Es war am 24. Mai 1995, kurz nach 11.00 Uhr: Präsidenten und Rektoren Berliner und Potsdamer Hochschulen unterschreiben einen Brief, mit dem sie den Medienrat Berlin-Brandenburg bitten, dem Verein "Uniradio Berlin-Brandenburg" die Lizenz für eine täglich einstündige Sendung zu erteilen.
Zuvor hatte man sich über die Finanzierung verständigt. Luxuriös ist sie nicht ausgefallen, aber das Nötigste kommt wohl zusammen. Die FU stellt unter anderem die nötigen Räume - in der Thielallee 50, einer typischen FU-Villa. Hier soll künftig von Montag bis Freitag ein Magazin produziert werden, das mit dem Wissen aus den Hochschulen die Hintergründe aktueller Ereignisse zeigt, das aber auch die Hochschullandschaft selbst transparent macht. Uniradio soll die ·ffentlichkeit besser über Hochschulen informieren, aber auch Universitätsangehörige, vornehmlich Studierende, im Umgang mit dem Medium Radio qualifizieren. Daran haben Publizistik-Studenten ebenso Interesse wie angehende Meteorologen, Betriebswirtschaftler vielleicht genauso wie künftige Musikpädagogen. Einige Radioprofis werden darauf achten, daß kein Dilettantenfunk entsteht, doch das Rückgrat der täglichen Arbeit werden Studierende bilden als Redakteure, Reporter oder auch als Moderatoren. Samstags und sonntags wird es zunächst vorproduzierte Sendungen geben, vor allem aus den Kunsthochschulen, von studentischen Initiativen und auch aus besonders interessanten Vorlesungszyklen. Hinzu kommt ein Wissenschaftsmagazin.
Gut ein Jahr, nachdem die FU eine Lizenz beantragt hatte, stehen viele Studierende in den Startlöchern. Ob aus dem Umfeld von Radio 100.000, von UniverseCity oder von den Publizistik-Studenten in Lankwitz, sie alle bereiten sich mehr oder weniger intensiv auf das neue Programm vor. Hinzu kommen neue Initiativen, z.B. von Geschichtsstudierenden. Sie wollen sich mit historischen Beiträgen beteiligen. Eine andere Gruppe möchte wieder Wetter aus Dahlem machen. An anderen Hochschulen gibt es andere Interessenten und andere Interessen. Jetzt muß aus all diesen Ansätzen ein attraktives, homogenes tägliches Programm gestrickt werden.
Der Verein, den die Hochschulen jetzt zum Betrieb von Uniradio gegründet haben, wird einen Vorstand wählen und einen Programmbeirat besetzen. Diese Gremien werden die Rolle eines Intendanten spielen. Sofern sich die verschiedenen Initiativen der Studierenden auf eine gemeinsame Vertretung verständigen können, werden sie von Anfang an im Programmbeirat mitarbeiten. Später wird auch über eine reguläre Mitgliedschaft im Verein beschlossen.
Strukturen sind das eine, technische Verknüpfungen etwas ganz anderes. Verschiedene Hochschulen haben bereits eigene Studios. Sie müssen miteinander verknüpft werden. Dann muß es eine Leitung zum Sendemast geben. Das ist der Fernsehturm auf dem Alexanderplatz. Wird man die Leitungen zwischen den Hochschulen teuer mieten müssen oder wird man das Internet nutzen können? Auch diese Frage wird beantwortet werden müssen. Die Zeit drängt. Im Oktober will man schon auf Sendung gehen. Es gibt jedoch Skeptiker: "So schnell geht das nicht." Zunächst müssen Reporter, Redakteure und Moderatoren trainiert werden. Die Technik muß installiert und ausprobiert sein. Probesendungen müssen laufen. Für die Hochschulen, die hier Neuland betreten, eine gewaltige Herausforderung. Drei Jahre hat sich der Verein zunächst Zeit gegeben, um zu verfolgen, ob das Projekt funktioniert. Danach wird man weitersehen. Oder hören.
- ther