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Heft 4, 2004 |
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PressemitteilungDoes Religion Matter? Zum Verhältnis von Religion und sozialer Bewegung ? Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, Heft 4/2004 Religion matters. Die aktuelle US-Präsidentschaftswahl hat es erneut gezeigt: Amerika wählte den Präsidenten, der deutlicher als viele seiner Vorgänger im Amt aus seiner starken religiösen Bindung und seinen religiösen Überzeugungen keinen Hehl gemacht hat. Seinen Sieg hat er zu einem wesentlichen Teil dem Mobilisierungserfolg einer religiösen Bewegung, der christlichen Rechten, zu verdanken. Mit der neuesten Ausgabe zum Thema „Does Religion Matter? Zum Verhältnis von Religion und sozialer Bewegung“ will das Forschungsjournals Neue Soziale Bewegungen die Lücke in der Bewegungsforschung hinsichtlich der Beziehung von Religion und sozialen Bewegungen sowie hinsichtlich der Parallelen und Differenzen von religiösen und den klassischen neuen sozialen Bewegungen wie z.B. der Umwelt-, der Frauen-, der Friedens- oder der globalisierungskritischen Bewegung aufzeigen. Insbesondere sollen die strukturellen Bezüge zwischen religiösen und sozialen Bewegungen auch im internationalen Vergleich, analysiert werden. Das Heft gibt einen Einblick in die Rolle religiöser Organisationen für soziale Bewegungen sowie die Vielfalt religiöser Bewegungen und ihre politische Bedeutung in verschiedenen Staaten. Zur aktuellen politischen Situation in Deutschland und der Debatte um das Hartz IV-Gesetz stellen Rucht/Mundo in der Rubrik „Aktuellen Analyse“ des Forschungsjournals ihre neuesten Untersuchungsergebnisse zu den TeilnehmerInnen der Protesten, die sich in den sogenannten Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV Ausdruck verschafften, vor. Das Verhältnis zwischen Politik und neuen religiösen Bewegungen scheint in der Bundesrepublik widersprüchlich zu sein. Die eigens eingesetzte Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags empfahl rechtliche und soziale Reglementierungen, obwohl festgestellt wurde, dass von sog. religiösen Sekten keine ernsthafte Bedrohung ausgehe. Am Beispiel Scientology wendet sich der Religionswissenschaftler Joachim Süss diesem widersprüchlichen Umgang zu. Weiteres aus dem Inhalt: Der Politikwissenschaftler Ulrich Willems geht der Frage nach, warum die Renaissance der Religion als Faktor der gesellschaftlichen und politischen Wirklichkeit in der Bewegungsforschung nicht zu einer angemessenen Erforschung des Verhältnisses von Religion und sozialen Bewegungen geführt hat. Er führt dies darauf zurück, dass Religion ein antimoderner Charakter zugeschrieben wird. Michael Minkenberg, Professor für Politikwissenschaft in Frankfurt Oder, untersucht die christliche Rechte in den USA als politischen Akteur und zeigt, wie diese maßgeblich an dem Wahlerfolg des Republikaners George W. Bush beteiligt war. Marie-Theres Wacker, Professorin für Altes Testament und theologische Frauenforschung, Universität Münster, nimmt kritisch das „Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über die Zusammenarbeit von Mann und Frau in der Kirche und der Welt“ von Joseph Kardinal Ratzinger unter die Lupe. Sie hält es für keinen Zufall, dass das Papier, das auf die Infragestellung der Ordnung von Zweigeschlechtlichkeit durch Strömungen der Geschlechterforschung sowie auf die Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften und die Zulassung von Frauen zum Priesteramt in bekannter konservativer Manier beantwortet, kurz vor der US-Präsidentenwahl erschienen ist. Den politischen Einfluss organisierter religiöser Akteure analysiert Michael Haspel. Der Politikwissenschaftler vergleicht die schwarze Bürgerrechtsbewegung in den USA mit der Bürgerbewegung der DDR. Beide Bewegungen wurden maßgeblich durch nicht-fundamentalistische protestantische Kirchen unterstützt, die den gesellschaftlichen und politischenTransformationsprozess in ihren Ländern voranbrachten. Wenn heutzutage über die Rolle von Religion gesprochen wird, ist das Angstgespenst des islamisches Fundamentalismus meist nicht fern. Dietrich Reetz zeigt jedoch, dass Islamismus mit Fundamentalismus und Gewalt nicht gleich zu setzen sei, sondern Differenzierung geboten ist. Fundamentalismus als ‚politisierte Religion’ zu fassen, greife zu kurz. Der Islamforscher am Zentrum Moderner Orient Berlin plädiert dafür, islamistische Bewegungen stärker anhand ihrer sozialen Aktivitäten wie auch religiösen Motive zu differenzieren. Mit der Rolle von neuen religiösen Bewegungen und deren politischer Einflussnahme beschäftigt sich Iris Wieczorek. Sie wählt für ihre Analyse exemplarisch Japan, da dort das Phänomen neuer religiöser Bewegungen im Vergleich zu den USA und Europa stark ausgeprägt ist: Es existieren über 600 religiöse Gruppierungen, an denen sich bis zu 20% der japanischen Bevölkerung beteiligen. Die wissenschaftliche Referentin am Institut für Asienkunde in Hamburg untersucht, wie sich Aspekte des Wertewandels und der politischen Gelegenheitsstrukturen auf Mobilisierungsaktivitäten religiöser Bewegen auswirken. Weitere Themen der jetzt erschienenen Ausgabe des Forschungsjournals sind das Verhältnis von Religion und sozialer Bewegung am Beispiel der Friedensbewegung sowie zwei Rezensionen zum Thema Religion und Bewegung: ‚Die christliche Rechte in den USA’ und ‚Jesus Freaks – ganz normale Gläubige?’ |