Volksuni '98
Anders arbeiten oder gar nicht?
Ergebnisse der Open Space-Veranstaltung
Sonntag, 31.5.1998, 10 - 17 Uhr
Begleitteam: Michael M Pannwitz, Dirk Reimer
15 TeilnehmerInnen (7 w, 8 m)

Themenspeicher:
Dokumentierte Arbeitsgruppen:
- Thema 1: Alternative Lebensformen
Aufhebung der Trennung Arbeit - Freizeit - Leben
- Thema 2: Sprungbrett - Ideen brauchen Raum
Befähigung zur Ideenfindung und Ideenumsetzung
Menschen mit ihren Ideen/Träumen/Wünschen/Visionen ernstnehmen
- Thema 3: Wie kann unsere "Arbeitsgesellschaft"
gerecht verändert werden? (geschlechter-gerecht, nicht neoliberal,
entgelt-gerecht)
- Thema 4: Arbeiten verboten?
Was tun für die Aufhebung von Arbeitsverboten und -beschränkungen
gegen AusländerInnen und ImmigrantInnen
- Thema 5: Vaterschaft + politische Arbeit + Erwerbsarbeit
- Thema 6: Existenzgeld für alle - 1500 DM
plus Warmmiete
- Thema 7: Erfolg in der Arbeit und meine Wünsche
Nicht dokumentierte Arbeitsgruppen:
- Wie kann ich dazu beitragen, die individuelle und gesellschaftliche
Wertschätzung von unbezahlter Arbeit zu erhöhen?
- Wie kann Arbeit außerhalb von Erwerbsarbeit gemeinsam
organisiert und für die Arbeitenden finanziell abgesichert werden?
- Wie kann ich die Wertschätzung bzw. Akzeptanz für
meine Arbeit als Hobby-Lebensberater so erhöhen, wie sie es
wirklich (im Vergleich zu professionellen Leuten) verdient?

Ergebnisse/Empfehlungen/Vereinbarungen:
Thema 1: Alternative Lebensformen
Aufhebung der Trennung Arbeit - Freizeit - Leben
Überschaubare Gemeinschaft (Hinterhof, Landkommune...), Netzwerke.
Austausch nach innen untereinander n. außen Verantwortung für
die Gesellschaft zu übernehmen.
Setzt Bezogenheit voraus, Identifikation.
Anerkennung ist wichtig.
Aufteilung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit (freiwillig?), Koppelung
an Grundsicherung?
Formen der Anerkennung?

Thema 2: Sprungbrett - Ideen brauchen Raum
Befähigung zur Ideenfindung und Ideenumsetzung
Menschen mit ihren Ideen/Träumen/Wünschen/Visionen ernstnehmen
"I have a dream" ist im Englischen positiv belegt, Träume
und Träumer im Deutschen dagegen negativ.
Wird in Deutschland zu viel auf Lebenssicherung geachtet und Lebensgestaltung
mit den persönlichen Fähigkeiten und Wünschen mißachtet?
Die meisten fragen sich nicht: Was kann ich gut?
Ideenumsetzung muß in einem Zusammenhang zu dem stehen, was mich
bewegt.
Jede Idee braucht ganz eigene Unterstützung zum Wachstum wie Samen.

Thema 3: Wie kann unsere "Arbeitsgesellschaft"
gerecht verändert werden? (geschlechter-gerecht, nicht neoliberal,
entgelt-gerecht)
Ursachen
- Gewinnmaximierung auf globaler Ebene
- globaler Verdrängungswettbewerb
- Lohndumping (globale Lohnkostenkonkurrenz/ -senkung)
- Outsourcing (kostensenkende Auslagerung von bestimmtem Arbeitsbereichen
- traditionelle Arbeitsteilung der Geschlechter (Bewertung der Arbeit)
- protestantische Arbeitsethik
Probleme
- Flexibilisierung ohne Lohn
- Mensch als Maschine - Leistung und Ergebnisse sind alles
- ungleiche Verteilung von Arbeit (die einen arbeiten zu viel, die anderen
zu wenig)
- Entgelt-un-gerechtigkeit
- "Arbeit" und "Privates" unvereinbar
- Kategorisierung der Menschen nach Existenzberechtigung (Deutsche vs.
AusländerInnen; Behinderte; Alte...)
- Zwangsarbeit und Arbeitsverbote
- Brutale Spielregeln "auf" Arbeit
- Konkurrenzkampf (intern und extern)
- mangelnde Mitbestimmungsmöglichkeiten (undemokratische, hierarchische
Entscheidungsstrukturen)
- Profitmaximierung
- Streß der Arbeit UND der Arbeitslosigkeit
Wünsche
- Umverteilung von Lohn/Gehalt
- nicht nur Geld als Motivation
- Erhalt des Sozialstaates
- unbürokratische Grundsicherung für alle
- mehr Selbstorganisation: Unabhängigkeit von (staatlichem) Geld
- innere Zufriedenheit + Ruhe als Maßstab
- Wertschätzung der Arbeit und der Menschen an sich
- gemeinsame/solidarische Arbeitsformen
Erste Schritte
- existenzsichernde Teilzeitarbeit
- Verringerung der Erwerbsarbeit, z.B. 20 Std/Woche
- freiwillige Arbeit mit Bezahlung (Grundsicherung, Berücksichtigung/Anrechnung
für die Rentenversicherung, Zertifikate, bevorzugte Einstellung z.B.
ohne Probezeit)
- ökologische und soziale Orientierung in der Kosten-Nutzen-Rechnung

