TOM DASSEL

VIRTUAL COMMUNITIES

1. Einführung

1.1 "Virtual Communities" - Die Verwertbarkeit einer Idee

Zunächst: Wie immer man einen Zusammenhang zwischen hiesigem Seminarthema und dem Problemkreis "Virtual Communities" herstellen mag, in einer Beziehung sind die "Schmerzen der Abstraktion" für uns als Software-Unternehmen auf alle Fälle spürbar. Als Marktführer bei der Herstellung von "Basistechnologien für Virtuelle Welten" - so nachlesbar in einer Firmenbroschüre - müssen wir unseren Kunden tagtäglich erklären, was "Virtual Communities" eigentlich sind und, viel wichtiger, wie man mit dieser Technologie Geld verdienen kann. Das Thema "Sozietät im Internet", von dem virtuelle Communities ein Teilaspekt sind, hat längst die Sphäre akademischer Gedankenspielerei verlassen. Es geht um große finanzielle Risiken für alle Beteiligten - Investoren und Anleger, Firmen, die Community-Server als profitables Mittel zur Steigerung ihrer Umsätze betrachten sowie, - last not least - für die Pogrammierer, 3D-Designer und Sales-/Marketing-Verantwortlichen in der Software-Branche.

Aufgrund der gestiegenen Akzeptanz des Internet im privaten und geschäftlichen Umfeld prognostizieren einige Marktforschungsinstitute, dass im Jahr 2003 das Internet mit 2,3 Billionen US-Dollar Umsatz den weltweit drittgrößten Einzelmarkt darstellen wird. 1 In diesem Zusammenhang wird dem Markt der virtuellen Communities ein "phänomenales Entwicklungspotential" bescheinigt. 2 Modellrechnungen zeigen, wie auf der Basis eines 15 Mio. Dollar großen Investitionsvolumens ein 700 Mio. schweres Community-Unternehmen werden kann.

Manch einer postuliert gar, dass nur "Communities" langfristig eine Chance haben, im Online-Bereich profitabel zu sein.

  "Unserer Meinung nach werden diejenigen Firmen im Online-Bereich die Nase vorn haben, die virtuelle Communities zur Befriedigung der vielfältigen sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse organisieren. Nur Unternehmen, die starke virtuelle Communities ins Leben rufen, können letztlich die immer wichtiger werdenden festen Kundenbindungen aufbauen und zusätzliche Einnahmen aus Werbung sowie Nutzungs- und Mitgliedsgebühren erzielen." 3  


Es ist also "Schluß-mit-lustig"!

Wer sogenannte "Communities" installiert und einsetzt, verfolgt eine betriebswirtschaftliche Intention. Ob dabei die Zweck-Mittel-Korrelation stimmt, ist untrennbar mit der Frage verknüpft, ob und inwieweit das eingesetzte Werkzeug tatsächlich "Mittel"-tauglich ist. Also empfiehlt es sich, unter die Oberfläche zu schauen, um Funktionsmechanismen von Communities und ihre jeweiligen Folgen zu verstehen.

Was also sind "Virtual Communities" oder "Virtuelle Welten"? Bevor wir den Terminus Technikus kritisch betrachten und auf seine soziologischen Implikationen hin abklopfen, sei an dieser Stelle eine vorläufige Arbeitsdefinition vorangestellt, wie man sie heute an vielen Stellen im World Wide Web findet:

  "Virtuelle Welten sind Online-Umgebungen im Internet, in der Menschen genauso natürlich wie in der realen Welt interaktiv kommunizieren, Geschäfte abwickeln und sich unterhalten lassen." 4
(Hervorhebungen, T.D.)
 


In einer Studie des Fraunhofer Instituts wird allgemeiner von "Multimedialen Multiuser-Kommunikationsplattformen" gesprochen, die als technische Basis für Internet-Communities fungieren.

  "Wesentliche Bestandteile einer entsprechenden Systemlösung sind unterschiedliche Kommunikationskomponenten (...) ebenso wie Informationsfenster zur Darstellung multimedialer Informationen (...) Zusätzliche Komponenten wie zum Beispiel eine Benutzerverwaltung oder anwendungsunterstützende Werkzeuge ergänzen heute in vielen Fällen die Plattformen." 5
(Hervorhebungen, T.D.)
 


Die Anwendungsgebiete solcher Systemlösungen liegen im Bereich Business-to-consumer (wie Entertainment, "special interest groups", e-Commerce, "customer care" usw.) sowie Business-to-business (wie Unternehmenskommunikation, Wissensmanagement, Beschaffungswesen etc.). 6

Ich werde nachfolgend nicht weiter auf die betriebswirtschaftlichen Aspekte von "Online Communities" eingehen. Um aber deutlich zu machen, weshalb seit einigen Jahren eine hitzige Diskussion über Sinn und Unsinn von "Online Communities" im Gange ist, soll an dieser Stelle kurz skizziert werden, auf welchem theoretischen Business-Modell profitable Communities basieren.

Nach Ansicht von McKinsey besitzen virtuelle Communities die Macht, "die Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden von Grund auf neu zu strukturieren", da sie den Kunden in die Lage versetzen, seinen eigenen "Wert als potentieller Käufer von Waren und Dienstleistungen zu kontrollieren".

  "Virtuelle Communities werden im Wesentlichen als Agenten ihrer Mitglieder fungieren und ihnen helfen, von den Anbietern mehr Informationen über Produkte und Dienstleistungen sowie niedrige Preise zu erhalten, während sie gleichzeitig einen Großteil des Bedarfs an zwischenmenschlicher Kommunikation abdecken." 7  


Das Mehr an Informationen (welches zunächst auf Kosten der Anbieter-Profite geht!) soll dabei auf Kundenseite der gößte Anreiz sein, sich einer virtuellen Gemeinschaft anzuschließen.

Auf Seiten der Anbieter wiederum liegt das Profitpotential von Communities in Faktoren wie

  • der Reduzierung der Akquisitionskosten,
  • der Verstärkung der Kaufneigung bei den Kunden,
  • der Verbesserung der Zielgenauigkeit bei der Produkt-Vermarktung,
  • der Wertsteigerung von Produkten/Dienstleistungen durch besseren "Zuschnitt" auf Kundenwünsche,
  • der Reduzierung von Bauinvestitionen,
  • der Vergrößerung der geografischen Reichweite und der
  • der Ausschaltung des Zwischenhandels.
Als wesentliche Voraussetzung, dass dieses Modell auch funktioniert, führt McKinsey drei Bedingungen auf:

  1. "Die Mitglieder einer virtuellen Community müssen die für die Ausübung ihrer neuen Macht erforderlichen Mittel erhalten." (vor allem in Form von Tools, welche die Verbreitung und Verwendung von Informationen fördert ...)
  2. "Die Mitglieder müssen genügend Gelegenheiten bekommen, ihren gestiegenen Einfluß auszuüben." (vor allem durch den Zugang zu konkurrierenden oder komplementären Anbietern in einem stabilen Geschäftsumfeld ...)
  3. "Die Mitglieder von virtuellen Communities müssen die Möglichkeit erhalten, den großmöglichen Nutzen aus ihren persönlichen Daten zu ziehen." 8
Doch blass ist alle Theorie: In den letzten Wochen und Monaten mußten gerade jene Aktienmärkte, an denen Online-Unternehmen gezeichnet sind (zum Beispiel "Nasdaq"), heftige Einbrüche verzeichnen. Und sogar Firmen, die im eCommerce-Bereich seit langem als Vorzeige-Beispiele herhalten - genannt sei hier stellvertretend der Online-Buchhändler "Amazon" - schreiben weiterhin rote Zahlen.

Die wichtigste "Währung" einer Community ist, dies hier vorweg, die Anzahl ihrer aktiven Mitglieder - nur Communities mit einer "kritischen Masse" an aktiven Mitgliedern wird aus sich heraus das Potential entwickeln, die oben postulierten, positiven Effekte für Kunden und Anbieter zu erzeugen. So manche Statistik weist jedoch darauf hin, dass bereits an dieser Stelle Sand ins Getriebe der Profitmaximierung kommt: Einige Community-Unternehmen geben seit Jahren Monat für Monat exorbitante Summen für Online-Werbung aus, um die Internet-Gemeinde auf die eigene Community-Site zu locken - mit letztlich nicht rentablen Pro-Kopf-Akquisitionskosten.

Ich werde im folgenden zunächst über die "Vision Virtual Community" sprechen und sie in einen Zusammenhang mit der technischen Entwicklung und Verbreitung des PCs sowie Umwälzungen beim Mensch-Computer-Interface stellen. Anschließend wollen wir uns dem Phänomen "virtuell" nähern und skizzieren, in welche gesamtgesellschaftlichen Wandlungsprozesse das Schlagwort "Virtualität" eingebettet ist. Um den Begriff "Community" in den Griff zu bekommen und ihn operabel zu machen, wird seine Anwendbarkeit auf das Theorem der "sozialen Gruppe" geprüft - im Mittelpunkt stehen dabei Eigenschaften und Konsequenzen der "Computervermittelten Kommunikation" ("computer mediated communication" - CMC) sowie die "Virtual Reality" (VR). Der dritte Abschnitt ist den wichtigsten Funktionsprinzipien von "Virtual Communities" gewidmet, gefolgt von einigen Anmerkungen, wie sich Kommunikation und Interaktion - das "Leben in der Community" - vor dem Hintergrund der Server-technischen Möglichkeiten (und Limitierungen!) abspielt. Let's start!

1.2 "From Crowd To Civilization" - Die Vision

Hinter dem Begriff "Virtual Communities" steht eine Vision davon, wie das Internet das Zusammenleben und -arbeiten von Menschen grundlegend ändern wird (und bereits geändert hat). Es lohnt sich, auf diese Vision, die Mitte der 90er Jahre zunehmend populär wurde, zurückzublicken.

In seinem Roman "Snowcrash" (1992) entwarf Neil Stephenson das oppulente Gemälde einer Parallelwelt, die vollständig aus verarbeiteten Daten besteht. Stephenson faßte die technischen und soziologischen Elemente des sogenannten "Cyberspace" zusammen und avancierte zum Guru einer neuen Bewegung.

Man kann die Vision auch weniger poetisch umschreiben: Bob Rockwell, ein ehemaliger Chief Engineer von blaxxun, hat die Entwicklung von "Online Communities" unter Berücksichtigung ihrer technischen Realisierbarkeit in vier Phasen aufgeteilt. 9 Aus der reinen, HTML-basierten Web-Site, die keinerlei "Community"-Elemente enthält, entsteht zunächst eine Digital Crowd, die durch eine Integration öffentlicher und privater Chats in die Web-Site gekennzeichnet ist. Aus der reinen HTML-Publikation wird so eine Art Proto-Platz - der User nimmt hier zum ersten Mal wahr, dass sich andere User zur selben Zeit in eine Internet-Adresse eingeklinkt haben. Der textbasierte Chat, ob öffentlich oder tete-à-tete, bedeutet Interaktion, die Web-Site avanciert zum Treffpunkt. Die einzelnen User erhalten darüber hinaus eine Art "Identität", die ich aufgrund der Tatsache, daß User in dieser Phase anonym auftreten und sich variabel unter verschiedenen Namen an den Chats beteiligen, zunächst noch als Proto-Identität bezeichnen möchte.

Durch die Ergänzung weiterer Funktionskomponenten transformiert sich die Digital Crowd zum Digital Village: Die Anonymität der User wird zugunsten einer tendentiell beständigeren Identität ("persistent identity") aufgegeben, und die einzelnen Bestandteile der Web-Site erhalten mittels 3D-Visualisierung einen wahrnehmbaren Platz-Charakter, der die Orientierung für den Besucher erleichtert und den jeweiligen (mit anderen Usern gemeinsam 'erlebten') Kontext verdeutlicht. In dieser Phase von herausragender Bedeutung ist die programmiertechnische Umsetzung der Metaphern "Eigentum", "Rolle" und "Regel" 10: Plätze und die dort auffindbaren "Objekte" können im Digital Village einen Eigentümer haben, und mittels eines Set an definierten Rollen und Rechten werden Navigations- und Aktionsmöglichkeiten der User geregelt. Vor allem letzteres forciert die differenzierte Ausgestaltung von Verhaltensregeln und Erwartungen, die weit über die übliche "Netiquette" zum Beispiel in IRC-Chats hinausgehen und die Keimzelle einer "digitalen Politik" sind. Außerdem erlauben spezielle Events, wie moderierte Chats oder virtuelle Vorträge, dass ein statisches Informationsangebot dynamischer wird und sich aufgrund der Kommunikation zwischen den Mitgliedern exponential vermehrt.

Das von Bob Rockwell anvisierte dritte Level, die Digital Civilization, ist zur Zeit noch pure Zukunftsmusik: In ihr sollen die Grenzen der Digital Villages überschritten und ihre unterschiedlichen Stärken, Schwächen sowie (kulturell bedingten) Eigenheiten berücksichtigt und gegenseitig "übersetzt" werden. Die Realisierung des Stephenson'schen "Cyberspace" wäre perfekt!

Digital Crowd Digital Village Digital Civilization
Proto-"Places" Places ("Context") Universal Navigation
Content Content Knowledge Capture
Proto-"Identity" Identity  
Proto-"Interaction Ownership Matching Conventions & Capabilities
  Roles & Rules  

Tabelle: Die drei Phasen bei der Genese von "Online Communities"

1.3 "Back to Reality" - Die letzten 20 Jahre

Dass wir heute in einem "realen" Seminarraum der Berliner FU sitzen und uns nicht in einem virtuellen Versammlungsraum in den endlosen Weiten des Cyberspace getroffen haben, liegt einerseits daran, dass adäquate und marktfähige Basistechnologien teilweise noch nicht vorhanden sind, andererseits an der komplizierten und zeitraubenden Einigung über technologische Standards. Wir sollten daher Rockwell's Visionen mit dem zu vergleichen, was wir heute tun und dem, wohin wir aller Wahrscheinlichkeit nach hinsteuern werden.

1.3.1 Technische Implikationen - Vom Mainframe zum PC

Die Entwicklung der "Universalmaschine" Rechner hat in den letzten 30 Jahren zweifelsohne dramatische Fortschritte gemacht, und es erst ermöglicht, über die Realisierung eines "Cyberspace" - jenseits utopistischer Phantasien - ernsthaft nachzudenken. Mit der Einführung des IBM PCs im Jahr 1981 sowie zwei Jahre später des legendären "Lisa"-Computers durch die Firma Apple wurde die "Zweite Welle" des modernen Computer-Zeitalters ausgelöst: Der Rechner in Gestalt des "Mainframes" war nicht mehr ausschließlich ein Instrument von großen Instititutionen in Wissenschaft und Bürokratie, sondern gelangte als "Desktop"-Rechner auf die Schreibtische von Privat-Personen, die diesen vor allem im professionellen Bereich einsetzten. 2D-Grafiken verdrängten das Text-Display, die Kommando-Zeile wurde durch Fenster, Menüs und anklickbare Icons ersetzt, und an die Stelle des "Lesens-und-Tippens" trat beim Mensch-Computer-Interface das "Point-and-click" und "Drag-and-drop".

Es folgte eine "Dritten Welle": Ausgangspunkt hierfür war die massenhafte Verbreitung von PCs im Privat-Bereich, ergänzt durch die Entwicklung komplexer Netzwerke, die Erhöhung der Bandbreiten bei der Datenübertragung, "Multiuser"-fähiger Applikationen sowie der Integration von "Multimedia" (Sound, Bewegtbilder, VR). Dem "Personal Computer" konnte nun auch eine soziale Komponente zugesprochen werden, da eine technische Grundlage für die interpersonelle Kontaktaufnahme vormals isolierter Rechnereinheiten gelegt war.

  1. Welle 2. Welle 3. Welle
Context Institutional Personal Social
Audience Technical Professional Consumer
Architecture Mainframe Desktop Networks
Display Text 2D Graphics VR / Multimedia
Elements Requests & Reports Windows, Menus, Icons Scenes, Avatars
Control Read & Type Point & Click Explore & Chat

Tabelle: Die drei Wellen des Rechner-Zeitalters (aus: Rockwell, VRML: Beyond the Desktop, München o.J., S. 2)

Noch kann nicht davon die Rede sein, daß die Menschheit global auf der "Dritten Welle" schwimmt; einige technische und infrastrukturelle Restriktionen sollen deshalb nicht unerwähnt bleiben:

1. Bedingung für eine funktionierende, globale Vernetzung von Rechners ist die Verwendung standardisierter Protokolle und Beschreibungssprachen. TCP/IP und seine zahlreichen "Unter"protokolle (wie HTTP, FTP usw.) sind ein gelungenes Beispiel für global gültige Standards. Bei den zahlreichen, häufig miteinander konkurrierenden Multimedia-Formaten haben wir demgegenüber Fälle, die aufzeigen, dass über mehrere Jahre hinweg keine Einigung über einheitliche Standards gefunden werden konnte. Am Rande sei vermerkt, dass mit der Diskussion um MPEG 4 zur Zeit der Versuch unternommen wird, verschiedene multimediale Anwendungen - wie Sound, Bewegtbilder, Animation und VR - "unter einen Hut zu bringen", sprich: mit einer einheitlichen Spezifikation zu versehen. 2.

3. Die Verbreitung von Online-Anschlüssen sowie Zeittakt-orientierte Telekommunikationskosten (trauriges Beispiel ist hierfür Deutschland!) machen das Surfen im Internet noch immer zu einer Elite-Beschäftigung. 4.

5. Der Einsatz von 3D-Grafiken und anderen Multimedia-Komponenten setzt vergleichsweise hohe Bandbreiten sowie auf Seiten des Nutzers eine leistungsfähige Hardware voraus. Von einer umfassenden Marktdurchdringung kann hier noch nicht gesprochen werden. 6.

7. Die Client-seitige Darstellung von 3D-Welten basiert bei vielen Communities - so auch bei blaxxun - auf der "Virtual Reality Modelling Language" (VRML). Hierbei kommen spezielle Browser-Plugins zum Einsatz, die nicht standardmäßig in den Netscape- und Internet Eplorer-Browsern integriert sind. 8.

9. Last not least: Das durch ein lückenloses Netzwerk zusammengehaltene "globale Dorf" ist solange Utopie, wie es noch Staaten gibt, die nicht über einen Backbone an das Internet angeschlossen sind (Beispiel Eritrea); ganz davon zu schweigen, dass selbst in der Mehrzahl der Internet-fähigen Länder - illustres Beispiel dürfte hier wohl das IT-Spezialisten-trächtige Indien sein - nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung Mittel und Wege hat, die 'Wonnen' der Online-Welt zu genießen. 10.

1.3.2 Kulturelle Implikationen - Post-moderne "Ästhetik" und "Simulation"

Technik ist das eine, ihre direkten und impliziten Auswirkungen auf das Verhältnis Mensch-Computer und Mensch-Mensch das andere. Ich möchte an dieser Stelle zwei eher kultursoziologische Phänomene anreißen, die mit der technischen Entwicklung Hand in Hand gingen und Auswirkungen auf die Entwicklung und Nutzung von "Online Communities" haben.

