Zum Artikel über die Außenbeziehungen der FU (FU:N 10/94, S. 11)
Ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, daß die Freie
Universität Berlin die Durchführbarkeit eines Austauschprogrammes mit
Südafrika prüft, und das so kurzfristig nach den einschneidenden
politischen Umwälzungen, die in diesem Lande stattgefunden haben. In
diesem Zusammenhang ist es beruhigend, feststellen zu können, daß eine
sehr solide akademische Tradition diese Umwälzungen nahezu unbeschadet
überstanden hat. Basierend auf ethnischer und sprachlicher Vielfalt
existieren wahrscheinlich zu viele Universitäten in Südafrika, deren
beste jedoch dem Niveau aller großen Universitäten der Welt in nichts
nachstehen.
Ich bin Alexander-von-Humboldt-Stipendiat an der Freien Universität
und Mitglied der University of the Witwatersrand, Johannesburg, die
weltweites Ansehen genießt, nicht nur auf dem Gebiet von Forschung und
Lehre, sondern ebenso als Verfechter der Menschenrechte und der
akademischen Freiheit. Wir sind mit Entschiedenheit darauf bedacht, eine
solche Institution nicht durch Vernachlässigung ins Hintertreffen
geraten zu lassen. Es ist wichtig, unter Beweis zu stellen, daß auch im
neuen Südafrika Raum für hochwertige akademische Institutionen gegeben
ist, die den Schutz der politischen Führungsspitze verdienen.
Eine Austauschvereinbarung mit einer der zweifellos führenden
Universitäten dieser Welt wäre ein großer Schritt auf dem Wege der
Anerkennung unserer Universitäten und unserer heimischen Gemeinschaft.
Vielleicht wäre ein solcher Schritt auch hilfreich bei der Eindäm
mung
der Tendenz, Grundschulen auf Kosten des dritten Bildungsweges
einzurichten. Es ist von grundlegender Wichtigkeit, sich zu
vergegenwärtigen, daß das Land Ausbildungsstätten auf allen Ebenen, von
der niedrigsten bis zur höchsten, benötigt.
Ihre Initiative kommt zu einem sehr günstigen Zeitpunkt. Es ist der
Zeitpunkt, zu dem wir Ihre Hilfe benötigen. Wir verfügen noch über eine
Infrastruktur, die von gegenseitiger Befruchtung profitieren würde. In
weiteren fünf Jahren kann es dazu zu spät sein, es sei denn, eine klare
Botschaft aus dem Ausland unterstreicht den hohen Wert unserer führenden
Universitäten. Die Botschaft müßte lauten, daß Institutionen wie die
Wits University, wenn sie einmal zerstört sind, viele Jahrzehnte zur
Wiedererlangung ihrer Bedeutung benötigen. Ein eindrucksvolles Beispiel
eines einst blühenden Studienzentrums, das nun Ödland ist, ist die
University of Maputo (früher Lourenco Marques) in unserem Nachbarland
Mozambique. Wir benötigen Ihre Unterstützung, damit sich eine solche
Tragödie in Johannesburg nicht wiederholt.
Jan Boeyens
Replik auf den Leserbrief von Roland Nonnenmacher (FU:N 12/94,
S. 32)
Der Beitrag Roland Nonnenmachers (FORUM FU:N 12/94,
S. 32) in dem er den "Transrapid" gegen einen kritischen FU:N-Artikel zu
verteidigen versucht, ist in hohem Maße unseriös. Seine diffus
bleibenden Angriffe gegen die Autoren des Artikels "Zu(g)kunftsvisionen"
möchte ich beiseite lassen, da sie einer sachlichen Auseinandersetzung
nicht zugänglich sind. Auch den ständig durchscheinenden Vorwurf der
"Technikfeindlichkeit" gegen die "Transrapid"-Gegner mag man noch als
polemischen Aufmacher tolerieren, zumal in Zeiten, in denen es offenbar
zum guten Ton gehört, Technik mit Modernität gleichzusetzen. Leider
bleiben die Pro-"Transrapid"-Argumente, die Herr Nonnenmacher nur
andeutet, fragmentarisch und nicht zu Ende gedacht.
Seine
Behauptung, Beschleunigung des Verkehrs sei ökologisch genauso effektiv
wie Verkehrsvermeidung, ist grotesk, schließlich hängt der
Energieverbrauch von der zurückgelegten Wegstrecke ab und nicht von der
benötigten Zeit. Genauso absurd wäre es zu behaupten, Tempo 250 auf
Autobahnen könne die Zahl der Verkehrstoten senken. Auch der angebliche
Zeitvorteil des "Transrapid" gegenüber dem ICE ist längst nicht so groß
wie dargestellt. Zwar ist die effektive Fahrzeit tatsächlich geringer,
aber da der "Transrapid" nicht verträglich mit anderen Verkehrssystemen
ist, muß die Trassenführung weit von den Stadtzentren entfernt enden.
Folge: Lange Anfahrt- und Umsteigezeiten machen den Zeitgewinn mehr als
wett. Auch kann die Strecke Berlin-Hamburg den angeblich für den Export
nötigen Beweis der Alltagstauglichkeit der Magnetbahn nicht erbringen,
da sie geographisch den künftigen Schnellbahnmärkten Nordamerika und
Asien kaum ähnelt. Neue Erkenntnisse brächte allenfalls eine
Referenzstrecke im Ausland.
Von der Siegesgewißheit der
"Transrapid"-Befürworter, daß mit dem Milliardenprojekt neue Märkte
erschlossen werden könnten, ist übrigens bei der Industrie selbst nicht
viel zu spüren, denn sonst bräuchte sie sich nicht von den 9,6 Mrd. DM
Gesamtkosten mehr als 7 Mrd. in Form direkter und indirekter staatlicher
Subventionen vom Steuerzahler bezahlen zu lassen. Die "Transrapid"-Lobby
geht davon aus, daß jährlich über 14 Mio. Tickets verkauft werden. Das
entspricht 26 Tickets in der Minute, Tag und Nacht, 365 Tage im Jahr -
völlig abwegig! Und selbst bei einer derart hohen Auslastung soll nach
Auskunft der Industrie der Preis pro Ticket bei über 100 DM liegen. Das
gern gebrauchte "grüne" Argument, der "Flüsterzug Transrapid" sei
energiesparender als der ICE, ist Unfug: Zum ersten erreicht der
Transrapid im Fahrbetrieb Lärmwerte eines startenden Düsenjets, und zum
zweiten hat die neue ICE-Generation ein Energiesparpotential von rund 40
Prozent.
Das von Roland Nonnenmacher als "Gipfel der Dreistigkeit"
kritisierte Argument, "mit den Milliarden für den Transrapid könnte man
Sinnvolleres anfangen", ist so fragwürdig nicht: Anstatt den ICE zu dem
europäischen Schnellbahnnetz auszubauen, wird hier Geld in ein
Milliardenprojekt gesteckt, dessen Prämissen nur gültig sind in einem
Gesamtkonzept, das den Schritt zu wahrer Innovation - etwa dem
verkehrsvermeidenden Information-Highway - nicht wagt.
Axel Gelfert