internet und politik
 
 
the medium is the message, isn't it?

internethype: demokratie und (globale) kommunikation, vormals leere worthülsen, nicht mehr als ein versprechen, jetzt endlich konvergenz von versprechen und realität.

entlang der brecht'schen medientheorie wäre tatsächlich so etwas wie eine mediale möglichkeit des "besseren" erreicht: brecht's theorie, vor ca. 70 jahren auf das radio angewandt, argumentierte auf der basis des sender-empfänger-modells von kommunikation. ganz im sozialistischen sinne, sei das problem des mediums nur jenes, daß es der gleichen kapitalistischen hierarchie anheimgefallen war, die die produktionsmittel in der hand ein paar weniger, dickbäuchiger und zigarre-qualmender (brecht und fidel übrigens auch) bourgeois vereinte. des problems simpler lösung bestand für brecht in der aufbrechung dieser struktur: hätte jedeR nicht nur einen "volksempfänger", sondern auch gleich den kommunikationsermöglichenden "volkssender", wäre der traum von einer "herrschaftsfreien" kommunikation ausgeträumt und wirklichkeit geworden.

was brecht und nachfolgende theoretikerInnen (Enzensberger, 68) nicht bedachten und auch heute erst sehr langsam, wenn überhaupt in die köpfe der internetapologeten tröpfelt, ist eigentlich fast schon genauso alt wie die medien theorie des brecht: seit saussure und mit ihm der scheidung der sprache bzw. des wortes in signifikat und signifikanten ist allerdings offensichtlich, daß sprache, als grundlegendes medium der gesellschaft ebenso den hegemonialen codes unterworfen ist, d. h. sprechen im herrschaftsfreien raum unmöglich ist. es ist also müßig, die inhalte des mediums zu revolutionieren, wenn die form desselben unangetastet bleibt.

ende der siebziger jahre versucht jean baudrillard erneut, die reaktionäre form der medien aufzuzeigen: medien (print, radio, tv, ...) lassen dem empfänger keine möglichkeit der adäquaten antwort; baudrillard erkennt den herkömmlichen medien, als bloßen "distributionsmedien" jegliche form der reziproken antwort ab. was landläufig als antwort bezeichnet wird, ist baudrillard zufolge nur eine der sendung schon implizite antwort, ein vorgefertigtes reaktionsschema, welches absolut nicht mit der, "wirklicher" kommunikation immanenter ver-antwortung im Sinne eines reziproken tausches konvergent ist. ein-, ausschalten, ja- oder nein-sagen, ted, wunschprogramm, ruf-doch-an-talk, keine möglichkeit bricht mit der multiplechoice-matrix des herkömmlichen reaktionsschemas, sondern ist geradezu konstituives element der medialen wirklichkeit. der unterschied zwischen "simulierter" antwort und kommunikation wird deutlicher, wenn man kommunikation als tauschakt begreift. verständnishilfe bietet die konstruktion des potlaches, eines machtvergleichrituals indianischer stämme; durch ostentative veräußerung wurde die hierarchie festgelegt; "...die macht gehört demjenigen, der zu geben vermag und dem nicht zurückgegeben werden kann."

was heißt das für das (auch nicht mehr so richtig) neue internet? handelt es sich beim internet um ein gänzlich neues medium, das aus dem kapitalistischen verwertungszyklus ausbrechen kann, bzw. in diesen aufgrund seiner gänzlich anderen form nie inne ward? e-commerce, interaktiv-video-peep-show, null und gar nix-chat schieben sich über die anfangs aufgetanen möglichkeiten von news-groups, vernetzung mit emanzipativen ansprüchen: der kurze sommer der anarchie im internet scheint der alles ereilenden kapitalistischen verwertungslogik anheimgefallen.

"es gibt kein richtiges im falschen" (donald duck)