Michael Machatschek: Laubgeschichten. Gebrauchswissen einer alten
Baumwirtschaft, Speise- und Futterlaubkultur ° Böhlau Verlag
2002 ° ISBN 3-205-99295-4 ° B-WD2-84

Gut das es die Unbeirrbaren gibt. Obwohl ich mich seit zehn Jahren auf jedes Buch stürze, das zum Thema „Baum" erscheint, war ich wirklich überrascht. Im Normalfall gibt es einen allbekannten Quellenfundus, aus dem sich die Autoren bedienen. Beim Leser kommt es dann zu einem Sättigungseffekt, da sich die Informationen irgendwann wiederholen. Bei Michael Machatschek verhält es sich ganz anders. Er beeindruckt durch eine Fülle wirklich origineller Quellen und es wird offenkundig, der Mann hat sich wirklich mit den Bauern und Waldläufern unterhalten. Das gesammelte Wissen wird nicht als historischer Fundus in der Vitrine ausgestellt, sondern er will alte Kenntnisse,
die verlorenzugehen drohen, für die heutige Baumnutzung ertüchtigen. Was fällt uns heute noch unter „Baumnutzung" ein? Dass man eine Schaukel dran anbringen kann vielleicht und im Herbst mit den Früchten basteln. Doch die bäuerliche Hof- und Landwirtschaft vergangener Zeiten nutzte verschiedenste Laub- und Nadelbäume zielgerichtet und differenziert - das Spektrum reicht von der Baum-nutzung für die Tierhaltung (Laub als Einstreu, Laub, Reisig und Früchte als Futter) über die Verwendung von Laub als Dünger, die Sicherung von rutsch- und erosionsgefährdeten Weidehängen durch Baumpflanzungen bis zu den Speisepotenzialen unserer einheimischen Laubbäume (Laub für Salate, Liköre und als Medizin, Rinde für Kaffee und Brotmehle usf.). Hoch spezialisiert und trotzdem regel-recht spannend zu lesen ist das von Machatschek auf 500 Seiten angesammelte Wissen. Er stellt die gängigen schnaitelbaren Gehölz-arten („schnaiteln" = periodisch wiederkehrendes Schneiden der Bäume zur Gewinnung von Reisig, Laub, Brennholz) und die dazu notwendigen Werkzeuge vor, gibt genaue Antworten auf Fragen nach der richtigen Baumpflege und zeigt die Verwendungsmöglichkeiten der Blatternte. Ob es um effektive Düngergewinnung, Nährstoffgehalte oder die richtige Lagerung der Ernte geht – er weiß Bescheid und breitet das in jahrelangen Wanderungen, Studien und praktischer Arbeit erworbene Wissen systematisch und durch viele Photos
ergänzt für uns aus. Das Buch, ist wunderbar angewandte Kulturgeschichte.
Holger Seidemann

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