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Anfangs-Bemerken
Gerade - während
des Sammelns von Einschlägigem, das zur Entfaltung sich in diesen Rahmen
drängt - wird deutlich , dass es mir nicht leicht fällt, das Thema des
folgenden Aufsatzes zu reformulieren - bzw. was eigentlich die Frage,
ob es bloß eine war und von wem gestellt.
Das könnte am mangelnden Komfort der Beobachter-Position liegen.
Ich rekonstruiere also zunächst, dass es Ihnen um eine Insider-Perspektive
ging und zwar eine, die sich als solche nach außen mitteilt. Inside heißt
in unserem Fall nun mal diesseits der "Grenze" einer Disziplin. Auch wurde
der Name eines Autors (als solcher inside) vorfällig. - Wenn so eingeleitet
wird - und also aus Anlaß ein Interesses, welches sich erklärtermaßen
auf Beobachtungen richtet, die sich (als dieselben als inside) gerade
dadurch legitimieren, dass sie auf real-wolrd-truths - als/in ihrem spezifischen
outside - referieren , die dazu durch nichts als gerade ihrem ("kulturellen")
Insiderstatus werden; dann beschwört das womöglich schon ein Ahnung extrovertierter
Intimität und Transgression (als und unter Bedingung ex-akter Linien ).
Wobei, was der Jargon eben noch verdunkelt haben mag, wir uns nicht beim
Spionagewesen (als exemplarische Incorporation oder "Sekretion" des state
imposed 'state of emergency') sondern in der Arena der Ethnographie aufhalten:
Hier - auf deren sandigem Grund (1) - mimt das ethnographische Subjekt
den Matador, der, wenn er den Stier recht bei den Hörnern packt im günstigsten(?)
Fall also sich an den eigenen gegriffen fühlt ( vielleicht ja von einem
Anderen). In dieser Szene macht es für den Gehörnten zweimal einen Unterschied
ums Ganze, einmal , ob er sich selbst als solchen erkennt., und zum zweiten,
von wem noch er sich als solcher beobachtet weiß. (2)
Mehr (als) Gymnastik?
(- immer schon ‚flipflop'.)
Um noch einmal auf
inside / outside zurückzukommen sowie das Problem der spezifischen Begrenzbarkeit
oder der Grenze.
Die Theorie (hier die Kulturanthropologie) wird im Sich-Verlassen auf
eine Empirie (die Ethnographie und ihre genuinen Methoden) von Indexikalität
(durch eher mehr als weniger kontingente der Subjektivierungsverhältnisse)
überflutet.
Um zu sehen, dass hier als im Besonderen des Falles die Einheit der beiden
Fakultäten durch das Subjekt des akademischen Ethnographen gestiftet werden
muß, wird man vielleicht präziser (als bspw. durch den Vergleich mit dem
analytischen Therapeuten) kontrastiv argumentieren - etwa unter Hinweis
darauf , dass unter Physikern - bei all den expliziten Divergenzen bis
zur Selbstbeschreibung über Spaltung (in entsprechende Lager) - es kaum
so weit käme, dem Experimentator und den im Labor anwesenden gentlemen
vorzuhalten, sie seien bspw. zu mindesten 51% Vakuumpumpe transmutiert,
und deshalb nicht in der Lage eine valide These zu einer wissenschaftlichen
Diskussion über die (Nicht-)Existenz des Äthers beizutragen... (3)
Hier erweist sich natürlich auch - als ähnliche - die Problematik des
going native, dessen standardisiertes Desiderat der "zweiten Sozialisation"
immer innerer Widerspruch ist. An dieser Stelle scheint es daher gelegen,
kurz an George Devereux zu erinnern, der im Rahmen einer universalisierenden
Ethnopsychoanalyse (der er als Gründer gilt) in seinem Hauptwerk From
Anxiety to Method die Problematik des Beobachters als einer der ersten
in der Ethnologie methodologisch systematisch ausarbeitet. Wobei die Konzepte
Komplementarität (Bohr) und Gegenübertragung (Freud) die grundlegenden
Achsen seiner Methode darstellen und wohl hinsichtlich eines Bedürfnisses
nach "naturwissenschaftlicher Fundierung" zu interpretieren sind. (4)
Während nun im Laufe der Geschichte unter allen Identifizierungsversuchen
hinsichtlich seiner Bedeutung das Wort "Kultur" sich teilnahmslos gibt,
wuchert es immerweiter als semantische Masterdifferenz in die Diskurse
(der "Menschheit") hinein. Was das Problem für mehr Innen/Außen-Verhältnisse
immer globaler werden lässt.
In der (ethnographischen) Praxis heißt das: inside eines immer besonderen
"kulturellen Rahmens"; und im Engpass der Logistik einer Logik oder Grammatik,
die hier dem nicht kontrolliert (nicht redundanten) empiristischen Blick
auf alle episteme entgegengehalten werden könnte, ist der Preis der Konsistenzerhaltung
ohne commitment (5)nicht zu leisten. Mit Michael Taussig (der wie kaum
ein anderer die Sprache auf eine Metaphorik - präziser vielleicht: Onomatopoetik
- der Oszillation hin ausschlachtet (6)) mag man von "epistemic flipflop"
sprechen, als notwendige Übung, um der ausgesprochenen Virulenz dieser
Paradoxie (bzw. des unausgesetzten Ausnahmezustand) gerecht zu werden,
sowie sie gleichwohl zu erhalten, um selbst (i.e. als Pragmatik inside)
viabel zu bleiben. In solchem Fall von (moderner) "Welt-Leere" , die natürlich
nicht echt leer ist sondern in der (tendenziell) kaum noch greifbare Identitäten
(Objekte) kondensieren - in der (/die) nichts (ein-/)greift (wie z.B.
Organsation von Erwartungen (7)), wird zu Frage immer mehr das "wie" anstatt
"was" - und , wenn man so will, "literarische Formen" opportun. (8)
Dass und wie ihm an diesem "wie" gelegen ist wird man auch in Michael
Taussigs Buch Shamanism, Colonialism & the Wild Man lesend feststellen
können und zwar spätestens dann wenn man die Explizierung dieses Anliegens
bereits wieder vergessen hat. (9)
Vorab noch einmal
In Parenthese wird
bedacht , daß das Seminar sich mit dem Begriff der Magie (magia) unter
kunsthistorischen, literaturwissenschaftlichen, ästhetischen und ethnologischen
(hauptsächlich modernen ) Gesichtspunkten beschäftigte.
Denn wie durch gesprächsweises highlighting der Kosmos der v.a. subjektiven
Problematik der diesem Sujet (gattungsmäßig) assoziierten Phänomene -
in der Erfahrung des Feldforschers , so war auch jener ganze Begriffs-Horizont
in die Fragestellung impliziert.
Es wird hoffentlich im Verlauf zu zeigen sein, wie die Entscheidung für
den zuerst bezeichneten Gegenstand des rekonstruierten Interesses (s.o.)
eine dem eben als zweites angedeuteten (‚Horizont') nachgehende Perspektive
aufhebt - im expliziten Vollzug aber zunächst ausschließt, da diese outside
bliebe. (10) Solches wäre gerne als mitlaufendes Memento zu verstehen
- und ebenso eine Figur, deren wiederholtes (Um)Beschreiben einer allgemeinen
Schwierigkeit geschuldet ist. Im Besonderen etwa ist es schwierig, sich
von vorne-herein beschreibend einer Per-spektive bzw. einer Erfahrung
zu widmen, die von Haus aus und par excellence eine ist, die sich in einer
spezifisch allgemeinen Art des - nicht feststellbaren - Grenz-Kreuzens
(als relevantes Übersetzen) zu erweisen hat. Um diese Schwierigkeit von
Beginn an zu wissen, macht es nicht gerade einfacher - jedenfalls nicht
für's Anfangen, wie hier zu zeigen war.
Im folgenden beschäftigen
wir uns zunächst v.a. mit der frühen Ethnographie Taussigs. Auf solche
Art darüber methodologisch verhandeln zu können und dabei ein kontinuierendes
Denken (seine Bedingungen, Symptome und Hysteresen) sich entfalten zu
sehen, hat mich selbst überrascht , umso notwendiger schien mir, den Duktus
weitestgehend beizubehalten. Der Lust am vorher nicht gesehenen, wurde
das Bedenken geopfert, dass evtl. zuviel an Vertrautheit mit entweder
den behandelten Texten oder dem Genre vorrausgesetzt wird.
Poblematischer Ausdruck
(bzw. Ausdruck des Problems) Ethnographischen bzw. Kulturanthropologischen
(V)Erfahrens:
WAS oder WIE...
Ethnography
"The Devil &
Commoditv Fetishism in South America"
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Der Ausgang von Taussigs
Weise der Beschreibung historisch ethnographischer Kontexte als einer
nicht nur stilistisch recht eigenständigen lässt sich am besten (da hier
auch weniger durch Sammlung und Montagen kompliziert) anhand seines ersten
Buches nachvollziehen. Der Titel umfasst die gemeinsamen zentralen Items
anhand derer Taussigs Untersuchung ihre zwei auch auf jeweils regional
verschiedenes ethnographisches Material beziehenden Teile zusammenbringt:
Plantagenarbeiter im Valle del Cauca (Kolumbien) und bolivianische Minenarbeiter
(wobei er nur im ersteren Fall auf eigene Feldforschung zurückgreifen
kann; s.a. Anm.19), deren unausgesetzt transitionalen Status zwischen
Lohnarbeit und Subsistenzwirtschaft er analog fasst.
Hier eine
grobe Skizze seiner Theorie-Praxis:
Rethorisch flüssig
werden "the unfamiliar and the familiar" (Us and Them) in eine dialektische
Bewegung gesetzt. Derart weist Taussig mit wenigen Wendungen zu Beginn
auf die Nicht-Feststellbarkeit der "vermittelnden" Bewegung aller interpretativen
Praxis hin und schließt damit auch den hermeneutischen Zirkel für die
folgende (vgl. ebd.: S.3). Er expliziert seine Methode nicht anhand eines
eigenen Kapitels , wobei er sich jedoch erst einmal von allen kurrenten
Schemata seiner Zunft recht nonchalant distanziert.