Thema 4: Arbeiten verboten?
Was tun für die Aufhebung von Arbeitsverboten und -beschränkungen
gegen AusländerInnen und ImmigrantInnen
Die rechtliche Ausgrenzung von "AusländerInnen" und ImmigrantInnen
nimmt seit der Wiedervereinigung zu. Direkt die Arbeit betreffend sind
hier vor allem die Asylrechtsreform und der sogenannte Blüm-Erlaß
(Bevorrechtigten-Regelung) von 1995 zu nennen. AsylbewerberInnen und zunehmend
andere "AusländerInnengruppen" unterliegen einem Arbeitsverbot
("Erwerbstätigkeit nicht gestattet") und generell der Bevorrechtigtenregelung,
nach der zuerst Deutsche, EU-Bürger und sogenannte bevorrechtigte
"Ausländer" Arbeit bekommen, bzw. der Nachweis erbracht
werden muß, daß diese für einen spezifischen Arbeitsplatz
nicht vermittelbar sind. Bei 7,2 Millionen "legalen" "AusländerInnen"
in der BRD, was in etwa 9% der Gesamtbevölkerung sind, wird hierdurch
ein demokratisches Miteinander verhindert.
Empfehlungen:
- Schluß mit der Apartheid in Deutschland
- Reform des Staatsbürgerschaftsrechts
- Abschaffung aller rassistischen Sondergesetze, wie z.B. des Ausländergesetzes
- Verabschiedung eines Antidiskriminierungsgesetzes:

Thema 5: Vaterschaft + politische Arbeit + Erwerbsarbeit
Die Anfangsrunde ergab: wir fünf teilnehmenden Männer
entsprechen alle nicht dem Normalitätsentwurf von Erwerbsarbeit.
- Wir erleben aber alle die Wirkung von materiellen und psychischen Zwängen
zur Erwerbsarbeit
- Andere Arbeit (politische oder reproduktive) wird dagegen unsichtbar
gemacht
- Oder ist sogar nicht vereinbar - wir alle tun oft etwas dafür
oder dagegen (ist unser Polit-AG-Termin kinderkompatibel?)
- Kinderfürsorge und Reproduktionsarbeit können für alle
ein Gegengewicht bieten, um sich nicht in Erwerbs- oder politischer Arbeit
zu verlieren
- dazu muß nicht Rücksicht auf Mütter, nicht auf Väter,
sondern auf Kinder genommen werden
Die Abschlußrunde ergab: Wir alle basteln mit mehr oder weniger
Glück an Netzwerken, in denen sich die drei Arbeitsformen verbinden
Fragen und Ideen:
- Wie viele Stunden hast Du letzte Woche mit Fürsorge für andere
oder Dich selbst verbracht?
- Kinderfürsorgende sind nicht nur Mütter und nicht nur Mütter
und Väter bzw. sollten es nicht sein, was sprachlich nicht unterschlagen
werden sollte
- Wie kann Erwerbsarbeit oder politische Arbeit kinderkompatibel werden
(flexible Arbeitszeiten, Betriebskindergärten? Auflösung der
Trennung von Erwerbs- und anderer Arbeit?)
- "Unbezahlte Arbeit" sollte nicht zu bezahlter Arbeit werden
- Wie können wir Netzwerke basteln, in denen die Verbindung verschiedener
Arbeiten gelingt:
- Familien scheinen einem SINGLE die stabilste Lebensform - wovon hängen
gelingende Wohngemeinschaften ab (Alter? Erfahrung?) Fehlen so etwas wie
WG-Agenturen?
- Mit anderen regelmäßige "Arbeitsbesprechungen"
abhalten, um auch die Nicht-Erwerbs-Arbeit zu planen und zu reflektieren

Thema 6: Existenzgeld für alle - 1500 DM
plus Warmmiete
Ein derartiges Sozialstaatsmodell würde in vieler Hinsicht schon
existierenden Lebensrealitäten entsprechen, brächte ein Ende
der Stigmatisierung von Erwerbslosen und eine große Verwaltungsvereinfachung.
Aber eine tatsächliche Umsetzung würde die herrschenden Arbeitsverhältnisse
radikal in Frage stellen. Ob dieses Modell realisierbar - oder einfach
durchsetzbar ist, blieb offen.

Thema 7: Erfolg in der Arbeit und meine Wünsche
Erfolg:
innenorientiert
|
außenorientiert
|
in der Arbeit, Gelingen eigene Kriterien, Zufriedenheit, Befriedigung,
Freude, Glück, Hingabe, Flow |
Ergebnis, Produkt, Leistung, Status, Anerkennung, Geld, gefragt sein,
Namen, Bestätigung, Resonanz, Wertschätzung |
- gute Mutter - erfolgreicher Politiker
- guter Jurist, erfolgreicher Jurist
- Erfolg und Konkurrenz - Kooperationswunsch
- Erfolg als Stachel, wichtig sein, Bedeutung haben

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