Die Psychologin Sherry Turkle hat in ihrem 1995 erschienen Buch "Life on the Screen" 11 - laut Süddeutscher Zeitung "die Bibel der Computergeneration" - die kulturellen Auswirkungen der Computertechnologie beschrieben. Ihre zentrale These besagt, dass seit Beginn der 80er Jahre eine postmoderne Computer-"Ästhetik" Einzug gehalten habe, die sich hinsichtlich ihres kognitiven Stils radikal von der vorherigen, modernen Ästhetik unterscheidetund und eine "Kultur der Simulation" begünstigt. Diese "Kultur der Simulation" weicht zunehmend die klassische Mensch-Computer-Differenz auf, indem sie anthopomorphe Elemente in die Computer-Welten hineinprojeziert. Sollte Turkle's These stimmen, so hätten wir eine Indiz dafür, dass die Programmirung "virtueller Welten" durch eine neuartige Mensch-Computer-Beziehung begünstigt wird.

Wir müssen in diesem Zusammenhang noch einmal auf die oben bereits erwähnte Markteinführung des Apple Macintosh Mitte der 80er Jahre zurückkommen: Seine symbolische Benutzeroberfläche war ein Affront gegenüber all jenen IBM-PC-Anwendern - von Turkle als "Hobbyisten" tituliert - deren Computer-Ästetik von dem Gefühl bestimmt war, "dass nichts zwischen ihnen und dem <> der Maschine steht". "Transparenz" hieß für die Hobbyisten, dass sich die Funktionsweise der Computer-"Maschine" zumindest potentiell auf ihre zugrundeliegenden Mechanismen zurückführen ließ - man glaubte, das "Getriebe" zu verstehen und genoß das damit verbundene Machtgefühl. Ganz anders präsentierte sich der Mac:

  "Die interaktiven Objekte des Desktop, seine anthropomorphen Dialogfelder, in denen der Computer zu seinem User <> - all diese Entwicklungen verwiesen auf eine neue Art von Erfahrung, bei der die Benutzer den Maschinen keine Befehle mehr erteilten, sondern Gespräche mit ihnen führten. Man ermunterte uns, mit der Technik auf ähnliche Weise zu interagieren, wie wir es mit anderen Menschen tun" 12  


Sichtbar wurde hier eine umfassende kulturelle Veränderung der Bedeutung von "Transparenz" in der Postmoderne: Eine "transparente" Struktur zu haben heißt, dass etwas funktioniert und sich leicht bedienen läßt, und nicht mehr, dass man dessen darunterliegende Funktionsmechanismen versteht. Es ist der Triumph eines "Interface", das von einem "Als-ob" geprägt ist, eben der Beginn jener "Kultur der Simulation", in der die Menschen sich daran gewöhnt haben, das Reale durch "Repräsentationen der Wirklichkeit" zu ersetzen. Die gravierenden Veränderungen beim Mensch-Computer-Interface korrelieren mit der Behauptung mancher postmoderner Theoretiker, dass die Suche nach verborgenen <>-Mechanismen aussichtslos sei und es daher realitätsnäher wäre, sich auf die Erkundung veränderlicher Oberflächenstrukturen zu beschränken.

Einen poetischen Ausdruck dieser Simulationsästhetik finden wir übrigens in den beeindruckenden Computerwelten des 1984 erschienenen Buchs Neuromancer von William Gibson. Der Held des Romans "schwimmt" in einem Universum auf den Oberflächen digitaler Lebensformen und versucht, mit ihnen eins zu werden.

2. Auf dem Weg in die "Virtuelle Gesellschaft"

2.1 "Der Rechner als Universalmaschine"

Die rasante technische Weiterentwicklung der "Rechenmaschine" hat also das soziologische Nachdenken über ein adäquates Verständnis des Computers gefördert. Ist dieser noch als klassisches Inkrediens der Moderne anzusehen, oder vereint er mittlerweile Elemente, die ihn für einen "radikalen Epochenbruch" prädestinieren? 13

  "Mit dem Studium der Genese und Prägung des Computers müßte sich klären lassen, wieviel er der Moderne verdankt und inwieweit er sich von ihr absetzt." 14  


Einerseits ist es unbestreitbar, dass die Entwicklung des Computers im engen Zusammenhang mit moderner Mathematik sowie Mechanisierungs- und Rationalisierungsprozessen der Moderne steht- insoweit ist die Bezeichnung "Produkt der Moderne" richtig. 15 Andererseits haben zahlreiche Autoren darauf verwiesen, dass der Computer eine singuläre Eigenschaft besitzt, die ihn von "Maschinen" herkömmlicher Art fundamental unterscheidet: Aufgrund der spezifischen Konstellation von Hard- und Software verfügt er nämlich nicht über eindeutig definierbare Anwendungsgebiete. Die Arbeiten des britischen Mathematikers Alan Turing haben vielmehr gezeigt, dass jede Maschine, deren Hardware ein bestimmtes Minimum an Kompliziertheit und Flexibilität erreicht hat, jeder anderen Maschine äquivalent ist. 16 Die Fähigkeit des Computers, hierdurch jede andere Maschine zu simulieren, macht ihn zur "Universalmaschine" mit folgenden Charakteristika: 17



Grafik: Der Rechner als "Universalmaschine"
nach: Bühl 1997, S. 41


Er ist insofern ein "Werkzeug" im traditionellen Kontext der Moderne, als er zweckrational für bestimmte Produktionsprozesse (zum Beispiel als Textverarbeitungsprogramm) eingesetzt wird. Die Diskussion um künstliche Intelligenz und ihre Nutzbarmachung für Produktion und Mensch-Computer-Interface (zum Beispiel Spracherkennung) gibt ihm ferner den Charakter eines "Denkzeugs" Seine "mediale Funktion" - hierfür ist das Internet das bekannteste Beispiel - läßt eine dritte Eigenschaft hinzutreten, dessen spezifische Charakteristika Volker Grassmuck in seinem Aufsatz "Die Turing Galaxis - Das Universal-Medium als Weltsimulation" beschrieben hat. 18 Schließlich besitzt der Rechner als "Universalmaschine" das Potential, reale Alltagsumgebungen zu simulieren und zu verdoppeln - er ist "Virtuelle Maschine".

Die für unser Thema wichtigsten Eigenschaften dieser "Universalmaschine" lassen sich unter den Begriffen "Entfunktionalisierung" und "Rekombination" subsummieren: Das Mangel"wesen" 19 Hardware kann je nach gesellschaftlichem Kontext für unterschiedliche Anwendungen und Bedürfnisse "programmiert" werden, die flexible Computer-Vernetzung ("Rekombination") wiederum schafft neue Meta-Strukturen auf einer höheren Ebene.

Beim Computer handelt es sich folglich, so die These, um einen neuen Technologietypus, der, so das Fazit von Achim Bühl, "(...) auch einen qualitativ neuen Gesellschaftstypus intendiert, den wir als virtuelle Gesellschaft bezeichnen." 20

2.2 Von der "Industriegesellschaft" zur "Virtuellen Gesellschaft"

Ich werde mich davor hüten, in der seit Jahren populären Diskussion um eine adäquate Theorie der Gesellschaftsstrukturierung Position zu beziehen. Unter welchem Begriff man die gravierenden Umwälzungen in den westlichen Industriegesellschaften zusammenfaßt, hängt davon ab, welche Indikatoren und Prozesse man als wesensbestimmend einschätzt. Da wird von "Welt"-, "Erlebnis"-, "Dienstleistungs"-, "Multioptions"-, "Wissens"-, "Medien"- und "Informations"-Gesellschaft geredet und ein jeweils anderes Phänomen in den Mittelpunkt der Analyse gestellt. 21 Wie Heiner Keupp bei seiner Diskussion um Identitätskonstruktionen in der Spätmoderne richtig bemerkt:

  "Es gehört schon zur rituellen Rhetorik in öffentlichen Diskursen, den Umbruch zu beschwören. Wir werden gegenwärtig mit Schlagworten bombadiert: Von der Individualisierung, der Pluralisierung, der Globalisierung, der Virtualisierung oder der Flexibilisierung ist die Rede." 22  

Einigkeit herrscht allenfalls darüber, dass die Basisprämissen der industriellen Moderne zunehmend fragwürdig werden: Auf dem Wirtschaftssektor verabschiedet man sich von dem illusionären Konstrukt der "Vollbeschäftigungsgesellschaft", auch die Annahme einer immer weiter perfektionierbaren Rationalität und Kontrollierbarkeit gesellschaftlicher Abläufe wird als Utopie entlarvt, und an die identitätsstiftende Einbettung des Einzelnen in vorgefertigte Lebensmuster innerhalb eines nationalstaatlich organisierten Kollektivs glaubt außer einem kleinen Kreis rückwärtsgewandter Kommunitaristen sowieso niemand mehr.

Ein weiterer Aspekt, der eher unstrittig zu sein scheint, betrifft die subjektive Auflösung von Raum- und Zeiterfahrungen, die mit der unter dem Stichwort "Globalisierung" bezeichneten Entwicklung zusammenhängt. Der marxistische Literaturwissenschaftler Frederic Jameson geht von einer neuen Etappe des Kapitalismus aus, die durch eine "vollständige Überwindung raum-zeitlicher Fixpunkte der Produktion und Zirkulation von Waren" gekennzeichnet ist 23 und die Neukonfiguration kultureller Orientierungspunkte zur Folge hat. Ähnlich formuliert auch A. Appadurai 24, wenn er von den "kulturellen Dynamiken der Enträumlichung" spricht und das Ende der bislang unterstellten Grundwahrheit einer engen Verbindung zwischen Raum, Stabilität und kultureller Reproduktion postuliert. Kombiniert man beide Aspekte mit der gestiegenen Bedeutung elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten, die Manuel Castells im ersten Teil seiner Trilogie über das Informations-Zeitalter behandelt 25, so nähern wir uns dem Begriff der "Virtualisierung", die Bühl für den Kern des gesamten Problemkomplexes hält. 26

Vor dem Hintergrund einer 250 Jahre alten Definition von "virtualiter" - sinngemäß: "der Kraft oder Möglichkeit nach vorhanden -, meint "Virtualisierung"

  "(...) einen computerinitiierten Prozess, in dessen Verlauf an die Stelle des realen Raums als bestimmende Größe mikro- und makrosoziologischer Bereiche der virtuelle Raum tritt (...) Die Virtualisierung [ist die] zentrale gesellschaftsstrukturierende Form einer Immaterialisierung, die räumlich strukturierte Sozialbeziehungen durch virtuelle Kontakte ersetzt (...) Unter virtueller Gesellschaft verstehen wir eine Gesellschaft, in der Produktion, Distribution und Kommunikation weitgehend in virtuellen Räumen stattfinden, im Cyberspace. (...) Die Dialektik von Realraum und virtuellem Raum führt zu qualitativ neuen Formen der Vergesellschaftung."
[Hervorhebungen, T.D.]
 


An - oder vielmehr 'neben' - die Stelle des Realraums tritt also ein "virtueller Raum" in der Gestalt des globalen Netzwerks - die räumlichen Koordinaten werden durch die "Matrix" 27 ergänzt oder sogar ersetzt. Poetisch ausgedrückt: "Die Wohnung wird zum implodierenden Cyberraum." 28

Der Prozesscharakter der Virtualisierung bedingt, dass unterschiedliche Grade oder Schattierungen dieses Phänomens existieren: Am äußeren Rand befindet sich eine Zone ("prä-virtuelle Welt"), in der aufgrund computervermittelter Beziehungen der geografisch-reale Raum eine erste Neutralisierung erfährt. Sobald wir eine zunehmende Visualisierung der prä-virtuellen Welt, die eine Abgrenzung zum Real-Raum erschwert, beobachten, befinden wir uns in der "Virtual Reality" (VR). Wird diese 'begeh'- und sinnlich erfahrbar (sog. "VR mit Immersion"), verschschinden die Grenzen zwischen Virtualität und Realität zunenehmend - der User beziehungsweise seine Imago-Identität, der "Avatar", dringen weiter in den virtuellen Raum ein. Im Zentrum, der sog. "Zentralen Phantomatik", ist dieses Verschwinden für das Subjekt nicht mehr wahrnehmbar - Realität und Virtualität verschmelzen zu einer Einheit.



Grafik: Räume der Virtualität
nach: Bühl 1997, S. 48


Ein solches Szenario provoziert Fragen:

1. Was bedeutet "Immersion" vor dem Hintergrund der alltäglichen Verwendung des 'Werkzeugs' Rechner - vor allem in bezug auf die "Materialität" der Maschine und die reale "Raumgebundenheit" bei seiner Nutzung? 2.

3. Welchen anthopologisch begründeten Stellenwert wird der Real-Raum auch zukünftig für das menschliche Miteinander haben? 4.

5. Ist zwischenmenschliche Interaktion in virtuellen Welten noch mit einem begrifflichen Instrumentarium wie "soziales Handeln" vereinbar? Müssen wir eine Theorie des "virtuelles Handelns" entwerfen? 6.

Ich belasse es hier bei der Feststellung, dass "virtuelle Welten als neue Realitäten" - so H. Keupp's Bezeichnung einer der zehn zentralen 'Umbruchserfahrungen' in spätmodernen Gesellschaften - ein Phänomen darstellen, "deren allgemeine Konsequenzen für alltägliche Lebenswelten und die Subjektkonstitution noch schwer prognostizierbar sind". 29

3. "Virtual Communities" - eine Begriffsannäherung

3.1 Das Konzept "Soziale Gruppe" als Analyseraster

Wie läßt sich der Begriff "Virtual Community" in das soziologische Gruppentheorem einfügen? Als wenig nützlich hat sich die direkte Übersetzung des gleichnamigen Buchs von Howard Rheingold 30 - also "virtuelle Gemeinschaft" - erwiesen, da hierdurch Gemeinsamkeiten zum Tönnies'schen Verständnis von "Gemeinschaft" - im Gegensatz zu "Gesellschaft" - suggeriert wurden. 31 Zunächst weniger verfänglich scheint daher eine Einordnung in die allgemeine Theorie der "sozialen Gruppe" 32 zu sein - vor allem da in der Literatur auch häufig der Begriff "virtuelle Gruppe" im Zusammenhang mit "Online Communities" auftaucht. Zu diesem Zweck müssen in einem ersten Schritt die definitorischen Merkmale der "sozialen Gruppe" herausgefiltert werden 33, um diese anschließend mit analogen Merkmalen in virtuellen Beziehungsstrukturen zu vergleichen.

Wir folgen an dieser Stelle Udo Thiedeke 34, der die soziale Gruppe zunächst unter Berücksichtigung ihres Umweltbezug als Kommunikationssystem versteht, und zwar - in Anlehnung an Friedhelm Neidhardt 35 - als spezifischen Sinnzusammenhang von Handlungen. Die Tatsache, dass virtuelle Beziehungen sich zuallererst in der Form computergestützter (in der Regel text-basierter) Kommunikation realisieren, rechtfertigt meines Erachtens diesen Ansatz.

  "Handlungen sind für die Gruppe in Form zurechenbarer Kommunikationen konstitutiv. Sie realisieren sich in den persönlichen Äußerungen der Mitglieder, also in Kommunikationshandlungen."
[Hervorhebungen, T.D.] 36
 


In ihren Beziehungen zur Umwelt lassen sich Einflüsse herauskristallisieren, die maßgeblich ein Kommunikationssystem beeinflussen: Der Handlungsdruck aus der Umwelt (in Form von 'Aufgaben' oder 'Herausforderungen') macht sich in Form einer wachsenden oder schrumpfenden Kohärenz der Mitglieder eines solchen Systems sowie in einer Tendenz zur arbeitsteiligen Aufgabendifferenzierung bemerkbar. Die dem Kommunikationssystem zur Verfügung stehenden Ressourcen wiederum beeinflussen Struktur und Kommunikationspotentiale ("Infrastruktur"). Schließlich haben Mitgliedschaftsalternativen (Ein- und Austrittchancen) Auswirkungen darauf, wie hoch der Legitimationsbedarf für die Existenz eines Kommunikationssystem ist 37. Diese Umwelteinflüsse werden innerhalb des Systems selektiv verarbeitet und bestimmen sein 'Innenleben'.

Zum 'Innenleben' des Systems gehören Merkmale wie zeitliche Stabilität, soziale Kommunikationsorientierung, Erscheinungsform der Interaktionskontakte sowie kommunikative Steuerungsmedien.

Unterscheidet man die soziale Gruppe von anderen sozialen Systemen 38 wie 'Interaktionssystemen' und 'Organisationen', so ergibt sich folgende Matrix:

  Interaktionssystem Soziale Gruppe Organisation
Erscheinungsform der Interaktionskontakte diffus
keine pers. Kenntnisse der Interaktionspartner
diffus
pers. Kenntnisse der Interaktionspartner
nicht diffus
formale Kenntnisse der Interaktionspartner
soz. Kommunikations-orientierung emotional
mittelbar
emotional
unmittelbar
funktional
mittelbar
Kommunikatives Steuerungsmedium zufällige Aktionen und Reaktionen zielgerichtete
Gefühlsäußerungen
zielgerichtete
Satzungen
zeitliche Stabilität kurzfristig relativ dauerhaft dauerhaft statisch

Soziale Gruppen in Vergleich zu anderen Kommunikationssystemen
Quelle: Thiedeke 2000, S.45

Zusammenfassend definiert Neidhardt die qualitativen Merkmale des Kommunikationsaggregat "Soziale Gruppe" wie folgt:

  "Die sozialen Beziehungen in der [sozialen] Gruppe beruhen auf der unmittelbaren, persönlichen Bekanntheit der Gruppenmitglieder, der relativen Dauer und Konstanz der Kommunikationsstrukturen der Gruppe und der Diffusität der Mitgliederbeziehungen, was sich in emotionalen und personalisierten Kommunikationsprozessen widerspiegelt." 39  


Haben "virtuelle Gruppen" die Qualität "sozialer Gruppen"? Wir werden später ausgewählte Kommunikationsstrukturen auf diese Frage hin überprüfen. Die Analyse verschiedener "Multi User Domains" (MUDs), soviel hier vorweg, hat Indizien zutage gebracht, dass "virtuelle Gruppen" als Sonderform der "sozialen Gruppe" unterschieden und beschrieben werden können.

  "Sie weisen die Charakteristika einer sozialen Gruppe, wie diffuse persönliche Interaktionskontakte, eine emotionale Kommunikationsorientierung sowie den Einsatz zielgerichteter Gefühlsäußerungen als Steuerungsmedium der Kommunikation auf. Schließlich ist es auch bei virtuellen Interaktionen möglich, Beziehungsstrukturen auszuprägen, die dauerhafter als diejenigen der Interaktionssysteme sind, aber nicht die Statik formaler Organisationen aufweisen." 40  


In Abgrenzung zu den Merkmalen "sozialer Gruppen" bezieht sich jedoch die persönliche Kenntnis hier auf virtualisierte Interaktionspartner, die soziale Kommunikationsorientierung wird soziotechnisch vermittelt, und die Steuerungstechniken der Kommunikation unterliegen den jeweiligen technischen Rahmenbedingungen.

