Innerhalb der Philosophie bilden die analytische Philosophie der Geistes, Sprachphilosophie, Erkenntnistheorie und Wissenschaftstheorie meine Interessenschwerpunkte. In der Sprachwissenschaft stehen Syntax, formale Semantik und vor allem linguistische Pragmatik im Zentrum meiner Arbeit.
(Stand: 24.01.2005) In meinem Promotionsvorhaben beschäftige ich mit der Schnittstelle zwischen Syntax und Lexikon einerseits und Semantik andererseits. Zu den Aufgaben der Vermittlung zwischen diesen beiden Ebenen gehören insbesondere Phänomene, die der linguistischen Pragmatik zugerechnet werden. Der sich an die Sprachwahrnehmung anschließende kognitive Bereich (bzw. der der Sprachproduktion vorgelagerte Bereich) der Semantik ist wiederum Teil eines umfassenderen Systems, das für praktisches und theoretisches Denken verantwortlich ist. Dieses System nenne ich in Anlehnung an Chomsky konzeptuell-intentionales System.
Nach meinem Dafürhalten ist es für eine Modellierung der fraglichen Schnittstelle geboten, sich auch mit der Natur und den spezifischen Leistungen dieses »zentralen« kognitiven Systems auseinanderzusetzen. Denn nur dann kann ich zu begreifen beginnen, welche Leistungen in die Umsetzung von eingehenden sprachlichen Botschaften in interpretierte »Bedeutungen« einfließen. Umgekehrt trägt eine eingehende Analyse sprachlicher Strukturen und in ihnen kodierter Relationen dazu bei, sich ein Bild darüber zu verschaffen, welche Dimensionen und Relationen im menschlichen Denken eine Rolle spielen und welche Operationen von dem System umgesetzt werden.
Mein Versuch einer Modellierung der kognitiven Schnittstelle zwischen Sprache und Denken ist in eine aktuelle Diskussion im Gebiet der Philosophie des Geistes eingebettet. Sie dreht sich um den Status mentaler Zustände oder Repräsentationen. An einem Extrem des Spektrums unterschiedlicher Positionen werden sie als kausal wirksame physikalische Eigenschaften angesehen, an einem anderen als illusionäre Konstrukte. Wichtiger als die ontologische Frage ist in diesem Zusammenhang, wer oder was als der eigentliche Träger von Repräsentationen angesehen wird: Sind es lautsprachliche (und schriftliche) Zeichenketten, eingebettet in kommunikative Vorgänge und angewiesen auf Interpretation ebenso wie auf Bedeutungskonventionen? Oder sind es Gedanken der Subjekte, die vor aller Kommunikation und diesseits von sprachlichen Konventionen einen definiten Inhalt haben. Kognitionswissenschaftliche Modelle gehen üblicherweise von der zweiten Annahme aus.
In meiner Arbeit zur Natur der so genannten Alltagspsychologie hatte ich für den Fall von Meinungen (beliefs) aufgezeigt, inwiefern diese Annahme problematisch ist. Ich ziehe daraus die Konsequenz, dass es für das Modell, das ich entwickeln möchte, methodologisch vorzuziehen ist, auf das Konzept der mentalen Repräsentation als einen explanatorischen Elementarbegriff zu verzichten. Stattdessen soll das, was dieser Begriff zu fassen sucht, in kleinteiligeren Konzepten mentaler Prozesse und Operationen aufgehen. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Interface zur Sprache wird es auch um die Frage nach der Beziehung zwischen diesen mentalen Prozessen – dem modellspezifischen Korrelat der sonst postulierten mentalen Repräsentationen – und sozial konstituierten Bedeutungen gehen. Dabei wird der Versuch unternommen, die Kluft zwischen internalistischen Kognitionstheorien und externalistischen Bedeutungstheorien zu überwinden.
Ich skizziere jetzt kurz, in welchen Schritten ich im Weiteren vorgehen werde. Zuerst möchte ich mich Argumenten zuwenden, die dafür sprechen, Sprache und Denken nicht miteinander zu identifizieren. Die Argumente haben das Ziel zu zeigen, dass die Manipulation sprachlicher Symbole nicht dasselbe wie Denkprozesse darstellen können – etwa indem Denken als internalisierter Mono- oder Dialog konzipiert wird. Vielmehr müsse eine eigene (mentale) Repräsentationsebene angenommen werden. Dabei wird die angemessene mentale Repräsentation (der Gedanke), die von einer Äußerung ausgedrückt wird, durch die äußerlich erkennbaren Eigenschaften (konventionelle Bedeutungen und syntaktische Strukturen) unterbestimmt. Diese These und Argumente, die sie stützen, sind ein zentraler Bestandteil der Relevanztheorie, wie sie von Sperber und Wilson begründet wurde. Ich werde zeigen, dass ihre Argumente keineswegs eine starke Unabhängigkeit mentaler Inhalte von Sprache und Kommunikation implizieren. An den übrigen Beobachtungen und Erklärungsmodellen, die die Relevanztheoretiker anbieten, werde ich weitgehend festhalten.
Als nächstes nehme ich die Aufgabe in Angriff, nach Konzepten zu suchen, die die Erklärungsfunktion des Begriffs der Repräsentation zu übernehmen geeignet sind, und zwar sowohl auf der externen, sprachlich-kommunikativen als auch auf der internen, mentalen Seite. Hierfür ziehe ich Robert Brandoms Theorie des diskursiven scorekeeping und seinen semantischen Inferenzialismus heran. Seine Theorie scheint mir geeignet, Zusammenhänge zwischen sozialen und kommunikativen Funktionen von Sprache und kognitiven Leistungen, die dafür beansprucht werden, neu zu denken.
Anschließend möchte ich mich diskurslinguistischen Phänomenen zuwenden, wie sie u.a. in Hans Kamps Diskursrepräsentationstheorie (DRT) analysiert und formalisiert werden. So kann der zuvor entwickelte Kern meines Kognitionsmodells erweitert werden, um diese Aspekte mit zu erfassen. Es wird sich zeigen, dass einige Aspekte der grundlegenden dynamischen Semantik dieser Theorie auch in Brandoms Konzeption angelegt sind, allerdings in weniger großem Detail als bei der DRT.
Derzeit ist noch offen, inwieweit und in welchem Umfang ich auch die kognitive Funktion von Emotionen in meine Arbeit einbeziehen werde. Dies hängt davon ab, ob diese Dimension für die Modellierung der Schnittstelle Sprache-Denken wichtig ist.
Langfassung/Einleitungskapitel