(epd) Die Radio-Welle SFB 4 Multikulti hat nach Ansicht von SFB-Hörfunkchef Jens Wendland "Erfahrungswerte für die ARD" geliefert. Das vor gut achtzehn Monaten gestartete Programm ist als "Mantelprogramm" für eine mögliche gemeinsame ARD-Ausländerwelle im Gespräch, berichtete Wendland am 7. März vor Journalisten in Berlin. Ziel des SFB sei es, aus dem Experiment einen Bestandteil der Regelversorgung zu machen. Es gebe zudem weitreichende Einigkeit innerhalb der ARD über die Reformbedürftigkeit der Ausländerprogramme. Den Wert des von Multikulti entwickelten "neuartigen und einmaligen" Musikrepertoires wolle der Sender Freies Berlin weiterentwickeln und am von "Lokalität" geprägten Wortkonzept der Welle festhalten.
Wendland sprach sich dagegen aus, in einem bundesweiten gemeinsamen Satelliten-Radioprogramm die Wortanteile zu vereinheitlichen. Denkbar sei es, eine solche Welle für "lokale Flächen" auseinanderzuschalten. Der Hörfunkdirektor zeigte sich zuversichtlich, innerhalb der Direktorenrunde "auf einen Nenner zu kommen". Zur Zeit würden verschiedene Varianten diskutiert, darunter auch die vor einem guten Jahr vorgestellten Überlegungen des WDR für ein drittes bundesweites Hörfunkprogramm zur Grundversorgung ausländischer Mitbürger (Kifu 14/95).
Bei gleicher Gelegenheit wurde eine Nutzungsstudie des Medienforschungsinstituts Forsa vorgestellt, der zufolge die Hörfunknutzung in Berlin lebender Türken abhängig von der Sprachkompetenz und dem Grad der Integration sei. Die Fernseh- und Videonutzung sei hingegen mit der deutschen Bevölkerung vergleichbar, teilte Forsa-Chef Manfred Güller mit. Das SFB-Multikulti-Radio findet demnach täglich 4.000 türkische Hörer in Berlin, entsprechend einer Tagesreichweite von 4 Prozent und liegt damit hinter 104.6 RTL, Energy 103,4, Hundert,6, Kiss 99 FM und 94,3 r.s.2. Nur jeder zweite türkische Berliner hört überhaupt Radio, nur jeder fünfte täglich oder fast täglich.
SFB 4 Multikulti spreche besonders diejenigen an, die einen mittleren oder geringeren "Integrationsgrad" aufwiesen, so Güllner. Gehört würden hauptsächlich die beiden türkischsprachigen Angebote um 17.00 (SFB-Magazin in Türkisch) und 19.40 (ARD-Fremdsprachenangebot). Eine parallele Umfrage der SFB-Medienforschung ergab, das fremdsprachige Multikulti-Hörer am häufigsten die Programme in der eigenen Sprache nutzen. Knapp 33 Prozent hören auch das deutschsprachige Programm zwischen 6 und 16 Uhr.
Wie Multikulti-Wellenchef Friedrich Voß mitteilte, wird am 1. Oktober ein aus EU-Mitteln finanziertes ARD-"Europa-Volontariat" für insgesamt zwanzig ausländische Frauen beginnen. Die Stellen werden in diesen Tagen ausgeschrieben. Die SFB-Welle werde einen Teil der Praxisausbildung anbieten. Das Projekt sei auf Initiative des Grimme-Instituts in Marl entstanden. (mr)