"Filmemachen ist wie Lottospielen, nur ist die Wahrscheinlichkeit,
daß man gewinnt, etwas größer. Die Qualität eines Films ist planbar, der
kommerzielle Erfolg hingegen nicht." RenŽe Gundelach, freie
Filmproduzentin, weiß, wovon sie spricht: Sie produziert selbst, berät
Filmschaffende und Filmprojekte, erstellt filmwirtschaftliche Gutachten
und übernimmt die gesamte Filmgeschäftsführung für große
Produktionsfirmen.
RenŽe Gundelach: "Wenn man den deutschen Film will, muß man
ihn auch subventionieren."
Die diplomierte Volkswirtin ist eine der wenigen Produzenten in
Deutschland, die auf die Produktion von Kinofilmen spezialisiert ist und
sich im Wirrwarr der verschiedenen Finanzierungs- und
Fördermöglichkeiten für Kinofilme zurechtfindet. "Der deutsche Kinofilm
ist so etwas wie ein Dinosaurier", beurteilt RenŽe Gundelach die
anhaltende Krise in der Filmwirtschaft. "Er ist unwirtschaftlich und vom
Aussterben bedroht."
Nur gut die Hälfte der produzierten deutschen Filme kommt überhaupt
in die Kinos. Von den Filmen, die tatsächlich zur Aufführung gelangen,
spielt nur ein Bruchteil die Kosten durch ausreichende Besucherzahlen
wieder ein. Im Gegensatz zum US-amerikanischen Film, der seine
Marktmacht und Marktpräsenz in Deutschland in den letzten Jahrzehnten
immer weiter ausbauen konnte, ist die Marktstellung des deutschen
Kinofilms marginal. Nicht selten wird das System der staatlichen
Filmförderung für die Krise in der Filmwirtschaft mitverantwortlich
gemacht, so daß einige Kritiker sogar dafür plädieren, die Filmförderung
ganz abzuschaffen.
RenŽe Gundelach wehrt sich vehement gegen eine Abschaffung der
Filmförderung: "Die Konsequenz wäre, daß überhaupt keine Filme mehr
produziert würden. Wenn man den deutschen Film will, muß man ihn auch
subventionieren." Als Wirtschaftlerin ist es für sie völlig klar, daß
dabei eben auch "Flops" subventioniert werden. Und doch gibt es ihrer
Meinung immer wieder Filme, die beweisen, daß es sich lohnt, den
Nachwuchs zu fördern. "In ganz vielen Filmen, die kaum das Licht der
Kinowelt erblicken, stecken einfach hervorragende Talente." Sie selbst
arbeitet und hat immer gerne mit Nachwuchsleuten gearbeitet. Mit vielen
- heute bekannten Regisseuren wie Wim Wenders und Rosa von Praunheim -
hat sie deren erste Filme produziert.
Heute gibt sie ihr Wissen und ihre langjährige Erfahrung in der
Filmproduktion als Professorin an der Hochschule für Film und Fernsehen
"Konrad Wolf" in Potsdam-Babelsberg weiter. Dort ist sie Leiterin des
Studiengangs für Film- und Fernsehproduktionen und bildet angehende
Produzenten aus.
1968 stieg RenŽe Gundelach in die Filmproduktion ein, noch bevor
sie ihr VWL-Studium an der FU abgeschlossen hatte. In ihrem künftigen
Beruf wollte sie Kunst und Wirtschaft miteinander verbinden. Als sie
ihre eigene Produktionsfirma gründete, war sie gerade 25 Jahre.
Turbulente Zeiten waren das damals. Sechs Jahre zuvor war sie aus Witten
an der Ruhr nach Berlin gekommen. "Nach allem, was ich gehört hatte,
bedeutete Berlin für mich Freiheit. Die Freie Universität war eine
Verlockung - da wollte ich hin." Eigentlich hatte sie Journalistin
werden wollen, kam aber schnell zu dem Schluß: "Nein, schreiben kann ich
nicht."
Trotzdem, sie beschäftigte sich intensiv mit Massenkommunikation,
belegte Seminare bei den Publizisten, verdiente sich in der dortigen
Bibliothek als studentische Hilfskraft ihren Unterhalt - bis sie
schwanger wurde: "Da flog ich sofort raus, denn einen Mutterschutz gab
es damals noch nicht." 1966 brachte sie Zwillinge zur Welt, lebte mit
ihnen in einer Wohngemeinschaft in Lichterfelde. In dem großen Haus, in
dem sie noch heute wohnt, waren ein Kinderladen und später ihr Büro
untergebracht. Wie sie Job, Uni und Kinder damals unter einen Hut
brachte, ist ihr heute auch ein Rätsel.
Es scheint sich wie ein roter Faden durch ihr Leben zu ziehen,
mehrere Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen. Neben ihrer Arbeit als
freie Produzentin war sie nach ihrem Studienabschluß geschäftsführende
Gesellschafterin des Basis-Film Verleih. Einige Zeit zählte sie zu den
wissenschaftlichen Mitarbeitern von Professor Reinhard Selten
(Spieltheorie) - darauf ist sie heute besonders stolz. Später gründete
sie Road Movies Filmproduktion GmbH und leitete die Geschäfte von Wim
Wendersâ Filmproduktion. Sie saß im Verwaltungsrat, in der
Richtlinienkommission und der EG-Kommission der Filmförderungsanstalt
und ist seit 1990 Präsidentin der European Film Producer Association in
Paris.
Bei allem Erfolg bedauert sie es heute, eine ganz bestimmte Sache
nicht zu Ende gebracht zu haben: Ihre Dissertation über die
Filmwirtschaft. Doch das âKlagenâ darüber hat schon im nächsten Moment
ein Ende, schelmisch fügt sie hinzu: "Aber ich bin ja auch so
Professorin geworden."
Christina Engel
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