Die Vorgehensweise seiner Untersuchungen ist dezidiert nicht relativistisch
(partikularistisch) - sie entbehrt nie einer gewissen historischen Aufmerksamkeit.
Auf jeweils kaum einer Seite wird dann exemplarisch und quasi en passant
den kulturrelativistischen und den (neo-) durkheimianischen Konzepten
Kritik - seines historischen Bewusstseins dem einen, dem anderen eine
semiotische Kritik - zuteil, sowie auch einem Marxismus "as it has come
to be generally understood in the West". (11)
Eine summarische wie preliminare - differenztheoretisch korrekte - Folgerung
ist dann m. E.: "The point is that we can abandon mechanical materialism
and become aware that facts and things stand in some way as signs for
social relations. We then look for the meaning of these signs in this
way. But unless we realize that the social relation thus signified are
themselves signs and social constructs difined by categories of thought
that are also the product of society and history, we remain victims of
and apologists for the semiotic we are seeking to understand. To peel
off the dsiguised and fictional quality of our social reality , the analyst
has the far harder task of working through the appearance that phenomena
aquire,…"(Hvh.v.m.). (12)
Taussig geht es also
nicht um (etwa strukturalen) Formalismus. (13) Seine Methode besitzt aber,
derweil sie ihre (interpretativen) Möglichkeiten reflektiert, insofern
ihre eigene bemerkenswerte Konsistenz (14), als dass sie dort, wo Differenztheorie
anfängt - nämlich beim Unterscheiden selbst (als dejá toutjour unterschiedenes),
strategisch konsequent weiterdenkt und damit - ohne tönende Neologismen
- Schritte unternimmt, die seinerzeit im Anschlussbereich ihrer Kritik
so nicht vollzogen wurden (wenngleich um dahingehende Unternehmungen auf
anderen Theorie-Bühnen schon historische Debatten geführt worden waren).
(15)
Wenn er nun inzitativ nach "the analytic power of Marxism" (ebd.: S. 3)
fragt, dann bezieht sich das zuallererst auf diejenigen bis heute mit
einem mysteriösen bis evtl. magischen appeal behafteten Gedanken , die
Marx größtenteils in den Grundrissen und am Anfang des Kapitals ausarbeitete
(sowie gegen dessen Ende wieder aufgreift), und die sich unter dem Namen
des Theorems des ‚Warenfetischismus' der weitest reichenden Anschlüsse
(bis hin zu (post)moderner Ästhetik und Medientheorie) (16) erfreut haben.
Gewissermaßen als Schlüssel dienen Taussig die darin eingeschlossenen,
reflektierten Paradoxien (die in der Ware gerinnende Identifikation von
use- und exchange-value). Deren Genealogie als Problem der Scholastik
und der Aristotelischen Philosophie macht er kenntlich, um dann mit derselben
eine "analogical reason" als Konstituens der kritischen Methode oder Verständnisweise
der (negativ-) fetischistischen Praktiken und Diskurse der proletarisierten
"Primitiven" auszuzeichnen. (17)
"The magic of use-value production draws out, magnifies, and counteracts
the magic of exchange-value practices, and in this richly elaborated dramatic
discord are embedded some rough-hewn proto-Marxist concepts." (S.21)
Die repräsentativen "Fakten", von denen diese Lesart von Ethnographie
(der eigenen und der anderer) ausgeht, sind in ihrem jeweiligen Wandel
einerseits unterschiedliche patterns ökonomisch-sozialer Tausch-Beziehungen
und andererseits Praktiken ritueller Transaktionen mit Geistern, bzw.
dem Teufel - sowie ein paar volkswirtschaftliche Statistiken. Der Autor
kann zeigen wie die Plantagen Wirtschaft aufgrund ihrer (in jeder Hinsicht)
vergleichsweise geringen Effizienz zur (minimalen) Existenzerhaltung ihrer
Produktivkräfte und (damit ihrer selbst) auf die subsistenzielle Reproduktion
der Haushalte der Arbeiter angewiesen ist: Übergang im Fließgleichgewicht
der "Semiproletarianization". (18)
Die um den Hausalt und die Subsistenz (bzw. die adhärenten sozialen Beziehungen)
nun entstehende Aura von Auspiziosität und Authentizität so wie die "Verteufelung"
der Lohnarbeit entspringt gerade erst (als Vermittlung) diesem komplementären
(dialektischen) Verhältnis. (19) Was hier (u.a. durch tabellarische Dreisätze
von Einkommen und Leistung (Kcal pro Tag)) deutlich wird, spottet jeglicher
Vorstellung von Rationalität , scheint jedoch von der Entwicklung der
Märkte unumgänglich gefordert sowie gerade durch ihre lokale Unterentwickeltheit
bedingt zu sein. (S.90ff ) (20)
"[I]n these circumstances" - unter diesen Verhältnissen des Clash von
"use- and exchange-value orientation" bzw. der jeweiligen Magie von "commodity
exchange and reciprocity exchange": "The magic of production and the production
of magic are inseparable". Solche Art der Verquickung ist auf verschiedene
Weise benannt worden und ihre Interpretation ist traditionsbildend: "Manifested
in popular culture, this opposition has inspired some of the greatest
literature. […] The coexistence of fantasy and social realism […] that
so perplexes literary critics and Marxists […] , it is this coexistence
that constitutes reality in the 'strong wind ' and the 'leaf storm' of
large-scale capitalist development in the Third World."(S. 21) (21)
Beim "Kontrakt mit
dem Teufel" verkauft der Plantagenarbeiter seine "Seele" (d.h. hier allerdings
: sein Heil auf Erden) (22). Um diese Transaktion anhand kosmologischer
Differenzen zu verorten, rekurriert Taussig dann doch mehrfach auf symbolische
Anthropologie (Eliade, Turner, Douglas). - Jedoch nur um das unterliegende
Ordnungs- oder Struktur-Konzept zu konvertieren , umzufalten bzw. es um
eine Dimension zu bereichern.
Am frappierendsten im Falle des Liminalitäts-Modells (V. Turner , van
Gennep): Als Ritualisierung eines archetypischen Dramas - der kosmogenetischen
Wiederholung (Eliade), bleibt es nicht bei der passiven Imitation und
damit Re-Affirmation einer traditionellen Ordnung (bzw. der "Struktur").
Zwar wird ,laut Taussig, der magische Ritus (und seine Protagonisten)
ebenfalls außerhalb der "Alltagswelt" positioniert - es spielt dabei keine
Rolle ob Praktiken an einer sichtbaren Raum-/Zeit- Stelle stattfinden
oder ob diese Stelle bloß im Diskurs so besetzt wird. (23) Die Passage
durch die Liminalität ist jedoch für den marginalisierten "Halbproletarier"
(den Neophyten) eine (ökonomisch) existenzielle und permanente - der ‚Ausnahmezustand'...
die Regel. (24) Und die Realisierung (als Explikation und Reproduktion)
seiner sozialen Existenz ist insofern Negierung und Affirmation der beiden
Ordnungen ( hier: der nichtintegrierten modes of production und der ihnen
entsprechenden "Kosmologie") immer gleichzeitig oder in Oszillation (praktisch-dialektisch
wirklich). Was Taussig mit einer Wendung Turners zu dem Schluß bringt,
"[t]he creation of the devil contract is one such novel configuration...".
(25)
Dialektische Oppositionen
(eigentlich Triaden) sind bei Taussig vielschichtig eingeschrieben/eingelesen.
"Contradiction" und (/als) "Filth" - die "Verunreinigung" (hier schließt
er an allgemeine Begriffe und Untersuchungen der symbolischen Anthropologie
von M. Douglas an) als eingeschlossenes mediatorisches Drittes (26): ob
es sich nun um Verhältnisse von man/nature, men/women, conquest/resistance,
center/periphery, antithetic modes of production - semiotische bzw. hermeneutische
Beziehungen über die Seiten des Texts (bzw. allg.: der Unterscheidung)
handelt.
Möglicherweise sieht man so, wie und warum was bei Taussig (in der Synthesis
seiner Methode) zusammenkommt. Wenn man seine in Hinsicht auf Wiedersprüche
zwiefach geschliffene Optik (doppelt fokussierend) nachvollziehen will.
Man könnte sagen, es sei die in vivo Beobachtung einer großen Transformation
im Kleinen (bzw. in den hohen Geschwindigkeiten) ihrer räumlichen und
zeitlichen Ränder. (27)
Denn zugleich handelt es sich bei den bolivianischen Bergarbeitern und
den Tagelöhnern auf den Plantagen des Cauca Tals um Leute, die zum einen
an der Peripherie der kapitalistischer Marktökonomie (bzw. ihrer Entwicklung)
situiert sind, und die eben auch dem kulturellen (ideologischen) Zusammenhang,
dem diese genuin korreliert, fremd bleiben. Korrelat ist für Taussig die
"mastertrope" : fetishism (of the commodity /the devil) - bzw. ihre Reifikation,
die sich vom selben ‚Zentrum' aus konstituert und verbreitet.
Eine irgendeinen Synkretismus vivisektierende Religionsethnologie wie
auch jegliche auf Unterschiede hoffende ökonomistische (neoklassische
oder marxistische) Perspektiven würden anhand ihrer Reduktionen auf absehbare
Zeit eine entropische Entwicklung diagnostizieren (Entdiversifizierung,
Mangel und Markt) , um schließlich in einer gewissen theoretischen Tristesse
anzugelangen (die spez. für die Ethnologie eine des (Zu-)Spät-Kommens
ist) (28).
