüter des Geheimnisses mit diesen Akteuren rechnen. Im Gedicht "An –" aus dem Gedichtband Destillationen von 1953 ist diese Situation vom Ort des Geheimnisses aus wiedergegeben:

An der Schwelle hast du wohl gestanden,
doch die Schwelle überschreiten – nein,
denn in meinem Haus kann man nicht landen,
in dem Haus muß man geboren sein. (Benn 2002a: 279, V. 1–4)




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Sowenig es also einen symbolischen Markt für das Geheimnis selbst geben kann, sosehr gibt es ein symbolisches Interesse an einem solchen Markt; das bedeutet, dass die symbolische Ökonomie des Geheimnisses kein direktes Tauschverhältnis zulässt, keine Handelsbereiche eröffnet, sehr wohl aber eine explizite Interessenlage provoziert. Es gibt keine ökonomische Produktion und Konsumtion von Geheimnis-Symbolen, da auf der Ebene der Topik das Gesetz des No Return on Investment gilt; sehr wohl aber kann der Schöpfer und Hüter des Geheimnisses als Produzent einer Interessensituation betrachtet werden. Damit ist zur Analyse der personalen Situation der Ausdruckswelt übergeleitet. Es stellen sich die Fragen: Wer investiert in das Geheimnis? Verfolgt ein solcher Geheimnis-Investor dabei einen besonderen Zweck, lassen sich ökonomische Strategien erkennen? Letztlich: Ist das Geheimnis doch in eine genuine symbolische Ökonomie eingebunden?


4 Der Geheimnis-Investor und die Frage nach Strategien des Verheimlichens

Ein vergleichender Blick in die Betriebswirtschaftslehre soll zur Beantwortung der Fragen helfen, indem kurz darauf aufmerksam gemacht wird, dass auch in Unternehmen mit Symbolen gehandelt wird. Hier greifen nicht allein Praktiken des 'Corporate Brandings' in hohem Maße auf eine symbolische Ökonomie zu, die es darauf anlegt, spezifische und zunächst einmal unmonetäre Werte – jene von Marken – zu entwickeln; auch die Entwicklung von Patenten oder die Unterstützung von gemeinnützigen Aktionen werden als 'immaterielles Investment' von den 'materiellen Gewinnmaximierungszielen' unterschieden. Es kann dabei an die eigentlichen monetären Geschäftsziele mehr oder minder stark angeschlossen sein. Während etwa die Positionierung von Marken stark der unternehmerischen Finanzplanung zugeschrieben werden kann, nimmt die direkte Bindung an das monetäre 'Unternehmensmilieu' bei der Unterstützung von Benefiz-Veranstaltungen eher ab; hier steht buchstäblich der 'Symbol'-Charakter im Vordergrund. Mehr noch kann gelten, dass je stärker symbolisch investiert wird, umso weniger die monetären Absichten erkennbar sein dürfen. Dass die symbolischen Investitionen dabei nicht zwingend positive Effekte auf die finanziellen Entwicklungen unterdrücken, dürfte selbstverständlich sein.7

Dies zeigt, dass zwei Ökonomien, jene des Symbolischen und jene des Monetären, in einem reziproken Verhältnis zueinander stehen können. Es legt auch kurzerhand nahe, den literarischen Ästhetizismus' der Bennschen Ausdruckswelt betriebswirtschaftlich zu erschließen. Das Geheimnis könnte dann als ein aufgebrachtes Symbol interpretiert werden, das Interesse weckt und sich nach einer gewissen Zeit als markt-stimulierendes 'Label' positiv auf die umliegenden monetären Bereiche des Literaturbetriebs auswirkt und so gesehen neben eher symbolischen Renditen der Anerkennung schließlich auch finanziellen Ertrag abwirft.8 – Aber lässt das Geheimnis ein solches Kalkül erkennen? Provokanter gefragt: Welche Strategien verfolgen die Geheimnis-Investoren der Ausdruckswelt?