3.2 Kommunikation und Interaktion im "virtuellen Raum"

3.2.1 Computer Mediated Communication (CMC)

Da, wie oben festgestellt, die computervermittelte Kommunikation (CMC) zu den Wesensmerkmalen "virtueller Beziehungen" gehört, sollen an dieser Stelle einige Spezifika dieses Kommunikationstypus betrachtet werden. Der eigentliche technologische Kern der virtuellen Gesellschaft - die Virtual Reality - wird im nächsten Abschnitt separat behandelt.

In Anlehnung an eine frühe Untersuchung von Kiesler et al. 41 hat Thiedeke die drei Merkmale Anonymität, Selbstentgrenzung und Interaktivität als CMC-typische Merkmale herausgearbeitet.

Anonymität: Virtuelle Beziehungen beruhen häufig auf der Anonymität ihrer Teilnehmer. Realnamen werden durch fiktive Namen ("Nicknames") ersetzt, und Teilnehmer können (sofern nicht durch die Konfiguration von Community Servern eingeschränkt) mehrere situationsabhängige "Imago-Identitäten" annehmen. Die E-Mail-Adresse des Users läßt sich beim Austausch elektronischer Post entfernen. Hinzu kommt, dass die Interaktionen nicht raumgebunden ('aspatial') und "entkörperlicht" ('acorporal') ist, sprich: es keinerlei physisch erfahrbaren Raum gibt, der die Identität eines Teilnehmers sinnlich wahrnehmbar macht. Als Konsequenz davon wird eine Interaktion, die auf die Verwendung von Stigmata verzichtet, begünstigt ('astigmatic'). 42

Selbstentgrenzung: Virtuelle Beziehungen fördern die "Selbstentgrenzung" der Interaktionspartner: Durch die Anonymität können soziale Grenzen leichter überschritten werden - "Identitätsspiele" und die damit einhergehende "multiple Selbstvermittlung" erhalten größere Entfaltungsmöglichkeiten. Hierdurch ergeben sich Fragen nach der Existenz und der Effektivität sozialer Kontrollmechanismen und Normdurchsetzung in virtuellen Beziehungsmustern (hierzu Kap. 5.1.5). Darüber hinaus rücken Probleme wie Kommunikationseffizienz und Partizipation in den Mittelpunkt.

Interaktivität: Während manche Sozialwissenschaftler das Vorhandensein des vollen Sets an Sinneswahrnehmungen für ein Richtmaß von Interaktivität halten 43, betonen andere Autoren, dass erst die durch virtuelle Beziehungen entstandene "Hyperöffentlichkeit" eine explosionsartige Vergrößerung des Interaktionsumfeldes zustandegebracht hat 44. Bestimmte Merkmale virtueller Interaktivität - zu nennen wären hier die Dominanz der Asynchronalität (E-Mail) sowie die überwiegende Beschränkung auf Texteingabe ('limited bandwidth') - bedingen jedoch, dass die "Notwendigkeit zur selbstorganisierten Konstruktion der Interaktionsfelder" 45 in virtuellen Beziehungen besonders groß ist. Die Teilnehmer üssen immer zugleich konstruktiv und rezeptiv agieren.

Optionalität: Aus den Besonderheiten der virtuellen Interaktivität ergibt sich schließlich, dass Beziehungen im "Cyberspace" durch eine Vielfalt der Möglichkeiten, Themen, Interaktionsformen, Identitäten, Kommunikationsumgebungen und Wissensbeständen charakterisiert sind. Themenbereiche und Beziehungsangebote lassen sich unbegrenzt re-kombinieren, das Individuum sieht sich permanent mit der Notwendigkeit zur Auswahl konfrontiert - ein Aspekt, der das Problem der individuellen Freiheit (Stichwort: "Individualisierungsdruck" 46) akzentuiert.

3.2.2 Virtual Reality

Neben CMC gilt die "Virtual Reality" (VR) als wesentlichstes Element für Kommunikation und Interaktion im virtuellen Raum. Bei Bühl heißt es geradezu euphorisch:

  "Die Basistechnologie der virtuellen Gesellschaft ist weder Multimedia noch ist es die globale Vernetzung des Internet. Zwar stellen diese wichtige technische Voraussetzungen dar, der eigentliche technologische Kern der virtuellen Gesellschaft besteht jedoch in der Technologie der Virtual Reality. (...) [Sie] stellt einen fundamentalen Paradigmenwechsel in der Informatik dar, eine qualitativ neuartige Mensch-Maschine-Kommunikationsstruktur." 47  


VR meint, dass Menschen unmittelbar in computergenerierte Umgebungen integriert werden. Im Gegensatz zu klassischen Computeranimationen können mehrere User gleichzeitig in VR-generierten Umgebungen interagieren - dabei wird jede Modifikation durch den einen User in "Echtzeit" an alle anderen User übertragen. Oder anders formuliert: Menschen "teilen sich" eine computergenerierte künstliche Welt.

Die Eigenschaften der VR-Technologie sind in folgender Tabelle gelistet:

Immersion Eintauchen in eine computergenerierte Entwicklungsumgebung
Multi-Dimensionalität Der computergenerierte Raum hat mehrdimensionale Eigenschaften
Multi-Sensorik Der computergenerierte Raum spricht mehrere Sinne, im Extremfall auch Tast- und Geruchssinn, an
Echtzeit Die Bewegungen des Anwenders werden on-the-fly in Bewegungen seines "Avatars" umgesetzt
Adäquanz Korrelation zwischen Anwender-Aktionen und seinen Auswirkungen im virtuellen Raum
Interaktion Realweltliche Aktionen (Objekt-Manipulation etc.) sind möglich
Begehbarkeit Der "Avatar" navigiert wie im Real-Raum (oben/unten, rechts/links, Perspektivenwechsel)
Realitätseffekt Subjektive Wahrnehmung des virtuellen Raums als "Realität"
Multiuser-Effekt Mehrere "Avatare" navigieren und interagieren zur selben Zeit im selben Raum

Eigenschaften der VR-Technologie
Quelle: Bühl, S. 50

Im Zusammenhang mit VR und seiner konkreten programmiertechnischen Umsetzung müssen an dieser Stelle einige kurze Anmerkungen über die "Virtual Reality Language" (VRML) gemacht werden. Zum einen, weil VRML in den letzten Jahren als probates Mittel zur Erzeugung von VR-Welten gegolten hat, zum anderen, weil unsere eigenen Communities 3D-technisch auf VRML basieren.

VRML wurde 1994 auf dem ersten World Wide Web-Kongreß in Genf ins Leben gerufen. Im Gegensatz zu anderen Computersprachen ist VRML eine objektorientierte Beschreibungssprache für 3D-Welten (also keine Programmiersprache!), in der sich andere Programmroutinen wie Java integrieren lassen. Die Effizienz von VRML beruht darauf, dass im Gegensatz zu anderen Multimediaformaten (wie Quicktime oder Shockwave) reine Text-Daten mit entsprechend geringen Download-Zeiten übertragen werden. Ursprünglich (Oktober 1994) konzentrierte sich die Definition von VRML 1.0 auf die Beschreibung und Visualisierung von 3D-Objekten in 3D-Räumen. Konkret ging es dabei um einen verbindlichen Standard bezüglich der Verwendung verschiedener Koordinatensysteme, der Zusammensetzung von Polygonen zu Objekten, der Eigenschaften von Objekten (Material, Oberflächenstruktur, Licht), der Zusammenfügung von Objekten in eine 3D-Szene sowie um die Darstellung von Objekten auf unterschiedlichen Detail-Ebenen (Thumbnails etc.). VRML 1.0 definierte also die Geometrie.

Bereits im August 1996 wurde eine aktualisierte Version VRML 2.0 vorgestellt, die Verbesserungen bei der Integration von Multimedia, Animation und eine Erweiterbarkeit von VRML-Objekten mittels Prototypes und "Scripting" auswies. Dieser zweite Schritt konzentrierte sich demnach auf das Verhalten von 3D-Objekten in Szenen.

VRML hat in der Vergangenheit viele Ups and Downs erfahren: Zu Beginn euphorisch begrüßt, ist es im letzten Jahr relativ ruhig um diesen VR-Standard geworden - zum Teil wurde VRML sogar als Sackgasse bezeichnet und für tot erklärt. Doch vielleicht leben Tote länger als vermutet! Die Anbieter von Community-Technologien jedenfalls müssen auf sich rasch wandelnde Trends reagieren, ohne dabei das langfristige Ziel aus dem Auge zu verlieren.

Fest steht, dass VRML einen großen Nachteil hat: Das Navigieren von VRML-Welten benötigt auf User-Seite ein eigenständiges Browser-Plugin, welches in unserem Fall (blaxxun Contact) rund drei MB groß ist 48. Da dieses Plugin nicht mit den heutigen Standard-Browsern Netscape Navigator und Internet Explorer ausgeliefert wird (wie dies bei anderen Zusatzmodulen wie zum Beispiel Adobes PDF-Plugin der Fall ist), müssen Besucher von VRML-Welten das Zusatzmodul zunächst downloaden - ein Hemmschuh, der Community-Betreiber nach Alternativen suchen läßt. Denkbar sind interaktive 3D-Umgebungen auf Java-Basis, ein erster Ansatz hierzu ist die blaxxun 3D-Technologie. 49

3.3. "Virtuelle Gruppen" als "Soziales Netzwerk"

Sind "Virtuelle Gruppen" als Substitut oder Ergänzung zu realweltlichen Lebensformen zu fassen? Mit den Methoden der sozialen Netzwerkanalyse 50 haben einige Sozialwissenschaftler versucht, diese Frage zu beantworten. Als soziales Netzwerk wird zunächst ein Set von Personen, die durch dauerhafte Beziehungen eines bestimmten Typus miteinander verbunden sind, verstanden. Bei der Kategorisierung der Netzbestandteile findet sich häufig die Unterteilung zwischen einer primären und einer sekundären Zone: Während erstere durch enge affektive und emotionale Bindungen zwischen den Teilnehmern gekennzeichnet ist ("strong ties"), basiert letztere auf Kontaktgrundlagen wie gemeinsamer Arbeitsplatz oder Nachbarschaft und zeichnet sich durch vergleichsweise schwächere Beziehungen ("weak ties") aus. Auf der Ebene des "Ego" ist die Primärzone für den "emotional support", die Sekundärzone hingegen für den "social support" zuständig. 51 Die Struktur des persönlichen Netzwerks beeinflußt das Ausmaß an Solidarität und psychischer Unterstützungsleistung, die das "Ego" aufgrund starker Beziehungen zu Schlüsselpersonen innerhalb des Netzwerks ("key allies") erhält.

Die auf CMC basierenden virtuellen Umgebungen des Internet, so die Prognose, wirken sich direkt auf die Vernetzung zwischen den Mitgliedern moderner Gesellschaften aus. 52 Widersprochen wird dabei vor allem der sogenannten "Isolationsthese" 53, nach der eine intensive Nutzung der CM-Kommunikation zu einer Reduktion der Kontakte zu 'lebendigen' Menschen führt und das Individuum einsam macht. Auf der Grundlage von sechs Charakteristika sozialer Netzwerke bei computervermittelter Kommunikation - Dichte, Abgrenzung, Reichweite, Ausschließlichkeit, soziale Kontrolle und Bindungsstärke 54 - lassen sich folgende Thesen ins Feld führen:

1. Das soziale (Ego-zentrierte) soziale Netzwerk wird größer, gleichzeitig verringert sich seine "innere Dichte" 55. Die internen Überlappungen zwischen Netzwerk-Teilbereichen werden abnehmen und weiter partikularisiert. 2.

3. CMC erweitert hingegen den "Fernbereich" sozialer Kontakte. Online-Gemeinschaften werden unterschiedliches 'soziales Kapital' (P. Bourdieu) bereitstellen, das seitens ihrer Mitglieder für die Informations- und Ratsuche genutzt wird. Diese haben theoretisch das Potential, auch emotionale und psychische Unterstützungsleistungen zu generieren, werden sich aber - um auf Dauer stabil zu bleiben -, zu Face-to-face basierten "Nahbereichen" umwandeln. 56 4.

5. Der "Nahbereich" sozialer Kontakte wird durch CM-Kommunikation weitgehend unverändert bleiben. In seinem Innern ("Kernbereich") wird es sogar zu weiteren Stabilisierungstendenzen kommen, da es CMC ermöglicht, auch mit wichtigen Beziehungspersonen über weite räumliche Entfernungen hinweg den Kontakt aufrechtzuerhalten. 6.

7. Im computergenerierten Raum nimmt die Bedeutung geografischer Gesichtspunkte ab - "Assoziationen" werden vorwiegend nach persönlichen "Ertragsgesichtspunkten" eingegangen. CMC wird generell die Bedeutung real-räumlicher Distanzen dahingehend ändern, dass Kontakthäufigkeit und -dauer zu einer "Frage der Beziehungsökonomie" werden 57. 8.

4. The "Hidden Agenda" - IT-Merkmale von Online-Communities

4.1 Grundlegende Funktionsprinzipien

Der Zugang zum World Wide Web und die Verwendung eines herkömmlichen Web-Browsers (Netscape Navigator oder Microsoft Internet Explorer) sind die einzigen Voraussetzungen zum Betreten einer Online-Community. Im Gegensatz zu proprietären Online-Diensten wie America Online (AOL) oder Compuserve ist hier der Zugang also nicht durch die Notwendigkeit zur Installation einer eigenständigen und nur für diesen Verwendungszweck gedachten Applikation erschwert.

Spielen in Communities dreidimensionale Räume auf VRML-Basis eine zentrale Rolle, so bedarf es allerdings - wie bereits erwähnt - der zusätzlichen Installation eines entsprechenden Browser-Plugins. Um diese Software-Barriere obsolet zu machen, gibt es in der Branche seit längerem Diskussionen darüber, 3D-Darstellung und Multiuser-fähige Interaktion in 3D über Java zu realisieren. Ein Ansatz in dieser Richtung ist die blaxxun 3D-Technologie: Hiermit lassen sich in 3D-Objekte interaktive Komponenten integrieren - Client-seitig wird zur Darstellung nur ein kleines Java-Applet heruntergeladen.

Die im Web-Browser dargestellten Prozesse lassen sich aus technischer Sicht in zwei Teilbereiche trennen: Während ein Teil ("CC 3D") für die Visualisierung von Community-"Plätzen", "Avataren" und "Objekten" zuständig ist, steuert ein zweiter Prozeß ("CC Pro") die Kommunikation mit den Server-Datenbanken. "Funktionen" (Datenbanken) und "Formen" (2D/3D-Visualisierung) sind aufeinander bezogen und werden vom Nutzer in der Regel nicht als getrennte Prozesse wahrgenommen.

Der entscheidende Unterschied von Communities zu 'herkömmlichen' Web-Sites liegt darin, dass Navigation und Interaktion nach dem Login nicht primär über HTTP-Requests - die einfache HTML-Seiten zurückliefern - gesteuert werden. Welches Mitglied sich wo in einer Community aufhält, und was er oder sie dort tut, dies macht den Wesenscharakter einer Community aus und ließe sich mit Hilfe eines 'normalen' Web-Servers gar nicht steuern. Zum Einsatz kommen in Communities daher eine Handvoll CGI-Scripts, die bestimmte Funktionen ausführen und hierbei das "Wer", "Wo" und "Was" berücksichtigen.

Ein Beispiel: Um in ein Haus zu gelangen, wird das sogenannte "Property"-Script benötigt. Bevor sich im Web-Browser des Users das Frameset des Hauses aufbaut, ermittelt das Script, welche "Rechte" der User an dem entsprechenden Haus hat. Aus dem "Rechte"-Set ergibt sich unter anderem, welche Screen-Elemente überhaupt angezeigt werden, beziehungsweise welche Links hinter den zur Verfügung stehenden Funktions-Elementen (Buttons, Select-Listen usw.) stehen.

Die CGI-Scripts wiederum greifen auf verschiedene Datenbank-Tabellen zu, in denen alle Community-relevanten Informationen abgelegt sind. 58 So gibt es unter anderem Tables für die Mitgliederinformationen, Clubs, Häuser, Rollen, Events, Objekte uund so weiter.

Es würde den Rahmen dieses Referats sprengen (und ist letztlich für das Thema auch irrelevant!), auf das komplexe System des Zusammenspiels von Web- und Community-Servern, CGI-Scripts und Datenbanken sowie dergleichen mehr einzugehen. Zum Ausdruck gebracht werden soll nur, dass Communities über die ursprüngliche Aufgabe des World Wide Webs, nämlich als weltweites Medium anonym angefordete Informationen zu liefern, hinausgehen.

4.2 Begrenzung der Nutzergruppe (Anmelde- und Login-Mechanismus)

Communities sind Systeme, die sich von der "Umwelt" durch einen separaten Anmelde- und Login-Mechanismus abgrenzen. Obwohl beide Mechanismen zu den unverzichtbaren Bestandteilen einer Community gehören, sind sie im World Wide Web längst kein Alleinstellungsmerkmal mehr: Große Portal-Seiten wie Yahoo stellen seit langem einen personalisierten Login zur Verfügung, über den sich der Nutzer ein individuelles Informationsangebot zusammenstellen kann, das in dieser Form nur für ihn sicht- und modifizierbar ist.

Nach der Eingabe des Community-URLs erscheint ein "Willkommen"-Screen, dessen Ausgestaltung den Betreiber vor zwei Probleme stellt: Bereits an dieser Stelle - "only one click away" von den Angeboten der Konkurrenz - müssen sich 'Inklusion' und 'Exklusion' die Waage halten. Denn die Aufrechterhaltung der virtuellen Community-"Grenze" und ihre gleichzeitige, selektive Durchlässigkeit stellen zumindest partiell konfligierende Interessen dar: Während einerseits aus Betreibersicht neue Mitglieder geworben werden sollen, um eine kritische, sprich: sich selbstorganisierende Mitgliederbasis, zu generieren 59, soll andererseits auf das In-group-Gefühl der "Bewohner" Rücksicht genommen werden - die Community als virtuelle "Heimat", die das "Dazugehören" der Mitglieder ebenso wie dessen Negation, das "Nicht-Dazugehören", symbolisch zum Ausdruck bringt. Bereits hier wird deutlich, dass geschlossene Benutzergruppen im Internet der ursprünglichen "Flaneur"-Mentalität des Web-Users nicht entgegenkommen.