Das , was z.B. Marcel Mauss im Hinblick auf totale soziale Tatsachen (29)
unvergleichlich umfassend zusammentrug, holt Taussig dort ab , wo es permanente
(nicht nur die Norm sondern ihr jeweiliges Außen-Verhältnis in Frage stellende)
Grenzverschiebungen und Überschreitungen gibt - im Zuge "historischen
Wandels", insofern dieser dem Gedächnis der Diskontinuität Rechnung trägt.
(30)
Jene Sicht auf transformation ist auch notwendig, um im Bezug auf die
betroffenen Subjekte ein Nebeneinander von "fetischistischen" Praktiken
und gewerkschaftlicher oder syndikalistischer Aktivität nicht bloß eine
historisch-exotische Kuriosität oder einen zu be-seitigenden Widerspruch
zu sehen. Das erlaubt nebenbei auf analytischer Ebene die analogisch-strukturellen
Verknüpfungen jener Relationen zu entdecken. Positive Analogien ihrer
elementaren Formen; man könnte sagen: die Struktur des Fetischismus ("the
mastertrope"). (31)
- Könnte also vielleicht ebenso meinen: dieses permanente Bewussthalten
der Unterscheidung (beide Seiten plus der Grenze) selbst, bzw. des Mediatorischen,
der medium-kostituierenden Form, einer solchen formalen Reflexivität der
Erkenntnis (sowie ihrer Historisierbarkeit) schließlich - wenn man dem
Label etwas abgewinnen kann - all dies sei Neo-Strukturalismus (M. Frank).
(32)
Es wurde am Rande (Anm.23) auch der foucaultsche Begriff des Dispositivs
angesprochen. Die Genealogie solch eines Dispositivs wird bei Taussig
implizit entwickelt. Natürlich weniger genau - und vielleicht weniger
spezifisch modern; die Methode ist simpler, scheint es. (33) Man könnte
annehmen, dass es sich dabei um eine längere weil hybridere (genealogische)
Linie handelte. Andererseits, wieso sollten sich durch Kreuzung nicht
auch Abkürzungen ergeben?
Mit Bezug auf die Protagonisten der Bergbau-Riten sagt Taussig: "Kaatians
are no Kantians". Und da er (wie vor ihm bspw. Horkheimer und Adorno)
feststellt, dass Aufklärung durchaus zur Verdunkelung der Welt und ihrer
Gegenstände beigetragen hat, kann es ebenfalls sein, dass sich unter seinem
analytischen Blick, sich weniger clair gleich weniger obscure gibt. Da,
wo Kritik der Vernunft für immer im double bind (ihres doppelten Genitivs)
gefangen ist, nimmt sie auf die ein oder andere Weise (früher oder später
auf dem Weg zu ihrer Aufhebung) vor ihrem Erstarren in der Erkenntnis,
dass ‚das Ganze das Falsche' ist, Zuflucht zur Methaphysik (Metakritik).
In vorliegendem Fall entspricht dem die Weigerung einer (Taussig zufolge,
der andinen Kosmologie inhärenten) "dialektischen Logik", auf der Strecke
zu bleiben. Sie fällt angesichts eines totalen Monismus der Tauschabstraktion
ineins mit einer (kritischen) Metaphysik. Diese bezeugt laut Taussig:
"the fidelity with which people can capture this transformation of fetishization
while subjecting it to a paganism that will capture it." - d.h., legt
ebenso Zeugnis ab von der Lage des Problems: " ...in the problem of evil
itself." (1980a: S.181).
Noch einmal anders - vielleicht einfacher: Das, was an Positivem in den
Repräsentationen von "sozialen Tatsachen"(der objektivierenden ethnographischen
Beschreibung) vorliegt, wird als Zeichen gedeutet. Die Arbitrarität des
Zeichens ist diesem Ansatz nach radikal und lässt so auch jegliche immanente
Annahmen bzgl. des Ursprungs (und Endes) der Struktur (epistemische Ordnung/Unordnung)
sich ihr nicht entziehen. (34)
Entsprechend vielleicht einem irgendwie archäologischen Blick für Diskontinuität,
für den Seltsamkeiten an oder zwischen den Artefakten sich in der Schichtverwerfung
ordnen, liest der ("graphisch" bewusste) Historische Materialist die Gleichzeitigkeit
von Ungleichzeitigem in "Dialektischen Bildern"(Benjamin). Die versteinerte
Chiffre in der snapshot-artigen Konkretheit des historischen Moments -
bzw. dem des "Schocks" , dessen Realität das Trauma verwaltet oder als
Geschichte(n) zu entfalten vermag. (35)
Diese Dialektische (Lese-)Arbeit findet sich in einen Parallelismus mit
der (anti)fetischistischen Arbeit der Land- und Minen-Arbeiter. (Und dies
scheint - vielleicht wenig - doch ein wenig mehr zu implizieren als bloß
"ethnographischer Surrealismus" (36), collage oder bricolage.) So äußert
sich Taussig am Anfang recht klar bezüglich der fines seiner Anthropologie.
"The devil has
long been banished from western conciousness, yet the issues symbolized
by a contract with him remain as poignant as ever - no matter how much
they have been obscured by a new type of fetishism in which commodities
are held to be their own source of value. It is against this obfuscation,
the fetishism of comodites , that both this book and the devil beliefs
are directed." (37)
"Shamanism, Colonialism
& the Wild Man"
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In gewisser Weise
könnte man sagen, dass Taussigs umfangreichstem Werk eine zentrale Position
(qualitativer scope eines beweglichen negativen Brennpunkts) zukommt oder
dass darin so etwas wie die orientierende Chiffre (bzw. ihre Genealogie)
abgebildet sei. (38) Wie aber wären solche (altmodischen) Tropen legitimierbar
, was wäre das für eine Orientierung ? Man müsste dann erkennen , dass
es sich bei dem, was der Abwesenheit von Präsens , der Unmöglichkeit von
Repräsentation entgegengesetzt wird, um Nicht-Orientierung - um einen
Raum ohne Orientierung (bzw. ihrer ständigen Aufhebung) handelt. Es soll
lediglich einigen Linien oder Komplexen kurz nachgegangen werden, die
Taussig nach The Devil & Commodity Fetishism darin weiterverfolgt, da
allgemeine Aussagen über den Inhalt des Buches nicht bloß dem hier zur
Verfügung stehenden Rahmen nicht angemessen wären. Denn - ließe sich kursorisch
bemerken: Es ist durchaus fraglich, ob wir weiterkommen, wenn wir sagen,
dass die Schwierigkeit auch darin besteht , dass laut Taussig die Flüsse
geografischer wie mythischer Landkarten , Waren, Gewalt des Terror, das
Heil(en), dRAUie Geschichte(n), deren Magie als Unterscheidung und als
zauberhaftes Medium des ‚Schamanen' (der wiederum als Teil und Produkt
von jener in jenen auftaucht), sowie der Autor und auch sein Leser sowohl
diese Kanäle selbst sind als auch deren Enden - bzw. auf ihnen beständig
unterwegs. Darüber hinaus jedenfalls kommen wir hier nicht...
Oder anders: Wieso scheint ein Buch das hundert Ein- und Ausgänge eröffnet
, die alle zur einen Seite in ‚die Moderne' führen , so geschlossen (d.h.
hier spezifisch für den Versuch etwas darüber zu sagen)? (39)
Das (und dass es etwas in ausgezeichneter Weise vermag) hat sicher auch
mit so seltsamen Räumen oder (Nicht-)Orten zu tun, in die der Leser eingeführt
wird, wie v.a. "The Space of Death", welcher hier nur nach einigen wenigen
seiner Aspekte untersucht werden soll. (40)
"All societies live by fictions taken as real. What distinguishes cultures
of terror is that the epistemological ontological , and otherwise philosophical
problem of representation - reality and illusion , certainty and doubt
- becomes infinetely more than a mere philosophical problem of epistemology
, hermeneutics and deconstruction. It becomes a high powered medium of
domination , and during the Putomayo rubber boom this medium of epistemic
and ontological murk was most keenly figured and thrust into conciousness
as the space of death."
Eröffnet wird dieser
zunächst mit der Aufforderung "to think-through-terror", Terror "as well
as a physiological state […] a social one" und insofern "the mediator
par excellance of colonial hegemony: the space of death…".
Wenn ihm außerdem "a long and rich culture" zugeschrieben wird, scheint
zunächst nicht präzisierbar, ob nun die unerhört zahlreichen (und ungezählten)
Toten oder die lange Reihe toter Erzähler der Conquista im allgemeinen
wie im besonderen gemeint sind. - Was jedoch offensichtlich geschieht:
Es werden verschiedene Traditionen ("the Western" und "the northwestern
Amazonian" - global-lokal) ins Gespräch gebracht.
"With European conquest and colonization, these spaces of death blend
into a common pool of key signifiers binding the transforming culture
of the conquerer with that of the conquered." (1987: S. 5. - Wir kommen
darauf zurück.)
Man wird sehen,
daß wiederum vielstrebig dialektische Beziehungen - zwischen Ausbeutern
und Ausgebeuteten, ‚Über- und Unterbau', Terror und Furcht, healing und
affliction - verwoben sind. Soviel nur zu den Übergängen (der ‚Komplexe').
Vielleicht findet man sie auch in dem umfangreichen Aufsatz Folk Healing
and the Structure of Conquest in Southwest Colombia. Hintergrund für soziale
Beziehungen und iher Narration bilden hier the structure of conquest und
eine Geschichte "that [...] itself is realized by this structure" (41).
Ausgehend von der von Taussig aufgewiesenen Bedeutung dieses Komplexes
für "the hierarchy of magical power [which] parallels but inverts this
structure" sowie auch für die Praxis des Heilens selbst, lässt sich gewissermaßen
das Netz der Beziehungen unter den Heilern (unterschiedlicher Herkunft
und (nicht-/indianischer) Tradition) im Sinne einer parasitären Partizipation
dazu denken, sowie - obschon hier noch nicht konzeptuell - als (wie auch
immer subversive oder invertierende) Mimesis an der Logik der Unterwerfung.