Der topische Drift wird – wie gezeigt – begleitet von einer personalen Permutation. An die Stelle eines alltäglichen, lebenspraktischen Subjekts rückt jener Artist, der schließlich sagt: "Wer allein ist, ist auch im Geheimnis" (Benn 2002a: 135, V. 1). Er ist aber nicht eine Begleiterscheinung, sondern die verantwortliche Instanz. Von ihm gehen die symbolischen Investitionen in Apathie und Hermetik, Verdunklung und Abgrenzung aus und er ist es schließlich auch, der sich über das Gesetz des No Return on Investment im Klaren sein muss.




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Im Gedicht "Aprèslude" von 1955 lässt sich lesen:

Niemand weiß, wo sich die Keime nähren,
niemand, ob die Krone einmal blüht –
Halten, Harren, sich gewähren
Dunkeln, Altern, Aprèslude. (Benn 2002a: 326, V. 13–16)

Hier wird der Verzicht auf einen symbolischen und indirekt auch monetären Rückfluss aus dem literarischen Schaffen hörbar. In der Rede Altern als Problem für Künstler von 1954 wird dies noch deutlicher; die Unmöglichkeit, aus den geschriebenen Werken Anerkennung und Wohlstand abzuschöpfen wird mit Verweis auf verschiedenste Schriftsteller-Biografien expliziert:

Lebensabende, diese Lebensabende! Die meisten mit Armut, Husten, krummen Rücken, Süchtige, Trinker, auch einige Kriminelle, fast alle ehelos, fast alle kinderlos, diese ganze bionegative Olympiade [...] Wer glücklich geboren war, bekam vielleicht ein Haus, wie Goethe und Rubens, wer schmal gestellt war, malte lebenslänglich, ohne einen Sou in der Tasche (Benn 1997d: 570)

In diesem essayistischen Text, der tatsächlich am 7. und 8. März 1954 als Rede gehalten wurde, lässt Benn den Erzähler seine Zwei-Welten-Poetik resümieren und dabei in zunächst bekannter Weise einen Topos des Geheimnisses generieren: ein "giftgrüne[r] Hubschrauber" (ebd.: 571), der benutzt wird, "um herunterzusehen auf das, was nicht mitgenommen werden kann von der Menschheit, von der Erde" (ebd.). In einem bei Benn nicht selten zu findenden imperativen Ton führt der Geheimnis-Investor ein Gespräch mit sich selbst.

Behalten Sie das Kalte und Egoistische im Auge, das zu Ihrer Aufgabe gehört. Ihre Tätigkeit hat die Tempel und die Opferkrüge und das Bemalen von Säulen verlassen, auch das Bemalen von Kapellen verlor sich aus Ihrer Hand. Sie tapezieren mit sich selbst und nichts kann Sie erlösen. Lassen Sie sich nicht in die "Geborgenheit" verlocken – das Buch, 312 Seiten, Leinen DM 13,80. Es gibt keine Restaurationen. Die geistigen Dinge sind irreversibel, sie gehen den Weg weiter bis ans Ende, bis ans Ende der Nacht. [...] Was Sie nicht aussprechen, ist nicht da. Sie machen sich Feinde, Sie werden allein sein (ebd.: 580)

Über die bereits herausgestellten Motivkomplexe der Abdunklung ("das Kalte", "Ende der Nacht") und Abgrenzung ("Egoistische", "den Weg weiter bis ans Ende", "tapezieren mit sich selbst") macht der Erzähler auch an dieser Stelle mit ironischer Vehemenz deutlich, dass bei den Investitionen ins Geheimnis nicht von einem Abnehmer ausgegangen werden kann. Sie finden keinen Niederschlag in einem absetzbaren Produkt wie jenem des Buchs; das Geheimnis wird nicht in einen sichtbaren und bekannten Topos umgewandelt: etwa in die bloß in Anführungszeichen und damit pejorativ mitgeführte "'Geborgenheit'".

An dieser Stelle gibt es also Grund zur Annahme, dass der Geheimnis-Investor keine ökonomischen Strategien verfolgt. Er verwehrt sich gegen ein möglicherweise entstandenes Interesse am Geheimnis oder sieht zumindest keinen Nutzen für ein ebensolches.

