Wissenschaftswoche

Rund 200 streikende Studierende, wissenschaftliche Repräsentanten der Freien Universität und Wissenschaftssenator Peter Radunski folgten bei der Festveranstaltung der achten Wissenschaftswoche am 4. Dezember dem Gastvortrag des amerikanischen Hochdruckforschers Prof. Howard J. Jacob. Zuvor hatte Dekan Martin Paul dem Protest der Studierenden den Wind aus den Segeln genommen und ihnen eine Diskussion mit Radunski nach der offiziellen Veranstaltung angeboten.

Hochdruckforschung und Hochschulpolitik


Prof. Howard H. Jacob ist Associate Professor am Medical College of Wisconsin. Er leitet eines der größten amerikanischen Forschungsprogramme zur Genetik des Bluthochdrucks. "Molekular Genetics of Hypertension: Predicting the Risk of Organ Disease" titelte Jacob seinen Festvortrag. Er sprach damit das Ziel seiner Untersuchungen an: die Risikoabschätzung von Endorganschäden bei Hochdruckkrankheit anhand des genetischen Profils.

Warum leben manche Hypertoniker ohne jede Behandlung ein langes Leben? Warum kommt es bei anderen trotz Behandlung zu Organschäden, zum Beispiel am Herzen und im besonderen an der Niere? Welche Störung zuerst aufkommt, ist bisher schwer zu entscheiden: erst der Nierenschaden und dann der Hochdruck oder umgekehrt? Die Niere ist dabei nicht nur Opfer des gefährlichen Überdruckes in den feinen Filtergefäßen, sondern regelt - über Hormone, Salz- und Wasserhaushalt - selbst den Blutdruck mit.


Prof. Howard Jacob von der University of Wisconsin leitet eines der größten amerikanischen Forschungsprogramme zur Genetik des Bluthochdrucks.

Um diesen Rätseln auf die Spur kommen, stellte der Biologe und Pharmakologe Jacob eine Studienpopulation von 60.000 dialysepflichtigen Patienten in den USA zusammen, die sowohl an Hypertonie als auch an Niereninsuffizienz leiden. Jacobs Zwischenauswertung bei 23.000 Patienten erbrachte klare Hinweise auf ethnische und vererbliche Prädispositionen. Unter ihnen fand der Forscher überproportional viele Afro-Amerikaner. Hier habe das Krankheitsbild "almost an epidemic prevalence", also fast epidemische Ausmaße.

Um die Rolle von Erbfaktoren studieren zu können, filterte Howard Jacob aus seiner Megapopulation 120 dialysepflichtige Geschwisterpaare heraus. Zur Lokalisierung der fraglichen Fehlsteuerungen nimmt sein Team das gesamte Erbgut bzw. das Genom der Geschwister unter die Lupe. Das Genom bezeichnet den einfachen Satz von 23 Chromosomen, die zusammen 8 - 10.000 Gene zählen. Diesen Satz birgt jede Körperzelle zweifach in sich. Dabei sind die fraglichen Störungen nicht einzelnen Genen, sondern ganzen Regionen des Genoms zugeordnet.

Eine Vereinfachung zum Auffinden von Referenzorten für diese Körperfunktionen bieten die bereits durchgeführten Genom-Analysen an Ratten. Genetisch gesehen ist die Ratte zu 95% "menschlich". Immerhin, soviel kann Jacob anhand seiner Analyse schon sagen: "Die Gene für Blutdruck und Nierentätigkeit liegen im selben Chromosomenabschnitt".

Sylvia Zacharias



Ich stehe hier mit gutem Gewissen, denn ich habe mich gegen andere politische Kräfte dafür eingesetzt, daß Steglitz als Universitätsklinikum erhalten und ausgebaut wird." Mit diesen Worten begegnete Wissenschaftssenator Peter Radunski den studentischen Angriffen. Einer Verantwortung für die Ausbildungsmisere entzog sich der Senator vollends. Nach seiner Vorstellung könnten durchaus neue Tutoren eingestellt werden, wenn die ÖTV nicht so starr an den Tarifen hängen würde. Sie liegen in Berlin mit 800 Mark rund 300 Mark über dem Bundesdurchschnitt.


Trotzte Studentenprotesten: Wissenschaftssenator Peter Radunski.

Radunski forderte, daß der wissenschaftliche Nachwuchs bei jedem Forschungsprojekt von vorne herein einbezogen werden solle. Er stellte fest, daß es den Berliner Hochschulabsolventen während des Studiums noch vergleichsweise gut ginge, da sich nur 1,5 statt der andernorts üblichen zwei Studierenden einen Studienplatz teilen müssten. Radunski verteidigte sein Modell der Studiengebühren mit sozialer Komponente. Der Ärztliche Direktor des Fachbereichs Humanmedizin, Prof. Dr. Michael H.Foerster, monierte den geringen staatlichen Zuschuß für die dringend erforderliche Sanierung des Universitätsklinikums Benjamin Franklin. Statt der 1989 vom Wissenschaftsrat empfohlenen Summe von 520 Mio. Mark erhält das Haus lediglich 22 Mio. Mark an Investitionsmitteln. Der Senator versprach, sich dieser "Schieflage" anzunehmen.

Felicitas Wlodyga


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