(42)
Die allegorische Formel (oder inscriptio), die Taussig nun für die von
ihm teilnehmend beobachtete Re-/Produktion (‚seiner Leute') ausarbeitet
lautet: Tripping up the disorder of power (/misfortune) by its own disorderliness
(1987: S.389/90) , was sicherlich ebenfalls auf die oben behandelte, dieser
vorausgegangene Ethnographie (und ihre Methode) applizierbar ist.
Es ist in diesem
Fall (auf der Ebene der Interpretation) in erster Linie die Idee der Struktur
oder Ordnung (d.h. deren Ontologie oder apriorischen Grund) - so wie vorher
festishism als mastertrope - die beobachtet bzw. Gegenstand der Kritik
wird. Das ist m.E. wiederum ein methodologisch/poetologisch auszumachender
Grund für jenen dimensionellen blow up - die globale Eröffnung eines Raumes
der Repräsentation (und "Gegenrepräsentation"). Es wurde angemerkt (Anm.19)
, dass Taussigs Intepretation in The Devil... sich Verdachtsmomente re-etablierter
Dualismen (oder Essentialismen , etwa im Sinne einer Rehabilitierung des
Gebrauchswerts gegenüber dem Tauschwert) zuzieht , an denen sich Kritik
wiederum aufzieht; und dies insofern als dass, während über Subjekte ,
ihre Praktiken als kulturelle Agenten, abstrahiert wird, gewisse Abstraktionsleistungen
nicht genügende Verallgemeinerung erfahren.
Jetzt ist aber, könnte man unterstellen, die Struktur als Subjekt, welche
dem Gesellschaftlichen schlechthin untergeschoben wurde, total geworden;
das sind Stände der Theorie, mit der Taussig sich auch auseinandersetzt
(nicht sehr explizit theoretisch freilich, siehe jedoch die Anmerkungen
zu Levi-Strauss' klassischen Texten zu indianischem Schamanismus aus der
Strukturalen Anthropologie (Taussig 1987: 389/90 u. 460)).
Er stellt aber weder auf die Imagination eines (durkheimianisch-soziologisches)
‚Kollektivbewusstseins' noch der eines (tiefenpsychologisches o. psycholinguistisches)
‚kollektiven Unbewussten' ab.
Wie Levi-Strauss es (in seiner Einleitung zum Werk von Marcel Mauss )
darlegt , habe der "von Mauss mit der Identifikation von Unbewusstem und
Kollektivem eingeschlagene Weg" diesen - notwendigerweise - zu dem "Versuch"
geführt ausgehend von der totalen sozialen Tatsache, die sich für Strauss
"dreidimensional darstellt" (43), "eine Art ‚vierte Dimension' des Geistes
zu erreichen" - "an Hand der Kategorie des mana".
Interessant ist, dass Levi-Strauss bei diesen werkinterpretatorischen
Entdeckungen ausgeht von dem "tragischen Risiko ,das auf den in dieses
Vorhaben der Identifikation verstrickten Ethnographen ständig lauert"
(bereits vorher betont er des allzeit mit der Lehre beschäftigten Mauss'
studierte Vertautheit mit und Aufmerksamkeit für die Problematik der Ethnographie
und der kulturellen Übersetzung. So ebf. Clifford (1988)).
Man könnte des weiteren auch spekulieren, welche Bedeutung dem Erleben
des teilnehmenden Beobachters Taussig für die subjektive Lagerung des
Deathspace im Bewusstsein zukommt. Wenn dieses nämlich mit einem identifizierbarer
oder bezeichenbarer Objekte baren Raums konfrontiert ist, und dann tatsächlich
diese "unbegrenzte Reihe von Objekten [...], die das Objekt der Ethnographie
konstituiert, [...] das Subjekt unter Schmerzen sich selber abringen müsste".(Levi-Strauss:
S.23-25) (44)
Um bei dem strukturalistischen Modell zu bleiben: wenn in diesem (quasi
psychisch destilliertem) Moment dessen, was Levi-Strauss eine "Grundsituation
[...] der menschlichen Kondition"(S.39) nennt, ein Mangel (auf der "Ebene
des Signifikats") sich erwiese, welcher der negative Grund für "die Verteilung
einer supplementären Ration [als] absolut notwendig" sei (oder für die
Ratio selbst, wie Derrida anmerkt). Was entspräche hier dem Desiderat
eines mana oder hau (resp. des Gabentauschs)? - Bei Taussig öffnet sich
hierauf the Space of Death - und zwar vom Anfang bis zum Ende des Buches.
(45)
Darin erscheint nun der ‚Schamane' v.a. aber als "Virtuose der Einfühlung"
(W. Benjamin, in dessen Passagenwerk ist dies der Flaneur und die Einfühlung
"die Einfühlung in den Tauschwert selbst".) (46)
Er wird bei Taussig vorgestellt als Mittel und als Vermittler (47), als
diabolischer Fürsprecher (wie etwa in der haluzinatorischen Vision eines
‚kranken' colono) (48) und nicht zuletzt doch als Navigator "[to] the
afflicted through minefields (of inevitable envy)" (vgl. S. 461).
"Timerman can be a guide for us, analogous to the ways Putomayo schamans
are guides to those lost in the space of death" - ähnlich auch Dante als
einer seiner größten Topographen "journeying through the underworld with
his pagan guide"(S. 7 ): Eine tour d' horizon durch den s.o.d. - Karten
werden schon auf den ersten Seiten angelegt, weniger jedoch, um zu wissen,
auf welchem Fluss oder ‚minefield' genau man unterwegs sei.
Styx und quer dazu Kongo und Putomayo - die ihnen gemeinsame Giftigkeit
(auch dieser Ströme) besteht in ihrer Wirkung als entdifferenzierende
Emulatoren.
Jedoch, in der so entfalteten Inszenierung (und Dekonstruktion) eines
"Colonial Modernism" eine Reise ins Herz der Finsternis zu sehen, wäre
wohl eine der misslichsten Deutungen, die bei ihrem Trip auf den Flüssen
der Kolonisationsgeschichte(n) hartnäckig all die Markierungen und Warnungen
übersähe, die Taussig entlang dieser Wege , beim Auf- und Abrollen des
"Seemannsgarns" verschiedener historischer Zeiten und Genres, hinterlassen
hat. Dementsprechend ist auch Taussigs Kritik des magischen Realismus
gelagert.
Trotz des Vorteils einer "(one-way) bridge with oral literature", ihrer
Verbundenheit also mit der Gesellschaft über die Populärkultur (das seine
Zeit und Sprache teilende Wundersame, wie es einem nicht bloß auf dem
surrealistischen ‚Seziertisch', sondern lebendig - bspw. im haitianischen
Alltag - begegnen konnte, in der Geschichte des Kontinents und seiner
"jungfräulichen" Landschaft), wie sie Alejo Carpentier als ‚Entdecker'
des "real maravilloso" bei seiner Rückkehr aus Europa Anfang der 40'er
Jahre dem gegenüberstellte, was er für das Missgeschick der surrealistischen
Bewegung hielt. - Trotz dieses für ihr revolutionäres Anliegen fruchtbaren
Substrats entgehe die literarische Tradition (oder ein anders gearteter
Indigenismus) nur schwerlich der Gefahr, in der Reifikation der Protagonisten
des magisch Realen, (el indio, el negro...) eine bloß der Absicht nach,
nicht aber praktisch entscheidend andere Repräsentation zu leisten, als
die über die vergangenen Jahrhunderte bspw. von der Kirche im Interesse
der herrschenden Klassen organisierte. Taussig versucht, diese wieder
in ihre Dialektik einzustellen, mit Hilfe von Bloch und Benjamin und der
Geschichte eines in verschiedensten Magien beschlagenen (nicht weniger
von ihnen geschlagenen) colono Bauern aus der Nachbarschaft. (49)
Die "Traditionen"
von Erzählern, ihre Berichte und Phantasmagorien über Terror, Wildnis
und Kannibalismus in der Hölle des Kautschukrauschs wurden angehört. (50)
Wenn nun jenes ‚Gespräch' als in dem einen oder anderen räumlichen Kontinuum
fortgesetzt gedacht werden kann - und Taussig geht es mehr als um Formationen
um jeweilige Kontinuitäten (51) - dann mag implizit auch an einen (foucaultschen?)
Aussagenraum gedacht worden sein. Nach gut 130 Seiten eines Displays von
Ökonomien und Geschichten der Gewalt, ihrer stummen (himmelschreienden)
von den Schwarzbüchern des Putomayo überlieferten Fakten möchte es sein,
dass ein ‚Murmeln' (des Diskurses) vernehmbar wird ohne darin wahrnehmbare
Positionen; dazu die Komplementarität von Praktiken und Diskursen und
ihre gegenseitige Reproduktion: das Problem bleibt auch hier die Position
einer möglichen Kritik (oder counter-dicourse) - ‚talking about-' und
darin zugleich: ‚talking terror' - dies also zunächst aufzuweisen und
dann seine Positivität (oder Position) auszunutzen : "tripping it up"
?!