Gefragt nach deinem Tun und Meinen,
nach deinen Ernten, deiner Saat,
kannst du die Frage nur verneinen
und deuten auf geheime Tat. (Benn 2002a: 426, V. 9–12)

Faktisch kennen Benns literarische Figuren, die in dieser Hinsicht der Biografie des Autors in den Nachkriegsjahren besonders nahe kommen, die Gefahr einer 'Romantisierung' des Geheimnisses, das heißt die Möglichkeit, das hier entstandene Interesse anderweitig zu nutzen, das symbolische Kapital des Geheimnisses gegen anderes einzutauschen.




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Sie wissen um Benns Urteil, das er etwa am 28. August 1931 in seinem Rundfunkvortrag Die neue literarische Saison gefällt hat und das retrospektiv wie eine Warnung an den Expressionismus zweiter Prägung, jenen strengst möglichen Ästhetizismus klingt:

Nie wird der Deutsche erfassen, niemand wird ihm gegenständlich machen können (und es ist ja auch gar nicht nötig, daß es geschieht), daß zum Beispiel die Verse Hölderlins substanzlos sind, nahezu ein Nichts, um ein Geheimnis geschmiedet, das nie ausgesprochen wird und das sich nie enthüllt. (Benn 1997e: 421)

Das gerade macht die 'Absolutheit' mancher später Werke Gottfried Benns aus. Der Geheimnis-Investor möchte den Tausch des Geheimnisses gegen etwaige provozierte Fantasien verweigern. Er will darin keinen Gewinn, keine 'Minimalrente' sehen. Mit Verweis auf Goethes Faust II heißt es in Altern als Problem für Künstler und an die Aussage von 1931 anschließend:

Sicher das geheimnisvollste Geschenk Deutschlands an die Völker der Erde [...] Wo kommt das alles eigentlich her, das schwebt doch völlig im Imaginären, das ist ja Tischrücken, Telepathie, Schrulligkeiten, da steht Einer auf dem Balkon, irreal und unbeweglich, und bläst hell oder dunkel gefärbte Seifenblasen, immer neue Tonpfeifen und Strohhalme zaubert er hervor, die bunten Kugeln abzublasen – ein großartiger Balkongott, Antike und Barock implantiert, Wunder und Geheimnisse um seine Schöße, aber heute sieht man doch nur noch hin mit etwas Feuchtigkeit im Auge. (Benn 1997d: 576/577)

Mit dieser rhetorischen Analogie exerziert Benn die Folgen des Geheimnisses nach dem Versterben seines Schöpfers und Hüters. Letztmalig stellt sich die Frage nach einer symbolischen Rentabilität. Durch den präfigurierten Tod des Autors ist die Frage nach dem Rückfluss aus getätigten Geheimnis-Investitionen mit letztmaliger Relevanz gestellt – nach der 'Amortisation' im buchstäblichen Sinn, das heißt dem Ende eines lebendigen 'Investment-Prozesses'. Die Trauergemeinde ("mit etwas Feuchtigkeit im Auge") bietet Raum für eine über den Tod imaginierte Tauschsituation, in der dem Schriftsteller qua Nachruf etwas für seine 'letzte Gabe' zurückgegeben wird. Was hier zum Thema wird, ist jene symbolische Ökonomie eines romantischen Ästhetizismus', die ihren symbolic flow in einer vita nova et perennis imaginiert. Die Gabe der Literatur wird zur Offerte für eine metaphysische Gegengabe, die innerhalb einer hier nicht weiter thematisierbaren Ökonomie der Gabe9 selbstverständlich ungewiss bleibt. In dieser Logik wird, trotz oder gerade wegen der hohen Intertemporalität von Gabe und potenzieller Gegengabe (Bourdieu 1999: 238–239), eine Suspension des No Return on Investment nach dem Tod als eigentliches, dem Investor nicht-bewusstes Strategiemoment der Geheimnis-Investitionen erkennbar – eine Schlussfolgerung, die auch bei Bourdieu zu finden ist (Bourdieu 2004: 159–169).