Eine mögliche technische Lösung dieses Problems kann an diesem Eintrittspunkt die Definition eines "Besucher"-Status sein. Diesem wird als "Zwitterwesen" zwischen Mitglied und Nicht-Mitglied der Eintritt in die Community erleichtert, indem Anmeldung und Login übersprungen werden. Gleichzeitig erhält der Besucher ein in seinem Umfang limitertes Set an "Rechten" zugeteilt, welches die Navigations- und Interaktionsmöglichkeiten in der Community beschränkt, seine Repräsentation im Chat und als "Avatar" festschreibt und ihn eindeutig gegenüber Mitgliedern identifizierbar macht. 60

Die Anmeldung selbst besteht aus drei Komponenten: Wahl eines "Nicknames" (User-Name) und eines Passworts, Erhebung weiterer Benutzerdaten sowie Zusendung eines Registrierungs-Codes, welcher den erstmaligen Login regelt. Es hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass der Inhalt von Anmelde-Formularen sowie ausreichende Informationen über die sich für den User ergebenden Konsequenzen einer solchen Anmeldung entscheidend für die Höhe der Eintritts-Barriere sind. Durch die Wahl eines geheimes Passworts und Nicknames, der innerhalb der Community 'unique' sein muss, gibt der Web-Nutzer seinen anonymen "Flaneur"-Status auf und macht sich namentlich identifizierbar. Entscheidet sich der Community-Betreiber darüber hinaus für den Einsatz eines Registrierungs-Codes 61, so gibt der User auch die eigene Herkunft durch die Angabe seiner E-Mail-Adresse preis.

Registrierungs-Codes kommen dann zum Einsatz, wenn die Authentizität des Anmelders überprüft werden soll: Hierbei schickt der Server eine zufallsgenerierte Buchstabenkombination an die angegebene E-Mail-Adresse und fordert den User auf, diesen Code beim Erst-Login zu verwenden. Hierdurch soll eine mißbräuchliche Anmeldung von Dritt-Personen vermieden werden. 62 Gleichfalls kritisch ist die obligatorische Angabe zusätzlicher User-Informationen, wie Alter, Geschlecht und anderer soziodemographischer Daten sowie Informationen zu User-spezifischen Interessens- und Konsumptions-Präferenzen. Zwar lassen sich hierdurch im Vorfeld Nutzer-"Profile" erstellen, die sich positiv auf eine Vermarktung der Community auswirken können 63, andererseits ist erfahrungsgemäß das Mißtrauen gegenüber derlei Beitrittbedingunten so groß, daß die Gefahr eines vorzeitigen Abbruchs der Anmeldeprozedur überproportional steigt.

Dem "erfolgreichen" Erst-Login folgt abschließend die automatisierte Versendung eines "Begrüßungs"-Mails, das den User als neues Mitglied willkommen heißt und Hilfestellungen ("FAQs") zur Navigation in der Community und Möglichkiten der Kontaktaufnahme zu anderen Mitgliedern bietet.

4.3 Die Community in "Raum" und "Zeit"

4.3.1 "Raum"- und "Zeit"-Struktur

Unabhängig davon, ob sich der User innerhalb einer Community im 2D- oder im 3D-Modus "bewegt", repräsentiert diese eine Struktur, die meines Erachtens auf grundlegende anthropologische Konstanten menschlicher Wahrnehmung, hierbei vor allem von "Raum" und "Zeit", Rücksicht nehmen muß. 64

So ist es nicht überraschend, dass sich Communities an den menschlichen Alltagserfahrungen von "Raum" orientieren und diese über ein adäquates Mensch-Computer-Interface zu simulieren versuchen. Dies betrifft das Konzept der Raum"funktion" (repräsentieren, empfangen, aufbewahren), seine spezifische "Ästhetik" (emotionales Erscheinungsbild) und die Möglichkeit der Navigation zwischen verschiedenen Räumen.

Da der User grundsätzlich die Möglichkeit hat, in einer Community ausschließlich oder Platz-abhängig in 2D zu navigieren, stellt sich hier die zusätzliche Aufgabe, "Funktion", "Ästhetik" und "Navigation" in beiden Modi so zu gestalten, dass der Gesamteindruck für den User dergleiche bleibt.

Die Architektur der blaxxun Communities basiert primär auf der jeweiligen "Funktion" eines Raums, hierbei vor allem auf dem jeweiligen Grad von "Öffentlichkeit" oder "Privatheit" 65: Neben öffentlichen Plätzen (sogenannten "communal places"), zu denen alle Mitglieder Zutritt haben, gibt es private Räume (sogenannte "properties"), die das 'Eigentum' eines einzigen Mitglieds sind, sowie "Clubs", deren Zugang auf eine Teilmenge der Mitglieder beschränkt bleibt.

Neben dem "Wo" ist für die Herstellung von Kommunikation auch das "Wann" unabdingbar. Im Gegensatz zu realweltlichen Treffen, wo die Aussage "Wir sehen uns um 15.00 Uhr in der FU-Aula" hinsichtlich des Zeitpunkts eindeutig ist, müssen Communities auch die jeweiligen Zeitzonen berücksichtigen. Noch gibt es keine "Internet Time", so dass eine systematische Zeitsystematik in den Verantwortungsbereich des Community-Betreibers gehört. In unseren Communities haben wir eine unabhängige City-Zeit eingeführt, die sich nach der Zeitzone der jeweiligen Mitgliedermehrheit richtet.

4.3.2 Synchrone und asynchrone Kommunikation

Auf allen Plätzen gibt es ein relativ vereinheitlichtes Set an Kommunikationsfunktionen.

An erster Stelle steht hier der Chat, wobei jeder Platz einen eigenen Chat-Kanal darstellt und in bezug auf etwaige Zugangsbeschränkungen individuell konfigurierbar ist. Der 'öffentliche' Charakter der "communal places" (siehe nächster Abschnitt) ergibt sich dadurch, dass hier jedes Mitglied ("Besucher" werden in manchen Communities ausgeschlossen) mitchatten kann. Der Chat ist es auch, der das "Hier und Jetzt"-Dasein von Usern signalisiert und so indirekt die Raum-Zeit-Struktur der Community zum Ausdruck bringt.

Nicht zuletzt deshalb ziehen es manche Community-Betreiber vor, bei einem Platzwechsel durch den User automatisch den Chat zu laden. In anderen Communities überläßt man es dem einzelnen Mitglied, durch einen Eintrag in sein persönliches "Profil" festzulegen, ob standardmäßig bei einem Platzwechsel der Chat eingeblendet werden soll oder nicht. Aufgrund der hohen Bedeutung des Chats für das Community-Leben ist es allerdings Brauch, dass unerfahrene Mitglieder zunächst default-mäßig in den Chat gezwungen werden und sich erst nachträglich dafür entscheiden können, in den "No Chat"-Modus zu switchen. Da das Laden des Java- oder 3D-Chats Zeit benötigt und die Navigation verlangsamt, ist es also eine Abwägungsfrage, welche der beiden Alternativen man wählt.

Ebenfalls zur synchronen Kommunikation, jedoch ohne Bezug auf einen "Platz", gehören die Instant Messages - kurze "Telegramme", die man anwesenden Mitgliedern zuschickt und nur von diesen lesbar sind. 66

Die beiden letzten Kommunikations-Tools arbeiten asynchron:

Das Message Board fungiert als "Schwarzes Brett" und ist aus den zahllosen Newsgroups im Internet wohlbekannt. Die Anzahl der Message Boards und ihre jeweilige Zuordnung zu Plätzen ist in unseren Communities völlig flexibel - es existieren sowohl 'globale' Message Boards für die gesamte Mitgliederbasis als auch solche für Individuen ('Häuser') und Gruppen ('Clubs'). Eine wesentliche Funktion dieses Kommunikations-Tools ist ihr "Archiv"-Charakter: Das Message Board protokolliert den Kommunikationsfluß, ist das 'Gedächnis' des Community-Kollektivs und dient vor allem neuen Mitgliedern dazu, gegenwärtige Diskussionen mit der Vergangenheit in Bezug zu bringen. Im Kontext von kontroversen, schriftsprachlichen Auseinandersetzungen - hierzu beim Thema "Sanktionen" mehr - hat das Message Board in seiner Funktion als 'Beweismittel' auch den Nebeneffekt, dass manche Konflikte hartnäckiger und langwieriger ausgetragen werden als in vergleichbaren Face-to-face-Situationen. 67

Der Briefkasten schließlich symbolisiert das interne E-Mail-System der Community. Wie beim Message Board können auch hier alle Plätze, Clubs und Häuser mit eigenen Briefkästen bestückt werden. In Analogie zum 'real life' hängen bei unseren Communities die individuellen Briefkästen am 'Haus' - folglich muß jedes Mitglied, um eingegangene Post zu lesen, erst in sein Haus wechseln. Ein automatischer Mechanismus beim Login, der signalisiert, dass man E-Mail erhalten hat, existiert nicht. Diese Verfahrensweise mag kompliziert und unzweckmäßig erscheinen, reflektiert aber die Intention der Community-Programmierer, dem 'Haus' als privatem Raum als besondere Stellung zu verleihen. Zur Zeit ist das Briefkasten-System eine rein interne Lösung - die Versendung von Mails ist nur zwischen Community-Briefkästen möglich. Gerade hier wird sichtbar, wie sehr sich die Community-'Gruppe' von ihrer Umwelt abgrenzt und eine undurchdringbare Kommunikationsbarriere schafft. Rein technisch betrachtet, wäre es durchaus möglich, den Mitgliedsnamen als 'normale' E-Mail-Adresse zu verwenden 68 (@CommunityName.com) - und tatsächlich gab es auch in meiner Firma bereits Diskussionen darüber, die Community-'Grenzen' selektiv durchlässiger zu machen. Wir haben bislang aus folgenden Gründen davon Abstand genommen:

1. Viele Mitglieder perzepieren die Community als isolierte Kommunikationsumgebung, in der sie spezifische Interessen und Neigungen ausleben, und die sie bewußt von ihrem 'realen' Alltagsleben - zu dem die global adressierbare E-Mail-Adresse gehört - getrennt halten wollen. 2.

3. Damit einhergehend bedeutet die selbstgewählte Isolation, dass das Spektrum an Diskussionen und zirkulierenden Informationen auf das 'special interest' der Community beschränkt und so die 'corporate identity' erhalten bleibt. 4.

5. Last not least würde (aus Betreiber-Sicht!) die Einbindung einer Community in das globale E-Mail-System eine Marketing-technische Entwertung nach sich ziehen, da die lukrative Zielgruppe 'Community' uneingeschränkt von außen adressierbar wäre. 6.

Nur am Rande und der Vollständigkei halber erwähnt werden sollen die Kommunikations-Tools Voting, Kalender uns Mitteilung.

Kalender und Mitteilungen stellen Sonderformen des Message Boards dar: Mit Hilfe des Kalenders können Mitglieder bestimmte Events ankündigen, die jeweiligen Einträge werden jedoch automatisch nach Ablauf des Ereignisses gelöscht. Mitteilungen ("announcements") fungieren als "Schwarze Bretter", auf denen nur ausgewählte Mitglieder Postings hinterlassen können - sie haben deklamatorischen Charakter und sind eine Art "One-to-all"-Kanal - im Gegensatz zum "All-to-all"-Charakter der Message Boards.

Mit dem Voting ("Wahlen") steht ein Kommunikations-Tool zur Verfügung, mit dessen Hilfe automatisierte Umfragen durchgeführt werden. In einem kollektiven Entscheidungsprozess können Mitglieder beispielsweise ein kontroverses Thema zur Abstimmung bringen (geheim oder öffentlich) und so rasch eine Stimmung oder eine Mehrheitsmeinung in der Gruppe ermitteln.

4.3.3 Öffentliche Plätze

Die Ausgestaltung des Sets an öffentlichen Plätzen obliegt zwar dem jeweiligen Community-Betreiber, es zeigt sich jedoch, dass gewisse Raum-Typen bevorzugt werden. Als zentraler Treffpunkt fungiert häufig eine Art "Plaza", die in anderen "special interest"-Communities auch "Lobby" oder "Empfangshalle" heißt. Dieser Platz wird unmittelbar nach dem Login geöffnet und hat keine speziellen Kommunikations- oder Tauschfunktionen. Er ist Treffpunkt im allgemeinsten Sinn - eine Art "Agora", wie sie Hannah Arendt in ihrer "Vita Activa" als Abgrenzung zum "Privaten" beschrieben hat. 69 Daneben existieren öffentliche Plätze, denen spezielle Funktionen zugeordnet sind. Als Beispiele können hier das "Rathaus" für die zentrale Verwaltung von Rollen und Jobs (siehe: unten), der "Shop" für den Tausch von Objekten oder auch das "Café" als informeller Chat-Raum genannt werden.

Die Analogie zu zentralen Gebäuden in einem Dorf oder einer Stadt fallen ins Auge 70 - durch die Platz-Bezeichnungen und spezifische Funktionen werden übergreifende, unter Umständen sogar interkulturell gültige Orientierungsmuster aus dem Alltag angesprochen. 71

4.3.4 Häuser

Der Gegenpol zu den öffentlichen Plätzen ist das "Haus": Dieses 'gehört' einem Mitglied in dem Sinn, dass die Ausgestaltung der Zugangs- und Interaktionsmöglichkeiten dem jeweiligen 'Besitzer' obliegen. Vereinfacht ausgedrückt kann das Haus als Mischung aus Homepage und privatem Chatraum beschrieben werden: Es existieren vielfältige Möglichkeiten, das Haus individuell zu konfigurieren, sowohl was die Zugangsberechtigung zum Haus-eigenen Chat betrifft 72 als auch in bezug auf den Upload von Mitglieder-spezifischen Infos, Bildern und Link-Listen. Jedes Haus besitzt unter anderem einen eigenen Briefkasten und ein Message Board sowie 'private' Foto-Alben - es fungiert hauptsächlich als Repräsentations- und Empfangsraum und soll dem User das Gefühl geben, einen eigenen Bereich in der Community zu haben, den er eigenverantwortlich ausgestalten und verwalten kann. 73

Bei der Gründung seines virtuellen 'Heims' kann das Mitglied unter verschiedenen 3D-Repräsentationen wählen - von der einfachen Souterrain-Wohnung bis zur vornehmen Villa mit Dachterrasse. 3D-Häuser kosten virtuelles Geld - je komfortabler und größer, desto mehr. Community-Neulinge besitzen häufig nicht genügend 'Start-Kapital', um den Kauf eines 'Schickimicki-Palasts' zu ermöglichen, so dass die Art des 3D-Hauses bereits Mitgliedschaftsdauer, Aktivität und sozialen Status eines Users symbolisiert.

Der individuellen Ausgestaltung eines 3D-Hauses sind vor allem durch die Integration von VRML-Objekten keine Grenzen gesetzt: Je nach virtuellem 'Kontostand' kann das Mitglied Einrichtungsgegenstände, Bilder, Teppiche und vieles mehr in einem Community-"Shop" erwerben und in seinem Haus an beliebiger Stelle plazieren. Obwohl es in den meisten Communties nur ein kleines Set an Haus-Modellen gibt, werden diese im Laufe der Zeit von ihren 'Bewohnern' so individuell (und zum Teil liebevoll!) ausgestattet, dass die Häuser beliebte Chat-Treffpunkte darstellen.

Auch bei der Gesamtheit aller in einer Community existierenden Häusern fällt die Simulation realweltlicher Strukturen ins Auge: Häuser werden zu mehrschichtigen Komglomeraten gruppiert, die als "Nachbarschaften" fungieren und spezielle Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Mitglieder-Teilgruppen ermöglichen. Häufig findet man dabei ein dreischichtiges Modell von "communities", "neighborhoods" und "blocks": In der deutschsprachigen Fußball-Community SoccerCity haben wir beispielsweise die geografische Struktur der BRD nachgebildet und Länder, Kreise und Gemeinden eingeführt. 74

4.3.5 Clubs

Als "Clubs" werden Plätze bezeichnet, die für den Zutritt eine eigene "Mitgliedschaft" voraussetzen. Clubs werden ebenso wie Häuser von einem einzelnen Mitglied angelegt (ihre Gesamtanzahl ist also variabel) und entstehen aufgrund gemeinsamer Interessen ("Sport"-Club, "Literatur"-Club) oder ähnlicher soziodemografischer Merkmale der Mitglieder ("Berliner"-Club, "Single"-Club).

Die Gründung eines Clubs ist (vergleichbar der Wahl eines 3D-Hauses) ein 'Privileg', da nur Mitglieder mit einer bestimmten Anzahl von Erfahrungspunkten Clubs einrichten dürfen. Grund hierfür ist der empirische Befund, dass gerade auf diesen Plätzen die meisten (von Mitgliedern autonom organisierten) Chats und Events stattfinden. Um solche Aktivitäten zu bündeln und zu fördern, sollen möglichst nur engagierte Community-Bewohner Club-Aktivitäten steuern.

In Analogie zum 'real life' werden Clubs häufig von mehreren Mitgliedern gemeinsam verwaltet; hierzu überträgt der Club-"Gründer" bestimmte Rechte an andere Mitglieder und teilt sich mit diesen (informell ausgehandelte) Aufgaben. Dieses 'oligarchische' Prinzip macht die Clubs innerhalb der Communities zu bevorzugten Orten von teils äußerst emotionalen und dauerhaft geführten Auseinandersetzungen: Kompetenzgerangel und Streitigkeiten über bestimmte Club-Aktivitäten 75 kulminieren dabei nicht selten in gegenseitigen Clubausschluß-Versuchen.

Doch nicht nur innerhalb der Clubs gibt es kompetitive Elemente - es existieren darüber hinaus öffentlich zugängliche Club-Listen, in denen die Aktivität der Clubs (Gesamtanzahl der Mitglieder, Anzahl der neuen Mitgliedschaften in der letzten Woche etc.) protokolliert und eine daran orientierte 'Rangliste' einsehbar ist. Seitens der Community-Betreiber wird also versucht, das 'psychosoziale Potential' der Clubs zu fördern, um Identifikation mit und Treue zur Community bei den Mitgliedern zu festigen.

4.3.6 User-Interface: Orientierung und Navigation

Um als Raum-Entität wahrgenommen zu werden, muß die Community eine innere Verknüpfung zwischen den Plätzen sowie intuitiv nachvollziehbare Möglichkeiten zum Wechsel zwischen diesen Plätzen bereitstellen.

Sofern eine Community keine 3D-Visualisierung von Plätzen, Häusern und Clubs vorsieht, ist der innere Zusammenhang einer Community im Sinne einer strukturierten Anordnung von "Räumen" zunächst äußerst abstrakt: Der Raum zeigt sich als "flache" HTML-Oberfläche mit raumspezifischer Grafik und Ästhetik (zum Beispiel mitttels Farb-Codierung) sowie singulären Funktionen, die sich über Buttons und Schaltflächen aktivieren lassen. Darüber hinaus kann der Raum eine eigenständige und nach außen abgeschlossene Chat-Umgebung darstellen, die das "Hier-und-Jetzt"-Dabeisein anderer Mitglieder signalisiert. Die Existenz der anderen Räume wird zwar über ein entsprechendes Interface (beispielsweise Select-Listen oder Site-Maps) symbolsiert, das "Wo" dieses Orts und die "Entfernung" zu ihm hat jedoch keine lebensweltliche Entsprechung. 76

Bei der Nutzung von dreidimensionalen VRML-Räumen stellen sich andere Orientierungs- und Navigationsprobleme. In der Praxis werden diese Räume realweltlichen oder aus der SiFi-Welt entlehnten Vorbildern nachgestellt. Die Gestaltungsmittel für solche 3D-Räume beinhalten Formen, Oberflächen, Materialien, Farben und Licht; hinzu kommen Animationen und interaktive Objekte. Mit Hilfe seines Avatars 77 kann der User hier innerhalb des kartesischen Koordinatenraums navigieren - es gibt ein oben, unten, rechts und links.