Das Infernalische (oder Purgatorische) dieses Kontinuums lässt eine absolute
platonische Distanz nicht zu, auch kein historisches Subjekt (oder Apriori
, das seiner Historizität entginge). ‚Spaces of Death blend into a common
pool of key signifiers binding...': "Whatever it meant to the Indians
, cannibalism for colonial culture functioned as the supple sign for constructing
reality, the caption point without which otherwise free floating signigifiers
wandered off into space as so many disassembled limbs and organs of a
corpus." (52)
Nach Art des barocken
Allegorikers versucht Taussig sich aus all den Puzzelteilen ein vorläufiges
(dialektisches) Bild zu machen. Als ein starker Abzug davon dient im Übergang
zwischen den beiden Teilen des Buches (a study in terror and healing)
J. Conrads Kern-Schale-Nimbus-Allegorie eines sphärischen Innen-Außen
(resp. meaning wie sie dem die Geschichte der Fahrt Into the Heart of
darkness erzählenden Seemann Marlow sich erschließt). An dieser Stelle
(S. 127) schreibt er: "I hope it will later also become obvious why I
have to push on to work through the ways that shamanic healing in the
upper reaches of the Putomayo, like the culture of terror, also develops
its force from the colonially generated wildness of the epistemic murk
of the space of death." (53)
Die Semantik der
‚entzauberten' Gesellschaft (ihre Theorie) unterhält eine interpretierende
Beziehung zur natura naturans (vielleicht auch nur zum Ungeborenen oder
‚noch nicht Benennbaren') über die Begriffe des Rituals und des Spiels
("the ritual of explaining the ritual"). Insofern verständlich ist es
, dass Taussig in dem, worauf er sondenartig montage, Allegorese und episches
Theater projeziert "a sort of playground or testing ground" (Taussig 1987:
S. 441) sieht.
Derrida denkt das Spiel , und dessen (dejá toujour) ewige Wiederholung
(der Re-Präsentation) gegen oder in die Abwesenheit des Ursprungs. (54)
Er scheint der einen Seite "jenes Denken des Spiels" den Vorzug zu geben,
die "sich der genetischen Unbestimmtheit ausliefert, [...] (l´aventure
séminale de la trace).", gegenüber "der strukturalistischen Thematik der
zerbrochenen Unmittelbarkeit". "Diese (Nietzsches) Bejahung bestimmt demnach
das N i c h t - Z e n t r u m anders denn als Verlust des Zentrums." Im
Anschluß daran wird jedoch die Möglichkeit einer Wahl (natürlich) verneint
(oder aufgeschoben), "weil man erst einmal versuchen muß, den gemeinsamen
Boden und die ‚différance' dieser unreduzierbaren Differenz [zweier Arten
der Interpretation] zu denken und weil es sich hier um einen Typus historischen
Fragens handelt, dessen Konzeption, Bildung, Austragung und Arbeit wir
heute nur erst abzuschätzen vermögen." (alle Hvh. bei Derrida : S.441f.,
siehe diesbzgl. a. Anm.33)
"The Modernity
of Witchcraft"
Auf das , was oft
als idiosynkratischer Stil verbucht wird, Korrelat von Methode ist (wie
bei so vielen ‚Schamanen' der beiden Amerikas, ihr Flitterzeug...) - daraufhin
ist hier ein allgemeineres Thema nicht verlassen aber vielleicht überdehnt
worden. Wiederum ist es doch heute bloß Gang und Gäbe, das klapprige Gestell
ethnographischen Realismus' als Markierung einer Überschreitung zu nutzen
- oder in Chargen von sozialwissenschaftlicher Theorie, aufs Biegen und
Kippen (des Kopfes) gegen die Mauern des Symbolischen sich zu stemmen
oder anzurennen.
Um dem deliranten Strudel (ebf. ein wichtiges Bild bei Taussig) des hier
flüchtig überflogenen Szenarios - für den Moment wenigstens - sich zu
entziehen, wenden wir uns noch einmal der Ethnografie einer anderen Gegend
und damit einem Begriff zu, der vermutlich einem ähnlich gegliederten
Aussagenbereich angehört (wie bspw. "magic", "sorcery").
Im Nachwort (überschrieben:
The Meanderings of Anthropological Discourse on Witchcraft) seines Buches
(1997) zitiert Peter Geschiere unter anderen Taussig (1987) in einer Anfang
der 90er Jahre aufkommende Reihe von Studien, die in ihrer Hinsicht auf
das Phänomen (d.h. v.a. die betreffenden Diskurse) erstmals eine Relevanz
von und für "modernity" vor Ort geltend machen. Das heißt sowohl die kritische
Sicht auf die Offenheit des Dispositivs wie auch für die Bedeutung von
‚Öffentlichkeit' zu eröffnen. Zudem - und dafür sei Taussigs Buch exemplarisch
- kämen die vielversprechendsten Ansätze von Autoren, denen es gelänge
"to distance themselves from a moralizing dicourse" (- "beyond good and
evil", das scheint nicht einfach zu sein).
Man muß zunächst sehen, dass im Zuge strukturfunktionalistischer Ansätze
britischer social anthropology, welche das betreffende Feld zuerst dominierte,
über lange Zeit das Dispositiv von "witchcraft" als Institution traditioneller
afrikanischer Gesellschaften (55), einseitig im (strukturfunktionalistischen)
Sinne einer Kontrollinstanz zur Inhibierung neuer sozialer Mobilität und
Differenz - insofern konservativ - gedeutet wurde. (56)
Demgegenüber versucht Geschiere, für seine Forschung in Kamerun in erster
Linie die Nichtreduzierbarkeit der Verhältnisse von kinship & witchkraft
sowie politics & witchcraft discourses of power and inequality - im Bezug
auf ihre inhärente Ambiguität: "levelling and accumulative" und ihre regionale
Variiertheit aufzuweisen. (57) Ausgehend davon widmet er sich in wiederholter
Reflektion (Kap.1 u. 7) der Bedeutung von (etischer) Repräsentation und
(emischer) "articulation" für jene Diskurse - bzw. ihre historische und
lokale Kontextabhängigkeit.
Für die emische Seite des lokalen (im allgemein afrikanischen) Kontexts
sieht er (zwar nicht unbedingt eine immanente Lösung, wie etwa von ihm
referierte afrikanische Autoren) doch eine beständige Notwendigkeit dieser
Artikulation, einen notwendigen Verhandlungs-Spielraum - wobei er (mehrere
jüngere Studien zitierend) betont , dass diese sich v.a. aus globalen
Zwängen herleiten. Das betrifft zumal die von der kolonialen Geschichte
und der darauf folgenden Unabhängigkeit scheinbar als unvermeidlich erwiesene
(58) - mit weiteren Differenzen aufgeladene - Wiederkehr des Phänomens
in der jeweils "neuen" sozialen und politischen Situation, gewissermaßen
als adaptive response. - Aber wiederum auch die (wie Geschieres aktuelle
Ethnographie zeigt) begründete Angst vor der Überhandnahme des Diskurses
, seiner durch Furcht und Misstrauen lähmenden Verbreitung - vor der Hetze.
Der Versuch einseitiger staatlicher Reglementierung dieser Komplementarität
oder Dialektik erweist sich als eher kontraproduktiv. (59)
Für die Sozialanthropologen wiederum mag das heißen, dass sie ,nur indem
sie sich der Geschichte ihres Umgangs mit ( eigenen ) Repräsentationsweisen
(sowie - schon vorher (?) - der Tücken verallgemeinernd übersetzender
Terminologie, ihrer Interpretation resp. "witchcraft") vergewissern, dann
auch vermöchten, den jeweiligen historischen Aktualitäten (bes. unter
postkolonialen Voraussetzungen) und der Lokalität der Kontexte gerecht
zu werden.
Großenteils wird das hier wiedergegebene in den Fußnoten verhandelt -
und ebenso am Rande findet über die Problematik der Repräsentationen (als
Theoriepraxis) auch eine Verknüpfung mit dem Problem der ‚sozialen Praxis'
statt - einem Jenseits der Theorie, zu dem die Ethnologie eine spezifische
Beziehung durch die (methodische) Tradition der "action anthropology"
unterhält. Auch hier wird schließlich geltend gemacht, dass, genauso wie
der von der eigenen "Entzauberung" her für die Behexung durch die fremden
Fetische nur allzu offene Ethnograph einen kühlen Kopf bewahren sollte,
die interpretierende Anthropo-Logie doch sich davor hüten muss, (die von
ihr erfundene) ‚witchcraft' als Artefakt ("'reasoning it away' [...] as
standing for something else") oder nature mort im Museum einer kindlichen
Menschheit verschwinden zu lassen, es sei denn, sie wollte sich so der
eigenen Relevanz (ihrer Logik) berauben.
Epilog
In
witchcraft one does not say thanks.
Peter
Geschiere
Aufschlussreich (und
weniger gefährlich als eine Reise in den Putomayo heute) könnte es sein,
der Frage nachzugehen, inwiefern sog. postmodernes, v.a. genuin französische
Begriffsarsenal der in Nachfolge Taussigs jene Felder oder Netzwerke be-
und untersuchenden kolumbianischen Anthropologen (60) auf den Öffnungen
beruht, die jener hinterlassen hat. Aber würde diese Suche nach Spuren
einen etwa zu den "Anfängen" des ‚Schamanismus' und des Strukturalismus
(also etwa nach Russland) oder doch den Text auf die arché-trace hin verlassend
in gänzlich andere states bringen ? ...
"Magie" (wie "Wissenschaft"
- beide hinsichtlich ihrer Kontrollabsicht) bedient sich eines mimetischen
Verständnisses der Geschichte als Naturgeschichte.
"History as Sorcery" muß man bei Taussig so verstehen, dass das wodurch
Geschichte als Zauberei reflektiert wird, die praktische Nachahmung der
"history of conquest" - als Naturgeschichte - ist; exakter : die Nachahmung
des der Conquista eigenen mimetischen Verständnisses ihrer Geschichte.
- Das drückt das ganze (? - zumindest durch diese Brille betrachtetes)
Vermögen des post-kolonialen "folkhealing" aus.
Anmerkungen
- Ein weiteres
Bild, in dem die Körnung bzw. ihr Ganzes ("the physical text") "provides
a physical analog of closure. This relationship between the text (ethnography)
and social reality has been prefigured as a kind of mirror: to close
the book is to achieve a kind of 'closure'". "Social structure as rethorical
closure" wird in der rethorischen (klassifikatorischen) Arbeit mit sozialen
(rethorischen) Teilen und Ganzen konstituiert, denunziert R. J. Thornton
The Rethoric of Ethnographic Holism. (Marcus 1992, dort : S. 15-31).
