Studentische Studienberatung

Zuallererst muß man das Lernen erlernen


Als Saskia Graether vor dreieinhalb Jahren aus einer schwäbischen Kleinstadt nach Berlin kam, um an der FU Medizin zu studieren, lief sie erst einmal zwei Semester orientierungslos durch die Stadt: "Ich war froh, wenn ich mich an jemanden wenden konnte, und sei es nur, um eine Adresse oder Telefonnummer zu erfahren." Für viele ist ein Schock: Die alten Schulfreunde läßt man zurück und zieht in eine fremde Stadt. Das ist aufregend und zugleich beängstigend. Es bedeutet zunächst, in einem Labyrinth herumzuirren, daß sich Universität nennt und sich durch einen Dschungel von Lehrangeboten zu kämpfen. Die Arbeit muß nun selbständig organisiert, ein Stundenplan zusammengestellt, eine Wohnung und neue Freunde gefunden werden. Und nicht selten steht der Studienanfänger ratlos vor diesem Berg von Herausforderungen, den es zu bewältigen gilt. Also macht man sich auf die Suche nach jemanden, der einem erklärt, was hier eigentlich vor sich geht.


Beliebter Treffpunkt der Studierenden ist das Studentencafé im Erdgeschoß des Kllinikums. Die studentische Studienberatung für Absolventen des klinischen Studienabschnitts ist dem Café direkt angeschlossen.

Diese Erfahrungen waren für Saskia Graether der Grund, warum sie sich vor einem Jahr um die Tutorenstelle in der Studentischen Studienberatung im Fachbereich Humanmedizin im Universitätsklinikum Benjamin Franklin beworben hat. Sie ist für Studenten zuständig, die bereits das Physikum hinter sich gebracht haben und die klinischen Semester besuchen. Daher hat sie es vor allem mit fachspezifischen Fragen zu tun: Wo können die zweimonatigen Pflegepraktika oder viermonatigen Famulaturen absolviert werden. Wie ist die Adresse des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes? Welche ausländischen Kliniken nehmen deutsche Studenten auf?

In dem kleinen Zimmer, gleich hinter der Cafeteria in der Südhalle des Franklin-Klinikums, dessen Tür auch häufig offensteht, wenn gerade keine Sprechstunde ist, sind dicke Aktenordner aufgereiht, in denen Erfahrungsberichte von Kommilitonen gesammelt werden. "So kann sich jeder erst einmal informieren, was ihn in seinem Wunschland erwartet", sagt Saskia Graether. Eigentlich müssen Studenten, die in anderen europäischen oder auch außereuropäischen Ländern ein Praktikum machen wollen, dies selbst organisieren sowie die Kosten für Unterkunft und Reise tragen. Doch hier erfährt man, daß der Deutsche Famulantenaustausch (DFA) Zuschüsse verteilt und für die Bewerber sogar eine entsprechende Klinik sucht. Voraussetzungen sind natürlich, die Bewerbungsfristen einzuhalten und beim Auswahlverfahren ein wenig Glück zu haben. Der Weg dahin ist gar nicht weit, denn mit der Zweigstelle des DFA, dessen Hauptsitz in Bonn ist sowie mit einer Vertreterin des Erasmus-Sokrates-Programm teilt sich Saskia Graether den Raum.

Die 29 Jahre alte Medizinstudentin Carola Jänsch berät in der Arnimallee 22 vorwiegend Studenten in der Vorklinik. Studienanfänger beschäftigen grundlegendere Probleme: "Zu mir kommen aufgeregte Erstsemester und wollen wissen, welche Kurse sie belegen müssen, wie sie ihr Lernpensum am besten bewältigen können und wie oft sie Klausuren wiederholen dürfen?", sagt Carola Jänsch. "Von der Schule direkt ins Medizinstudium zu gehen, bedeutet eine ziemliche Umstellung", sagt sie. "Wir müssen in kürzester Zeit viel Stoff auswendig lernen und es ad hoc parat haben." Dafür müsse man sehr fleißig sein und für sein Ziel die Freizeit oft genug hinten anstellen.

Das heißt: zuallererst muß man das Lernen erlernen. Die Studienberaterin hilft den Wochenstundenplans zu erstellen und gibt Tips zu Fächerkombinationen. "Länger als sechs bis acht Stunden sollte man nicht arbeiten", sagt Carola Jänsch. Mehr könne man nicht aufnehmen. Sie hilft auch bei Lernstörungen, mit denen viele Studenten zu kämpfen haben, die schon einmal durch das Vorexamen gerasselt sind.

"Mit Angst lernt es sich schlecht", sagt sie. "Es gibt Studenten, die können keine zehn Minuten am Schreibtisch sitzen, dann springen sie wieder auf." Von Tag zu Tag sollte sich die Lernzeit steigern. Ihr Rat: Einen Wecker stellen, erst fünf Minuten durchhalten - dann zehn Minuten, 15 Minuten und so weiter. "Und hinterher sollte man sich jedes Mal belohnen." Wenn es aber mit kleinen Hilfestellungen nicht getan ist, verweist sie die Betroffenen weiter an die Psychologische Beratungsstelle in der Brümmerstraße.

Carola Jänsch sieht ihre Aufgabe auch darin, Ängste zu nehmen. Dreimal darf man das Vorexamen wiederholen. Dann ist zwar Schluß, aber es muß nicht gleich das Ende bedeuten. Es gebe die Möglichkeit, sich in Wien an der medizinischen Fakultät anzumelden, in Ungarn existiere eine deutsche Uni und schließlich könne man noch das Fach wechseln, beispielsweise in die Zahnmedizin, zählt sie auf. "Vor allem will ich mit diesen Informationen denen, die schon ein- oder zweimal durch die Prüfung gefallen sind, Hoffnung geben." Bei all dem Streß dürfe man das soziale Leben nicht völlig vernachlässigen, rät sie, man sollte trotzdem mal mit Freunden ins Kino gehen und entspannen. Studierenden, die fremd in der Stadt sind, sagt Carola Jänsch auch, wo sie abends weggehen oder gut einkaufen können. "Die Massenuni macht einigen Angst", sagt sie. Aber die Studienberaterin macht Mut: Auch wenn viele glauben, hier würden sie niemals jemanden kennenlernen, zeige sich doch nach der Orientierungswoche, in der Studienanfänger unter anderem in kleine Lerngruppen eingeteilt werden, daß sich bald die ersten Freundschaften herausbilden.

Beate Heine

Studentische Studienfachberatung im Universitätsklinikum Benjamin Franklin (klinische Semester): dienstags und donnerstags, jeweils 12 bis 14 Uhr; telefonische Terminabsprache unter 8445-3567. In der Arnimallee 22 (vorklinische Semester), mittwochs von 9 bis 12 Uhr, Tel. 838-2835.


Ihre Meinung:



[vorherige Seite] [Inhalt] [nächste
 Seite]