Theoretisch ist hier auch eine intuitivere Verknüpfung verschiedener Räume möglich, um den Eindruck einer geografischen Einheit zu erwecken, denn manche VRML-Räume haben Türen, durch die der Avatar zu anderen Plätzen gelangt. In den mir bekannten Communities wird diese technische Möglichkeit aber nicht ausgereizt - die Verzahnung der VRML-Räume ist unvollständig und in der Regel willkürlich, so dass die meisten User weiterhin mittels der von herkömmlichen HTML-Seiten bekannten Screen-Elemente (Button, Select-Liste) navigieren.

4.4 "Rechte" und "Rollen"

Im Anfang war das "Recht" - zumindest bei virtuellen Communities!

Ich behaupte, dass "Rechte" und "Rollen" zu den unverzichtbaren Funktionsprinizipen einer Community gehören - "sine qua non". Würde man beispielsweise auf eine 3D-Visualisierung aller Plätze verzichten und so den Simulationsgehalt der Community sowie seine impliziten Orientierungsmöglichkeiten gravierend einschränken, so könnte man noch immer ohne schlechtes Gewissen von einer "Community" sprechen. Ohne "Rechte" und "Rollen" jedoch geht nichts!

Zunächst: Ein Set an "Rechten" konstituiert eine "Rolle" - häufig auch als "Job" bezeichnet. Die Gesamtheit aller "Rollen" wiederum konstituiert die soziale Struktur einer Community, sie zieht vertikale Schichten in die Mitgliederbasis ein, beeinflußt den sozialen Status eines Rollenträgers und ist das treibende Element für "soziales Handeln", welches sich im Idealfall zu einer Art "virtual politics" auswachsen kann.

4.4.1 Rechte aus Community-Sicht

Wir sprechen hier jedoch von "Recht" im programmier- und Datenbank-bezogenen Sinn und wollen einer Fehlinterpretation von vornherein den Riegel vorschieben. Denn aus sozialwissenschaftlicher Sicht meint "Recht"

  "die Gesamtheit aller R.s-Vorschriften, also die R.s-Ordnung, nach denen sich die Verhältnisse und Handlungen der Menschen zueinander (...) bestimmen (...) R. ist normativ, fragt nach dem Sollen (...) 78  


Das gesatzte, normative Recht weist dem Rechtssubjekt Handlungen zu, die ihm erlaubt beziehungsweise explizit verboten sind. Hierfür müssen Rechtssatzungen ihrem Sinn nach bekannt sein.

In der Community-Terminologie meint "Recht" demgegenüber spezifische Aktionsmöglichkeiten, die ein Mitglied oder eine Gruppe von Mitgliedern an einem bestimmten Platz hat. Die Zuweisung eines Rechts kann entweder über eine "Rolle" implizit definiert sein (siehe Beschreibung des Rollenkonzepts unten) oder wird durch Rechte-Inhaber explizit vergeben.



Grafik: Die Zuordnung von "Rechten" und "Rollen" zu Plätzen


4.4.2 Rechts-Formen

Es lassen sich vier Rechts-"Formen" unterscheiden - "Eigentums"-, "Lese"-, "Schreib"- und "Rechtzuweisungs"-Rechte. Unter "Lese"-Rechten versteht man die Möglichkeit, Informationen - wie beispielsweise Message Board-Postings oder Briefkasten-Einträge - abrufen zu können; mit dem "Schreib"-Recht ist dem User das Posten solcher Beiträge gestattet. Wie im "real life" haben so zum Beispiel nur Hausbesitzer einen 'Schlüssel' zu ihrem eigenen Briefkasten, während alle anderen Mitglieder dort nur Nachrichten hinterlassen können. Ein umgekehrter Fall wäre die oben erwähnten "Mitteilungen", welche dem Community-Betreiber ein Tool in die Hand geben, um bestimmte Informationen an die Mitglieder zu channeln: Hier bleibt das "Schreib"-Recht auf einen kleine Gruppe beschränkt, alle anderen können diese Informationen nur abrufen.

Mit dem "Eigentums"-Recht wird festgelegt, welchem Community-Mitglied ein Platz (oder auch Objekt) 'gehört'. Da dieses Recht implizite Aktionsmöglichkeiten umfaßt, gibt es gemäß der Server-Logik keine Eigentümer-freien Plätze oder Objekte, da andernfalls solche Community-Bestandteile im nachhinein nicht mehr modifizierbar wären.

Das "Rechtzuweisungs"-Recht schließlich bezieht sich auf die Funktion, die Rechte-Vergabe an einem Platz ändern zu können. Sinn und Zweck dieser Rechts-Form hängt mit einer Eigenart der Rollen/Rechte-Konzeption zusammen und bedarf einer kurzen Erläuterung: Obgleich das "Eigentums"-Recht nur an einem einzigen Mitglied hängt 79, können die damit verbundenen Aktionsmöglichkeiten "geshared", das heißt an andere Mitglieder übertragen werden. Konkret sehen unsere Communities vor, dass ein Platz-Eigentümer ("Owner") bis zu acht Mitglieder ("Assistants") benenen kann, mit denen er alle an das Eigentums-Recht geknüpften Funktionen teilt. Hierdurch ergibt sich das Problem, dass ein "Owner" durch einen seiner "Assistants" 'abgesetzt' werden könnte, indem dieser sich selbst die "Owner"-Rolle zuteilt. Das "Rechtzuweisungs"-Recht schiebt hier einen Riegel vor, indem es Änderungen an den Rechte-Verhältnissen nur dem "Owner" gestattet. 80

4.4.3 Rechts-Hierarchie

Die skizzierten Rechts-Formen sind hierarchisch aufeinander bezogen: So impliziert ein "Eigentums"-Recht sämtliche "Schreib"- und "Lese"-Rechte an einem Platz, während das erwähnte "Rechtzuweisungs"-Recht noch oberhalb des "Eigentums"-Rechts steht.

Rechts-Hierarchien werden darüber hinaus durch die vertikale Anordnung von "Plätzen" beeinflußt. Als Beispiele könnte die Zusammenfassung mehrerer Häuser zu einer 'Gemeinde' sowie mehrerer 'Gemeinden' zu einem 'Kreis' genannt werden: 'Kreise' und 'Gemeinden' sind eigenständige Plätze, haben also Eigentümer mit exakt definierten Rechten. Über eine entsprechende Konfiguration lassen sich diese Rechte an die untergeordneten Plätze 'vererben', so dass zum Beispiel der "Owner" eines 'Kreises' automatisch Rechte an den untergeordneten 'Gemeinden' erhält.

4.4.4 Rechts-Transparenz

Es wurde eingangs erwähnt, dass ein sozialwissenschaftliches Verständnis von "Recht" voraussetzt, dass die Rechtsbestimmungen (in der Regel) für das Rechtsssubjekt bekannt sein sollten. Innerhalb einer virtuellen Community sind wir demgegenüber mit dem Problem konfrontiert, dass die Vielfalt der Rechts-Zuweisungen aus zwei naheliegenden Gründen nicht transparent sind: Zum einen ist es unüblich, sämtliche Interaktionsmöglichkeiten und ihre jeweiligen rechtlichen Zusammenhänge in einer Art "Codex" zusammenzufassen. Zum anderen, und dies ist hier von größerer Bedeutung, wird der Zugriff auf Rechte ausschließlich über das User-Interface gesteuert: Hat ein Mitglied ein bestimmtes Recht zur Ausführung einer Aktion nicht, so ist es sehr einfach, den Zugriff darauf durch Weglassen des jeweiligen "Buttons", der die Aktion auslöst, abzuschalten. In der Praxis kann man auf diese Weise einem Mitglied ein limitiertes Set an Aktionsmöglichkeiten vorsetzen, ohne dass dem Mitglied diese Limitierung bewußt ist.

Als Alternative ist natürlich auch ein Screen-Design denkbar, das allen Mitgliedern ein identisches Interface bietet und hinter den aktionsauslösenden "Buttons" unterschiedliche Mechanismen legt: Während der Rechtsinhaber zu der angekündigten Funktion geführt wird, erhält der Nicht-Rechtsinhaber eine Meldung, die ihn darauf aufmerksam macht, dass und (und warum) er an dieser Stelle die angekündigte Aktion nicht ausführen darf.

Bei der Entwicklung von Communities wird häufig eine Mischform aus beiden Interface-Philosophien angewendet. Die jeweilige Entscheidung hängt von der Beantwortung zweier Fragen ab:

1. Möchte man jedem Mitglied unabhängig von seinem Status die Gesamtheit aller potentiellen Community-Feature präsentieren? Dafür spricht, dass so der Funktionsumfang und damit die "Qualität" der Community hervorgehoben und Mitglieder mit limitierten Rechten dazu motiviert werden, durch Engagement ihren "Status" und ihre Aktionsmöglichkeiten aufzustocken. Dagegen spricht, dass ein Interface eine eindeutige Korrelation zwischen Screen-Elementen und der durch sie ausgelösten Aktionen aufweisen sollte, sprich: einem Button mit der Beschriftung "Message senden" sollte auch tatsächlich diese Funktion zukommen. 2.

3. Welchen Stellenwert hat ein einheitliches Erscheinungsbild der Community? Um Orientierung und Navigation möglichst benutzerfreundlich zu gestalten, mag es zweckmäßig sein, die Anzahl der Screen-Elemente nicht an den (sich dynamisch verändernden) Status eines Mitglieds zu koppeln 81: Auch hier gilt jedoch das unter 1) angeführte Gegenargument. 4.

4.4.5 Rollen aus Community-Sicht

Auch beim Rollen-Konzept einer Community ist es hilfreich, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum sozialwissenschatlichen Verständnis der "sozialen Rolle" herauszuarbeiten.

Nach herkömmlicher Definition ist eine "soziale Rolle" ein

  "Bündel normativer Verhaltenserwartungen, die von einer Bezugsgruppe oder mehreren Bezugsgruppen an Inhaber bestimmter Positionen herangetragen werden. R.n sorgen für regelmäßiges, vorhersehbares Verhalten als Voraussetzung für kontinuierlich planbare Interaktionen und erfüllen somit eine allgemeine soziale Orientierungsfunktion. Die Verhaltenserwartungen werden zwar an Individuen herangetragen, beziehen sich aber auf die sozialen Positionen, die die Individuen einnehmen, sind also auf Individuen als Positionsträger gerichtet." 82
(Hervorhebungen, T.D.)
 


Auch hier steht ein normativer Gehalt, vergleichbar dem "Soll"-Charakter des Rechts, im Vordergrund: die subjektive Verhaltenserwartungen an Rollenträger. Dies gilt zwar auch für Communities, ist hier jedoch eher die Folge einer zunächst normativ-freien Definition der "Rolle".

Warum? Aus Sicht des Administrators bewirkt jeder Login die automatische Zuweisung einer "Rolle": Bereits der anonyme "Visitor", der ja nicht in der Mitglieder-Datenbank eingetragen ist und von daher keinerlei "Eigenschaften" ("attributes") besitzt, stellt einen Rollen-Inhaber dar - ebenso wie das "Mitglied" unmittelbar nach seiner Registrierung. In der "role table", einer Community-Datenbank, in der sämtliche "Rollen" verwaltet werden, tauchen "Visitor" und "Member" an den ersten beiden Stellen auf - sie sind als "Rolle" bereits bei der Installation des Community-Server vordefiniert. Beiden Rollen wird bei der Programmierung von Plätzen auch ein Set an Rechten zugeordnet - beispielsweise kann der Community-Betreiber festlegen, ob sich "Visitors" am Chat beteiligen dürfen oder nicht. Dies scheint einem Verständnis von "Rolle", welches eine Zuordnung von "Rolleninhaber" und "Individuum" vorsieht, zu widersprechen: Der "Visitor" ist - technisch betrachtet - nämlich kein "Individuum", da er aufgrund fehlender Referenzen in den Community-Datenbanken keine "Identität" besitzt. Um seine Aktionen innerhalb der Community zu steuern, muß er jedoch eine "Rolle" besitzen, da allein die "Rolle" ein Set an "Rechten" konstituiert, und der Zugang zu einem "Platz" die Existenz von Rechten voraussetzt.

Neben den Primär-Rollen "Visitor" und "Member" lassen sich beliebig viele weitere Rollen definieren und diesen einem oder mehreren Mitgliedern zuordnen. Dabei unterscheidet man zwei Typen: Die sogenannte "platzgebundene Rolle" konstituiert ein Set an Rechten, das nur an einem einzigen Platz Gültigkeit hat: So ist die Rolle des "Wirts" an den Platz "Kneipe" gebunden, die des "Stadionsprechers" an das "Stadion". Daneben gibt es "globale Rollen" 83, die platzunabhängig sind: In Analogie zum "real life" kennen viele Communities beispielsweise sogenannte "Polizisten", die für die Einhaltung der 'Netiquette' verantwortlich sind und ihre daran gekoppelten Rechte an jedem Platz ausüben können.

Bei der Definition einer Rolle wird zudem die Größe der Entlohnung festgelegt, die dem oder den Rollen-Inhabern 'gezahlt' wird - in Form von virtuellem "Geld" oder "Erfahrungspunkten". Rollen und ihr damit verbundener sozialer Status bleiben nicht anonym: Mitglieder, die mehrere "Jobs" haben, können die ihnen wichtigste Rolle in ihrem Mitglieder-Profil auswählen - diese Rolle erscheint dann im Chat als Namenszusatz und ist für alle Chat-Mitglieder sichtbar. Wer also die im letzten Absatz erwähnte "Polizisten"-Rolle hat, trägt automatisch im Chat seinen 'Sheriff-Stern' mit sich herum und kann sich gegenüber anderen Mitgliedern quasi 'ausweisen'.

Das einzelne Mitglied kann bei unserer Community-Technologie bis zu 128 Rollen besetzen. Manche Aktionen bewirken automatisch die Zuordnung zu einer Rolle - so beispielsweise, wenn das Mitglied einen Club gründet (Rolle: "Club-Besitzer"). Andere Rollen werden durch Mitglieder mit einem höheren Status zugewiesen - so ernennt der "Wirt" oder ein "Gemeinde-Direktor" seine Stellverteter. Schließlich gibt es auch Rollen, die nur von der Adminstrator-Ebene aus vergeben werden können und in Spezialfällen zum Einsatz kommen: Der Chat-Ausschluß beispielsweise bedingt, dass der entsprechende User eine sogennante "CITYOWN"-Rolle besitzt. Diese Rolle (und natürlich die damit verbundenen Rechte) werden außerhalb der Community-Funktionalität direkt über eine Admin-Konsole vergeben und von dem aufgerufenen CGI-Script direkt abgeprüft. Hierdurch soll die gesamte Community vor 'Hacker'-Angriffen besser geschützt werden. Die Rollen- und Rechtevergabe setzt sich demnach aus einer Mischung aus teil-institutionalisierter Selbstorganisation (Mitglieder erhalten und vergeben Rechte) sowie reservierter Admin-Kompetenzen zusammen.

4.4.6 Plätze & Rollen: Wer ist die Henne, wer das Ei?

Die Bedeutung des Rollen-Konzepts bei Aufbau und Verwaltung einer Community wird deutlich, wenn man das Verhältnis von "Platz" und "Rolle" im Kontext der Administration betrachtet: Folgt man der Alltagslogik, so würde man zunächst einen "Platz" errichten (zum Beispiel eine "Kneipe") und sich erst hinterher über die "Rolle"des Inhabers Gedanken machen. In der Community verhält es sich umgekehrt: Während der Einrichtung eines neuen Platzes muß diesem sofort eine zuvor definierte "Rolle", die der Eigentümer haben soll, als Attribut zugeordnet werden.

Das Admin-Interface erlaubt es nicht, zuerst eine "Kneipe" zu definieren, danach die Rolle "Wirt" einzurichten und in einem dritten Schritt die nachträgliche Zuordnung der Rolle "Wirt" zum Platz "Kneipe". Was wie ein Bug im Administrations-Interface anmutet, spiegelt die innere Logik der Triade "Rolle" - "Recht" - "Platz" wider.

4.5 Entlohnung und Status

Communities enthalten Incentive-Systeme, deren Zweck die dauerhafte Anbindung der Mitglieder an "ihre" Community ist. Solche Systeme sind seit langem von Strategie- und Adventure-Spielen her bekannt, und es ist kein Zufall, dass sich Community-Betreiber oft der Funktionsweise dieser Systeme bedienen.

Intensive Kommunikation und Interaktion werden in Communities "belohnt", indem (automatisch oder manuell) bestimmte Mitglieder-"Attribute" geändert werden. Die beiden zentralen Attribute sind bei unseren Communities "virtuelles Geld" und "Erfahrungspunkte". Deren jeweilige Höhe entscheidet zum Beispiel darüber, ob ein Mitglied besonders attraktive Community-Features nutzen oder interessante Informationen einsehen kann. Mitgliedern, die in Bezug auf "Reichtum" und "Erfahrung" ein bestimmtes Level erreicht haben, können darüber hinaus einen "Bonus" erhalten - in Form einer weiteren Aufstockung ihres Guthabens oder, ganz "reell", in Form von Geschenken durch den Community-Betreiber. Auf der anderen Seite sind manche Aktionen für das Miglied auch "kostenpflichtig" - so zum Beispiel der Erwerb eines virtuellen "Hauses" oder der "Umzug" von einem Community-Siedlungsgebiet in ein anderes.

Ein interessantes Beispiel für den Versuch, das Leben in der Community zu 'ökonomisieren' und Mitgliedern hierdurch auch die Möglichkeit zur Anhäufung 'sozialen Kapitals' zu geben, sind die sogenannten "shared objects". Hierbei handelt es sich um zwei- oder dreidimensionale 'virtuelle' Objekte (Einrichtungsgegenstände, Autos etc.), die zu einem bestimmten Platz gehören und jeweils einen individuellen Besitzer haben. Sie können innerhalb des 3D-Raums verschoben und zwischen Räumen hin- und herbewegt werden.

Wir haben in unseren Communities begonnen, solche Objekte zu 'handeln', sprich: Mitglieder können Objekte 'kaufen' und diese in ihr Haus bringen, aber auch selbst Objekte auf den Server uploaden und zum Verkauf anbieten. Letzteres beruht auf einem Transaktionsverfahren, bei dem der Upload an eine Investition in Form von virtuellem Geld gekoppelt ist, der Verkauf wiederum zur Amortisierung der Investition führt - dies natürlich nur dann, wenn eine entsprechend große Nachfrage seitens anderer Community-Mitglieder besteht.

