Personalien

Prof. Dr.Franz K. LIST anläßlich seines 65. Geburtstags

Der jüngste Einsatz von Prof. Franz K. List war ein Explorationsprojekt im Regenwald Äquatorial-Guineas, wo er mit Laptop, GIS und Differential GPS vor Ort die Geländedaten aufnahm, um sie mit Radaraufnahmen zu verarbeiten. Dieses Projekt zeigt, daß der Jubilar den 65. Geburtstag bei bester Gesundheit und mit unverminderter wissenschaftlicher Aktivität begehen konnte.

Bevor List jedoch zur Fernerkundung stieß, lag ein Weg hinter ihm, der zunächst in eine andere Richtung führte. In seiner Dissertation, die Prof. Georg Fischer am Institut für Gesteinskunde an der Universität München betreute, beschäftigte er sich mit "Granitisation im Grundgebirge des südlichen Bayerischen Waldes". Die Beschäftigung mit petrologischen Problemen wurde bei einer Expedition in das Mount Everest Gebiet fortgeführt. Hier im Himalaya wäre die Karriere unseres Jubilars fast vorzeitig zuende gewesen: Eine Gelbsucht warf ihn um und nur mit letzter Kraft schaffte er den Abstieg aus dem Basislager.

Mit Eintritt in die Firma Aero-Exploration, Frankfurt/Main, tritt die Fernerkundung ins Leben des Jubilars: zunächst Explorationsarbeiten in Spanien, dann ein FAO-Projekt in Mexiko. Hier war Organisationstalent gefragt: Von der Flugvorbereitung, der Auswahl der Aufnahmegeräte und des Filmmaterials bis hin zur kartographischen Gestaltung der Auswerteergebnisse lag alles in seiner Hand. Die umfassende Kenntnis dieses Prozesses hat List damals erworben und immer aktuell gehalten.

1964 kam List an die Freie Universität Berlin, wo er sich mit einer Untersuchung über den Zusammenhang von Lagerstättenvorkommen mit den Pietra-Verde-Vulkaniten für das Fach Geologie habilitierte. Zur selben Zeit baute er die Fernerkundung am Institut auf. Schaut man sich seine Publikationen aus dieser Zeit an, so stehen zwei Fragen im Mittelpunkt: 1. Wie kann man aus der 2D-Information eines Luftbildes mit seinen spezifischen Abbildungs-Eigenschaften geologische Information extrahieren, die ihrem Wesen nach 3D-Information darstellt und 2. Wo liegen die Stärken und Grenzen der Fernerkundungsmethoden?

Da die Fernerkundungsdaten nur ein Bild der Erdoberfläche liefern, muß man indirekte Methoden anwenden, um Informationen über tiefer greifende geologische Strukturen zu erhalten. List setzte quantitative Methoden ein, um die Kontrolle von Flußnetzen durch Klüftung oder Faltung zu beschreiben. Die Publikationen dieser Frühzeit enthalten zahlreiche Diagramme, Tabellen und Regressionskurven, die dem Geologen und Luftbild-Interpreten helfen, Hinweise auf Gesteinsart, die zeitliche Entwicklung von Störungssystemen oder Entwässerungsnetzen zu erhalten. Diese Untersuchungen dokumentieren den Beitrag des Jubilars zur quantitativen Orientierung der Geologie in diesen Jahren.

Die praktischen Erfahrungen und das Organisationstalent von List qualifizierten ihn für Aufbau eines Instituts für Angewandte Geologie in Bolivien. Drei Jahre war er in La Paz mit der Aufgabe beschäftigt, eine funktionstüchtige Fernerkundung aufzubauen und die Entwicklung der Lagerstättenforschung und Ingenieurgeologie in Bolivien voranzutreiben. Die zahlreichen geologischen und geomorphologischen Forschungsarbeiten im Umkreis der FU-Forschungsstation Bardai im Tibestigebirge boten ein ideales Experimentierfeld, und List konnte als Prinzipal Investigator mit einem geologischen Projekt den Informationsgewinn der neuen ERTS-Satellitenaufnahmen im Vergleich zu Luftbildern untersuchen. Es war klar, daß die Fernerkundung und digitale Bildverarbeitung nun eine zentrale Rolle spielen würde und das Institut erhielt entsprechende finanzielle Unterstützung, um eine eigene, moderne Satellitenbildverarbeitung aufzubauen.