Vgl. a. Elipse (Derrida 1976, dort : S.443-52).
- Diese kleine slide
show sollte eine sich an solchen Stellen oft ungebetenermaßen ausbreitende
Diskussion von beobachter-theoretischen Problemen ersetzen. Der Focus
(auf das beobachtende Subjekt) soll aber, sofern es ums Ethnographieren
geht, weitgehend beibehalten werden, womit die magischen Elemente von
Theorien der Kommunikation oder (symbolisch generalisierter) Medien
außen vor bleiben.
- (Vgl. zu diesem
Beispiel : Bruno Latour, Wir sind nie modern gewesen. Versuch einer
symetrischen Anthropologie. Ffm 1998). Darüber hinaus lässt sich wohl
immer noch (selbst nach Nils Bohr und Kopenhagen) sagen: Solange (oder
wo) sich die Verhältnisse von Dingen an sich weiter pressen, erhitzen
und beschleunigen lassen und mit der Diskutierbarkeit von hidden dimensions
kein Mangel an Transzendens zu bestehen scheint, kann diese Wissenschaft
auch sehr gut auf Fragen der Transzendentalphilosophie (und ihrer Kritik)
verzichten.
- Vgl. U. Brokelmann,
George Devereux. In Duerr, H.P. Die wilde Seele. Zur Ethnopsychoanalyse
von George Devereux. Ffm 1987. dort: S. 9 - 31. Wenngleich betont wird,
dass es sich nicht um eine billige "rein analogische [...] Übertragung
dieses Prinzips" (der Komplementarität) handele, sondern gewissermaßen
auf das inter der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplinen (der Begriffe
von den Koemergentien (Devereux) Gesellschaft und Psyche) zurückgebogen
- insofern methodologisch - angewandt würde (S.25) Im Bezug auf "Devereuxsches
Werk [...] und seine[n] ‚Lebensroman'" wird gesagt: "Dieser wie jenes
kreisen um ‚Innen' und ‚Außen'"(S.9).
- Unter gewissen
Bedingungen mag man dem sich aus dieser Investition ergebenden Anspruch
mit der Versprechung entgegenkommen, dass das Sollen - irgendwie - mit
dem aller Dekonstruktion von Implikation entgehenden Rest sich erweist:
eine Frage von/nach Performanz und dem Hinterlassen von Spuren.
- Im Verlauf seines
Schreibens wird auch zu einem weiteren Markenzeichen seines Stils jene
diaphorische Technik der wiederholten Rezitation, die dem Text manchmal
etwas beinahe Versartiges gibt.
- Wenn etwa methodisch
leitende Programme immer mehr de(kon)struiert (und damit als solche
suspendiert) werden und so etwas wie Werte hier und heute gerade durch
das Metaprogramm auf den Unterschied ihrer Unterscheidung hin geprüft
werden (Stichwort: Kulturrelativismus).
- Zur Frage, warum
in dieser Welt für "writers" (nicht nur "as the daily work of an American")
etwas wie "the call","the responsability" und "the task" (als kritische)
bestehen könnte, "to (ful)fill this void [...] making fables and making
names", siehe das Zitat Pablo Nerudas das Taussig an das Ende seines
ersten Buches stellt. (Taussig 1980a: S. 233).
- Folgend auf die
Bebilderung von "cultures of terror" (guamaltekischer und argentinischer
Militärdiktaturen durch deren schreibende Dissidenten) schreibt er:
"Hence the need to fight that solitude, fear, and silence , to examine
these conditions of truth-making and culture-making , to follow Michel
Foucault in 'seeing historcally…'. But surely at the same time, through
'seeing historically', we strive to see anew - through the act of creating
counter-discourse? If effects of truth are power, then the question
is raised […] also to what form that counter-discourse should take.
This issue of the politics of form has been lately of concern to some
of us involved in writing and interpreting histories and ethnographies"
(S. 8f.)
- Im Zuge der disziplinären
Beschränkung käme man dieses Wegs zunächst wahrscheinlich auf eine einschläigige
kulturanthropologische (bzw. philosophisch-epistemologische) Debatte
zurück, die am intensivsten in den 60er Jahren geführt wurde und bspw.
in dem Band von Kippenberg/ Luchesi (Hg.): Magie. dokumentiert und in
einen weiteren kulturanthropologischen Rahmen gestellt wird. (Eine weitere
exemplarische Aufarbeitung wäre das vierbändige Kompendium H.P. Duerr
(Hg.) Der Wissensschaftler und das Irrationale. Ffm 1985.) Wobei natürlich
die Auseinandersetzung mit epistemologie/ideologie-kritischen Konventionen
wiederum auf eine Dekonstruktion einer wissenschaftsgeschichtlich und
epochal bedingten legitimatorischen Klammerung der Ethnologie an ein
Selbstverständnis als positivistische Sozialwissenschaft hinauslaufen
könnte.
- - Dessen mechanizistischen
und atomistischen Begriffe "have progressively undermined the critical
impetus of Marxism, which was originally based on a synthetic and dialectical
understanding of reality in accordance with Hegelian tradition,..."(Taussig1980a:
S.12)
- (1980a: S. 9).
Dassdiese Arbeit des Schälens nicht Mittel zum Zweck (fin) hinsichtlich
einer darunter liegenden Vorhandenheit ist, macht Taussig zumindest
später recht explizit (vgl. v.a. Taussig 1992 und 1999).
- Z. B. wird man
Taussig folgend als Nebeneffekt evtl. einen willkommenen Ausweg aus
der unfruchtbaren Banalität sehen , in der (atomistische) "Struktur"-Ansätze
im Bezug auf andine Kosmologie stecken bleiben (vgl. ebd.: Kap. 9).
Unter dem Offensichtlichen (des v.a. später meist kritischen Bezugs)
wird man dann Gemeinsamkeit mit Levi-Strauss vielleicht übersehen, welcher
allerdings ebf. von den sozialen Beziehungen "as signs" bzw. Unterscheidungen
(elementare Zwei-Seiten-Formen) und auch von Marx ausgeht - bzw. ständig
auf ihn zurückkommt, wie er sagt ,"to set my mind in motion", (zit.
nach S. Sonntag, The Anthropologist as Hero. In: Nelson u. Tanya Hayes
(eds.), Claude Lévi-Strauss. The Anthropologist as Hero. Hanover (Mass.)
1970. S.188.)
- Der Beleg für
diese vielleicht hergeholt scheinende Behauptung, kann hier natürlich
nicht nach-erzählt werden. Es sei stattdessen erlaubt, eigenartig zu
formulieren - v.a. im Bezug auf die späteren Publikationen Taussigs:
Die Art wie er Sinn macht erweist sich als ebenso extensiv wie intensiv,
d.h. sie greift weit aus in den semantischen Raum, und der die Wahrhaftigkeit
von Unwahrscheinlichkeit bzw. Aktualisierung von Besonderheiten vermittelnde
Komprimierungsalgorithmus nimmt seine Hypothek immer bei den Echtzeit-(‚Aktualisierungszeit')-Reserven
des Mediums (- Auch die Frage was dieses konkret nun sei, muss hier
noch ausgesetzt werden.)
- Selbst an explizierteren
Stellen in den folgenden Veröffentlichungen bzgl. einer Kritik der Repräsentation,
der Prinzipien von Identität und der Rhetorik der Logik usw. als "(dialektischer)
Dekonstruktion" erwähnt er beispielsweise Derrida so gut wie nie (die
Re-Lektüren des sog. "strukturalistischen Marxismus" wären ebenfalls
eine mögliche, nicht angeführte Referenz).
- Die Marke für
Taussig bleibt hier der Name Walter Benjamin v.a. in späteren Schriften.
(Obschon etwa zur gleichen Zeit (um 1930) auch andere "Neo-Marxisten"
wie zuerst Lukacs dann Sohn-Rethel und im direkten Anschluss die Frankfurter
Schule einschlägiges beigetragen haben.)
- (Vgl. . Taussig
1980a: S. 11, 21, 25, v.a. Kapitel 7 passim). "The mode of analogical
reason that is outlined above apears to be more prolific and conciously
used in cultures that are guided by use-value economcis" (S.135.)
- Um den Entwicklungen
eines internationalen Marktes (z.B. Cuba-Krise und Embargo) und Anforderungen
an Effizienz der Exploitation nachzukommen schafften es die Plantagenbesitzer,
ein "duales" System von immer schlechter bezahlter Beschäftigung und
Vertragsarbeit einzuführen. Zusammen mit einem "piece-work system" (Leistungsprinzip
anstatt Stundenlohn) "the contracting system atomizes the work force,
facilitates the control of workers, lowers the overall labor bill, undermines
the political strength of all workers, causal or permanent, and helps
ensure an elastic reservoir of labor to cope with fluctuations in demand"(S.
84) - erlaubt also dem Arbeiter seine Arbeit pro Zeit-Atom noch ein
wenig mehr auszubeuten.
- Dass Taussig
dieses prozessuale Konzept (noch) nicht explizit verallgemeinert (etwa
in Hinsicht auf ein - sich seiner selbst bewusstes - gesellschaftliches
Subjekt ) riskiert, dass (moralische) Dualismen sich in der falschen
Ebene der Analyse wieder auftun. - Und es ist vielleicht, neben nicht
ganz präziser Lektüre, ein Grund dafür, dass u.U. Kritik an Taussig,
über die Maßgeblichkeit bei ihm extrahierter "Hauptargumente" (hinsichtlich
der von ihm nicht im Feld beobachteten andinen Bergbaukultur (Bolivien)),
sich abstößt und - eben so ( oder weil) eines Verständnisses der von
im explizierten und implizierten Dialektik (von ‚Unterbau' und ‚Überbau')
ermangelnd - am Ganzen seiner Kritik vorbei geht. (Vgl. O. Harris, The
earth and the state. S.251 und 263. Sowie - wesentlich umsichtiger in
jener Hinsicht: M.J. Salnow, Precious metals in the Andean moral economy.