Das Guthaben eines Mitglieds ist für diesen jederzeit einsehbar. In manchen Fällen teilt man dem Mitglied bereits beim Login seinen jeweiligen "Kontostand" mit. Ob "Geld" und "Erfahrungspunkte" zur virtuellen "Privatsphäre" des Einzelnen gehören, bleibt dem Betreiber überlassen. Zumindest die "Erfahrungspunkte" sind bei der von mir betreuten Community an zentralen Stellen - zum Beispiel im sogenannten "Mitgliederverzeichnis" - aufgeführt; es gibt hier sogar die Möglichkeit, sich die Mitglieder nach der Höhe ihrer Erfahrungspunkte auflisten zu lassen.

Indirekt wird durch dieses System eine Stratifikation der Mitgliederbasis eingeführt, die erfahrene und aktive Mitglieder von weniger erfahrenen und aktiven Mitgliedern trennt. Die Hoffnung des Community-Betreibers ist es, hierdurch ein Konkurrenzverhalten unter den Mitgliedern auszulösen, das sich in einer größeren "sozialen Dynamik" und letztendlich in einer stabileren, zeitbeständigeren Mitgliedschaft auswirkt. Indem jedem Mitglied nur ein Subset aller Funktionen zur Verfügung gestellt wird, das mit seiner momentanen "sozialen Stellung" korreliert, soll die Neugier auf etwas "Neues" wachgehalten werden.

Die Bedeutung von Entlohnung, Status und entsprechenden Incentive-Systemen ist gar nicht hoch genug einzuschätzen, vor allem, da hiermit auch das "Vermarktungspotential" von Mitgliedern in Zusammenhang steht. Thematisch ist dieser Problemkreis auch mit Begriffen wie "User-Profiling" und "User-Tracking" verknüpft, denn erst diese Elemente ergeben überhaupt ein in sich geschlossenes Bild über das Verhalten des einzelnen Community-Mitglieds.

Technisch stehen wir hier noch ganz am Anfang und müssen uns deshalb zur Zeit über eine Optimierung des Server-Konzepts Gedanken machen. Dabei sind wir nicht die Einzigen: Momentan beschäftigen sich rund 25 Hersteller von Tools für Internet-Marketing mit der Definition eines "Customer Profile Exchange Standard", dieses soll später einmal als Richtschnur für eine einheitliche 'Messung' des User-Verhaltens dienen. Dass damit Fragen nach der Sicherheit der Datenübertragung, Datenschutz oder Schutz der Privatsphäre tangiert werden, versteht sich von selbst.

4.6 "Bots"

Bots sind Computerprogramme, die sich in Chat-Umgebungen und Multi User Domains (MUDs) als Personen 'ausgeben' und mit realen Mitgliedern kommunizieren können. Ihr jeweilges "Konversationstalent" basiert auf der Entwicklung einer Liste von Ein- und Ausgaben, auf der Leistungsfähigkeit der thematischen Passungsmuster sowie der Simulation genuin menschlicher Verhaltensweisen wie Humor oder Traurigsein.

Innerhalb der blaxxun Community Server gibt es eigenständige Prozesse, die den Einsatz und das Verhalten von Bots steuern. Man kann Bots so programmieren, dass sie selbständig Chat-Mitglieder ansprechen oder in der Community 'umherwandern'. Bots werden in den "people lists" der Chat-Plätze als eigenständige 'Teilnehmer' gelistet, sind dort aber als solche "markiert" und identifizierbar. Aufgrund des sehr limitierten Kommunikationsvermögens kommen Bots in unseren Communities nicht häufig zum Einsatz und werden meines Erachtens von Community-Mitgliedern auch nicht besonders geschätzt. Für bestimmte Service-Leistungen sind sie dennoch nützlich.

Ein Beispiel: In der Community SoccerCity haben wir einen dreidimensionalen Bot - er hatte den illustren Namen 'Bertie' und sah aus wie eine Couch Potatoe aus dem Ruhrpott - für Preisrätsel rund um das Thema "Fußball" eingesetzt. Bertie forderte Chat-Teilnehmer ungefragt zur Preisrätsel-Teilnahme auf; er 'wußte', ob und wie oft ein Mitglied schon teilgenommen hatte (man hatte drei Versuche) und kannte auch das bislang beste Ergebnis des Teilnehmers. Da bei diesem Rätsel ein "multiple choice"-Verfahren angewendet wurde, war es recht einfach, die jeweiligen Antworten auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen und entsprechende Reaktionen Berties zu programmieren. Aufgrund der kommunikativen 'Eigeninitiative' des Bots wurden mehr Mitglieder zur Teilnahme motiviert, positiv wirkte sich außerdem das "Prolo"-Gehabe Berties aus, da es laut Aussagen von Teilnehmern den ''Fun'-Faktor" des Preisrätsels steigerte.

In der Vergangenheit wurde die Bot-Technologie vor allem in IRC-Channels für weitaus wichtigere Belange eingesetzt 84: Sie hatten Service-Funktionen, indem sie Login und Logout von Teilnehmern protokollierten und Listen der Chatter mit den meisten Text-Eingaben (sogenannte "Top Talkers") erstellten. Bots wirkten auch regulativ, da sie in der Lage waren, bestimmte Texteingaben, die ein Fehlverhalten im Channel andeuteten, zu erkennen und den Betroffenen aus dem Chat-Raum zu entfernen ("Kick"-Funktion).

Man sollte das Thema Bot nicht abschließen, ohne zumindest einmal Julia zu erwähnen: Julia, ein von Michael Mauldin programmierter Software-Roboter, der aufgrund künstlicher Intelligenz-Funktionen ausgesprochen 'humane' Gespräche führen konnte, ist wohl das ambitionierteste Beispiel eines Internet-Agenten. Hierzu ein Zitat von Sherry Turkle, die das Verhalten von Menschen gegenüber Bots psychotherapeutisch untersucht hat:

  "Die Art und Weise, wie Julia in einem MUD kommuniziert, unterscheidet sich nicht von der eines menschlichen Spielers (...) Julia kann auf eine Frage mit dem Eingeständnis ihrer Unwissenheit antworten, und wenn sie verwirrt ist, kann sie das Thema wechseln (...) Sie äußert Gegenargumente und verwendet Auszüge aus echten Zeitungsartikeln (...) [Sie kann] menschliches Tippverhalten, Schreibfehler und dergleichen simulieren."
(Hervorhebungen, T.D.)
 


5. Leben in der "Virtual Community"

  "Im Bezug zum RL (Real Life) stellen virtuelle Gruppen eine Erweiterung der Mitgliedsschaftsalternativen sozialer Gruppen dar, wobei ihre Virtualität neue Freiheitsgrade sozialer und thematischer Mobilität eröffnet." 85  


Ich möchte dieses Resümee Thiedeke's zur Einordnung virtueller Gruppen in ein allgemeines Gruppentheorem abschließend anhand einiger ausgewählter Interaktionsformen in unseren "Virtual Communities" illustrieren. Die Fokussierung liegt dabei auf einer Betrachtung der kontextabhängigen Kommunikationskonventionen 86 und ihrer Abhängigkeit zu Möglichkeiten und Restriktionen der Community-Server-Technologie.

5.1 Identifizierung

Die gegenseitige Identifizierung von Community-Mitgliedern nach dem Login wird zunächst dadurch beeinflußt, ob sich ein Mitglied in einem Chat-Bereich begibt oder nicht 87. Befindet sich ein Mitglied nicht in einem Chat-Raum, so ist sein Dasein nur über die Funktion "Wer ist online?" ermittelbar: Diese Funktion listet alle Mitglieder, die sich zur Zeit in der Community befinden, auf und bietet die Möglichkeit zur Versendung einer sogenannten "Instant Message" - einer Art "Telegramm". Wo sich dieses Mitglied aufhält, kann jedoch nicht ermittelt werden.

Betritt ein neuer Teilnehmer hingegen eine 'Szene' (Chat-Bereich), so wird er darüber hinaus in der "People"-List des Chat-Fensters aufgelistet und sein Avatar in Abhängigkeit von dem gewählten Chat-Modus (2D oder 3D) visualisiert.

Die Identifizierung durch andere Mitglieder erfolgt zuallererst durch den jeweiligen "Nickname". Da ein Mitglied sich unter Verwendung verschiedener Nicknames in das System einloggen kann - König (1988) spricht hier von den Möglichkeiten der "Mode", den eigenen 'öffentlichen Körper' zu gestalten - ist eine eindeutige Zuordnung von Real-Person und Imago-Identität aber nicht gegeben. 88 Mir sind keine empirischen Untersuchungen bekannt, die verläßliche statistische Daten darüber anbieten, wieviel Prozent der Mitglieder einer "Online Community" zwischen mehreren Imago-Identitäten switschen. Es ist aber davon auszugehen, dass dies stark von der thematischen Fokussierung der Community abhängt: Special-interest-Gruppen (Sport-Communities, "lokale" Stadt-Communities etc.) dürften einen geringeren Switch-Koeffizienten aufweisen als zum Beispiel Chat-Foren, deren Teilnehmer auf der Suche nach einem Sexualpartner sind.

Die Möglichkeit zum Identitäts-Wechsel hängt natürlich auch davon ab, inwieweit dies von einem Community-Betreiber begünstigt oder aber verhindert wird: Virtuelle Umgebungen, die einen 'anonymous' Login erlauben, befinden sich hierbei auf der einen Seite der Skala. Online-Systeme, deren Mitgliedschaft von vornherein mehrere User-Namen ermöglichen - America Online ist hier das prominenteste Beispiel -, gestatten beim Login die Auswahl eines zuvor vom Teilnehmer definierten User-Namens. Diese können zwar geändert, gelöscht oder hinzugefügt werden, sie sind jedoch bei weitem nicht so situationsabhängig wie beim anonymen Login und darüber hinaus auch zahlenmäßig beschränkt. 89 Wie bei der Beschreibung der blaxxun-Communities erwähnt, setzen wir dem Identitäts-Switch schon dadurch Grenzen, indem nicht nur User-Namen, sondern auch E-Mail-Adressen 'unique' sein müssen. Personen, die in unseren Communities mehr als eine Mitgliedschaft haben wollen, müssen demzufolge über über mehrere E-Mail-Accounts verfügen. Aufgrund der zahlreichen, kostenlosen E-Mail-Dienste (zum Beispiel www.gmx.de oder www.yahoo.de) stellt dies sicherlich keine unüberwindbare Hürde dar, hat sich erfahrungsgemäß aber trotzdem als psychologische Hürde erwiesen.

Die Struktur der durch Tarnnamen und Imago-Identitäten vermittelten Persönlichkeitsbilder ist im Falle unserer Communities nocht nicht empirisch erfaßt worden. Aus Untersuchungen über IRC's und MUD's wissen wir jedoch, dass bei der Namenswahl sowohl reale Vornamen auftauchen, als auch Anspielungen mythischer, sexueller oder technischer Natur gemacht werden. Bechar-Israeli (1995) hat folgende sieben Namenstypen bei der Analyse von IRCs unterschieden:

Kategorie Häufigkeit Beispiel Realnamen 7,8 % , Selbstbezogene Namen 45 % , Technikorientierte Namen 16,9 % , Natur- oder objektbezogene Namen 15,6 % , Auf Wortspiele oder Geräusche bezogene Namen 11,3 % , An VIP's orientierte Namen 6,1 % , Provozierende Namen 3,9 % , Quelle: Bechar-Israeli 1995

Auch bei der Namenswahl ist der thematische Fokus einer Community mitentscheidend: Es finden sich, um nur ein Beispiel anzuführen, in der SciFi-Community Cybertown (http://www.cybertown.com) vergleichsweise weniger Realnamen als in der Fußball-Community SoccerCity (http://www.soccercity.de).

In rein Text-basierten Communities ist der gewählte User-Name alleiniges Identifizierungsmerkmal bei der ersten Kontaktaufnahme. Anders verhält es sich bei virtuellen Umgebungen, welche die Visualisierung der Imago-Persönlichkeit erlauben. Die Auswahl des eigenen "Avatars" gibt dem User ein zusätzliches Selbststilisierungs-Mittel an die Hand. In der Praxis findet man Communities, die nur einen Standard-Avatar zur Verfügung stellen ebenso, wie virtuelle Umgebungen, die dem Mitglied die Auswahl aus einer Avatar-"Library" ermöglichen. In jüngster Zeit kamen zudem preiswerte Consumer-Programme auf den Markt, mit der sich ohne Programmierkenntnisse eigene Avatare entwerfen und in einer Community verwenden lassen (zum Beispiel blaxxun AvatarStdio). Das Aussehen der Avatare ist ähnlich vielfältig wie die Wahl des Nicknames: Man trifft heute in Communities sowohl anthropomorphe Gestalten als auch Phantasie- und Fabelwesen, Flugzeuge und Roboter. Für den einzelnen User fungiert der Avatar als nachholende "Ver-Körperlichung", er macht ihn visuell wahrnehm- und identifizierbar, und es bedarf geringerer interpretatorischer Bemühungen, die selbstgewählte Imago-Identät hinter dem Avatar zu entschlüsseln, als dies bei auf Wortspielen und Andeutungen basierenden Namen der Fall ist.

Ein letzter Aspekt, der momentan zu den Alleinstellungsmerkmalen unserer Communities gehört, soll hier erwähnt werden: Wie bereits oben ausgeführt, können User auf jedem Chat-Platz zwischen 2D- und 3D-Modus wechseln. Der Java-basierte 2D-Chat sah in bis vor kurzer Zeit allerdings noch keine Visualisierung der Imago-Identität vor. Dies hatte zur Folge, dass
a) viele 2D-Chatter sich darüber im unklaren waren, ob ihr eigener Name überhaupt im Chat-Fenster des 3D-Chatters auftaucht (und umgekehrt), sowie
b) Unverständnis darüber herrschte, warum beim Wechsel von 3D zu 2D der eigene Avatar plötzlich "verschwand".
Eine technische Zwischenlösung sieht vor, dass nun auch im 2D-Modus der Avatar dargstellt wird - als zweidimensionale Frontansicht des 3D-Avatars auf einem Bildhintergrund, dessen Anmutung der jeweiligen 3D-VRML-Welt entlehnt ist. Wie in 3D kann auch dieses Avatar-Piktogramm "bewegt" werden, und mittels einer perspektifischen Gestaltung des Bildhintergrunds läßt sich ansatzweise sogar der Eindruck einer Navigation "im Raum" erwecken 90. Leider sind wir dadurch dem Ziel, 2D- und 3D-Raum als "Einheit" wahrnehmbar zu machen, nur ein Stück nähergekommen: Zwar lassen sich durch diese Technik alle 3D-Chatter in 2D visualisieren, umgekehrt ist es aber nicht möglich, die 2D-Chatter im dreidimensionalen VRML-Raum darzustellen, da zwei- und dreiachsiger Koordinatenraum nun einmal nicht deckungsgleich sind: Die Position im 2 1/2-"Raum" ist beliebig, der 3D-Raum sieht demgegenüber Standorte vor, die nicht 'besetzt' werden dürfen - wie zum Beispiel das Innere von Mauern. Hinsichtlich einer verläßlichen Identifizierung der Mitglieder sind wir damit "vom Regen in die Traufe" gekommen. Doch wir arbeiten dran! :)

5.2 Begrüßung und Verabschiedung

Begrüßungs- und Verabschiedlungsritualen kommt in allen Communities eine große Bedeutung zu, zum Teil sind sie sogar streng formalisiert. Sie scheinen in virtuellen Umgebungen, "in denen der Zusammenhalt stets neu kommunikativ erzeugt werden muss, eine wichtige Funktion für die Entwicklung sozialer Bindungen zu haben." 91 Bei der Text-basierten Kontaktaufname sind Begrüßungsfloskeln wie "Hi!" oder "Wie geht's!" üblich - es existieren sogar textlich codierte Formen des "rituelles Knuddeln". 92

Von Mitgliedern, die sich bereits in einem Chat-Raum befinden, wird erwartet, dass sie die Wahrnehmung von Neuankömmlingen durch eine direkte Ansprache zu Ausdruck bringen.

Noch wichtiger ist die Verabschiedung: Hier wird erwartet, dass das Verlassen eines Chat-Raums nicht nur signalisiert, sondern auch begründet wird, zum Beispiel in Form einer Redewendung wie: "CU. Ich muß jetzt offline gehen, da ich Besuch bekomme." Bemerkbar ist diese Erwartungshaltung vor allem in Situationen, wo ein Mitglied unfreiwillig, beispielsweise durch einen System-Crash, urplötzlich aus der Community "verschwindet". Im Zuge der erneuten Kontaktaufnahme ist dann häufig zu beobachten, dass das Mitglied seine kurzfristige Abwesenheit ex post begründet.

In grafischen virtuellen Umgebungen wird die Kontaktaufnahme darüber hinaus durch eine Positionierung des "Avatars" in der Nähe der gewünschten Kontaktperson sowie durch spezielle Begrüßungs-"Gestures" 93 signalisiert. Die face-to-face-Positionierung der Avatare scheint das Gefühl der Verbindlichkeit für die Kommunikationssituation zu erhöhen.

Problematisch werden die angeführten Rrituale dort, wo die Anzahl der Chatter eine gewisse Größe übersteigt. Auf der 'Plaza' in der Online-Community Cybertown sind häufig über 150 "concurrent user" anwesend; Begrüßung und Verabschiedung lassen sich dort aufgrund der zahlreichen Logins und Logouts nur schwer realisieren.

5.3 Nähe, Abgrenzung und interpersonale Distanz

Auch in virtuellen Kommunikationsumgebungen gibt es Möglichkeiten, "Nähe" und "Distanz" zu signalisieren. Die erwähnte Positionierung des Avatars im 3D-Raum zum Beispiel kann als Indiz für interpersonelle Annäherung interpretiert werden. Becker schildert Situatonen in grafischen MOOs 94, bei denen eine zu große Annäherung des Avatars zu heftigen verbalen Abwehrreaktionen geführt hat. Es scheint, als würden die realweltlichen (und vom jeweiligen kulturellen Kontext abhängigen) Konventionen über den angemessenen räumlichen Abstand zwischen Personen 95 auch auf den virtuellen Raum projeziert werden. Aus eigenen Erfahrungen kann ich dieses Verhalten aber nicht bestätigen: Mein Eindruck aus Communities wie Cybertown oder SoccerCity ist vielmehr, dass die Nähe zwischen Avataren keine Auswirkungen auf das Chat-Verhalten der Teilnehmer hat. Abgrenzungs- und Annäherungsstrategien werden vielmehr realisiert, indem man auf zielgerichtete Chat-Beiträge nicht reagiert oder einen 1:1-Chat aufbaut.

Eine weitere Strategie besteht darin, die Sprache zu wechseln: In englischsprachigen Chat-Räumen in den USA wird die Verwendung des Französischen als starke Abgrenzung empfunden, gleichzeitig läßt sich hierdurch unmittelbar eine Nähe zu anderen französischsprachigen Teilnehmern (sofern vorhanden) aufbauen. In der deutschsprachigen Community SoccerCity habe ich mehrmals beobachtet, dass englischsprachige Chat-Beiträge agressive Reaktionen bei den anderen Teilnehmern hervorgerufen haben. Da das gesamte Interface nur in Deutsch verfügbar ist, waren einige Mitglieder der Meinung, dass "Amis hier nichts verloren hätten".

