Stellungnahme von pi zu dem Referentenentwurf des bmb+f zur Reform des Hochschuldiensrechts

a) Status

Wir begrüßen die Pläne des BMBF im Hochschulrahmengesetz einen Promovierenden-Stauts einzuführen.

1. Momentan gibt es neben DoktorandInnen, die sich in einem Angestelltenverhältnis an der Universität oder in einer anderen Institution befinden, und sich der Forschung und Lehre widmen, parallel drei unterschiedliche Formen von Promovierenden im Sozialsystem: a) StipendiatInnen, b) externe DoktorandInnen, die entweder aus eigenen Mitteln finanziert oder nebenberuflich promovieren, c) DoktorandInnen, die an Universitäten oder Forschungseinrichtungen beschäftigt sind und deren Aufgabe ausschließlich in der Anfer-tigung ihrer Doktorarbeit besteht.

Letztere zahlen alle Sozialabgaben, einschl. Rentenversicherungsbeiträge, wogegen die StipendiatInnen, formell einen Studierendenstatus besitzend, zwar von den sozialen Ab-gaben befreit sind, aber trotz ihres geringen Einkommens Krankenkassenbeiträge als freiwillig Versicherte zahlen müssen, wenn sie ihr 30. Lebensjahr erreicht haben. Diese Modelle sollen in folgender Art harmonisiert werden:

Die Promovierenden-Initiative plädiert dafür, dass die Promotion möglichst in Beschäfti-gungsverhältnissen erfolgen sollte und schließt sich hier dem Votum der Gewerkschaften DAG, GEW und ÖTV an: »

Wir halten allerdings auch die Stipendienförderung für eine gute und im Einzellfall sogar bessere Alternative. Beide Gruppen sollten sozialrechtlich allerdings gleichgestellt werden.

Die Bezüge der Promovierenden, die nicht zum Teil für eventuelle Arbeitgeber an der Universität (oder bei anderen Forschungsträgern) vertraglich vereinbarte Tätigkeiten er-füllen müssen, sollten an die schon existierender reiner Promotionsstellen angepasst werden, d.h. sie betragen ca. 2400 DM. Aus dieser Summe sind alle üblichen sozialen Abgaben, Arbeitslosenversicherungs- und Rentenversicherungs- sowie Krankenversiche-rungsbeiträge zu leisten. Nach Abzug aller dieser Beträge soll die/der Promovierende etwa so viel Geld zur Verfügung haben, wie sie/er augenblicklich durch ein Stipendium bekommt. In Zeiten des Rückgangs der gesetzlichen Rentenleistungen ist ein früherer Einstieg der hochqualifizierten Nachwuchswissenschaftler in das System der sozialen Absicherung notwendig.


2. Es soll keine Unterschiede zwischen den Bezügen ausländischer und deutscher Pro-movierender geben. Beim Verlassen des Landes unterliegen die ausländischen Promo-vierenden den bilateralen Regelungen, die bezüglich der Sozialversicherung zwischen dem jeweiligen Herkunftsland und Deutschland geschlossen wurden. Hierzu muss eine bessere Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen dem BMBF und dem Auswärtigen Amt erreicht werden.


3. Es gibt bisher keinen bundesweit gültigen Status DoktorandIn. An ihren Universitäten werden die DoktorandInnen bisher als StudentInnen mit dem Studienziel Promotion geführt. Oft kommt es deshalb zu einer Benachteiligung von Promovierenden, die beispielsweise an ihrem Wohnort oder an einem anderen Hochschulort Instituts- oder Universitätsbibliotheken nicht benutzen dürfen, weil sie dort nicht eingeschrieben sind. Besonders akut ist dieses Problem, wenn der Hochschulort der/des DoktrandIn nicht mit dem seines/ihrer BetreuerIn übereinstimmt. Dabei ist es gerade für die selbstständig an anspruchsvollen Forschungsaufgaben arbeitenden DoktorandInnen besonders wichtig, uneingeschränkten Zutritt zu allen Bibliotheks- und Archivbeständen zu haben, z. B. wenn es sich um seltene Handschriften, Drucke oder Akten handelt. Deshalb soll eine spezielle, bundesweit anerkannte Bezeichnung für solche Personen gefunden werden, z. B. »Pro-movierende(r)«, die signalisiert, dass der/die Betreffende NachwuchswissenschaftlerIn ist, die bundesweit Hochschuleinrichtungen benutzen darf.


4. Promovierende sind keine »Langzeitstudenten«, auch wenn ihre Hochschulsemester-zahl recht hoch ist. Die an den Universitäten praktizierte Fortführung der Zählung der Hochschulsemester nach dem Diplom/Magisterabschluss im Falle der Promotion ist unge-rechtfertigt und bringt den DoktorandInnen Nachteile. So müssen z. B. viele Promovieren-den erhöhte Semestergebühren zahlen, obwohl sie mit ihrer Doktorarbeit einen völlig neuen Abschnitt ihres Hochschullebens begonnen haben. Die Zeit der Promotion soll nicht als Fortsetzung eines bereits regulär und erfolgreich abgeschlossenen Studiums gesehen werden, das an sich ja schon als berufsbefähigender Abschluss gilt.