Eine solche Deutung des Geheimnisses als für den Tod aufgesparte Schenkung an die Nachwelt lässt sich allerdings nur mit Abstrichen in Anschlag bringen. Die literarischen "Wunder und Geheimnisse" – so hieß es im vorherigen Zitat aus Altern als Problem für Künstler – werden schließlich gerade nicht als solche überliefert, sondern erscheinen den fragwürdigen 'Erben' lediglich als weltfremde Phantasma ("das schwebt doch völlig im Imaginären, das ist ja Tischrücken, Telepathie, Schrulligkeiten"). Das Geheimnis kann also nur weitergegeben werden, wenn es durch die Symbole der Fantasie substituiert wird. Eine solche 'Vertauschung' von Geheimnis und Fantasie kann jedoch lediglich als legitim angesehen werden, wenn es dem Geheimnis-Investor allein um den strategischen Akt der Verheimlichung ging, der topische Drift also lediglich darauf abzielte, das Imaginäre zu stimulieren. Spricht man aber dem Geheimnis die Bedeutung zu, die es durch das Gesetz des No Return on Investment erhält, dann handelt es sich hierbei um einen 'unlauteren' symbolischen Transfer – ein Urteil, das auch der Erzähler in Altern als Problem von Künstlern teilt. Seine perhorreszierende Haltung zur weltfremden Fantasie spricht eine deutliche Sprache.




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Auch im Gedicht mit dem Titel "Ideelles Weiterleben?" von 1951 wird die Frage danach, ob der symbolische Wert des Geheimnisses nach dem Versterben des Autors letztlich doch als Stimulans der Fantasie abgeschöpft werden kann, eindeutig beantwortet.

Bald
ein abgesägter, überholter
früh oder auch spät verstorbener Mann,
von dem man spricht wie von einer Sängerin
mit ausgesungenem Sopran
[...]
nichts von alledem bei dir,
keine Ingredienzen zu einer Ansichtskarte –
Zehnpfennigstück für die Tram,
Umsteiger,
und schnell die obenerwähnte Wortprägung:
überholt. (Benn 2002a: 261/262, V. 1–5, 25–30)

Deutlich wird hier die romantisch-ästhetizistische Vision eines verspäteten Entgelts für die Investitionen ins Geheimnis als buchstäblich 'Überholtes' abgelehnt (vgl. Schärf 2006: 387–409). Die Fantasien, die sich die Nachwelt noch vom "ausgesungene[n] Sopran" machen wird, stehen in keinem Verhältnis zum symbolischen Wert des Geheimnisses. Die Sachlichkeit, mit der Benn diesen Topos hervorbringt, steht gleichsam als Garant für die Unmöglichkeit seiner Amortisation. Sie macht das Geheimnis zu einem Ort, der – um es mit einer Kritik von Friedrich Sieburg aus dem Jahr 1949 zu den Statischen Gedichten zu halten – "ohne Sehnsucht nach Verwandlung" (Sieburg 1971: 223) ist. Der Geheimnis-Investor ist dort der "einsamste[ ] und losgelösteste[ ] Mensch" (ebd.) geworden.


5. Inflationsgefahr: "Wenn etwas fertig ist"

Allerdings stehen die Statischen Gedichte nicht allein für das Spätwerk Benns. Im Unterschied zur sachlichen 'Absolutheit' mancher Prosa und Lyrik führt Benn an manchen Stellen seines Spätwerks die Frage nach dem Zweck der Unternehmung "Phase II des expressionistischen Stils" (Benn 2002b: 164) erneut ins Feld. In der bereits herangezogenen Rede Altern als Problem für Künstler heißt es gegen Ende: "Wenn etwas fertig ist, muß es vollendet sein – allerdings: was dann?" (Benn 1997d: 576)

Mit der vorhergehenden Analyse der Sachlichkeit könnte der Erzähler von dieser Frage nur resignativ zurücktreten. Jedoch hat Gottfried Benn den Risiko-Investor, den Schöpfer und Hüter des Geheimnisses, das zweite Subjekt der Ausdruckswelt in diesem Text, wie in einigen anderen Werken, diegetisch nicht vollkommen gegen die ihm vorausgegangene lebenspraktische, alltägliche Person eingetauscht.




