(epd) Die geplante breite Einführung des digitalen Fernsehens im Berliner Kabelnetz kommt nicht voran. Eine Einigung zwischen dem Netzbetreiber Deutsche Telekom und der Vebacom, die gemeinsam mit der Elektronischen Medien Forschungsgesellschaft (EMG) ein regionales Sendezentrum betreiben wollen, steht weiterhin aus. EMG-Chef Wolfgang Wenzel räumte am 5. September vor Journalisten in Berlin ein, daß sein Konzept eines regionalen Sendezentrums derzeit nur in Berlin rentabel sei, weil hier ein Kabelnetz mit rund 1,2 Millionen Haushalten mit digitalem Fernsehen versorgt werden könnte.
Die Kosten des Sendezentrums beliefen sich auf 34 Pfennig pro Anschluß und Monat, erklärte Wenzel. Ungeklärt sei bislang, wie dieser Betrag finanziert werde. Er hielt es für denkbar, die Kosten von den Programmveranstaltern decken zu lassen. Die Verbreitung eines Fernsehprogramms auf digitalem Wege könnte einen Veranstalter so etwa 7.000 Mark pro Monat kosten, meinte Wenzel. Die gegenwärtige Gebührenordnung der Telekom verlange vom Veranstalter für einen analogen Kanal im Hyperband derzeit 10.000 Mark im Monat für 500.000 Haushalte, also in Berlin 30.000 Mark.
Die EMG habe ihren Überlegungen eine Mischkalkulation zugrundegelegt, erklärte Wenzel. Dieses Konzept funktioniere nur, wenn sein Sendezentrum alle geplante fünfzehn digitalen Kabelkanäle versorgen würde. Er erteilte den Vorschlägen der Telekom, die Programme auf zwei Sendezentren für regionalspezifische und bundesweite Programme zu verteilen, eine Absage. Dies führe zu einer erheblichen Verteuerung der Kosten für regionale Anbieter, so Wenzel. Er schlug vor, die Einspeisegebühren von der Datenrate abhängig zu machen und somit Programme und Angebote, die mit geringeren Bitraten auskämen, weniger zur Kasse zu bitten.
Die Telekom plant im Unterschied zur EMG ein bundesweites digitales Sendezentrum, von dem aus die digitalen Programme via Kopernikus zu den Kabel-Kopfstationen übertragen würden. Wenzel konstatierte, daß dieses Konzept für eine bundesweite flächendeckende Versorgung derzeit alternativenlos sei. Regionale und lokale Programme sowie regionalspezifisch herangeführte Sender hätten dabei jedoch keine Chance, weil sowohl die Kosten der Heranführung zum zentralen Sendezentrum als auch die einer bundesweiten Verbreitung zu hoch wären.
Die Chance einer Einigung aller Landesmedienanstalten auf eine bundeseinheitliche Kanalbelegung im digitalen Bereich wird zudem als sehr gering eingeschätzt. Ein solches Konzept ist für die analogen Kabelbereiche, für die es die Bundespost seinerzeit vorgesehen hatte, nie durchsetzbar gewesen. Wenzel rechnet damit, daß es mittelfristig nicht mehr als vier oder fünf regionale Sendezentren geben wird. Neben den digitalen Sendezentren von Studio Hamburg, das die digitale Verbreitung von Premiere abwickeln soll, und der Kirch-Gruppe (DF 1) hält er vergleichbare Einrichtungen nur in Ballungsräumen wie Nordrhein-Westfalen und dem Rhein-Main-Gebiet für tragfähig.
Die EMG habe inzwischen rund 2 Millionen Mark in das regionale Sendezentrum investiert, so Wenzel. Innerhalb von etwa vier Wochen sei seine Firma in der Lage, das Sendezentrum auf die volle Kapazität für die Versorgung aller fünfzehn digitalen Kanäle auszubauen. Die Gesamtinvestition umfasse dann 15 Millionen Mark, so Wenzel. Wenn bis Ende September eine Lösung gefunden würde, könne das Sendezentrum bis Ende Oktober voll in Betrieb gehen.
Sein Unternehmen sei als einziges in Deutschland derzeit technisch in der Lage, die Signale für beide Digitaldecoder aufzubereiten. Mit jeder Box könne dann jedes Programm empfangen werden, so Wenzel. Fraglich sei nur, ob die Veranstalter dies wollte, meinte der EMG-Chef mit Blick auf die anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen der Kirch-Gruppe und Bertelsmann. (mr)
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