V.a. S. 215ff. Beide in: M. Bloch und J. Parry, Money and the Morality
of Exchange. Cambridge 1989). Marcus (in J. Clifford u.G. E. Marcus
(eds.) Writing Culture. The poetics and politics of ethnography. Berkeley
1986.) kritisiert bei Taussig "his mixed mode , self-conciously moralistic
and broadly transcendent purpose.
- In seiner Lektüre
der andinen Ethnographien streicht Taussig die Rolle des Teufels - des
Tio, in den Ritualen der Minenarbeiter "Eigentümer" der Minen - in erster
Linie als Vermittler zwischen Sphären von Warentausch und "reciprocity
exchange" heraus.
- Viento Fuerte
(Miguel Angel Asturias, 1950) und La Hojarasca (Gabriel Garcia Marquez,
1955), jeweils über die Ausbeutungsverhältnisse auf Bananen Plantagen
der United Fruit Company in Mittelamerika, bzw. Kolumbien.
- Für in doppeltem
Sinne "unfruchtbares" Geld, welches - weil verhext, weil reiner Tauschwert
- weder zur Kapitalakkumulation noch zur (biologischen/subsistenziellen)
Reproduktion taugt. (- So die Meinung des Volksmunds, wie Taussig sie
wiedergibt. Wobei einen solchen Vertragsabschluß selbstverständlich
keiner seiner Informanten beobachtet hat , andererseits aber ein Ladenbesitzer
als Augenzeuge von dem Kampf zweier "getaufter" Banknoten als jeweils
prospektive An- und Entführer seines Kasseninhalts berichtet. Ebd.:
S.127)
- Man könnte wohl
auch auf den foucaultschen Begriff des Dispositivs verweisen, welches
die Diskurse wie auch die Praktiken (welche jeweils immer als Hybride
von Un-/Sichtbarkeit auftreten) ordnet.
- Worüber uns, laut
Benjamin, "die Tradition der Unterdrückten belehrt." (Über den Begriff
der Geschichte. These VIII. In ders.1992, dort: S. 145)
- (1980a: S.104).
Vgl. V. Turner, The Forest of Symbols. Ithaca 1967: S.97.( von Taussig
nicht ganz sauber zitiert:) "Liminality may perhaps be regarded [...]
as a realm of pure possibility [from] whence novel configurations of
ideas and relations may arise." (Taussigs Zitierung Turners: kursiv
v. m. - Inwiefern sich in Taussigs Zitat eines Klassikers der Kulturanthropologie
die Bedeutung von "novel configurations" verändert, sei dahingestellt.)
Turner geht an dieser spekulativsten und den Gedanken kurz darauf abrechenden
Stelle seines Texts bis zu einer "Konfiguration", die Platon und "his
pilosophical debt to the teachings of the Eleusinian and Orphic initiations"
in Zusammenhang mit der Liminalität "als Quelle" bringt.
- (vgl. Taussig
1980a: S.113f.)
- - Ohne allerdings
eine zynischen Überdetermination der Aussage in eine gewisse Apologetik
umschlagen zu lassen. So gesehen lieferte Taussigs Betrachtung auch
ein Argument für die Prädestiniertheit von (Cultural) Anthropology as
Cultural Critique.(vgl. a. S. 6 u. 12)
- (Vgl. ebd.: S.158;
sowie oben Anm.13)
- Der Mausssche
Begriff (und seine "Abholung" - auch hier im kolloquialen Sinne von
response) gibt Anlaß zu mannigfacher Entfaltung: Bei Levi-Strauss z.B.
hinsichtlich einer vierdimensionalen strukturalen Räumlichkeit (a.a.O.).
Clifford (1988: 62ff.) scheidet daran Traditionen ("maussian"/ "malinowskian")
und wendet sich ebenfalls gegen eine (jenem unterstellte) Vereinnahmung
Mauss' als "Proto-Strukturalisten".
- Diese Abwandlung
, insofern es sich meiner Meinung nach um einen nicht notwendig literaten
Zugang zu dem handelt, was Benjamin durch "Geschichte ...[als] ein Diskontinuum"
bezeichnet. Die Ethnographie müsste eigentlich reich sein an Techniken
zur Spurensicherung , da sie im Feld erlernt werden können.
- Taussigs nächste
größere Veröffentlichung geht dann allerdings von einer Structure of
Conquest aus.(s. ders.1980b). "Die Struktur eines Bereichs freizulegen
heißt , eine ganze Virtualität der Koexistenz zu bestimmen, die vor
den Wesen ,den Gegenständen und den Werken dieses Gebietes existiert."
(Deleuze: S. 28)
- Und andererseits:
Als Dekonstruktion (durch/von Fetischismus) freilich gibt es all das
oder findet es statt im Zuge der Aufschiebung der Dekonstruktion ihrer
(seiner) selbst.
- Foucault gelangte
über das Dispositiv der Sexualität zu einer Metaphysik der (Bio)Macht,
da sie die Bedingungen benannte, unter denen sich diskursive und nicht-diskursive
Praktiken in Richtung auf einen Kolonisierung des Körper organisierten.
Dem ethnologischen Blick Foucaults (Fink-Eitel) auf die Westliche Gesellschaft
und den Wandel ihrer Werte musste aufgefallen sein, dass zu jener Zeit
für den Körper eine neue Öffentlichkeit geschaffen wurde, die im Zuge
einer Ideologie der Vernunft das als Medium der Aufklärung (Emanzipation
etc.) anbot und verlangte, was dieser nicht nur als ihr entgegengesetzt
sondern (seit Kant) als das allerentfernteste und dunkelste gegolten
hatte.
- Sicher: Taussig
deriviert die Angewandtheit einer "analogic reason" aus der aristotelischen
Theorie (The Politics). Die Spuren, die Derrida (in seinem Text über
die Wissenschaft von Menschen bei Levi-Strauss) zwischen Strauss' ("rousseauscher")
"nostalgischer" Melancholie und Nietzsches "fröhlicher Bejahung des
Spiels"(Derrida) aufnimmt lassen sich (wie noch zu zeigen sein wird)
auch hier nicht verwischen.(Vgl. ders. 1976: 440ff.).
- Vgl. Taussig
(1987): S. 122-23, 153-54.
- Hierzu aufschlussreich:
das gleichnamige Kapitel bei Clifford (1988).
- (1980a: xii).
Um ein Missverständnis zu beseitigen , welches dieses Zitat evtl. zulässt:
Taussigs Schreibe hat nichts mit "action anthropology" im klassischen
Sinne zu tun. Oder anders (und mit deleuze/guattari´scher Konnotation)
: Es geht ihm nicht um die Reterritorialisierung eines Stammes. Gleichwohl
wird hier m.E. so klar wie möglich jene "complicity" (mit dem "Informanten")
formuliert, die von Paul Rabinov kürzlich als Richtungsangabe zukünftig
möglicher Ethnographie hervorgehoben wurde (in einem unveröffentlichen
Paper zu dem vom MPI für Wissenschaftsgeschichte - mit Focus auf die
Praktiken zeitgen. molekularbiologischer Wissenschaft - im Mai 2001
veranstaltenten Panel "Mapping Cultures").
- Zumindest gibt
er hier am ausführlichsten über jenes ‚Handwerk' ("Magie der Mimesis")Auskunft,
von dem er später schreibt , dass er es über die Zeit seiner Forschungen
in der Putomayo-Region erlernt habe.(vgl. Taussig1997:S.10)
- Vgl. das Konzept
solcher (Ab)Geschlossenheit bei J. Derrida. Die Schrift und die Differenz.
Ffm 1976: Immer wieder ; jeweils bes. in den Texten zu Levi-Strauss
, Jabes , Artaud. Ebd. Exemplarisch: der "Spielraum" , seine "kreisförmige
Grenze", Horizont der Dialektik". (S.a. Anm.1)
- Ein topos, welchen
Taussig - es mag zunächst scheinen: als räumliche Metapher(?) - aus
der Beschreibung eines Yagé-Deliriums von einem seiner indianischen
Informanten übernimmt und schon über die ersten Zeilen des Buches mit
J. Timermans Innen-Ansichten der Gefängnisse der argentinischen Diktatur
reflektiert): als Leser des Buches möchte man meinen er (the space..)
läge außerhalb - oder in seinem Außen. Doch wo - in (/innerhalb) welcher
Linie (oder Tradition) - liegt dann das Buch ... ?!
- Bzgl. einer solchen
Produktion oder Aktualisierung betont Deleuze, "dass man das Genetische
dem Strukturellen ebenso wenig entgegensetzen kann , wie die Zeit der
Struktur.(ders.: S. 30) Ähnliche ‚Realisation' gilt dann auch für eine
"moral topography". So meint "the text of conquest" auch die Textur
der Landschaft , welche die ersten Schreiber der Conquista in einer
Sprache der (quasi über die Körper der Soldaten eingeschriebenen) Imagination
ausgedrückten. (vgl. Taussig 1987: S. 288ff).
- D.h. , dass der
Heiler immer auch ein Agent der Ausbeutung ist (vgl. 1980b : S.231f.).
Auch wenn scheinbar Ethnologen sich dazu verleiten lassen, (ihre) Hochlandschamanen,
im Gegensatz zu denen aus dem Tiefland, moralisch diskreditiert zu sehen.
Auch hinsichtlich der unter den wissenschaftlichen Text geschriebenen
Sottisen, zu denen solch Missverständnis führen kann, vgl. bspw. F.
Faust und H. Schindler Interethnische Lehrbeziehungen der Heiler in
Südkolumbien.
- Nicht zufällig
ähnlich der Dimensionierung des Supermediums Sinn bei Luhmann. Im Bezug
auf sozialwissenschaftliche Theorietradition (für die Mauss' Onkel ein
klassischer Ausgangspunkt ist) vielleicht erhellend: N. Luhmann, Arbeitsteilung
und Moral. Durkheims Theorie. In: E. Durkheim, Über soziale Arbeitsteilung.