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Im weiteren Verlauf der Rede kommt der Erzähler mit der Landung des Hubschraubers wieder aus der Ausdruckswelt zurück:

das Altersporträt ist beendet, das Atelier ist wieder verlassen, der Hubschrauber sinkt zur Erde [...] Der Gondel entsteigt ein homme du monde mit grauer Krawatte und schwarzem Homburg, er verliert sich auf dem Flugplatz im Gedränge. (ebd.: 581)

Unübersehbar thematisiert Benn sich hier auch selbst als gealterter Autor. Er ist es, der sich als buchstäblicher 'Mann von Welt' fragt, was es bedeutet, wenn man eine ästhetizistische Ausdruckswelt hervorgebracht hat, in der das Gesetz des No Return on Investment gilt und das Geheimnis sich als das ökonomische Andere bewiesen hat. An den sachlichen Ausgang des Spätwerks schließt sich jetzt ein anderer, 'elegisch-gnostischer' an (vgl. Karcher 2006: bes. 100–143), wenn es heißt:

Ich war, der ich sein werde. Und darum berufe ich mich zum Schluß auf alle Kirchenväter, die Vielhundertjährigen, die Alten: non confundar in aeternum –: Auch ich werde nicht in Ewigkeit verworfen werden. (Benn 1997d: 581/582)

Es wird die Perspektive eröffnet, dass das Geheimnis sich mit dem Absterben des Investors doch zu einem Teil erhalten lässt und vermittelbar, das heißt verkäuflich, konsumierbar und damit vor allem letztlich doch – symbolisch in erster, monetär in zweiter Linie – rentabel werden kann. Als ironische Wendung der Sachlichkeit lässt sich diese gnostische Darstellung kaum begreifen. Bereits im Weinhaus Wolf lassen sich Verweise auf eine transzendentale Verwandlungsidee finden, die als Hoffnung auf einen späten, nachgeholten 'symbolischen Rückfluss' der Investitionen zu sehen ist: "Lebe und beobachte es zu Ende. Denke immer: die Verwandlung! Auch wir haben Zeichen!" (Benn 1978b: 147) Auch im Berliner Brief vom Juli 1948, der ein Jahr später auch das Nachwort des Gedichtbands Ausdruckswelt bilden wird, heißt es ähnlich:

das kommende Jahrhundert [...] wird nur noch zwei Typen, zwei Konstitutionen, zwei Reaktionsformen zulassen, diejenigen, die handeln und hochwollen und diejenigen, die schweigend die Verwandlung erwarten [...] Aber ich wiederhole nochmals, ich verallgemeinere nichts, ich erweitere meine Existenz nicht über meine Konstitution. Sie sollten nur aus meinen Zeilen entnehmen, daß meine Besorgnis, nicht wieder gedruckt zu erscheinen, keine große sein kann – mein Nihilismus ist universal, er trägt – er weiß die unausdenkbare Verwandlung. (Benn 2002c: 284)

Was Benn hier als Nihilismus, als immer schon einkalkulierten 'symbolischen Werteverfall' tarnt, wird dank der dichterisch stets mitgedachten Verwandlung gerade zur Idee einer großen Wertabschöpfung. Wer zugleich so beständig großmütig in das Geheimnis investiert, dem – so scheint es die Verwandlungsrhetorik nahe zu legen – gebührt eine besondere Rendite, ein genuiner symbolic flow, der allerdings die Amortisation des Autors selbst voraussetzt, ja sich aus ihm speist, aber dann eben vorher doch als symbolisches Ziel der Investitionen ex ante auszumachen wäre. Eine solche 'romantische' Destitution des No Return on Investment 'in letzter Sekunde' würde zugleich eine rasante Inflation des Geheimnisses bedeuten. Es würde den Ort des Geheimnisses als Konstrukt der strategischen Verheimlichung enttarnen, ihn zum U-topos machen. Das Geheimnis als eigener Topos wäre dann von Beginn an verloren gewesen. Es ließe sich als symbolischer Wert am Rand der Ökonomie letztlich wieder in das Zentrum wirtschaftlicher Logik zurückholen. Die Analyse dieses Beitrags mit ihren zwischenzeitlichen Ergebnissen würde gleichsam zu einem – im besten Fall wenigstens aufklärenden – Gedanken-Experiment werden.