Eine zeitliche Begrenzung der Promotionszeit von außen ist überflüssig, da sie sich schon von selbst aus der Logik des Forschungsprozesses ergibt. Dieser fordert aus sich heraus eine sinnvolle Dauer und wird durch die/den BetreuerIn der/des Promovierenden kontrol-liert, wobei diese Betreuung allerdings intensiviert werden sollte. Zur Unterstützung des/der HochschullehrerIn, gerade in Hinblick auf augenblicklich stattfindende Ranking-Versuche, ist eine Aufwertung ihrer/seiner DoktorandInnenbetreuungsaufgaben neben den Forschung und Lehre notwendig, da diese wertvoll und zeitaufwendig sind.

Die Begabtenförderungswerke setzen, wie bisher, einen zeitlichen Rahmen für die von ihnen gewährte Förderungszeit für die von ihnen finanzierten Promotionsverfahren. Wenn alle Promovierenden Arbeitslosenversicherung zahlen, besteht für Stipendiaten, die die von ihren Förderungswerken gesetzte Frist aus verschiedenen Gründen nicht einhalten konnten, die Möglichkeit, ihre Arbeit schneller in einem sozial gesicherteren Rahmen ab-zuschließen, als in der heutigen Situation. So wird die Abbrecherquote verringert. Den DoktorandInnen, die in der Regelzeit oder kurz danach ihr Promotionsverfahren abschlie-ßen, ermöglichen ihre eingezahlten Sozialversicherungsbeiträge, die Zeit bis zum Finden einer Stelle zu überbrücken.


b) Zeit- und Altersbeschänkungen

Die Phase der Promotion kann sowohl den Einstieg in die Wissenschaft, die Qualifizierung für eine Beschäftigung außerhalb der Wissenschaft als auch eine persönliche Ent-wicklungszeit darstellen.


Altersgrenzen

Restriktive Altersgrenzen wie das Konzept des BMBF sie vorsieht, lehnen wir ab, da sie Quereinstiege, zum Beispiel über den Zweiten Bildungsweg, unmöglich machen. Wissen-schaft gewinnt durch die Beiträge von Personen, die über ihren akademischen Tellerrand hinaus Erfahrungen sammeln konnten. Da Wissenschaft immer auch Spiegel der Gesell-schaft ist, sollten alle zur Verfügung stehenden Ressourcen genutzt werden. Auch Perso-nen mit "ungeraden" Biographien, und hier handelt es sich besonders häufig um Frauen, leisten wichtige Beiträge für die Wissenschaft.

In den von den Hochschulen zu entwickelnden Normen zur Promotion sind - analog zu entsprechenden Regelungen in den Studienordnungen - Nachteilsausgleiche für Behin-derte zu verankern.


Promotion als Einstieg in die Wissenschaft

Wenn die Promotion der Einstieg in die wissenschaftliche Laufbahn ist, dann sollte früh-zeitig eine Einbindung in die akademische Lehre erfolgen. Hierfür müssen die Vorausset-zungen an der Universität in organisatorischer und finanzieller Hinsicht geschaffen wer-den. Dazu gehört auch, dass pädagogische Kompetenzen vermittelt werden müssen.


Promotionsdauer

Wir begrüßen den Vorschlag des BMBF, dass eine Promotion in drei Jahren beendet werden können sollte. Die Hochschulen müssen Strukturen schaffen, die dies ermöglichen. Dabei sollten nicht nur Kriterien der Haushaltslage, sondern auch fachimmanente Gegebenheiten berücksichtigt werden.


c) Betreuungsverhältnis

Wir begrüßen die Absicht des BMBF, die Betreuungssituation der DoktorandInnen an den Hochschulen zu verbessern und darauf hinzuwirken, dass die dafür notwendigen Mittel bereit gestellt und entsprechende Normen geschaffen werden.

Dabei müssen DoktorandInnen allerdings weiterhin die Möglichkeit behalten, aus einer Mehrzahl alternativer Wege zur Promotion entsprechend ihren fachlichen, thematischen und übrigen Bedürfnissen auszuwählen. Einen Königsweg zur Promotion kann es nicht geben. Daher kann kein Modell - auch nicht das Promotionsstudium oder Promotionskollegs - zur alternativlosen Regel gemacht werden. Alternative Modelle sind zu entwickeln und zu testen. Sie müssen daran orientiert sein, die selbständige wissenschaftliche Arbeit zu unterstützen und dürfen diese nicht restriktiv lenken.


d) Interessenvertretung von PromovendInnen

Der bisherige Prozess der Ausarbeitung der Überlegungen zur Reform des Hochschul-dienstrechts und der damit verbundenen Überlegungen zu einer Neugestaltung der Pro-motionsphase an deutschen Universitäten bricht das sozialdemokratische Bildungsmini-sterium mit einer Praxis sozialdemokratischer Reform-Politik, die bis weit in die 1970er hinein ein Prinzip war: Der Einbeziehung der Betroffenen und ihrer Interessenvertretungen in Planung und Umsetzung politischer Reformvorhaben.

Die Promovierenden-Initiative fordert, dass Promovierende im weiteren Verlauf dieses Reform-Prozesses an der Entscheidungsfindung beteiligt werden.


Für den Bereich der Hochschulen erfordert die Einrichtung eines eigenen Promovieren-denstatus', dass geklärt wird, welcher Gruppe die Promovierenden zugeordnet werden. Wir plädieren für eine Zuordnung zum Mittelbau.