Eigentlich hat Detlef Dzembritzki ja gerade mal vier Semester an der
FU studiert. Doch seine Studienzeit hat er in lebhafter Erinnerung und
beschreibt sie mit den Worten "sehr eindrucksvoll". 1963 immatrikulierte
er sich nach Abschluß einer Ausbildung zum Sozialpädogogen am Institut
für Soziologie und studierte - aufgrund des fehlenden Abiturs - mit
sogenannter Kleiner Matrikel.
Sichtlich beeindruckt zeigt sich Dzembritzki noch heute von seinen
damaligen Professoren von Friedeburg und Stammer, den Direktoren des
Instituts für Soziologie. "Es war unwahrscheinlich faszinierend zu
sehen, wie sich die beiden zugunsten der Studenten zurückgehalten
haben", erzählt Dzembritzki begeistert. "Sie verstanden es, ihr Wissen
mit sehr viel Engagement zu vermitteln, ohne sich dabei jedoch in den
Vordergrund zu drängen." Auch die Fähigkeit der beiden, Theorie und
Praxis immer wieder miteinander zu verknüpfen und den Bezug zur Realität
herzustellen, faszinierte den damals 20jährigen. Einen Hang zu Realität
und Praxis kann man auch Dzembritzki nicht absprechen. Und so hatte auch
der plötzliche Studienabbruch einen ganz einfachen Grund: Dzembritzki
zog es in die Praxis. Als er 1966 das Angebot erhielt, als
Bundessekretär des Bundes Deutscher Pfadfinder Jugendarbeit zu machen,
sagte er ohne Zögern zu und verließ den Campus.
In Berlin-Reinickendorf ist er geboren und aufgewachsen. Bereits
mit 19 Jahren trat er in die SPD ein. Seit 1971 macht er in
Reinickendorf Politik: zunächst als Bezirksverordneter, dann als
Stadtrat und schließlich - seit 1989 - als Bürgermeister von
Reinickendorf. Dzembritzkis Berliner Dialekt ist unverkennbar und läßt
ihn auf Anhieb sympathisch wirken. Er gilt als ruhiger und friedfertiger
Mensch, als Pragmatiker mit ausgeglichenem Temperament.
Im Dezember â94 ist Dzembritzki nun - als Nachfolger von Ditmar
Staffelt - zum Landesvorsitzenden der Berliner SPD gewählt worden. Kein
leichtes Amt, betrachtet man die innerparteilichen Querelen der letzten
Zeit und den "Verschleiß" an Landesvorsitzenden - seit 1981 ist
Dzembritzki der siebente. Abzuwarten bleibt, ob er die SPD bei den
Berliner Wahlen im Herbst â95 an die Spitze führen wird.
Auch in seinem neuen Amt will sich der gelernte Sozialpädogoge
wieder stark für Jugend und Bildung engagieren und sich z. B. mit Fragen
zur Verkürzung der Schuldauer oder den Zuständen an den Universitäten
beschäftigen. Seine beiden Kinder studieren mittlerweile auch und sind
oft erbost über die Verhältnisse an der Universität. Dzembritzki will
"neue Perspektiven für junge Leute" schaffen, denn "Bildung ist in einem
Land ohne Rohstoffe das größte Kapital".
Christina Engel