Die frühen petrographischen und lagerstättenkundlichen Erfahrungen des Jubilars führten ihn zu einer "ganzheitlichen" geologischen Fernerkundung, d.h., durch die Kombination von digitaler Bildverbesserung und visueller Interpretation des optimierten Bildmaterials sowie durch gezielte Geländekontrolle konsistente geologische Karten herzustellen. In mehreren Dissertationen ließ er das spektrale Verhalten von Gesteinsoberflächen untersuchen, angefangen vom Dünnschliff über Labormessungen am Handstück und Flugzeug-Scanneraufnahmen bis zu den verschiedenen Satellitenaufnahmen.

Zum Teil mußten für diese Forschungsprojekte eigene Geräte entwickelt werden, die entsprechend seinen Vorgaben gebaut und mit Erfolg eingesetzt wurden. Der Einsatz von moderner digitaler Technik, klassischer Bildinterpretation und Geländekontrolle in Verbindung mit dem Organisationstalent von Franz List waren die Voraussetzung, um in wenigen Jahren in Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern des SFB69 "Geowissenschaftliche Probleme in ariden und semiariden Gebieten" und mit Unterstützung der Fa. Conoco ein geologisches Kartenwerk im Maßstab 1:500 000 von ganz Ägypten und angrenzender Gebiete zu schaffen, das einmalig ist. Es ist seiner ruhigen, beharrlichen Diplomatie zu danken, daß die Produktion dieses Kartenwerks von den beteiligten Wissenschaftlern der FU, der TU und der TFH als ein echtes Gemeinschaftsprojekt betrachtet wurde, zu dem jeder seinen Beitrag liefern mußte. Seine Integrationskraft wird durch die Tatsache unterstrichen, daß der SFB69 List von 1981 bis 1996 zum Stellvertretenden Sprecher wählte.

Die Notwendigkeit, das gelieferte Bild- und Beobachtungsmaterial geo-referenziert zusammenzufassen, um verbesserte Interpretationsmöglichkeiten zu erhalten, führte ihn schon frühzeitig dazu, Geoinformationssysteme einzusetzen und diese neue Technik auch in der Lehre zu vermitteln. Dieser Aufgabe hat sich Franz List in den letzten Jahren verstärkt zugewendet. Die Beschaffung neuer Rechner und neuer Software ermöglichen uns heute, die Studenten optimal auf ihren Beruf vorzubereiten. Internationale Kurse auf dem Gebiet der Fernerkundung und GIS sowie die zahlreichen Einladungen zu Vorträgen und gemeinsamen Projekten zeugen von der Wertschätzung, die seine Arbeit im In- und Ausland erfahren hat. Als Vizepräsident (1988-1992) und als Präsident der DGPF von 1992 bis 1996 hat er sich besonders um die Neuorganisation der Zeitschrift Gesellschaft gekümmert in deren Schriftleitung er noch tätig ist.

Mit dem Ausscheiden des Jubilars aus dem aktiven Dienst verläßt die FU ein All-Round-Wissenschaftler auf dem Gebiet der Fernerkundung, der die gesamte Palette der Techniken und Methoden nicht nur theoretisch sondern ganz handfest praktisch beherrscht - von der Schlitztriangulation über die Luftbildkartierung bis zur Programmierung von digitalen Filtern und computergestützten Kartenherstellung. In der geologischen Fernerkundung ist er wohl der Letzte seiner Art. Die Breite seiner Interessen und Forschungsarbeiten zeigt sich in den 75 Publikationen, die er allein und in Zusammmenarbeit mit Kollegen erarbeitet hat. Daneben sind es vor allem weit über 100 thematische Karten von Ägypten, Sudan, Mali, Tschad bis Berlin-Brandenburg, die der nächsten und möglicherweise übernächsten Generation von Geowissenschaftlern seinen Namen vergegenwärtigen. So ist es verständlich, daß nicht nur die Mitglieder des Fachbereichs Geowissenschaften an der FU-Berlin auf seine Erfahrung und sein Rat nicht verzichten möchten und hoffen, daß er uns noch möglichst lange zur Verfügung steht.

 

Heinz Burger, Berlin