5.4 "Privatsphäre"

Bereits die strukturelle Aufteilung von Online Communities in "öffentliche Plätze", "Clubs" und "Häuser" - inklusive ihrer jeweiligen "Rechte"-Vergaben - macht deutlich, dass Community-Betreiber 'Plätze' mit einem unterschiedlichen Grad an Privatheit zur Verfügung stellen wollen. Doch auch ohne einen Platzwechsel zu vollziehen, kann innerhalb eines Chat-Raumes durch die Mitglieder eine Privatssphäre aufgebaut werden. Wichtigstes Instrumentarium hierzu sind der "Whisper"-Befehl und das Versenden von "Instant Messages":

Wird ein gewünschter Ansprechpartner mit der rechten Maustaste angeklickt und im aufpoppenden Kontextmenü der Eintrag "Flüstern" gewählt, so erscheint der Texteintrag nur im Chatfenster dieses Ansprechpartners - durch den Zusatz "Mitglied xxx flüstert zu Dir: " erkennt dieser, dass ein 1:1-Chat eröffnet wurde, der vom Rest der Teilnehmer nicht gelesen werden kann. Indirekt wird hierdurch ein privater Chat-Raum geöffnet 96. Um den Chat auf mehrere Teilnehmer auszuweiten, ist es allerdings notwendig, auf einen anderen Platz (geeihnet sind das "Haus" oder der "Club") zu wechseln: Hier kann über eine Konfiguration der Lese- und Schreibrechte individuell geregelt werden, welche Mitglieder sich an dem Chat beteiligen dürfen.

Das Senden von "Instant Messages" stellt zwar auch eine private Kommunikationssituation her, ist aber für einen kontinuierlichen Austausch von Informationen weniger geeignet, da man hier nicht - wie im Chat-Fenster - alle Beiträge aufgelistet bekommt.

Eine Kuriosität, die in unseren Communities aus technischen Gründen nicht vorkommen kann, beschreibt Becker 97 am Beispiel eines MOOs: Dort wurde der Wunsch nach einer billateralen Kommunikation dadurch signalisiert, dass die beteiligten Avatare nicht nur abseits der anderen Teilnehmer, sondern zusätzlich auf den Kopf gestellt wurden.

5.5 Sanktionen

Das Thema "Sanktionen" fragt im Kontext virtueller Umgebungen nach den Möglichkeiten der Normensetzung und -wahrung in einer durch Technizität bestimmten Umwelt. Es wurde bereits erwähnt, dass sich Kommunikationsprozesse in virtuellen Umgebungen zum Teil sehr personenbezogen und emotional darstellen. Vertraulichkeit und emotionale Expression müssen jedoch in einem relativ kontextarmen Medium (größtenteils) textlich kodiert werden. Wir werden uns an dieser Stelle auf schriftsprachliche asynchrone (Message Boards, Mailing-Listen) und synchrone (vor allem Chat) Kommunikationspraktiken konzentrieren und Einflüsse von Video- , Grafik- und Text-to-speech-Technologien außer acht lassen.

Zunächst: Die Normorientierung in computervermittelten Kommunikationsumgebungen darf nicht technikdeterministisch als unterentwickelt betrachtet werden 98 - ebenso wie auch die beschönigende Gegenposition, dass in eletronischen Netzwerken bestimmte humane Werte wie Egalität, Hilfsbereitschaft und Selbstoffenbarung besonders ausgeprägt seien, an der Realität vorbeigeht.

Eine virtuelle Community ist eine Art "Territorium" 99, in der Zutritt, maximale Teilnehmerzahl und Partizipationsmöglichkeiten technisch vermittelt werden und die deshalb von vornherein zahlreiche Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung stellt. Innerhalb der Mitgliederbasis existiert ein Kernbereich besonders aktiver Telnehmer, die oft administrative Funktionen übernehmen und sich gegenseitig gut kennen, ein Mittelfeld von Personen, die regelmäßig erscheinen und an bestimmten Aktivitäten teilnehmen, sowie eine Peripherie, zu der "Gäste" und Newbies gehören. 100 Trotz der (oben diskutierten) "Pseudonymität", wie sie in den Nicknames zum Ausdruck gebracht wird 101, sind die Mitglieder innerhalb der Gruppe identifizier- und in bezug auf Sanktionsmaßnahmen adressierbar. Ob und inwieweit Sanktionen überhaupt "greifen", hängt natürlich auch davon ab, welche sozialen Bedürfnisse des Einzelnen innerhalb der Community befriedigt werden (Ausleben von beruflichen oder Freizeitinteressen, Freundschaft, Macht, Demonstration von Fertigkeiten usw.). 102

Sanktionen sind eine Reaktion auf die Verletzung von expliziten und/oder impliziten Regeln und Normen in einer Gruppe: In virtuellen Communities stellen dabei die bereits erwähnte "Netiquette" sowie Community-spezifische "Verfassungen" explizite Regelwerke dar. Folgende Fragen stellen sich: Wie umfangreich sind solche Regelwerke, welchen Inhalt haben sie, welche Sanktionen werden bei einer Verletzung der Regeln angedroht, und wer kann Sanktionen ausüben?

Alle mir bekannten Communities besitzen eine Art "Grundgesetz", das meist direkt auf der Einstiegsseite einsehbar ist und zum Teil auch automatisch an Neumitglieder via E-Mail geschickt wird. Die Anzahl der "Paragraphen" ist überwiegend gering - das Regelwerk bleibt für den Einzelnen überschaubar. 103 Was die Inhalte der Regeln betrifft, so lassen sich vier Kategorien oder "Meta-Regeln" unterscheiden: 104

1. Verhaltenweisen gegenüber der Gesellschaft als Ganzes: Hierzu gehören rechtswidrige Äußerungen wie Rassismus, Sexismus, Antisemitismus und Pornographie. Solche Regeln sind Standards und finden sich in allen Communities. 2.

3. Verhaltenweisen gegenüber dem Netzwerk: Hierbei handelt es sich um Regeln, die in früheren Jahren vor allem beim Internet Relay Chat eine große Rolle spielten und sich auf die Vermeidung einer unnötigen Belastung des Netzwerks - zum Beispiel durch Topic- und Channel-Wechsel oder Werbe-Spams - bezogen. In Communities findet man hierzu wenig. 4.

5. Verhaltenweisen im Chat-Raum: Gemeint sind Regeln, die darauf abzielen, dass die Chat-Kommunikation als Ganzes nicht gestört wird - zum Beispiel in Form von unleserlichen oder sinnlosen Text-"Floods" oder der Verbreitung einer negativen Stimmung durch kollektive Beleidungen etc. 6.

7. Verhaltenweisen gegenüber Individuen: Im Zentrum stehen dabei verbale Angriffe (zum Beispiel Beleidigung und Anmache) auf Mit-Chatter. Die meisten Regelverstöße innerhalb von Communities gehören zu dieser Kategorie. In manchen Chat-Umgebungen - Beispiel IRC - beziehen sich individuelle Verhaltensregeln auch auf die Benutzung eines angestammten Nicknames Dritter, sprich: der Annahme einer fremden Imago-Identität. In Communities, bei denen Nicknames unique und mit einem Passwort gekoppelt sind, wird ein solcher Regelverstoß technisch unterbunden. 8.

Bei der gravierenden Verletzung einer der Meta-Regeln stehen in virtuellen Umgebungen grundsätzlich zwei Sanktionsmethoden zur Verfügung: Soziale Mittel wie Kritik, Spott, Beschimpfung und technische Mittel wie der Entzug von virtuellen Ressourcen (Geld, Erfahrungspunkte, virtuelle "Objekte") oder dem "Rausschmiss" aus der Communtiy.

Soziale Mittel:

Negative Sanktionen werden innerhalb des Chats vornehmlich dadurch realisiert, indem man den Betroffenen "ignoriert", d.h. dessen Chat-Beiträge "ausblendet", oder in Form von verbalen Attacken. Letztere vollziehen sich häufig in der "Öffentlichkeit", sprich: nicht in einem 1:1-Chat, und involvieren dann mehr als zwei Teilnehmer. Der Attackierte sieht sich mit mehreren, negativen Chat-Beiträgen konfrontiert; er ist nicht mehr in der Lage, differenziert auf die einzelnen Vorwürfe einzugehen, und wird in eine marginalisierte Minderheitenposition gedrängt.

Werden verbale Auseinandersetzungen auf die Ebene der asynchronen Kommunikation verlagert (Message Boards), so sind sie dauerhaft für alle Community-Mitglieder einsehbar und bleiben über einen längeren Zeitraum im 'kollektiven' Community-Gedächnis verhaftet. Bestes Beispiel hierfür sind Message Board-Einträge, auf die mehrere Teilnehmer einen "Reply" mit Zurechtweisungen und Kritik ausführen.

Außerhalb der Chat-Situation bieten Communities zudem die Möglichkeit, den Zugang zu bestimmten Plätzen zu verwehren oder Teilnehmer aus Sub-Gruppen auszuschließen: Die Inhaber von Clubs können einzelne Mitglieder aus dem Club "rauswerfen", Haus-Besitzer können andere Mitglieder daran hindern, am privaten Chat teilzunehmen.

Technische Mittel:

Das wichtigste (und strittigste!) technische Instrumentarium zur Sanktionierung ist der Ausschluß aus dem Chat oder die Sperrung des Zugangs zur Community. Im IRC haben sich für diese Maßnahmen die Begriffe "Kick" und "Ban" eingebürgert.

In unseren Communities können alle Plätze inklusive der dort chattenden Mitglieder gelistet werden - wird dort ein Chatter angeklickt, so sind seine Chat-Beiträge nicht mehr sichtbar. Diese Funktion steht "Rechte"-techisch an oberster Stelle und wird häufig nur den Community-Administratoren zugeteilt. Im Fall von SoccerCity hat die Chat Ausschluß-Funktion zu einer heftigen Diskussion unter den "Funktionsträgern" geführt: Wir haben in dieser Community einige Mitglieder - sogenannte "Platzwarte" -, die sich regelmäßig zu bestimmten Tageszeiten im Chat aufhalten und dort die Einhaltung der "Netquette" überwachen. Einige "Platzwarte" forderten, zur Ahndung von Regelverstößen die Funktion des Chat-Ausschlusses zu besitzen. Um einen diesbezüglichen Machtmißbrauch zu vermeiden, haben wir diese Forderung jedoch abgelehnt. Es schien uns zweckmäßiger, Regelverstöße zu dulden als die Gefahr eines Machtmißbrauchs in Kauf zu nehmen.

Das letztendlich stärkste Sanktionsmittel ist der Ausschluß aus der Community: Mitglieder können aus der 'member table' entfernt, Passwörter geändert werden. Server-technisch lassen sich Mitglieder außerdem "auf Zeit" ausschließen - in diesem Fall erhalten diese beim Login eine Meldung, dass sie bis zu einem bestimmten Datum nicht die Community betreten können. Diese Sanktion wird zuvor jedoch dem Betroffenen via E-Mail begründet.

Zusammenfassend bleibt festuhalten:

  "(...) detaillierte Kommunikationskonventionen und kontextspezifische Rituale (...) scheinen eine Ersatzfunktion für kohärenzstiftende Prozesse zu übernehmen, die sich in realweltlichen Vernetzungen oft aus der Verwurzelung in einem gemeinsamen Milieu ergeben." 105  


5.6 Non-verbale und verbale Kommunikationsformen

Der Mangel an nonverbalen Kommunikationsmöglichkeiten ist einer der zentralen Limitierungen für Kommunikationseffizienz und Partizipation in virtuellen Umgebungen. Nonverbale Anzeichen sozialer Kontrolle, wie sie realweltlich durch Gestik und Mimik in Form von Warnzeichen kenntlich gemacht werden, fehlen fast völlig. Empirisch ist zudem nachweisbar, dass der Austausch von Argumenten im Rahmen einer kollektiven Entscheidungsfindung in der Regel wesentlich länger dauert als bei der Face-to-face-Kommunikation.

Die in manchen Chat-Umgebungen integrierte Sprachsteuerung ändert an diesem Tatbestand wenig: Dies liegt einerseits an der noch immer wenig verlockenden Qualität von "Text-to-Speech"-Programmen, andererseits an dem Umstand, dass in gut bevölkerten Chat-Räumen die Sound-Übermittlung von Text-Beiträgen eher Verwirrung stiftet, da bezüglich ihres Kontextes unabhängige Chat-Beiträge in rascher Folge auf den User einprasseln. Ebenfalls die an anderer Stelle mehrmals erwähnten Avatar-Gestures bieten zur Zeit keine adäquaten Mittel zur Ergänzung der Text-basierten Kommunikation. Das Set an verfügbaren Zustimmungs- und Ablehnungs-Gesten ist recht rudimentär und wird in der Praxis eher als Gag denn als Ausdruck tatsächlicher Emotionalität eingesetzt.

Beim geschriebenen Wort wird der Mangel an nonverbalen Kommunikationsmöglichkeiten durch den Einsatz der allseits bekannten "Emoticons" - kleine Piktogramme, welche Zeichen wie Komma, Semikolon, Null, geschweifte Klammer u.a. so kombinieren, dass "Mondgesichter" mit angedeuteter Mimik entstehen - sowie onomatopoetischer Laute (wie zum Beispiel "Wouh!", "Mpffh!") ausgeglichen. In hauptsächtlich Text-basierten Kommunikationsumgebungen ist daher eine Unterscheidung zwischen 'Text' und 'Subtext', eine Beherrschung textbasierter Emotionsvermittlung unerläßlich. Wer viel chattet, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass beide Ausdrucksmittel seit einiger inflationär verwendet werden und ihre Signalwirkung verfehlen.

Nachfolgend zwei Beispiele:

Die Entstehung von Vertrauen 106 zwischen sich fremden Imago-Identitäten ist von einer Konstanz der emotionalen Äußerungen abhängig. Sie fundiert auf der permanenten expliziten Darstellung und Diskussion von Vertrauensbeweisen beziehungsweise -mißbräuchen. Abgesichert wird diese metastabile Kommunikationsstruktur durch eine offene Äußerung von Takt- und Schamgefühl, die sich teilweise in der Form einer geradezu stalinistischen Kultur der 'Kritik und Selbstkritik' darstellt. Von entscheidender Bedeutung ist hier, dass sich der Austausch von emotionalen Äußerungen häufig 'öffentlich' - im Chat oder auf Message-Boards - vollzieht. Das "30-Sekunden-Dementi" bleibt hier weitgehend wirkungslos, da verbale Entgleisungen archiviert werden, und betroffene Teilnehmer lange Zeit darauf bezug nehmen können. Auch Humor fungiert in virtuellen Umgebungen als Steuerungsinstanz für soziale Beziehungen. Ebenso wie die Äußerung von Mißbilligung sowie Takt- und Schamgefühl muß sich diese anhand der "expliziten Inkongruenz von Form und Inhalt einer Äußerung erschlossen werden." 107

Ein weiterer Aspekt ist die zunehmende Verfeinerung eines spezifischen Online-"Slangs": Dieser besteht sowohl aus Community-spezifischem Vokabular (gut beobachtbar zum Beispiel in SciFi-Communities) als auch aus Wortverkürzungen, Wortspielen und orthografisch verfremdeten Textbotschaften, die für Online-unerfahrene Newcomer kaum nachvollziehbar sind. In einem gut besuchten Cybertown-Raum haben selbst englischkundige Nicht-Amerikaner erhebliche Probleme, die vorbeiscollenden Chat-Beiträge zu verfolgen und sinngemäß richtig zu interpretieren.

Häufig unterschätzt - und in der Literatur entsprechend vernachlässigt - wird außerdem der Aspekt der "Mitteilungs"-Kompetenz in Text-basierten Kommunikationsumgebungen: Wer die Fähigkeit zu geschliffener Rhetorik besitzt, wird diese im "körperlosen" Raum textuell stärker zur Geltung bringen als in Face-to-face-Situationen. Jenseits von "poetischer Ausdruckskraft" ;-) spielt zudem die Beherrschung der Orthografie einer größere Rolle als häufig angenommen wird: Es ist erstaunlich, wieviele Chat-Beiträge nachträglich orthografisch korrigiert werden, obwohl der Sinnzusammenhang des Beitrags offensichtlich war. Die "feinen Unterschiede" 108 zeigen ihre Wirkung und werden gnadenlos für kulturelle und Milieu-spezifische Abgrenzungen instrumentalisiert!

6. Literatur

Appadurai, A.: Globale ethnische Räume. Bemerkungen und Fragen zur Entwicklung einer transnationalen Anthropologie. In: Beck, Ulrich: Perspektiven der Weltgesellschaft. Frankfurt/M. 1998 (Suhrkamp)

Arendt, Hannah: Vita Activa oder: Vom tätigen Leben. München 1985

Assmann, Aleida / Friese, Heidrun (Hrsg.): Identitäten. Erinnerung, Geschichte, Identität 3. Frankfurt/M. 1998 (Suhrkamp)

Baym, N. K.: Humor in Computer-Mediated Communication. o.O. 1996

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Becker, Barbara: "Hello, I am new here". Soziale und technische Voraussetzungen spezifischer Kommunikationskulturen in virtuellen Netzwerken. In: Thiedeke, Udo: Virtuelle Gruppen. Charakteristika und Problemdimensionen. 113-133. Wiesbaden 2000 (Westdeutscher Verlag)

Becker, B. / Paetau, M. (Hrsg.): Visualisierung des Sozialen. Frankfurt/M. 1997

Berger, Peter: Sozialgeschichte der Datenverarbeitung. In: Friedrich, Jürgen u.a. (Hrsg.): Informatik und Gesellschaft. Heidelberg 1995 (Spektrum Akademischer Verlag)

Berkowitz, S. D.: An Introduction to Structural Analysis. The Network Approach to Social Research. Toronto 1982 (Butterworth & Co.)

