| Genau in dieser Gemütsunlustverfassung
rief eine Frau an, die zum allerletzten Mal die Chance bot, das Ganze nicht
als Trauerspiel ausklingen zu lassen: 21 Jahre jung, blond, groß,
üppige Figur, sehr große Brüste, geil und schon erfahren
im Dreierficken: so zumindest ihre Selbstanzeige. Das hörte sich gut
an, sehr gut. Zu gut, um wahr zu sein? War das nicht die Idealbeschreibung
jeder normalen Wichsvorlage für den normalen Mann? Egal, das war es
nicht, was unsere Erregtheit durch diesen Anruf komisch durchwachsen machte;
und auch nicht war es ihre Art, wie sie uns am Telephon maschinengewehrsalvenhaft
auszufragen suchte: Wie groß sind deine Brüste?, wie groß
sein Schwanz?, fickt er dich auch in den Arsch?, hast du etwas dagegen,
wenn ich auch sein Sperma schlucke?, benutzt ihr Hilfsmittel? ... Als ich
unterbrach und meinte, diese Art der Fragerei gefalle mir nicht, wechselte
sie sofort zum Lieblingsthema: Telephonsex. Wir sollten es jetzt am Telephon
machen. Da sie morgens angerufen und mich aus den Schlaf gerissen hatte,
gab ich kund, jetzt nicht in dieser Stimmung zu sein. Ich gab ihr die Nummer
meines Freundes. Dort wiederholte sich der Ablauf. Immerhin gab es eine
Nummer von ihr (die sich als falsch herausstellte). Und es gab einen zweiten
Anruf am nächsten Tag, jetzt mit der Aufforderung, mein Freund und
ich sollten ficken, während sie am Telephon mithört und onaniert.
Auch das beantworteten wir mit einem Nein, danke!, was uns die Frage
einhandelte: Seid ihr verklemmt? Daß sich am Ende des Telephonats
doch noch ein Ort und ein Zeitpunkt fürs Treffen ergeben hat, verdutzte
uns geradezu. Also abends um 20 Uhr, draußen in einem Café,
endlich die ersehnte nächste Stufe, die uns unserem Wunsch näherbringen
könnte. War es so? Nein. Die Geilheit lag schon längst in Schutt
und Asche, war nur noch Reminiszenz, wurde nur noch erwähnt, wurde
Epigramm, war schon im Feuer. Es war bloß Neugierde, die sich aufrechterhielt,
Neugierde auf das, was passiert, wenn wieder nichts passiert. Es war ein
chronisch gewordenes Nichtsmehrerwarten, das sich zu paaren hatte mit einer
Offenheit für Unerwartetes. Es war ein manisch gewordenes Nichthinstarren,
das gleichzeitig nicht vergeßen konnte, worauf es nicht starrt. Es
war einfach unterirdisch dumpfspannend. |