Ffm 1988. Siehe v.a. S.36ff.
- Taussigs "notes
on that night read: [...] , and I have to dissociate into a third an
then a fourth as the relation between my selves breaks, creating an
almost infinite series of fluttering mirrors of watching selves and
feeling others."
- Da Taussig dezidiert
nicht "die Geschichte reduziert" (insofern er nichtsdestotrotz dem klassischen
und historistischen Geschichtsbegriff "Gerechtigkeit wiederfahren lässt"
(Derrida, S.439)) ist davon auszugehen , dass jene vierte Dimension
( ihr Desiderat) nicht in der Struktur aufgehoben wird; inwiefern sich
dabei gewissermaßen (obwohl bei Taussig sicherlich weniger angestrengt)
ein Äquivalent als eine Art historisches mana fromulieren ließe, soll
noch zur Sprache kommen.
- Dass die Weiterentwicklung
und immanente Ausarbeitung einer Methode dabei in ein - sagen wir stilistisches
- Bestreben zur Erzeugung von 3-D-Effekten einfließt sei hier nur angemerkt.
Die Hypothese, dass also eine gewisse Räumlichkeit Requisit oder Voraussetzung
auf dem Wege (zu) einer in der sinnlichen Erfahrung (Erfahrbarkeit/
Gefahr des Moments) wiedergebor(g)enen Erkenntnis (resp. ihrer Theorie)
sei, würde sich in diesem Kontext notwendig auf Benjamin beziehen können,
zwischen seiner Theorie des Trauerspiels und dem Passagenwerk auf vielfältigste
Weise sicherlich.
- "[H]e (the highland
shaman) also mediates the class struggle" (S. 254); andererseits wird
er zum entscheidenden Glied in einer nicht vertikalen Tauschkette "a
temporal connection fixed in a moral topography consisting of successsive
empowerments through gift exchanges ocurring between spirits and shaman
, shaman and patient , patient and you dear reader."(S. 253); "a strategic
zone of vacuity" - gleicht er einer "leeren Bühne" (Benjamin über Brechts
Hauptcharaktere), "on which the contradictions of society are acted
out."(S. 444)
- (S. 326). Es
sei noch einmal daran erinnert, dass nach dem semantischen Gehalt der
Visionen und cuentos v.a. die Imagination des Wilden (de mas abajo/
dientro), der Stämme (gentes), der Altvorderen (los ancianos) als Quelle
von Kraft bedient wird. Die ‚(Tausch)Kette' hat natürlich keine Enden,
jedoch stellt der Putomayo selbst die Topographie, an deren Graden sich
ein umgekehrtes Verhältnis zwischen dieser ‚Kraft' bzw. ihrer zweckgerichteten
(und rationalisierten) Anwendung und der (räumlich/zeitlichen) Entfernung
von ihrer ‚Quelle' ablesen lassen.
- Erhellend in diesem
Zusammenhang auch Th. W. Adorno, negativ-dialektisch, Rückblickend auf
den Surrealismus. In ders., Noten zur Literatur. Ffm 1974.
- Walter Hardenburg
sprach von "The Devil´s Paradise". Dass es also der Teufel war und nicht
die Firma der Gebrüder Arana, welcher hier Anfang des Jahrhunderts die
Schöpfung unter albtraumhaft phantastischen Produktionsbedingungen ausbeutete,
macht die Verwendung des Extrakts für die Vulkanisation der europäischen
Kriegsmaschinerie am Vorabend des WK I umso sinnvoller. (vgl. S. 21ff.
u. 94).
- Topoi wie Genealogie
oder Tradition stehen da für die zeitliche Dimension ein; was auf das
methodisch genetische, bzw. aber auch den (sich) verpflichtend rezipierenden
Gestus des Ansatzes verweist. (Siehe nur die üppige -quasi mosaische
- Geste, mit der er bereits in den Acknowledgements sich der Spur -
den "traces of people" verpflichtet und sie in solidarischer Zitation
versammelt.)
- "Deep complicity
with cannibalism […]" : "everything hinged on a drawn-out ritualized
death where every body part took its place embellished in a memory-theatre
of vengances paid and re-paid, honors upheld and denigrated, territories
distinguished in a feast of difference. In eating the transgressor of
those differences , the consumption of otherness was not so much an
event as a process, from the void erupting at the moment of death to
the reconstituting of oneself, the consumer, with still-warm otherness."
(S. 105, aus dem Kapitel The Image of the Auca: Ur-Mythology and Colonial
Modernism). War ‚Kannibalismus' nicht v.a. eine der wichtigsten Metaphern
jüngerer Gesellschaftstheorie und (Kapitalismus)-Kritik ?
- Dort (vgl. S.
443) wird dann die Allegorie (und "Benjamins Marxist notion of the dialectical
image") betont gegen den Symbolismus ("the Romantic concept of the symbol")
gesetzt.
- Übrigens hält
er seinen Vortrag über Levi-Strauss im selben Jahr (1966) , wie Foucault
seine mit Les mots et les chose erscheinende Archäologie und Abschreibung
einer Wissenschaft von Menschen vorbringt.
- Der Blick richtete
sich hauptsächlich auf (mikropolitisch) regional begrenzte oder dörfliche
Zusammenhänge.
- Eine leider meistens
‚auf einem Auge' blinde wissenssoziologische Epistemologie der Hexerei
á la Evans-Pritchard ist wohl der andere Hauptaspekt der Forschungen.
- Die Antwort auf
die schwierige Frage "when the belief in witchcraft might finally subside"
ist für ihn - wie es scheint, noch lange - nicht in Sicht; für den Kontext
nicht datierbar zumindest "as long as the family remains the main basis
of social security". Wie er aber selbst dargelegt, ist dies (‚the belief
in') nur eine Seite von witchcraft.
- An einem jüngeren
Beispiel (Südafrika) zeigt diese (im Allgemeinen sich bloß verschiebende)
Problematik für Gesetzgebung und staatliche Rechtspraxis - und zwar
in erster Linie nicht aus ethnologischer sondern vergleichend rechtswissenschaftlicher
Perspektive - die Studie von J. Kaetzler Magie und Strafrecht in Südafrika.
Ffm 2001.
- Dies ist für die
neuen Regierungen (die sich je nach Form moderner Herrschaft verschiedenartige
Öffentlichkeit - bzw. Unsichtbarkeit der Hexerei - leisten) aus verschiedenen
leicht ersichtlichen Gründen ein größeres Problem als für die Kolonialverwaltung.("As
my Maka friend [...] remarked in 1971: ‚Now we Africans are in charge,
and we know that witchcraft is real.'" Geschiere, S.216). Hier und an
anderen Orten finden sich zahlreiche Beispiele dafür , wie die nationalstaatliche
Politik auf höchster Ebene (also scheinbar weit entfernt von etwaigen
"traditionellen" Kontrollinstanzen) in die selben Praktiken und Diskurse
verwickelt ist.
- Von der De-/Reterritiorialisierung
bis zur Sorge um Sich - und zwar immer so, als wären die Begriffe eigentlich
von Indianern erfunden worden, irgendwie eklektizistisch will es einem
scheinen (...‚Dürfen die das denn ?'). Siehe bspw. C. E. Pinzón und
Co-Autorinnen oder W. Torres: gerade bei letzterem mag man sich fragen,
ob die nietzscheanische Große Gesundheit, deleuzianisches Werden (el
devenir) oder jenes Begriffsfanal Foucaults aus dessen ethisch-subjektästhetischer
Wende einfach aus der europäischen Philosophie heraus ,von Ionien in
die Llanos oder an den Igaraparaná übertragen werden können und wäre
evtl. versucht von ‚Halbgarem' zu sprechen; doch dann: wo sind die ihre
Verwendung verbürgenden Rezepte hinterlegt?! Was bedeutet Construction
de las Americas , wenn man bspw. zurückdenkt an kultur-nationalistische
Primitivismusbewegungen (A Antropofagia des brasilianischen Modernismo)
- wie geht das mit Deutschland im Hinterkopf ? Und war es nicht zuletzt
eine Philosophie der New Economy und des Marketings die ihren Kritikern
verspätet die unangenehme Einsicht bescherte, dass man sich gemeinsam,
offensichtlich inflationär aus dem Kapitalismus und Schizophrenie-Wortschatz
bedient hatte?
Literatur
(wenn nicht im Text angegeben)
- Benjamin, W. (1992)
Sprache und Geschichte. Leipzig
- Clifford, James
(1988) The Predicament of Culture. Twentieth-Century Ethnography, Literatur
and Art. Cambridge Mass.
- Deleuze, Gilles
(1975) Woran erkennt man den Strukturalismus? Berlin
- Derrida, Jaques
(1976) Die Schrift und die Differenz. Ffm
- Geschiere, Peter
(1997) The Modernity of Witchcraft. London
- Levi-Strauss,
C. (orig.1950) Einführung in das Werk von Marcel Mauss. In: Marcel Mauss,
Soziologie und Anthropologie (Bd.1). Ffm 1987
- Marcus, George
E. (ed.) (1992) Rereading Cultural Anthropology. Durham 1992
- Taussig, Michael
(1980a) The Devil & Commodity Fetishism in South America. NYC
- Taussig, Michael
(1980b) Folk Healing and the Strukture of Conquest in Southwest Colombia.
In : Journal of Latin American Lore, 6 (2)
- Taussig, Michael
(1987) Shamanism, Colonialism & the Wild Man. A study in Terror and
Healing. NYC
- Taussig, Michael
(1992) The Nervous System. NYC
- Taussig, Michael,
(dt. 1997) Mimesis und Alterität. Eine eigenwillige Geschichte der Sinne.
Hamburg
- Taussig, Michael,
(1999) Defacement. Public Secrecy and the Labour of the Negative. NYC
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