Wie stark allerdings diese inflationären Momente des Geheimnisses gewichtet werden müssen, ist letztlich schwer zu entscheiden. Unvereinbar mit diesen steht im letztgenannten Zitat schließlich auch einer Gnosis sachlich widersprechend: [I]ich erweitere meine Existenz nicht über meine Konstitution". Und aus der Novelle Weinhaus Wolf lässt sich neben den Hinweisen für Verwandlungsfantasien ebenfalls zitieren: "Du stehst für Reiche, nicht zu deuten und in denen es keine Siege gibt." (Benn 1978b: 140, vgl. auch Benn 2002b: 172)




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Dass Gottfried Benn mit seinem Topos des Geheimnisses letztlich wirklich die 'ökonomische Niederlage' in Kauf nahm, es in seinem Spätwerk nie auf einen Gewinn seines Symbol-Investments anlegte, liegt am Ende dieses Beitrags nahe. Mit dem Geheimnis wäre dann tatsächlich ein Topos gefunden, der fern von allen Märkten liegt und sich also in keiner Weise mehr in konventionelle ökonomische Logiken integrieren ließe. Dass das Geheimnis sich damit allerdings als strenger Ort des Anökonomischen fassen ließe, muss zweifelhaft bleiben. Bourdieu spricht sich für die symbolische Ökonomie des Ästhetizismus' zurecht gegen die "zwei gegensätzlichen, aber gleichermaßen falschen Lesarten […], die ihre wesentliche Dualität und Duplizität aufbrechen" (Bourdieu 1999: 239) aus, indem sie diese "entweder auf die Uneigennützigkeit oder auf den Eigennutz reduzieren" (ebd.).

Das Geheimnis kann hieran anschließend als jenes literarische Moment begriffen werden, das die symbolische am weitesten von jeder anderen, etwa monetären Ökonomie entrückt und dem Eindruck einer überall gleich funktionierenden Panökonomie, die unter der Prämisse politischer Vorbehaltlosigkeit als 'kapitalistische' bezeichnet werden dürfte, scharf zuwiderläuft. Es dürfte als ein prägnantes Lesezeichen darauf hinweisen, dass die gegenwärtige Ökonomie – um mit einer Bemerkung Michel Foucaults zu schließen – "die Unmöglichkeit einer souveränen Perspektive manifestiert" (Foucault 2006: 387).


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Anmerkungen

1 Benn nimmt auf das 'Artisten-Evangelium' des jungen Nietzsche mehrfach direkten Bezug, vgl. prägnant: Benn 1997a: 292.

2 Der Begriff wird von Benn mehrfach verwendet, insbesondere Benn 1997b: 391.

3 Hierzu ausführlicher: Raddatz 2003: bes. S. 114–149, Ridley 1990, Wellershoff 1958: bes. S. 62–108.

4 Der Terminus 'Geist' darf in diesem Zusammenhang nicht mit dem entästhetisierten und anthropologisch sowie ethisch ideologisierten Geistesbegriff verwechselt werden, wie ihn Benn etwa im Essay Züchtung von 1933 oder in der 1934 publizierten Rede auf Stefan George (1934) im bekannten politischen Kontext verwendet.

5 Die Erzeugung von Unsichtbarkeiten oder Leerstellen und ihre Charakteristik, Aufmerksamkeit zu erwecken, lassen sich auch hervorragend an der Gegenwartskunst eines Anselm Kiefer, Jochen Gerz oder den Verhüllungsprojekten Jeanne-Claudes und Christos zeigen.

6 Der Begriff ist in Anlehnung an den mikroökonomischen Begriff des Return on Investment (RoI) gewählt. Vgl. für eine Übersicht: Wöhe/Döring 2002: 46–48, 1089–1092.

7 Vgl. für einen Überblick zur Wertschöpfung aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive, aber in einem kulturwissenschaftlichen Zusammenhang: Enders/König 2005.

8 Vgl. hierzu Bourdieus Ausführungen zum "Markt der symbolischen Güter": Bourdieu 1999: 227–272.

9 Vgl. zur bereits mehrfach thematisierten Ökonomie der Gabe: Mauss 1994, Bataille 1985, Baudrillard 1982. Für eine kritische Betrachtung der bei diesen Autoren vor allem als anökonomisches Moment verstandenen Gabe vgl.: Derrida 1993. Eine Übersicht hierzu vgl.: Haselstein 1997.