Arbeitstitel: Politische Auseinandersetzungen um SFB-ORB-Fusion - Uneinigkeit zwischen Brandenburger und Berliner Parteien - Berliner SPD-Medienausschuß für Fusion


(epd) Die Debatte um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Berlin und Brandenburg hat sich ausgeweitet. Weitreichende Uneinigkeit herrscht offenbar auch zwischen den Vertretern der großen Parteien aus den beiden Bundesländern: Während sich der Berliner CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky erneut gegen eine Fusion von SFB und ORB wandte, übte der kultur- und wissenschaftspolitische Sprecher der brandenburgischen CDU-Landtagsfraktion Markus Vette Kritik an den Äußerungen Landowskys. Vette ist Verwaltungsratsvorsitzender beim ORB, Landowsky gehört dem SFB-Rundfunkrat an. Der brandenburgische SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler erklärte, Brandenburg strebe nach der gescheiterten Länderfusion keine Zusammenlegung der beiden Sender mehr an. Der Fachausschuß Medien der Berliner SPD forderte unterdessen in einem Beschlußantrag für den Landesparteitag im Juni, auf einen Zusammenschluß von SFB und ORB per Staatsvertrag hinzuwirken.

Landowsky hatte am 22. Mai seine Ablehnung einer Senderfusion mit den "unterschiedlichen Programmprofilen" begründet. Ein Zusammengehen mit dem ORB würde die Qualität des SFB erheblich schmälern, so Landowsky. Aus zwei armen Anstalten würde ihm zufolge durch Fusion keine wohlhabende. In Einzelfällen stehe einer Kooperation beider Anstalten nichts im Wege, für einen dauerhaften Verbund sei jedoch eher eine "qualitativ nützende Verbindung" mit anderen ARD-Anstalten anzustreben. Der CDU-Rundfunkratsvertreter nannte den MDR und "gegebenenfalls" auch den NDR als mögliche Kandidaten.

ORB-Intendant Hansjürgen Rosenbauer zeigte sich von Landowskys Attacken unbeeindruckt: "Wir sind von dieser rückwärts gewandten Haltung nicht überrascht." ORB-Verwaltungsratschef Markus Vette (CDU) bezeichnete es am 23. Mai gegenüber epd als "nicht besonders hilfreich", mit dem Ruf nach weiteren Partnern "den zweiten Schritt vor dem ersten" zu tun. Wenn es schon in der Region nicht gelinge, eine gemeinsame Rundfunkanstalt zu bilden, dann sehe er "große Schwierigkeiten, noch größere Einheiten" schaffen zu wollen. Zugleich bekräftigte er die Notwendigkeit eines Zusammenschlusses: Innerhalb der ARD gebe es "immer weniger Verständnis" für Finanztransfers von den großen zu den kleinen Anstalten. Vette bemängelte, daß Landowsky nicht am Gremientreffen der beiden Anstalten im vergangenen Jahr teilgenommen habe, bei dem "sachorientiert und konstruktiv" über engere Kooperation und mögliche Fusion gesprochen worden sei, sich nun aber öffentlich gegen die Zusammenarbeit der beiden Anstalten ausspreche. Man dürfe nach dem gescheitertem Länderzusammenschluß nicht die "geistige Mauer wieder hochziehen", so Vette wörtlich.

SPD-Fraktionsschef Wolfgang Birthler begründete am 22. Mai die Position des Landes Brandenburg mit den unterschiedlichen Aufgaben der beiden Sender: Der SFB sei für eine "Hauptstadtberichterstattung" zuständig, der ORB für "Regionalberichterstattung" im flächenmäßig größten ostdeutschen Bundland. Insofern würden sich die Aufgabenbereiche nicht überschneiden. Eine "sinnvolle Kooperation" könne er sich in erster Linie im Hörfunkbereich vorstellen, wo es schon jetzt gute gemeinsame Programme gebe. Die Gremien seien sich jedoch einig, daß es weiterhin einen "eigenständigen Landessender für Brandenburg" im Fernsehen geben werde. ORB-Intendant Rosenbauer kommentierte die Position Birthlers am 23. Mai als verständliche Reaktion "auf die provozierenden Äußerungen von Klaus Landowsky". Es wäre jedoch falsch, so Rosenbauer, jetzt den "Versuch größerer Gemeinsamkeit mit dem SFB bis hin zu einem regionalen Senderverbund" aufzugeben.

Der Berliner SPD-Fachausschuß Medien will seine Partei darauf verpflichten, auf dem Weg zu einer gemeinsamen Anstalt spätestens im Jahr 2000 die Kooperation beider Sender auszubauen. Als Einzelanstalten seien SFB und ORB den Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in naher Zukunft mangels Wirtschaftskraft nicht mehr gewachsen. Schon jetzt seien sie zu klein, um der Region in der ARD eine "angemessene Stimme" zu geben. (mr)


Martin Recke <mr94@zedat.fu-berlin.de>