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Castells, Manuel: The Information Age: Economy, Society and Culture (Vol. I bis III). Malden 1996-1998 (Blackwell Publishers)

Debatin, B.: Analyse einer öffentlichen Gruppenkonversation im Chat-Room. Referenzformen, kommunikationspraktische Regularitäten und soziale Strukturen in einem kontextarmen Medium (Vortrag gehalten auf der Jahrestagung der Fachgruppe Computervermittelte Kommunikation der DGPuK in München 1997). München 1997

Döring, Udo / Schestag, Alexander: Soziale Normen in virtuellen Gruppen. Eine empirische Analyse ausgewählter Chat-Channels. In: Thiedeke, Udo: Virtuelle Gruppen. Charakteristika und Problemdimensionen. S. 313-354. Wiesbaden 2000 (Westdeutscher Verlag)

Döring, N.: Sozialpsychologie des Internet. Die Bedeutung des Internet für Kommunikationsprozesse, Identitäten, soziale Beziehungen und Gruppen. Göttingen 1999

Donath, Judith Stefania : Inhabiting the virtual city: The design of social environments for electronic communities. Online-Dokument

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Fraunhofer Institut - Arbeitswirtschaft und Organisation: Multimediale 3D-Multiuser-Kommunikationsplattformen (Kurzfassung der Studie). Stuttgart 2000

Gehlen, Arnold: Die Sonderstellung des Menschen. In: Gehlen, Arnold: Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt. Wiesbaden 1978

Goertz, L.: Wie interaktiv sind Medien? Auf dem Weg zu einer Definition von Interaktivität. In: Rundfunk und Fernsehen. No. 43, S. 477-493

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Grassmuck, Volker R.: Die Turing Galaxis - Das Universal-Medium als Weltsimulation. O.O. 1995

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Keupp, Heiner u.a.: Identitäts-Konstruktionen. Das Patchwork der Identitäten in der Spätmoderne. Reinbek 1989

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Luhmann, Niklas: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt/M. 1987

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Rammert, Werner: Computerwelten: Vollendung der Moderne oder Epochenbruch zur Postmoderne?. In: Soziologische Revue. Jg. 18, No.1, S. 39-46

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Rockwell, Bob: From Chat to Civilization: The Evolution of Online Communities. München o.J., Online-Dokument

Rockwell, Bob: VRML: Beyond the Desktop. München o.J., Online-Dokument

Rockwell, Bob: Getting Together in Cyberspace. München o.J., Online-Dokument

Rockwell, Bob: Virtuelle Messen, Schlösser, Büros und Wohnzimmer: Grundkonzepte und erprobte Technik für gemeinsam eröebte virtuelle Umgebungen. München 1997, Online-Dokument

Sader, M.: Psychologie der Gruppe. Weilheim 1996

Sassenberg, K.: Binding an on-topic and off-topic Chat-Kanäle (Vortrag auf der GOR98: German Online Research, 19. - 20.11.1998 in Mannheim). Mannheim 1998

Schäfers, B. (Hrsg.): Einführung in die Gruppensoziologie. Heidelberg 1980 (UTB)

Schäfers, B. (Hrsg.): Grundbegriffe der Soziologie. Opladen 1986 (UTB)

Schenk, Michael: Soziale Netzwerke und Kommunikation. Tübingen 1984

Scott, J.: Social Network Analysis: A Handbook. London 1991

Seidler, K.: Computerfreaks like 2 party Relay Parties zwischen Virtualität und Realität (WZB Discussion Paper FS II 94 - 104). o.O. 1994

Seidler, K.: Internet Relay Chat - Eine möglichst kurze Einführung. o.O. 1999, Online-Dokument

Smith, Marc A.: Voices from the WELL: The Logic of the Virtual Commons. o.O. 1993, Online-Dokument

Stephenson, Neil: Snow Crash. München 1995 (Erschienen: 1992)

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Tönnies, F.: Gemeinschaft und Gesellschaft. In: Vierkandt, A.: Handwörterbuch der Soziologie. Stuttgart 1959 (Erschienen: 1931)

Turing, Alan: Intelligence Service. Ausgewählte Schriften (herausgegeben von Bernhard Dotzler and F. Kittler). Berlin 1987 (Brinkmann & Bose)

Turkle, Sherry: Leben im Netz. Identität in Zeiten des Internet. Reinbek bei Hamburg 1999 (Rowohlt)

Wellman, Barry: Die elektronische Gruppe als soziales Netzwerk. In: Thiedeke, Udo: Virtuelle Gruppen. Charakteristika und Problemdimensionen. S. 134-167. Wiesbaden 2000 (Westdeutscher Verlag)

Ziegler, R. (Hrsg.): Analyse sozialer Netzwerke. Schwerpunktheft der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. Vol. 36(1984), No. 3



Appendix: Einige ausgewählte blaxxun Communities

Cybertown http://www.cybertown.com
SoccerCity http://www.soccercity.de
Virtual Paris http://www.2nd-world.fr
Learnetix http://www.learnetix.de
Advopolis http://www.advopolis.de/
SimsalaGrimm http://www.simsalagrimm.de/
Virtual Europe http://ve.e-spaces.com/
Jobfair24 http://www.jobfair24.de/
Machiko http://www.machiko.or.jp/
BMW Bank http://www.blaxxun.de:2080/blaxxun/bmwbank/ccpro.htm





1 heise news: Das Internet - Drittgrößter Markt der Welt, 31.1.2000, http://www.heise.de

2 Net Gain 1999, S. 7

3 Net Gain 1999, S. 17

4 blaxxun interactive, @our Investors, München 2000

5 Fraunhofer - Institut Arbeitswirtschaft und Organisationtgart 2000, S. 4
Hier stehen also die eingesetzten Komponenten im Vordergrund, während in der ersten Definition der Fokus auf der Simulation realweltlicher, sozialer Gegebenheiten liegt.

6 blaxxun interactive subsummiert die möglichen Geschäftsfelder unter den Stichworten "Commerce", "Community" und "Collaboration". Im folgenden werden eher Beispiele aus dem Bereich "Business-to-consumer" angeführt.

7 Net Gain 1999, S. 20

8 Net Gain 1999, S. 25

9 Rockwell, From Chat to Civilization: The Evolution of Online Communities

10 siehe Kap. 4.4

11 Turkle 1999. Das Buch erschien in deutscher Sprache unter dem Titel "Leben im Netz. Identität in Zeiten des Internet"

12 Turkle 1999, S. 51

13 Bühl 1997, S. 40

14 Rammert 1995, S. 40

15 Berger 1995, S. 15-28

16 Turing 1987 und Penrose 1991, S. 21

17 Bühl 1997, S. 42-43

18 Grassmuck 1995

19 Es fallen hier Analogien zu Gehlen's anthropologischem Grundentwurf des Menschen auf: "Mangelhaftigkeit" und "Nicht-Festgestellt-Sein" sind dort wesentliche Eigenschaften des Mensch-Seins.

20 Bühl 1997, S. 44

21 Rost 1996, Schulze 1995, Häußermann 1995, Gross 1994, Stehr 1994, Spinner 1994, Mettler-von-Meibom 1994, Bühl 1995, Willke 1996

22 Keupp 1999, S. 35

23 Jameson 1986

24 Appadurai 1998, S. 13

25 Castells 1996

26 Bühl 1997, S. 46-49

27 Zum Begriff Matrix an dieser Stelle nur folgendes Zitat von Grassmuck (1995):
"Mit der Elektrifizierung werden Medien zu Netzen. Gibsons Begriff Matrix ist in diesem Zusammenhang zentral, der sich das multidimensionale Kommunikationsmilieu repräsentiert durch ein Gitterwerk aus Licht und Logik vorstellte, wie es uns von Computerspielen vertraut ist. Eine technisch präzisere Definition wurde ihm durch Quarterman verliehen, der mit Matrix das globale und exponentiell wachsende System von Computernetzen wie Internet, UUCP und Bitnet und die sie verbindenden Gateways zu sog. Outernets wie CompuServe oder NiftyServe, über die mindestens Email ausgetauscht werden kann, bezeichnete."

28 Bühl, 1997, S. 47

29 Keupp 1999, S. 46

30 Rheingold 1993

31 Tönnies 1959, S. 180-191
"(...) Gemeinschaft ist überall dort vorhanden, "wo immer Menschen in organischer Weise durch ihren Willen miteinander verbunden sind und einander bejahen."
Gemeint sind hiermit vor allem Verwandtschaft, Nachbarschaft und Freundschaft.

32 Siehe Schäfers 1980, S. 20:
"Eine soziale Gruppe umfaßt eine bestimmte Zahl von Mitgliedern (...), die zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels (...) über längere Zeit in einem relativ kontinuierlichen Kommunikations- und Interaktionsprozeß stehen und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit (Wir-Gefühl) entwickeln. Zur Erreichung des Gruppenziels und zur Stabilisierung der Gruppenidentität ist ein System gemeinsamer Normen und eine Verteilung der Aufgaben über ein gruppenspezifisches Rollendifferenzial erforderlich."
vgl. auch Sader 1996

33 Zur Diskussion um das Gruppentheorem siehe König/Neidhardt/Lepsius 1983

34 Thiedeke 2000, S. 23-73

35 Neidhardt 1979, S. 641

36 Thiedeke 2000, S. 41

37 Ein bemerkenswerter ökonomischer Analyseansatz ging dabei von Hirschman (1974) aus. Hirschman fragte, unter welchen Bedingungen sich die Reaktionsweise seitens der von einer Leistungsverschlechterung Betroffenen in Form von Abwanderung oder Widerspruch auswirkt.

38 vgl. Luhmann 1984

39 Neidhardt 1979, S. 642

40 Thiedeke 2000, S. 67 f.

41 Kiesler et al. 1984

42 vgl. hierzu Smith 1993

43 Goertz 1995, S. 477 ff.

44 hier vor allem Rheingold 1993

45 Thiedeke 2000, S. 30

46 Beck 1983, S. 35 ff.

47 Bühl 1997, S. 50

48 Schuld daran sind nicht unsere Programmierer - der Kern des blaxxun Contact ist vergleichsweise kompakt -, sondern (wie sollte es auch anders sein :)) die Gates-Company, deren Web-Browser Internet Explorer uns dazu zwingt, zahlreiche DLLs von Microsoft in den Contact zu integrieren.

49 blaxxun 3D ist ein kleines Java-Applet, welches im Internet dreidimensionale Inhalte darstellt. Als solches ist es Plattform-unabhängig und in jede Webseite integrierbar. Es wird für den Besucher automatisch geladen und erfordert weder ein zusätzliches Plug-in noch eine separate Installation.
Weitere Erläuterungen und Beispiele unter:
http://www.blaxxun.de/c/s?cat=7&sub=3&url=/products/blaxxun_3d/index.html

50 Zum Themenkreis "network analysis" siehe unter anderem: Berkowitz 1982, Knoke 1982, Pappi 1987, Scherk 1984, Scott 1991, Ziegler 1984

51 Bernard et al. 1990

52 Diesbezügliche Analysen gehen allerdings bei den modernen Kommunikationstechniken von einer hohen Marktdurchdringung - rund 60 bis 70 Prozent - aus.

53 vgl. Piel 1996

54 vgl. hierzu Wellman 2000

55 Gräf 1997, S. 115

56 Zum Thema Cyberfreundschaften und -romanzen siehe Casimir/Harrison 1996

57 Gräf 1997, S. 116
Ein Indiz hierfür ist zum Beispiel der hohe Fluktuationsgrad innerhalb von Online-Communities (vgl. Smith 1993)

58 Standardmäßig wird mit der blaxxun Community Plattform eine Faircom-Datenbank ausgeliefert. Sind beim Community-Betreiber bereits Datenbanksysteme (wie Oracle, Microsoft SQL) installiert, so läßt sich der Community Server auch an diese anbinden.

59 Dieses Problem ist vor allem in der Markteinführungsphase existentiell und wird unter anderem durch die Ausweitung der "Visitor"-Rechte geregelt. Außerdem müssen Eintrittsseiten ausreichend Informationen zu Charakter und Inhalten der Community zur Verfügung stellen, um die potentielle Zielgruppe zum Betreten der Community zu motivieren.

60 Siehe hierzu Kap. 5.1.1
Besucher erhalten so einen ersten Eindruck von dem Informations- und Dienstleistungsangebot der Communty und können jederzeit zu einem Anmelde-Formular wechseln, das sie binnen Minuten zu einem Voll-Mitglied macht.

61 Registrierungs-Codes gehören nicht zu den Charakteristika von Communities - je nach Server-Konfiguration kann sich der Betreiber für oder gegen den Einsatz einer solchen Anmelde-Modalität entscheiden.

62 Die Konsequenzen dieses Mechanismus sind ambivalent: Einerseits wird die Kohärenz der Mitgliederbasis erhöht, weil hinter erfolgreichen Anmeldungen tatsächlich "reale" User stehen. Andererseits produziert er zahlreiche erfolglose Anmeldeversuche, da erfahrungsgemäß viele User entweder (bewußt oder versehentlich) eine falsche E-Mail-Adresse angeben oder aufgrund der Zeit, die zwischen dem ersten Teil der Anmeldung und der Zusendung des Registrierungs-Codes verstreicht, vorzeitig aus der Anmeldeprozedur "aussteigen".
Es soll an dieser Stelle auch nicht verschwiegen werde, dass einige Community-Betreiber ihre Mitgliederbasis danach berechnen, wieviele User einen Registrierungs-Code angefordert haben, unabhängig davon, ob iese durch einen erfolgreichen Erst-Login abgeschlossen wurde.

63 vor allem im Hinblick auf potentielle Anzeigen-Kunden

64 Es sei daran erinnert, dass selbst herkömmliche, rein HTML-basierte Internet-Angebote Orientierungs- und Navigationshilfen zur Verfügung stellen, um "Räumlichkeit" zu symbolisieren. Über sogenannte "Site Maps" beispielsweise wird hier die vertikale Struktur und die Verknüpfung der Einzelelemente einer Web-Site erläutert.

65 Nicht zufällig werden unterschiedliche Raum-Typen durch verschiedene CGI-Scripts aufgerufen. Diese reflektieren indirekt den Grad der Privatheit / Öffentlichkeit eines Raums sowie dessen spezifische Funktionscharakteristika, indem sie zum Beispiel unterschiedliche Rechte-Prüfungen an den Server-Datenbanken vornehmen.

66 Vermutlich war es der Online Dienst "America Online", der die "Telegramm"-Funktion populär gemacht hat; er erfüllt dort vor allem den Zweck, auf komfortable Weise eine Art 1:1-Chat zu öffnen.

67 Zwar können die Einträge vom jeweiligen 'Besitzer' gelöscht werden, bei 'globalen' Message Board haben dieses Recht in der Regel aber nur die Community-Administratoren. In der Praxis herrscht diesbezüglich eine große Zurückhaltung - das Recht auf freie Meinungsäußerung wird allgemein höher bewertet als die kurzfristigen Vorteile, die sich durch das Entfernen von Postings ergeben.

68 Zahlreiche Internet-Services mit Community-Charakter (zum Beispiel Yahoo) praktizieren dies seit langem.

69 Arendt 1985

70 Ausnahmen bestätigen die Regel: Der spirituelle Versammlungsplatz "Kirche" hat in den meisten virtuellen Communities keine Entsprechung, was nicht verwundert, da religiöse Fragen in vielen Online-Umgebungen tabuisiert sind.

71 Es bedarf allerdings weiterer empirischer Forschungen, inwieweit die Auswahl, Benennung und symbolische Repräsentation von öffentlichen Plätzen eine Bedingung dafür sind, dass Communities seitens ihrer "Bewohner" als räumliche Strukturen wahrgenommen werden.

72 Ein Haus läßt sich beispielsweise von der Umwelt abschotten, indem nur ausgesuchte Community-Mitglieder im Haus Chat-Lese- und Chat-Schreib-Rechte besitzen.

73 In Cybertown beispielsweise finden allwöchentlich unzählige virtuelle 'Parties' in den Häusern von Mitglieder statt, zu denen nur ausgewählte 'Buddies' eingeladen werden.

74 Interessanterweise siedeln sich die Mitglieder in der Regel dort an, wo sie auch realweltlich wohnen.

75 In Cybertown gehört dies fast schon zum Community-Alltag.

76 Inwieweit hier überhaupt noch von "Räumen" oder "Orten" gesprochen werden kann, sei daher dahingestellt. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass selbst in den rein textorientierten MUDs und MOOs solche Umgebungen von den Usern als "Räume" perzepiert werden.

77 Der Begriff Avatar stammt aus dem Sanskrit und bezieht sich auf die Inkarnation einer Hindu-Gottheit. Avatare sind VRML-Objekte, welche die Imago-Identität des Users im virtuellen Raum repräsentieren. Sie können anthropomorphe Gestalt haben oder auch Figuren aus der ScFi- und Fantasy-Literatur entlehnt sein. Avatare sind in der Lage, eine Reihe von "Gesten" auszuführen, die realweltlichen Begrüßungs- und Abschieds-Ritualen entsprechen oder auch Ge- und Mißfallen zum Ausdruck bringen.

78 Schäfers 1986, S. 244

79 Es gibt eine Eins-zu-Eins-Beziehung zwischen Platz und "Owner-ID".

80 Das Rechte-Konzept der Community-Plattform ist für Mitglieder und Community-Betreiber oft schwer zu durchschauen. Blaxxun hat deshalb vor kurzem ein Produkt auf den Markt gebracht - die sogenannte Instant Community -, bei der gerade im "Rechte"-Bereich Vereinfachungen vorgenommen wurden.

81 Dies ist durch zahlreiche Usabilty-Tests empirisch nachgewiesen.

82 Schäfers 1986, S. 252

83 hierzu gehören auch "Visitor" und "Member"

84 Döring 2000, S. 319

85 Thiedeke 2000, S. 70

86 Zur Bedeutung von Konventionen in technisch vermittelten Kommunikationsumgebungen siehe auch: Jones 1995 und Becker/Paetau 1997

87 Technisch betrachtet laufen auf dem ID-Server - der Logins und Logouts protokolliert und visualisiert -, sowie dem Chat-Server voneinander unabhängige Prozesse ab.

88 Ohne an dieser Stelle ins Detail gehen zu wollen, sei auf eine Studie von Elizabeth Reid (1994) verwiesen, die am Beispiel des Internet Relay Chats (IRC) die Ausprägung unterschiedlicher Identitätsbilder untersucht hat.

89 AOL beispielsweise erlaubt maximal fünf verschiedene User-Namen (sog. 'Accounts').

90 Der Modus wird daher intern auch als "2 1/2 D" bezeichnet.

91 Becker 2000, S. 120

92 Döring 2000, S. 320

93 Bei blaxxun-Avataren stehen die beiden Bewegungen "xxx begrüßt euch ..." und "xxx mag euch ..." an erster Stelle des "Gesture"-Kontextmenüs.

94 Becker 2000, S. 122

95 vgl. Dosey/Meisels 1969

96 Im 3D-Chat ist dies klarer erkennbar als im Java-Chat, da der "Flüster"-Text in einem separaten und beweglichen Fenster eingespielt wird.

97 Becker 2000, S. 122

98 Reid 1991

99 vgl. Döring 2000, S. 318

100 siehe Debatin 1997

101 Eine detailliertere Identifizierung ist durch "persönliche Steckbriefe" ('Profil') möglich.

102 Siehe auch die Unterscheidung von "Off-Topic"- und "On-Topic"-Gruppen (Sassenberg 1998) sowie "Common-Bond"- und "Common-Interest"-Gruppen (Prentice 1994).

103 Aus Untersuchungen zu IRC-Gruppen ging hervor, dass es bei den Channel-spezifischen Regelwerken keinen Zusammenhang gibt zwischen der Anzahl der Regeln und der Besucherzahl, hingegen eine positive Korrelation zwischen Regel-Umfang und Bestehenszeit des Channels.

104 Döring 2000, S. 334-338

105 Becker 2000, S. 126

106 vgl. Luhmann 1973

107 Thiedeke 2000, S. 56

108 So der gleichlautende Titel des Buchs von Bourdieu (1982).